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Handbuch
der
Naturgeschichte.

Zweyter Theil.

Multa fiunt eadem sed aliter.

(qvintilian.)

Göttingen,
bey Johann Christian Dieterich,

1780
.
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Zehnter Abschnitt.
Von den Pflanzen.

[Seite 449]

§. 170.

Der gegenwärtige Abschnitt betrift aller-
dings eine eben so wichtige als anmu-
thige Untersuchung nemlich die allgemeine
Naturgeschichte der Gewächse, die wir so viel
möglich in der gleichen Ordnung abfassen wol-
len, die oben in der allgemeinen Thiergeschichte
befolgt worden ist, damit beide desto leichter
mit einander verglichen und die Aehnlichkeit
oder Abweichung dieser zweyerley Arten von
organisirten Körpern um so deutlicher ersehen
Werden kan.

§. 171.

[Seite 450]

Die Gewächse unterscheiden sich von den
Thieren (§.3. u. 4.) erstens durch die gänzli-
che Unfähigkeit irgend einer willkürlichen Be-
wegung, und dann durch die Wurzeln, wo-
durch sie ihren Nahrungssaft in sich ziehen, statt
daß hingegen die Thiere nie durch diesen Weg
sondern durchgehende durch den Mund (§. 25.)
ihre Speise zu sich nehmen.

§. 172.

Die Wurzel ist wol der einzige Theil, den
alle Pflanzen ohne Ausnahme mit einander ge-
mein haben. Denn auch die Meerlinsen, die
schorfigen Stein-Moose, der Seetang (Fucus)
und der Wasserdarm (ulva) haben alle gewisse
Saugeröhrgen und Zasern, die Wurzelstelle ver-
treten müssen. Da hingegen im übrigen Bau
der Vegetabilien zu viel mannichfaltige Ver-
schiedenheit vorwaltet, als daß sich etwas all-
gemeines darunter ausfinden ließ.

§. 173.

Zudem scheint auch die Bildung der Ge-
wachse überhaupt weit zufälliger und unbestän-
diger als der Thiere ihre zu seyn: und diese un-
gleich mehr bestimmtes in ihrer Form und in
ihrem Wachsthum zu haben. Doch ist auch
die Bildung der Pflanzen, wenn sie im freyen und
ungehindert wachsen allerdings wol bestimmter
[Seite 451] als man denkt, und ein geübtes Auge wird leicht
am blossen Wuchs und Umriß einem Baum,
auch in der Ferne ansehen von was Art er ist.

§. 174.

Die besondern Theile der Pflanzen und ih-
re Geschäfte lassen sich am südlichsten nach den
allgemeinen Bestimmungen aller organisirten
Körper (§. 9.) in die zur Ernährung und in
die zur Fortpflanzung gehörigen, abtheilen.
Von jenen zuerst.

§. 175.

Das Hauptwerkzeug zur Ernährung der
Pflanzen, wodurch ihnen nemlich ihr Aliment
zugeführt wird, ist, wie wir eben gesagt ha-
ben, die Wurzel. Diese zieht bey den aller-
mehresten Gewächsen den Nahrungssaft gleich
unmittelbar aus der Erde wo sie eingewurzelt
stehen, oder aus dem Wasser, wenn sie in die-
sem schwimmen. Verschiedene Pflanzen aber
leben gleichsam wie Ungeziefer auf andern
und nähren sich, indem sie diesen ihren
Nahrungsfast aussaugen, daher man sie
Schmarotzer-Pflanzen (plantas parasiti-
cas
) nennt. So die Baumkrätzen, und andere
Moose, der Mistel, der Epheu u.s.w.

§. 176.

[Seite 452]

Die Wurzeln verbreiten sich weit umher,
so daß ihre Grösse und Umfang zuweilen be-
trächtlicher ist als des ganzen übrigen Ge-
wächses seiner. Wir haben kleine Vogelbeer-
bäume an Felsen gesehen, deren Wurzeln über
24 Fuß weit in den Steinritzen umher krochen.
Die Stärke, mit welcher sie fortwachsen,
ist so ausserordentlich, daß wol Felsen und
Mauern, nicht nur durch grosse Eichenwur-
zeln, sondern schon durch die kleinen Rau-
penähnlichen Würzelgen des Epheus gesprengt
werden können.

§. 177.

Der Nahrungsaft den die Wurzel ein-
saugt, besteht aus Wasser, worin aber Sal-
zichte, Oelichte und Erdichte Theile aufgelöst
seyn müssen. Nach der verschiedenen Propor-
tion in der Mischung dieser Bestandtheile ist
auch der Boden selbst verschieden, fett, ma-
ger u.s.w. und zum Wachsthum und Fort-
kommen dieser oder jener Gewächse geschickt.

§. 178.

Jeder Boden nährt seine bestimmten ihm
angepaßten Pflanzen, so daß man schon aus
den wild wachsenden Pflanzen einer Gegend die
Beschaffenheit ihres Bodens errathen kan:*)
[Seite 453] und hingegen die Gewächse, wenn sie aus ih-
rem eigenthümlichen Erdreich in fremdes von
anderer Art verpflanzt werden, in der Bildung
und in der Kraft ausarten. So verlieren man-
che giftige Sumpfpflanzen in dürrem sandichten
Boden ihre Schädlichkeit: so artet der Wein-
stock in fremden Ländern aus u.s.w.

§. 179.

Die Nothwendigkeit des gemischten Nah-
rungssaftes für die Pflanzen wird weder durch
das Beyspiel der Hyacinthenzwiebeln, die man
auf blossem Wasser wachsen läßt; noch durch
Bonners Versuche, Pflanzen in nassen Pa-
pierspänen und Baumwolle oder Moos auszu-
ziehen; noch durch die Erscheinung entkräftet,
da man grosse Pflanzen aus Dachen, und an
kahlen Felsen und Mauern heraus wachsen sieht.
Denn jenes Wasser, Moos etc. ist nicht von Er-
de, Salz etc. entblöst. Und um nackte Mauern
und Felsen mit Gewächsen zu beleben, läßt die
Natur erst trockne Schorf-Moose (Lichenes)
anfliegen, die wenig Nahrung bedürfen: wenn
diese dann absterben und selbst zu Erde zerfal-
len, so kan aus ihrem vom Regen und Than
befeuchteten Moder ein Saamenkorn, das etwa
von Vögeln dahin gebracht worden, auskei-
men und Nahrung ziehen.

§. 180.

[Seite 454]

Wie aber dieser Nahrungssaft in die Pflan-
ze steige, und durch was für Adern und Ge-
fäße, wird durch den artigen Versuch sichtbar,
wenn man abgeschnittene Zweige einige Zeit
lang in gefärbtes Wasser steckt, und nachher in
verschiedenen Richtungen durchschneidet.

§. 181.

Bey vielen Gewächsen wird die Wurzel
gleich über der Erde in Blätter vertheilt: bey
den mehresten aber erst noch in einen Stamm
oder Stengel, Halm (wie mans bey man-
chen Pflanzen nennt) verlängert, der aber im
Grunde die gleiche Struktur wie die Wurzel
selbst, behält.

§. 182.

Zu äusserst nemlich ist Wurzel und Stamm
mit einer feinen Oberhaut bedeckt; unter die-
ser liegt die Rinde; hierunter die Hauptsub-
stanz, oder das Holz; und in der Mitte von
diesem endlich das Mark.

§. 183.

Das Holz oder was dessen Stelle bey den
Kräutern und Standen vertritt, besteht aus
einem zellichten Gewebe und unzähligen Ge-
fässen von mancherley Art, deren einige aufs
sonderbarste aus einem spiralmäßig in die Länge
[Seite 455] zusammen gewickelten Faden (wie der Drath
um eine gesponnene Saite) bestehen*). Wo das
Holz aussen an der Rinde anliegt, da wird all-
jährlich aus dem sogenannten Splint (Liber)
eine neue Holzlage (Alburnum) erzeugt.
Da hingegen mit zunehmenden Jahren der in-
nere ältere Holzkern mehr verhärtet, seine Ge-
fässe allgemach verwachsen, auch bey manchen
Bäumen Eichen, Weiden etc. leicht fault und
ausgehöhlt wird.

§. 184.

Der Stamm theilt sich mehrentheils in
Aeste, diese wieder in Zweige und aus die-
sen entspringen endlich die Blätter, die aus
einem einfachen oder doppelten Adernetz oder
Gerippe bestehen, das ans beiden Flächen mit
Oberhaut bekleidet ist.

§. 185.

Die Haupt-Bestimmung der Blätter ist
wol, daß sie die überflüssigen Säfte der Pflan-
ze, gleichsam ihren Auswurf (§. 15.) unter
der Gestalt des Thaues oder auch unmerklich
ausdünsten sollen. Aber ausserdem ist auch
durch sehr sinnliche Versuche erweislich, daß
die Blatter ebenfalls Feuchtigkeiten aus der Luft
[Seite 456] einsaugen, mithin einen grossen Antheil an
der Ernährung der Gewächse haben.

§. 186.

Die Gestalt, Grösse, Menge und Lage-
der Blätter ist bey den verschiedenen Pflanzen-
arten unendlich mannichfallig. Einige Gewäch-
se haben gar nichts was einem Blatte ähnlich
wäre. Und die allermehrsten sind doch blos den
Sommer hindurch mit diesem Schmuck geziert,
der mit Annäherung des Winters vertrocknet,
welkt und abfällt. Verschiedene aber, wie die
mehresten Tangel- oder Nadelhölzer, der Epheu,
die Krons- oder Meelbeeren, das Heidekraut, der
Buxbaum u.s.w. werden nicht entblättert, son-
dern bleiben auch den Winter über grün und
verlieren nur allmälig und unmerklich ihre Blät-
ter, die eben so einzeln durch junge ersetzt werden.

§. 187.

Dieses entblättern der mehresten Gewach-
se hat wohl verschiedene Ursachen. Die vorzüg-
lichste mag doch allerdings der Frost seyn, der die
Gewächse in ihren Winterschlaf versenkt,*) und
so wie bey den Thieren den Lauf der Säfte
[Seite 457] hemmt (§. 33) die Gefässe zusammen zieht etc.
so daß die Blätter nun an ihrer Verrichtung
gehindert werden und absterben. Aber nächst
dem tragen freylich auch die Augen, die um die
gleiche Zeit an den Bäumen aufzuschiessen an-
fangen, sehr vieles zu dieser Catastrophe bey.*)

§. 188.

Viele Gewächse haben das sonderbare, daß
sich ihre Blätter alle Abend an einander legen,
niedersenken und sich gleichsam zur Ruhe bege-
ben, in Schlaf fallen. Es kann diese sonder-
bare Erscheinung nicht blos durch die kühle
Abendluft verursacht werden, denn sie äussert
sich im Treibhaus so gut wie im freyen; auch
nicht durch die Dunkelheit, denn manche Pflan-
zen schlafen schon im Sommer Nachmittags um
6 Uhr ein: sondern es ist das vielleicht eine Art
Erholung für die Gewächse, so gut wie der
Schlaf der Thiere (§. 32.). Fast auf die glei-
che Weise schliessen sich gewisse Blumen zu be-
stimmten Stunden, z. E. der gelbe Bocksbart
(Tragopogon luteum) früh nach 9 u.s.w. und
zwar ist dis so zuverlässig, daß man beym spa-
ziergehen blos aus der offnen oder geschloßnen
Blüthe solcher Gewächse die Tageszeit wissen
kann.

§. 189.

[Seite 458]

Einige Pflanzen zeigen sogar eine gewisse
Bewegung, wenn man nur ihre Blätter oder
Zweige berühre: wie das Fühlkraut (Mimosa
pudica
) oder die Venusfliegenfalle (Dionaea
muscipula
) deren Blättgen, wenn sich auch nur
eine Mücke darauf seht, augenblicklich zusam-
men klappen und das Insect zerdrücken.

§. 190.

Fast von dergleichen Art ist der Zug der
Gewächse nach dem Lichte: der nicht blos an
den Sonnenblumen, sondern fast an allen Pflan-
zen zu bemerken ist: zumal in Treibhäusern,
da sich oft die Blüthen so sehr nach der Hellung
an die Glasfenster drängen als ob sie dagegen
gepreßt waren.

§. 191.

Auch die Saamen einiger Gewächse zeigen
eine Art Bewegung. Bey einer Art Storch-
schnabel (Granium hygrometricum) rollt er
sich nach der Trockenheit oder Nässe der tust zu-
sammen oder aus einander. Bey den Bal-
saminen springt die reifende Kapsel bey der
mindesten Bewegung mit Heftigkeit auf.
Der Saame des Kannekrauts (Equiseti arven-
sis
) springt, wenn man ihn zumal auf eine
Glasplatte legt wol einige Minuten lang auf
und nieder.

§. 192.

[Seite 459]

Endlich scheinen sich auch sogar einige ab-
gestorbene verdorrte Pflanzen, und selbst, ab-
geriße Theile davon wieder zu bewegen und
gleichsam aufzuleben, wenn sie in Wasser
gelegt werden. So die Rose von Jericho, die
Saamenkapseln von verschiedenen Mesembry-
anthemis
, der Nostoc, und die mehresten übri-
gen Moose.

§. 193.

Allein man muß sich hüten, irgend eine
dieser Regungen der Gewächse mit dem aus-
schließlichen Vorrecht der Thiere nemlich der
willkürlichen Bewegung (§. 4.) zu vermen-
gen. Bey den mehresten sind sie blos aus Rech-
nung einer vorzüglichen Schnellkraft, dieser all-
gemeinen Eigenschaft: der Körper, zu schreiben.
Bey andern haben sie allerdings einige obgleich
nur entfernte Aenlichkeit mit der thierischen Ir-
ritabilität*) und setzen allemal eine äussere
Anreitzung voraus. Bey keiner einzigen aber ist
auch nur die mindeste Spur, die auf irgend einige
willkürliche oder thierische Bewegung vermu-
then, und etwas einer Nervenkrast (Lebens-
kraft beym Hrn. v. Haller) ähnliches, den Ge-
wächsen zuschreiben ließ.

§. 194.

[Seite 460]

Ausser den bisher beschriebenen Theilen der
Gewächse sind auch einige, wie der Wein-
stock mit Gabeln und Schlingen zum fortran-
ken und anhalten; andere mit Dornen in der
Rinde oder mit Stacheln, die nemlich aus dem
Holze selbst entspringen, versehen. Daß aber
die letztern unreife oder zu frühzeitige Augen
wären, wie Linné behauptet, kan man bey
ihrer läge, und Structur nicht annehmen.

§. 195.

Manche Pflanzen der kältern und heissesten
Zonen sind auch mit einem mehlichten oder
wollichten Ueberzug bedeckt; der ihnen in
Norden zum Schutz gegen die Kälte dient, und
unter der Linie durch seine weisse Farbe am
Tage gegen Sonnenstich und dann auch gegen
die naßkalten Nächte sichert. Einige Gewäch-
se in diesen heissen Gegenden sind wie mit Perl-
gen, andere (Mesembryanthemum crystallinum)
wie mit unzähligen gefrornen Thautröpfgen be-
setzt u.s.w.

§. 196.

Auch in den Säften der Pflanzen ist viel
sonderbare Verschiedenheit. Manche enthalten
einen milchichten, theils ätzenden Saft; andere
geben ein Gummi: verschiedene Tangelbäume
[Seite 461] im höhern Alter ein Harz. Andere Campfer:
andere Zucker, Wachs etc. Die Birken und einige
andere Bäume enthalten im Frühjahr, wenn
die Nahrung aus der Erde von neuen und mit
bewundernswürdiger Gewalt in die Bäume
schießt, eine Menge besondern Saft u.s.w.

§. 197.

Wir kommen zur Fortpflanzung der Ge-
wachse, deren mannichfaltige Arten sich doch auf
drey Hauptwege zurückbringen lassen. Auf die
Fortpflanzung durch Wurzeln oder Zweige,
zweytens durch Augen, und endlich durch
Saamen.

§. 198.

Die erste Arr der Propagation, von der
wir auch schon im Thierreich bey den Polypen
und sonst Spuren bemerkt haben, ist im Ge-
wächsreich desto gewöhnlicher. Wurzel, Stamm
und Aeste sind wie gesagt (§. 181. und f.)
von einerley Structur, und es ist daher be-
greiflich, wie die Gewächse auch durch alle
diese Theile sich vermehren können. Theils ge-
schieht das von Natur, theis durch Kunst, beym
absinken, ablegen. Es gibt z. E. eine Art
Feigenbaum (Ficus bengalensis) dessen Zwei-
ge herab hängen, und so bald sie den Boden
berühren, von selbst Wurzel schlagen; so daß
ein einziger solcher Baum mit der Zeit ein klei-
[Seite 462] nes Wäldchen, dessen Stamme oben durch Bo-
gen verbunden sind, vorstellt.

§. 199.

Anders ist hingegen die Fortpflanzung durch
Augen. So nennt man nemlich die kleinen
Knöpfgen, die im Herbste an den Bäumen, da
wo die Blätter ansitzen, zum Vorschein kom-
men, aber erst im folgenden Frühjahr sich öff-
nen und ausschlagen. Sie finden sich meist mir
an den Bäumen der kältern Erdstriche, und ent-
halten eben so wie ein Saamen-Korn den Keim
zu einem künftigen Gewächs. Sie fallen bey ei-
nigen von selbst ab; und wenn man sie vorsich-
tig säet, so keimen sie so gut als ein Saame.
Man inoculirt damit, oder läßt sie ausschla-
gen, und pfropft alsdenn das Reis.

§. 200.

Sehr viel ähnliches mit diesen Augen ha-
ben die Zwiebeln. Nur daß die Augen am
Stamme der Bäume und also über der Erde,
die Zwiebeln aber an Lilienartigen Gewächsen
unter der Erde unmittelbar an der Wurzel ent-
stehen; bey jenen der Stamm fortlebet, und
den Augen Nahrung und Wachsthum gibt;
bey diesen aber das übrige der alten Pflanze bis
auf Wurzel und Zwiebel im Herbst abstirbt.
Bey manchen treibt die alte Zwiebel junge auf der
[Seite 463] Seite raus, daher sich die auffallende Erschei-
nung erklären läßt, daß manche Zwiebelgewächse,
(zumal die Fritillarien) auf den Rabbatten ih-
re alte Stelle nach und nach zu verändern und
umher zu kriechen scheinen.

§. 201.

Weit allgemeiner aber, als alle diese Fort-
pflanzungswege und vielleicht im ganzen Pflan-
zenreich verbreitet, ist endlich die dritte Art (§.
197.), mittelst der Blüthe, die darnach zur
Frucht oder auf andere Weise zu Saamen
reift.

§. 202.

Die Blüthe der Gewächse nemlich, sie
wag übrigens gestaltet seyn wie sie will, sie mag
einzeln, oder mehrere zusammen als Traube,
oder Aehre oder Kätzgen etc. wachsen, enthält in
ihrer Mitte auf dem sogenannten Fruchtboden
(receptaculum) verschiedene ausgezeichnet ge-
bildete Theile, die in Rücksicht ihrer Bestim-
mung und Verrichtung viele Aehnlichkeit mit
den Zeugungswerkzeugen der Thiere haben. Ei-
nige derselben sind nemlich männlich, andere
weiblich, und diese sollen, wenn die Zeit der
Fortpflanzung herbey gekommen ist, von jenen
befruchtet werden.

§. 203.

[Seite 464]

Die weiblichen Theile liegen meist in der
Mitte, werden der Staubweg (pistillum)
genannt, und bestehen aus dem Fruchtknoten
(germen). Griffel (stylus), und der Nar-
de (stigma). Der Fruchtknoten sitzt un-
mittelbar auf den Fruchtboden auf, und enthält
die Saamenkörner der Pflanze, die man mit
den Eyern der Thiere, und folglich ihr Behäl-
ter mit dem Eyerstock vergleichen kann. Der
hohle Griffel sitzt auf diesem Saamenbehälter,
und die Narbe endlich zu oberst auf dem Griffel,
so daß sie durch den Griffel mit dem Fruchtkno-
ten verbunden ist, und alle drey eine gemein-
schaftliche Höhlung ausmachen.

§. 204.

Um diese weiblichen Theile sitzen nun die
männlichen oder die Staubfäden (stami-
na
) herum: und bestehen aus dem Faden (fi-
lamentum
) und dem darauf ruhenden Staub-
beutel (anthera). Dieser letztere enthält einen
mehlichten Staub, der seiner Bestimmung nach
mildem männlichen Saamen der Thiere vergli-
chen werden kan.

§. 205.

Bey der Befruchtung fällt dieser männ-
liche Blumenstaub auf die weibliche Nar-
be: dringt durch den Griffel in den Frucht-
[Seite 465] knoten und fecundirt die daselbst vorräthig lie-
senden, bis dahin aber unfruchtbar gewesenen
Saamen-Körner. Wenn man die Blüthe vor
der Befruchtungszeit eines dieser wesentlichen
Theile beraubt, so wird sie dadurch, so gut
als verschnittene Thiere, unfruchtbar.

§. 206.

Bey den mehresten Gewächsen find diese
beiderley Geschlechtstheile in der gleichen Blü-
the, die folglich zwitterattig ist, verbunden.
Bey einigen hingegen in verschiedenen Blüthen
wovon die einen blos männlichen, die andern blos
weiblichen Geschlechts, aber doch am gleichen
Stamme befindlich find, getrennt (Monoecia
Linnaei
). Andere Pflanzen haben gar dreyer-
ley Blüthen, blos männliche, blos weibliche,
und auch Zwitterblüthen (Polygamia). Bey noch
andern sind aber die Geschlechter in den Pflanzen
selbst so wie bey den fünf ersten Gassen im Thier-
reich, abgesondert: daß nemlich die eine Pflan-
ze blos männliche, eine andere aber, die übrigens
von der gleichen Art ist, blos weibliche Blumen
trägt: und die Blüthen des weiblichen Stam-
mes nicht anders befruchtet werden, als wenn
der Blumenstaub von der männlichen Pflanze
durch den Wind oder durch Insecten und ande-
re Thiere oder auch durch Kunst ihnen zugeführt
worden ist. (Dioecia.)

§. 207.

[Seite 466]

Ausserdem gibt es aber noch eine Menge klei-
ner schorfiger moosartiger Gewächse, die schon in
ihrem ganzen Bau von den übrigen abweichen
und deren Fortpflanzung auf eine von den er-
zählten verschiedene, bis jetzt noch dunkle und
nicht sattsam beobachtete Weise vor sich geht,
(cryptogamia L.) Von einigen, wie von den
Pilzen, Schwämmen, vom Schimmel etc. haben
wir schon oben (§. 6.) unsre Zweifel wegen
des Naturreichs, zu dem sie zu zählen seyn mö-
gen, geäussert. Der Bastard Pflanzen ist
ebenfalls schon oben (§. 20.) Erwähnung ge-
schehen.

§. 208.

Nachdem die Befruchtung vor sich gegan-
gen, fallen allmählig die übrigen nun über-
flüssigen Theile der Blüthe ab: der beschwängerte
Fruchtknote (§. 203.) aber fängt an auszu-
schwellen, und seinen theils erstaunlich zahlreichen
Saamen nach und nach zur Reife zu bringen.

§. 209.

Die Bildung sowohl der verschiedenen Saa-
menkörner selbst,*) als auch der Gehäusse, worin
sie eingeschlossen sind, ist eben so unendlich man-
nichfaltig als der Blüthen ihre. Sie sitzen z.B.
[Seite 467] bey einigen, wie bey den Nadelhölzern in einem
Zapfen: bey den Hülsenfrüchten in einer
Schoote: bey vielen sind sie in eine holzartige
aber doch weit festere Schaale eingeschlossen, und
heissen, wenn sie von beträchtlicher Grösse sind,
eine Nuß oder Mandel.

§. 210.

Ist der Saame von aussen mit einem safti-
gen Fleische überzogen, so heist dieß eine Frucht
und zwar wird diese, wenn sie ein Kernhaus,
oder Kröbs einschließt, Obst oder Kern-
frucht; wenn sie eine Nuß enthält, Stein-
frucht; und wenn blosse Saamenkörner in ihr
befindlich sind eine Beere genannt.

§. 211.

Zuweilen liegen auch die blossen Saamen-
körner von aussen auf dem groß gewachsenen
markichten Fruchtboden (§. 202.) auf, wie
bey den Erdbeeren, die folglich genau und be-
stimmt zu reden, nicht sollten Beeren genannt
werden.

§. 212.

Die Misgeburten (§. 14.) sind im Ge-
wächsreich ungleich zahlreicher als unter den
Thieren. Es ist kein Theil der Pflanze, an
welchen man nicht zuweilen, an einigen aber
sehr häufige Monstrositäten bemerkte. Am mei-
[Seite 468] sten sinds überzählige, wuchernde Theile (mon-
stra per excessum
) doppelte an einander gewach-
sene Stämme u.s.w. Wir haben noch vorigen
Sommer eine Distel gefunden an der mehrere
Stiele breit wie eine Schwerdklinge zusammen-
gewachsen waren, und oben acht in einer Reihe
stehender Köpfe hatten, fast wie beym Amaran-
thus crystatus
. An den Blättern sind solche
Verunstaltungen weit seltener,*) an Früchten
hingegen desto zahlreicher. Doppelte Hasel-
nüsse, Aepfel, Kirschen u.s.w. sind gemein: wir
haben aber auch einst eine Birne gesunden, aus
der nicht weniger als 10 besondere Kröbse aus-
gewachsen warm.**) So finden sich zuwei-
len vielfache Kornähren, Rosen, aus deren
Mitte andere kleinere Rosen hervorschießen, und
ähnliche Misgeburten: wohin auch die Peloria
gehört, eine monstreuse Abweichung im Sporn
an der Blüthe dreyer Arten von Antirrhinum;
nemlich linaria, elatine, und spurium, deren
Entstchungsart durch verdorbnen Nahrungssaft
unser gelehrter Freund der Herr Dr. Merck in
Ravensburg überaus scharfsinnig erklärt hat.***)

§. 213.

Auch die Ausartung (§.19-21.) geht
bey den Gewachsen ungleich schneller, leichter
[Seite 469] und häufiger von statten als bey den Thieren.
Alle die unzähligen Spielarten unter den Tul-
pen sind binnen 200 Jahren blos aus der ge-
meinen gelben Stammart entstanden. So Nel-
ken, Aurikeln, Hyacinthen n. s. w. die durch
gefüllte und mannichfaltig gefärbte Blumen
ins unendliche variiren.

§. 214.

Das Alter der Gewächse ist von sehr un-
gleicher Dauer. Manche Schimmelarten brin-
gen ihr Leben wol kaum auf einige Stunden.
Da hingegen einige Cedern auf dem Libanon,
der grosse Castanienbaum di cento cavaIi in Si-
cilien, und die noch hin und wieder in Deutsch-
land übrigen heiligen Eichen, unter denen un-
sere Vorfahren ihre Andacht gehabt, vielleicht
Jahrtausende durchlebt haben. Ueberhaupt theilt
man die Pflanzen in perennirende und Som-
mergewächse, welche letztere nemlich schon mit
dem Ende ihres ersten Sommers absterben.

§. 215.

Sogar die Krankheiten der Pflanzen ha-
ben viel mit der Thiere ihren gemein. Die zahl-
reichsten Uebel sind die Cacherien, Wassersucht,
Auszehrung, Bleichsucht, Verhärtungen, Ge-
schwülste u.s.w. Die Blattläuse, womit so
viele Pflanzenarten heim gesucht sind, lassen sich
mit dem Ungeziefer der Thiere, und die sonder-
[Seite 470] baren Auswüchse, die durch die Cynips Arten
verursacht werden, mit den Bremsen des Vie-
hes, vergleichen.

§. 216.

Vom Nutzen der Gewächse können wir
nur etwas weniges vom allerwichtigsten aushe-
ben, denn wie ließe sich die Erzählung aller ihre
zahllosen und mannichfaltigen Brauchbarkeit in
die Schranken, die wir beobachten müssen, zusam-
men pressen. Die beiden allerallgemeinsten und
größten Bestimmungen der Pflanzen überhaupt,
sind wohl, den Totaleindruck der Schöpfung
schön zu machen, und dann die Luft zu reinigen.
Aller übrige Schmuck der Natur sowohl im
Thierreich als unter den Mineralien ist weit
mehr versteckt, wird erst bey näherer Beleuch-
tung sichtbar, und ist überhaupt weit minder
allgemein verbreitet, da hingegen die Gewächse
mit ihren heitern abwechselndeln Farben die gan-
ze Erde decken, und in der Nähe und Ferne
überall Leben und Munterkeit, und grossentheils
auch durch die feinsten balsamischen Gerüche
Erquickung verbreiten. Wie kräftig aber die
Luft durch die Gewächse gereiniget werde, hat
man noch neuerlich durch überaus scharfsinnige
Versuche erwiesen, da verschiedene Sumpf-
pflanzen (vc. Epilobium hirsutum) in artifi-
cieller verdorbener unreiner Luft nur um so besser
aufgewachsen, aber auch dadurch diese Luft in
[Seite 471] kurzen von ihren schädlichen Dünsten, womit
sie geschwängert war, befreyt und gereinigt
worden. Ein grosser Theil der in der Erde
vermodernden Wurzeln, des abgefallenen Lau-
bes etc. dient zum Dünger und erhält die Frucht-
barkeit des Bodens. Die Futterkräuter und
so viele andere Gewächse müssen zur Er-
haltung der Thiere, das Getraide aber, der
Reis und die Cartoffeln zur allgemeinsten Nah-
rung für die Menschen dienen. So die Cocos-
palme, der Brodbaum für die Südlander etc.
So alle die Arten von Gemüße, Hülsen-
früchten, Wurzeln, Obst, Beeren. u.s.w.
Der Zucker zu so mannichfaltigem Gebrauch.*)
Die Gewürze. Der Tabac, der auf beider-
ley Weise in so unglaublicher Menge consumirt
wird. Alle unsere künstlichen Getränke, der
Wein, Brantewein, Caffee, Thee, Cho-
colade, das Bier u.s.w. Das Bauholz,
Bambusrohr etc. und so vielerley Hölzer zum
Gebrauch für Tischler, Drechsler etc. Das
Brennholz, Harz, Pech etc. Flachs und
Hanf zur Kleidung und wenn es da ausge-
dient, auch dam, noch zum Papier. Zum glei-
chen Gebrauch ehedem das Aegyptische Pa-
pierschilf, Splint u.s.w. Sode und Pot-
asche zur Seife, zum Glasmachen. So
viele Pflanzen zur Färberey; Indig, Waid,
[Seite 472] Saflor, Färberröthe etc. Endlich alle die wohl-
thätigen Arzneykräuter die so vieler Millio-
nen Menschen Gesundheit erhalten und ihr Le-
ben verlängert haben, und deren Empirische
Kenntnis die ganze Arzneykunst der ältesten und
wildesten Völker des Erdbodens ausmacht, und
von welchen wir blos die Rhabarber, die Chi-
narinde, den Campher und den Mohnsaft nen-
nen wollen.

§. 217.

Schädlich sind vorzüglich das Unkraut
und die giftigen Gewächse.

§. 218.

Ueber die Anzahl der Gattungen int Pflan-
zenreich läßt sich freylich nur eine sehr unbestimm-
te Muthmassung wagen. Es möchten ihrer
doch ungefähr 30,000 seyn.

§. 219.

Der Pflanzensysteme sind gegenwärtig
eine grosse Zahl. Sie haben alle ihre besondern
Vorzüge. Das Linneische Sexualsystem, das
den oben angezeigten Befruchtungswerkzeugen
und deren verschiedenen Anzahl und Verhältniß
angepaßt ist, empfiehlt sich durch die Faßlichkeit:
das Hallerische hingegen, das mehr auf das gan-
ze äussere Ansehen der Pflanzen und aller ihrer
Theile gegründet ist, durch seine Vollständigkeit
und Untrüglichkeit.


Eilfter Abschnitt.
Von den Mineralien überhaupt.

[Seite 473]

§. 220.

Wir haben die Reichthümer der Natur in ih-
ren beiden organisirten belebten Reichen be-
sehen. Das Ende unsers Buchs ist nun noch
den unorganisirten Naturalien, den minerali-
schen Körpern gewidmet, wovon wir die allge-
meinen Begriffe schon oben in den ersten Blät-
lern angegeben haben.

§. 221.

Zuerst etwas vom Ursprung der Minera-
lien, nemlich von den Hauptwegen, wodurch
sie theils vor Zeiten mit einemmal entstanden
sind, und theils nach und nach und noch immer-
fort entstehen. Um jene aufzuklären, müssen
wir nothwendig auf den Ursprung unsrer Erde
selbst zurück gehen: eine Untersuchung, bey der
man sich freylich immer einige gewagte Muth-
massungen wird erlauben müssen: doch wollen wir
uns nicht dem Flug der kühnen Männer über-
lassen, die Kometen und ausgebrannte Sonnen
zum Bau ihres Erdsystems aufgebothen haben,
[Seite 474] sondern unsere bescheidnere Meinung vortragen,
auf die wir zuerst durch die Untersuchung der
Versteinerungen, und durch ihre Vergleichung
und gefundene Unähnlichkeit mit den gegenwär-
tigen organisirten Körpern und dann durch die
Beobachtung einiger ehemaligen Vulcane ge-
bracht worden sind, und die uns zwar immer noch
eine Hypothese, aber doch eine solche Hypothese
zu seyn scheint, die sich der Natur und dem Au-
genschein ziemlich leicht und schicklich anpas-
sen läßt.

§. 222.

Wir glauben demnach überzeugt zu seyn, daß
unsere Erdkugel wenigstens schon einen Jüngsten
Tag einmal erlebt, und diesem damals über sie er-
gangenen allgemeinen Gericht ihre jetzige Gestalt
zu verdanken hat: diese grosse Catastrophe ist
blos durch unterirdisches Feuer bewürft worden,
das den Boden des Meeres hoch in die Höhe
getrieben, mithin das trockne Land mit einem
mal überschwemmen müssen. Dadurch folglich
die ganze beseelte Erde ertrunken, und hingegen die
nun ausser ihr Element versetzten Wasserthiere
im Vertrocknen umgekommen sind. Daher al-
so die Menge und die regelmässige Lage der meisten
versteinerten, und noch nie in Natur, entdeckten
und schwerlich je zu entdeckenden, Conchylien
u.s.w. auf hohen Bergen, die nur wie Blasen
im Brod durch innere Glut empor gehoben wor-
[Seite 475] den. An tausend Stellen brach das Feuer durch
die Rinde der Erde durch, daher die unzähli-
gen ausgebrannten Vulcane, die in neuern Zei-
ten erst wieder dafür erkannt worden sind, und
deren man allein von Göttingen bis zum Ufer des
Rheins auf 50 bemerkt hat. Die damals und
noch bis jetzt höchsten Berge, die das überlau-
sende Wasser doch nicht bedecken konnte, und
was sonst etwa trocken geblieben, ist doch durch
die heftige und wer weiß wie lang anhaltende
allgemeine Glut zersprungen, gebröckelt, nach
und nach wieder zusammen gebacken n. s. w.
Daher der Granit, der folglich so wie die aller-
mehrsten Petrefacten, wie die meisten ausge-
brannten Vulcane und Basalt-Säulen Gebür-
ge blos als Ruinen der Vorwelt, jener Präada-
mitischen Erde anzusehen sind, und von allen
den andern Mineralien wohl unterschieden wer-
den müssen, die auf der nachher erkalteten Er-
de, nachdem sie der Schöpfer, auf die von Mo-
ses erzählte Weise, mit den gegenwärtigen Ge-
schöpfen neu belebt, allgemach oder auch durch
ähnliche gewaltsame Catastrophen entstanden sind.

§. 223.

Denn der Ausbruch unterirdischer Feuer
und Ueberschwemmungen, die beiden Mittel,
wodurch unserer Meinung nach, die Vorwelt
vernichtet worden, sind auch auf der jetzigen Er-
de noch zwey der beträchtlichsten Quellen zur ein-
[Seite 476] seitigen Zerstörung und anderseitigen Umschaf-
fung und Entstehung der Mineralien.

§. 224.

Aller der unter unfern Augen entstehenden un-
mittelbaren Vulcanischen Producte, der Vergla-
sungen, Laven etc. zu geschweigen, die noch täglich
durch würklich brennende Feuerspeyende Berge-
hervorgebracht werden, so muß auch das ungleich
weiter verbreitete verdeckte unterirdische Feuert
sehr viele theils unbemerkte Veränderungen be-
würken, die doch zum Theil mit der oben angenom-
menen allgemeinen Erdcatastrophe die größte
Aehnlichkeit zeigen. So die schleunige Entstehung
neuer Berge wie z.B. des Monte nuovo bey
Pozzuolo, der im September 1538 binnen 48
Stunden zu einer Höhe von 2400 F. empor ge-
trieben ward.*) Oder Boden des Meers, der
durchs Feuer bis über die Oberfläche des Meers
hinaus gehoben, zu neuen Inseln umgeschaffen
wird. Wie ehedem Hiera, Thia und andere In-
seln des Archipelagus, und noch zuletzt im Ju-
nius 1707 eine kleinere Insel in der Nachbar-
schaft von Santorini (Thera der Alten.)**)
So alle die Hügel und Thäler und Sümpfe etc.
die man jetzt zwischen Rom und Terracina Berg
[Seite 477] auf, Berg ein und krum herum passiren muß,
wo ehedem die via Appia fast schnurgerade und
wasserpaß lief.*)

§. 225.

Ganz anders sind die Veränderungen des
Erdbodens die durch Sündfluthen und Ue-
berschwemmungen verursacht werden. Die
wilden Wasser reissen alles durch einander und
mit sich fort, weichen den Boden auf, und so
wie sie sich allgemach wieder verlaufen, so setzt
sich der Schlamm und mit ihm die zerstörten
durch einander geschwemmten modernden Theile
von Thieren und Pflanzen, wie man das an den
jährlichen Ueberschwemmungen des Nils, des
Oronocko, oder des Amazonen Flusses, und
im kleinen an jeder unter Wasser gesetzten Wiese
etc. sehen kann. Und doch war eine Zeit, da
man die Petrefacten von der Sündfluth herlei-
tete! Ehe könnten vielleicht manche Steinarten
z.B. Bänder Jaspis, der zuweilen wie blos
verhärteter Schlamm aussieht, aber wol nie
eine Spur von einer Versteinerung enthalten
wird, Urkunden der Sündfluth abgeben.

§. 226.

Weit unbemerkter aber unaufhörlich ergie-
big und im ganzen ungleich wichtiger ist hinge-
[Seite 478] gen die Entstehung der Mineralien durch das
allmälige Absterben der organisirten natürlichen
Körper, durch das Verwittern der unorganisirten
selbst, und endlich durch die Zerstörung aller
verarbeiteten Naturalien oder Kunstsachen:
kurz durch das unabbittliche Loos aller erschaffe-
nen oder auch von Menschen verfertigten Dinge,
über kurz oder lang nach dem verschiedenen
Maaße des von der Vorsehung ihnen zugemeß-
nen Lebens oder Dauer, endlich einmal zu ster-
den, zu vergehen und wieder zu der Erde zu
werden von der sie genommen waren.

§. 227.

So sind z.B. die 173220 Millionen Men-
schen, die von Adam bis jetzt gestorben seyn
mögen, gleichsam verschwunden, zu einer Erde
vermodert, die man deshalb, so wie sie rein
in den Gräbern gefunden wird, terra Adami-
ca
nennt. Und doch sagt dieser Beytrag von
menschlichen Leichen noch nichts in Vergleich
mit der Asche der seit der gleichen Zeit gestorbe-
nen ungleich grössern Thiere, der Wallfische,
Elephanten, Crocodile, Pferde, Wasserschlan-
gen u.s.w.

§. 228.

Der gleiche Uebergang der abgestorbenen
Gewächse ins Mineralreich wird theils am
Torf, aber auch schon bey jeder reinen Gar-
[Seite 479] tenerde (humus) sichtbar, die größtentheils
aus verfaulten Pflanzenwurzeln erzeugt wird,
deren cylindrische Zäsergen und andere sehr deut-
liche Spuren schon mit blossen Augen darin zu
erkennen sind.

§. 229.

Aber nicht nur die unorganisirten Körper,
sondern auch die Mineralien selbst sind diesem
allgemeinen Gesetz der Vernichtung (oder viel-
mehr Veränderung) unterworfen. Die man-
cherley Säuren, die überall in allen Elementen
in tust und Wasser etc. verbreitet sind, lösen mit
der Zeit die festesten Mineralien auf, und so
verrosten die Erzte und die härtesten Felsen zer-
fallen in mürbe Erde und Staub etc. So löst
das Wasser den Kalk auf und setzt ihn an an-
dern Orten wieder als Tophstein und Sinter ab.
So werden nach und nach die Metalle vererzt,
die vielleicht im Anfang alle gediegen erschaffen
waren und theils schon jetzt nur äusserst selten
und künftig vielleicht gar nicht mehr in dieser
ihrer ursprünglichen reinen Gestalt gefunden
werden.

§. 230.

Und endlich müssen auch alle von Menschen
schon verarbeitete Producte aus allen drey Na-
turreichen hier in Anschlag gebracht werden,
die ohne Ausnahme doch endlich, jedes nach
[Seite 480] seiner Weise vermodern oder verrosten, kurz so
gut wie die Naturalien selbst, aus denen sie
verfertiget waren, zerstört werden, und theils
wenn sie schon ins Mineralreich übergegangen
sind, noch das leserliche Gepräge ihrer ehema-
ligen Bestimmung an sich tragen. So ist im
academischen Musäum eine Eisensteinstufe aus
dem Zweybrückischen in die ein halb verochertes
aber doch noch ganz kenntliches Bergeisen fest ein-
gewachsen ist. So besitzen wir selbst einen an-
tiken Siegelring, an dem das Metall ganz und
gar zu einer festen Eisen miner vererzt ist, aber doch
seine ehemalige Form behalten und den gegrabe-
nen Onyx noch fest eingeschloffen gleichsam in
sich verwachsen hält.

§. 231.

So unerschöpflich also der Stoff zur bestän-
digen Erzeugung der Mineralien ist, so uner-
müdet ist die Natur diesen gemischten Stoff
aus einander zu sondern, zu reinigen, zu bil-
den etc. Und wenn sie in Ruhe und ungestört
gelassen wird, so braucht sie weniger Zeit als
insgemein geglaubt wird, um daraus Steine,
Erze etc. hervorzubringen. Die Alten bemerkten
schon in den berufenen Eisengruben der Insel
Elba, daß die ausgehauenen Klüfte und Nester
in kurzen wieder mit Eisen angefüllt würden,
und im Museum ist eine Sprosse von einer Berg-
leiter befindlich, die man bey Aufräumung einer,
[Seite 481] höchstens hundert Jahre lang verlaßnen Grube
auf dem Harz vorgefunden, und um welche
sich während dieser Zeit eine Selenitdruse von
7 Zoll im Durchmesser und von einer ganz
ausserordentlichen Schönheit angesetzt bat. Und
daß auch selbst die Hervorbringung der festesten
Steine keinen längern Zeitraum erfodere, wird
aus den Erfahrungen, die man in den Crystall-
gruben der Schweizer-Alpen anzustellen Gele-
genheit gehabt, und theils auch durch solche
Stücke erweislich, dergleichen wir vor uns lie-
gend haben, da weiche Flußspatdrusen etc. von
aussen mit den härtesten Quarzcrystallen überzo-
gen und gleichsam incrustirt sind.

§. 232.

Die Eigenschaften der Mineralien, ihre
Bildung, Dauer u.s.w. ist so sehr verschie-
den, und ihre Nutzbarkeit so überaus man-
nichfaltig, daß sich hier nichts allgemeines dar-
über sagen läßt, sondern unten bey der Anzeige
der Arten angeführt werden muß.

§. 233.

Alle Mineralien lassen sich sehr füglich un-
ter folgende Classen bringen:

[Seite 482]

I. Erden und Steine.

II. Salze.

III. Erdharze.

IV. Metalle und Halbmetalle.

denen wir als eine Zugabe

V. die Versteinerungen beygefügt haben.


Zwölfter Abschnitt.
Von den Erden und Steinen.

[Seite 483]

§. 234.

Die erste und bey weiten ansehnlichste Classe
begreift alle Mineralien, die sich weder wie die
Salze in Wasser, noch wie die Erdharze in
Oel auflösen, auch sich nicht wie die Erzte,
ohne zu zerspringen, hämmern und breit schla-
gen lassen. Die ältern Mineralogen haben
die Erden und Steine von einander abgesondert
und in zwey besondere Classen zertheilt. Allein
der beständigen Wiederholungen zu geschweigen,
die bey dieser Absonderung unvermeidlich sind,
so beruht überhaupt der ganze Unterschied auf
der sehr unbestimmten blos relativen Cohäsion,
die, wenn sie locker ist, Erden, und wenn sie
feste wird, Steine constituiren soll.

§. 235.

Man ist zwey Wege eingeschlagen, die Mi-
neralien dieser, und überhaupt auch der übri-
gen Classen in systematische Ordnung zu brin-
gen. Entweder nemlich werden sie nach ihrer
[Seite 484] äussern Bildung, oder aber nach der Mischung
ihrer Bestandtheile angeordnet. Jenes blos
nach dem Augenschein und Ansehen. Dieses
mittelst der chimischen Auflösung. Man hat
den letztern Weg vielleicht mit nicht bessern
Grunde für untrüglich angepriesen, als man
den erstern für völlig ungewiß zu verschreyen
gesucht hat. Wir lassen jeden in seinen Wür-
den, folgen aber dem erstern, so wie wir auch
oben die Thiere blos nach ihrer äussern Bildung
und nicht nach ihrem innern anatomischen Bau
angeordnet haben: und so lassen sich denn alle
Erd- und Steinarten füglich unter folgende drey
Ordnungen bringen.

I. Calcariae. Kalkarten.

II. Argillaceae. Thonarten.

III. Siliceae s. vitrescibiles. Kieselarten.

Nach dem was wir oben von der Entste-
hung der Mineralien gesagt haben, so braucht
es kaum wieder erinnert zu werden, daß sich
diese dreyerley Erdarten nicht immer rein, son-
dern sehr häufig zwey oder alle drey unter ein-
ander gemischt finden: daß sich aber auch die-
se unreinen Erden sehr leicht in derjenigen Ord-
nung mit der sie die mehreste Gleichheit ha-
ben, unterbringen lassen.


I. CALCARIAE.

[Seite 485]

Die kalkartigen Steine sind weich, so
daß sie weder in Glas schneiden noch am Stahl
Feuer geben und im Feuer noch mürber ge-
brannt werden. Sie sind überall in der Schö-
pfung verbreitet. Unzählige Flözgebürge die
unserer Meynung nach das Grab der Seethiere
der Vorwelt ausmachen, bestehen aus Kalk:
und er macht den Grundstoff der Muschelschaa-
len, der Corallenstämme und selbst aller Kno-
chen von Thieren und Menschen, aus.

1. calx cum acidis effervescens, solubilis, opa-
cus, non poliendus.

Die gemeinen Kalkarten, die in diesem Ge-
schlecht verzeichnet werden, unterscheiden sich
blos durch ein gröberes Korn vom Marmor, der
eigentlich ein feiner harter Kalkstein ist, aber
eine schöne und dauerhafte Politur annimmt.

1. Vulgaris. Der gemeine Kalkstein.

Meist von grauer Farbe. Wird roh zum
bauen und pflastern, wenn er aber gelöscht wor-
den, zum tünchen, gerben etc. auch zum Zucker-
sieden und in der Arzney gebraucht.

2. Fibrosus. Fasericher Kalk.

Fast wie Asbest oder Stralgyps. Häufig auf
dem Heinberg bey Göttingen.

[Seite 486]

3. Schistosus. Kalkschiefer.

Bricht in Tafeln, wie Thonschiefer; ist meist
von weißgelber Farbe. Theils mit Dendritischen
Figuren oder mit versteinten Fischen, Krebsen etc.
wie im Pappenheimischen. Zuweilen als Stink-
stein mit Erdharz durchzogen; wie die Fisch-
Schiefer vom Berge Libanon.

2. marmor cum acidis effervescens solubi-
le opacum egregie poliendum.

Die unendlich mannichfaltigen Marmorarten,
die wegen der Geschmeidigkeit, die dieser Stein
mit seiner Schönheit und Dauer verbindet, von
je zu den edelsten Kunstwerken der Architectur
und Bildhauerkunst verwendet worden sind, lassen
sich, in so fern sie schon von den alten Künst-
lern verarbeitet worden, oder nicht, in antike
und moderne, und nach der Verschiedenheit
der Farben, Zeichnung etc. in folgende drey Haupt-
gattungen abtheilen:

1. Unicolor, einfärbiger Marmor.

Weiß. Unter den alten (bianco antico)
vorzüglich der Parische, der höchstens in Blö-
cken von Menschenlänge brach, von einem fast
glimmerig glänzenden Korne, und zuweilen (wie
an einem antiken kleinen weiblichen Kopfe in un-
serer Sammlung) halb durchsichtig etwa wie
gebleichtes Wachs. Dann der Carrarische (M.
Lunense
bey den Alten) u.a.m. Grün.
Z.B. das eigentliche verde antico (M. Laco-
nicum
) vom Vorgebürge Tänarus, das nicht
mit dem also genannten grünen Porphyr ver-
wechselt werden darf. So giallo, nero, rosso
antico
. etc.

[Seite 487]

2. Versicolor, bunter Marmor.

Gefleckt, adrig, wolkicht, streificht (wie der
Blankenburger Tafftstein) in unzähligen Varie-
täten. Dahin paonazzo, broccatello antico etc.

3. Pictum, figurirter Marmor.

Entweder mit Bäumgen, Moos, kurz dendri-
tisch: oder mit Zeichnung von alten Mauerwerk,
wie im Florentiner Ruinen Marmor (paësino)
der meist in dünnen Täfelgen zu eingelegter Ar-
beit verbraucht wird. Hieher könnte man auch
die Petrefacten-Marmor zählen, die doch aber
füglicher nach ihrem Inhalt den Versteinerungen
zugesellt werden.

3. lapis lazuli Lasurstein. (Sapphirus
veterum) coerulei coloris, opacus.

Eine gemischte Steinart, die ausser dem Kalk
auch Kieselerde etc. und Eisentheilgen enthält,
die ihr vermutlich die vortrefliche himmelblaue
Farbe geben. Findet sich meist nur in kleinen Stü-
cken: die größten sind wol am Altar der Casa
santa
zu Loretto. Die eben so kostbare als schö-
ne Ultramarin Farbe, die man aus dem Lasur-
stein verfertiget, ist ehedem häufiger als jetzt,
zumal im medio aevo zu den Mahlereyen in die
Handschriften, und nach jener Zeit wol am mei-
sten vom grossen Titian gebraucht worden.

4. creta cum acidis effervescens, friabi-
lis, candida, opaca
.

1. Scriptoria, die Kreite.

Die Kreite scheint freylich ein verwitterter
Kalk; doch bleibt ihre wahre Entstehung schon
deswegen, daß sie sich fast unzertrennlich mit
[Seite 488] Feuerstein zusammen findet, noch räzelhaft. Es
gibt ganze Ketten von Kreitenbergen. Z.B. die
Englischen, wovon Albion seinen Namen, hat.

2. Lac lunae Mondmilch.

Eine weiche Stärkenartige Kreite, die sich meist
in Bergklüften, wie in der Baumannshöhle, auf
dem Lucerner Pilatusberg etc. findet.

5. tophvs Tuffstein. Ex aqua praecipi-
tatus, cum acidis effervescens, opacus.

Wird aus kalkichten Wasser abgesetzt, ist nicht
crystallisirt, sondern überzieht bald dichter, bald
lockerer, entweder breite Flächen, da er Sinter
genannt wird: oder allerhand andere Körper, die
er antrifft. So das incrustirte Moos auf der
Papiermühle bey Göttingen, die Coburger Blät-
ter Abdrücke, die Incrustate vom Carlsbade, von
den Gradirhäusern bey Salz der Helden u.s.w.
Auch gehören dahin die Koggensteine, Erb-
sensteine, Confect von Tivoli, die Corallen-
artige sogenannte Eisenblüthe u.s.w. Zuwei-
len ist der Sinter Marmorhart und halb durch-
sichtig, wie wir dergleichen von den Ufern des
Tigris bey Bassora, und aus der Scharzfelder
Knochenhöhle vor uns haben. Jener ist wol der
Alabastries Lydinus der Alten.

Wenn der Tophus im Heruntertröpfeln des
Kalkwassers sich in Zapfen ansetzt, so heissen die-
se Stalactiten oder Tropfstein; die zuweilen
allerhand Figuren oder eigentliche Naturspiele
bilden. Die Baumannshöhle und die berufne
Grotte auf Antiparos*) sind voll von Millio-
[Seite 489] nen solcher Stalactitzapfen. Unter den grossen
Geschenken des Hrn. Baron Asch ans academische
Museum finden sich Säulen aus der letztgedach-
ten Grotte die über 10 Zoll im Durchschnitt halten.

6. spatum calcarevm Kalkspat.
Crystallisatum pellucidum.

Spat ist ein viel umfassendes Bergmanns-
wort, das von allen durchsichtigen und crystal-
lisirten Steinen dieser Ordnung und dann auch
von den crystallisirten metallischen sogenannten
Kalken gebraucht wird.

Dieser, der Kalkspat findet sich in verschiede-
nen Gestalten, die aber unabänderlich bestimmt
sind, und folglich, wenn man sie kennt (so
wie alle Crystallisationen ohne Ausnahme) die
sichersten und untrüglichsten Unterscheidungszei-
chen abgeben. Manche heissen Schweinozäh-
ne, andere Nagelkopfspat, Canondrusen
u.s.w. Bey den letztern sind die Crystalle sechs-
seitig, ohne Endspitzen, sondern wie abgeschnit-
ten: und zwar ist diese Endfläche Kreiten weiß
und undurchsichtig, wenn gleich die Crystalle selbst
übrigens so hell als Wasser sind. Eine Art fin-
det sich in schrägen Würfeln und stellt dieser Tex-
tur wegen,*) Schriftzüge, die man dadurch
ansieht, wie verdoppelt, vor. Dieß ist der Dop-
pelspat oder so genannte Isländische Crystall.
Eigentlich ist aber dieses rhomboidale Gefüge
mehrern, vielleicht allen, Kalkspaten gemein,
deren Crystalle, wenn man sie zerschlägt, in
solche schräge Würfelgen zerspringen.

[Seite 490]

7. gypsum cum acidis non effervescens,
opacum, non poliendum
.

Gyps ist eine Kalkerde, die schon so mit Vi-
triolsäure gesättigt ist, daß sie nun nicht mehr
damit aufbraust.

5. Vulgare, Gyps.

Noch mürber als der gemeine Kalk, gebrannt
und mit Wasser gemischt giebt er einen beson-
dern Geruch, verhärtet und wird nachher zu
Estrich, Stuccaturarbeit, Abgüssen von Sta-
tuen, Büsten, Münzen u.s.w. gebraucht.

2. Fibrosum, Strahlgyps (Stirium, Iapis in-
olithus
.)

Fast wie der faserichte Kalk. Wird zu Streu-
sand gepulvert.

8. albastrvm cum acidis non efferve-
scens, opacum, poliendum.

Verhält sich zum Marmor, wie der gemeine
Gyps zum gemeinen Kalkstein.

9. spatvm gypsevm crystallisatum pel-
lucidum
.

1. Selenites, Gypsspat.

Bricht auch in schräge Vierecke; aber von an-
dern Winkeln als beym Kalkspat, läßt sich sehr
leicht mit dem Messer spalten. Wenn er in gros-
sen Scheiben ist, heist er Marienglas, Frauen-
eis, Eselsspiegel, Hornglas, Glacies Ma-
riae, lapis specularis
.

2. Ponderosum, schwerer Spat.

[Seite 491]

Unterscheidet sich schon durch seine ausneh-
mende Schwere. Findet sich in flach gedruckten
Crystallen, wie Hahnen Kämme, die Gruppen-
weis an einander sitzen. Bey grossen Drusen
kreuzen sich diese Gruppen wie Flechtarbeit; theils
findet er sich kalkicht weiß und undurchsichtig:
theils aber auch in grossen hellen Crystallen von
blaulichter oder gelblichter Farbe; zuweilen in
überaus zarten Crystallen, die wie an einem Fa-
den sitzen, und bereiften Haaren ähneln, daher
sie auch Haardrusen genannt werden. Dahin
gehört auch der bononische Stein meist von
Eyförmiger Gestalt, der sich doch auch ander-
wärts findet, und der, wenn er calcinirt wor-
den, die so genannten Lichtmagnete gibt, die
nemlich Lichtmaterie von der Sonne und Tages-
licht oder auch von starken Küchenfeuer (aber
nie vom Mondschein) einsaugen, und es in der
Dunkelheit, und zwar wenn es buntes prisma-
tisches Licht war das sie empfingen, auch genau
mit den gleichen Farben wieder von sich werfen.

3. Cubicum, Flußspat, Glasspat, Fluor.

Würflicht, hell durchsichtig wie Glas, theils
farbig, zumal gelb, violet und grün. Ist wie
der vorige ein gemischter Spat, der nemlich
auch Kieselerde etc. enthält. Viele Flußspate
leuchten im Finstern, wenn man sie an feste Kör-
per reibt oder auch erwärmt: man braucht sie
zum Schmelzen strengflüssiger Erzte und die schö-
nen bunten Arten aus Derbyshire zu Vasen auf
Camine u.s.w.

10. zeolithes radiis concentricis.

Eine erst neuerlich bekannt wordene Steinart,
deren chimische Untersuchung viel eigenes zeigt.
[Seite 492] Der Zeolith findet sich häufig auf Island, Fer-
röe etc. meist in Kugeln, die aber, wenn man
sie zerschlägt in strahlichte Keile zerspringen.
Wir besitzen ihn aber auch in sehr grossen Keilen,
auch ganz locker in lauter abgesonderten äusserst
feinen Strahlen, auch in grünlichen Strahlen
bey crystallinisch gediegenen Kupfer u.s.w.


II. ARGILLACEAE.

Die Thonarten sind fettig anzufühlen, und
ebenfalls weich, so daß sie weder in Glas kri-
tzeln noch am Stahl Feuer geben: statt daß
aber der Kalk mürbe gebrannt wird, so erhär-
tet hingegen der Thon im Feuer, und manche
Arten, wie man am Porcellän sieht, zu einem
ausnehmenden Grade.

11. argilla friabilis.

1. Vulgaris. Töpfer-Thon.

Wol die nutzbarste und unentbehrlichste von
allen Mineralien, die der gütige Schöpfer des-
wegen auch über die ganze Erde verbreitet hat.
Meist von grauer Farbe: zieht das Wasser ein,
und erweicht dadurch.

Die folgenden Arten sind feiner, aber meist
mit andern Erdarten, Kalk, Sand u.s.w. vermischt.

2. Fullonum, Walkererde.

Sehr fettig anzufühlen. Schäumt im Wasser
wie Seife, und zieht begierig Fett in sich. Da-
[Seite 493] her ihre Wichtigkeit zum Walten der Tücher.
Die feinste findet sich in England. Hieher ge-
hört auch wohl die Spanische Kreite.

3. Porcellana, Porcellan Erde.

Die wichtige Erdart, aus der man nach den
Jahrbüchern von Feouleam in China im zweyten
Jahr der Regierung des Kaisers Tam, das ist A.
442. n. C. G. zu allererst Porcellan gemacht: das
nun zu Anfang dieses Jahrhunderts von dem nach-
her baronisirten Apotheker Böttger in Meissen
ebenfalls erfunden und auf dem höchsten Grad
der Vollkommenheit gebracht, aber seit dem auch
an mehrern Orten in und ausser Deutschland
nachgemacht worden.

9. Faventina, Fayence Thon.

Ebenfalls schneeweiß wie der Porcellan Thon
doch nicht so fein. Hieraus ward zu Anfang
des 16ten Jahrhunderts von Raphaels Vetter
Guido Durantino zu Urbino das unächte Por-
cellan oder so genannte Majolica mit schöner
Mahlerey, nach des Marc Antonio Kupfersti-
chen, verfertigt. Aus ähnlichen Erden, Pfei-
fenthon etc. in neuern Zeiten das Steingut,
Schmelztiegel, Tobackspfeifen*) u.s.w.

5. Bolus.

Von mancherley Farben. Dahin gehört die
Siegel Erde (Terra Lemnia) woraus Pfeifen-
Köpfe, Thee Geschirre etc. gemacht werden. Fer-
ner der Röthelstein, und das Steinmark das
beynah der obgedachten Mondmilch ähnelt, und
[Seite 494] woraus vermutlich die so genannten Meerschau-
menen Pfeifen Köpfe verfertigt werden.

6. Tripolitana, der Tripel.

Mager, nicht so fettig wie die vorigen Arten
anzufühlen, aber ziemlich fest.

7. Marga, der Mergel.

Von unendlichen Abartungen in der Mischung,
Farbe etc. Meist mürbe wie die andern Arten
dieses Geschlechts. Zuweilen aber auch fest,
Eyförmig (Mergelnüsse). Ist für manche Ge-
genden als Dünger zu brauchen.

8. Humus, Garten Erde, Damm Erde.

Eine folgends sehr gemischte unreine Erdart,
die so wie der Mergel auch zum Kalk gezählt
werden könnte, die die Oberfläche des fruchtba-
ren Erdbodens ausmacht, und mehrentheils
aus modernden Pflanzenwurzeln entstehet.

12. smectis lapideus.

1. Steatites, Speckstein, Seifenstein.

Von weisser, röthlicher oder grünlicher Farbe,
wie ein Stück Seife anzufühlen. Der feinste
bricht in China wo er zu Thee-Geschirren, Bas-
reliefs, Figuren, Flacons u.s.w. verarbeitet
wird.

2. Nephriticus, Nierenstein.

Von grünlicher Farbe, halb durchsichtig, nimt
feine Politur an. Findet sich so wie der Speck-
stein, nur in kleineren Stücken.

3. Serpentinus, Serpentinstein. Ophites.

Die eigentliche Heimat dieses Steins ist Zö-
plitz im Erzgebürge, wo er zu Ende des 16ten
[Seite 495] Jahrhunderts aufgefunden, und seitdem in un-
glaublicher Menge zu Reibemörsern, Schreibe-
zeugen, Büchsen u.s.w. verarbeitet wird. Man
hat Blöcke von 30 Centner schwer gebrochen.
Meist von schwarzgrüner Farbe, zuweilen gran,
auch mit schönen dunkelrothen Adern etc.

4. Ollaris. der Topfstein, Lavezzi. Lapis
Comensis vet.

Hat ein gröberes Korn als der Serpentinstein,
nimt daher keine so gute Politur an. Findet
sich hin und wieder; auch im fünften Welttheile,
wo die Neu-Caledonier ihre Schleudersteine dar-
aus schnitzen, am meisten aber und in den größ-
ten Stücken in Graubünden, und machte vor
Zeiten die Hauptnahrung des schönen An. 1618.
vom Berg Conti begrabnen Städtchen Plürs
aus. Man dreht mittelst grosser Räder, die
vom Wasser getrieben werden, Kochtöpfe aus
diesen Stein, die zuweilen wol 3 Fuß im Durch-
schnitt halten, und Jahrhunderte ausdauern
können.

13. mica particulis lamellosis diaphanis, mi-
cantibus.

1. Talcum, Talk.

Meist silberweis oder ins grünliche spielend:
ist überaus fettig anzufühlen und färbt ab. Wird
zumal in China häufig zu feinen Papier-Tape-
ten verbraucht, die davon einen matten Silber-
glanz kriegen.

1. Aurea, Katzengold, Katzensilber.

Zuweilen in derben Stücken, die Granaten
enthalten.

3. Slud, Rußisch Frauenglas.

[Seite 496]

Darf ja nicht mit dem obigen Selenitischen
Marienglas verwechselt werden. Findet sich in
Blattern von Bogen-Grösse, ist biegsam, aber
nicht ganz hell, sondern meist räuchericht.

4. Molybdaena, Bleystift.

Von schwärzerer oder blasserer Farbe. Die
feinste englische Sorte wird roh verarbeitet. Die
gröbern oder zum Zeichnen allzuweichen Arten
werden zu Schmelztiegeln, Ofenschwarze u.s.w.
verbraucht.

14. amiantvs, der Asbest. Fibrosus.

Meist in der Nachbarschaft von Topfstein,
Nierenstein u.s.w.

1. Flexilis, reifer Asbest.

Der biegsam ist, und sich zu Faden spinnen
läßt: dahin der Bergflachs gehört, daraus man
die so genannte unverbrennliche Leinwand und
Papier, ewige Tochte etc. verfertigt. Bergle-
der, Bergfleisch, Bergkork.

4. Rigidus, unreifer Asbest.

Der sich nicht in Faden drehen laßt, sondern
bröckelt, wenn er auch gleich wie der Veltliner
aus halb Ellen langen blendend weissen Strahlen
besteht. Eine besonders schöne Art ist der
Strausasbest oder Aerenstein (Lapis acero-
fus) der in kleinen weissen Büscheln in einem
grauen Gestein bricht.

15. schistvs lamellosus, opacus, scissilis.

1. Ardesius, Schiefer.

Von verschiedener Farbe und Feinheit. Mist
schwarz oder schwarzblau: zuweilen grau und
[Seite 497] im Berner Gebiet auch vom schönsten roth und
grün. Gröbere Sorten zum Dachdecken. Feinere
zu Schreibtafeln.

2. Lydius, Probierstein.

Von feinem Korn und vorzüglicher Härte.
Dahin gehört der feinere Schleifstein zum Abzie-
hen der Messer, ferner der Paragone oder wahre
Basanites der Alten, auch eine Art von Nero anti-
co
; und dann ein schwarzgrauer weicherer Stein
mit kleinen crystallinischem Eisenmann durch-
sprengt, dergleichen wir aus Egypten haben,
und der insgemein mit unter der allgemeinen Ru-
brik von antiken Basalt begriffen wird.

3. Scriptorius, schwarze Kreite.

Von feinem Korn, aber weich, geschmeidig, zum
zeichnen etc.


III. SILICEAE.

Die Kieselarten zeichnen sich durch ihre
Härte aus, da sie am Stahl Feuer schlagen,
in Glas schneiden u.s.w. Sie lassen sich nicht
in Säuren auflösen, schmelzen aber mit Zusatz
eines festen Laugensalzes leicht zu Glas, daher
sie auch Terrae vitrescibiles genannt werden.

16. gemma Edelsteine. Pellucida duris-
sima corruscans nobilis
.

1. Adamas, der Demant.

Der härteste und kostbarste von allen bekann-
ten Körpern, und doch, wie die Kaiser-Probe
[Seite 498] erwiesen hat, seines prächtigen Nahmens unge-
achtet, ganz vergänglich. Seine natürliche Cry-
stallisation wird oft sehr unrecht angegeben: die
rohen Diamanten, die wir vor uns haben, sind
völlig so geformt, wie sie der alte Ritter Maun-
devile*) aus dem 14ten Jahrhundert in sei-
ner Meerfahrt zum heiligen Grabe beschreibt:
haben nemlich acht egale dreyseitige Flachen.
Der Diamant ist von blättriger Textur und
soll eigentlich ohne Grundfarbe, wie ein Thau-
tropfe seyn, aber alle Farben mit vollen Feuer zu-
rück werfen. Doch werben einige Spielarten
von gefärbten Diamanten ihrer Schönheit und
Kostbarkeit wegen ausgenommen und den völlig
ungefärbten noch vorgezogen. So z. E. die grünen,
wovon das grosse Stück in der Büttnerischen
Juwelen Sammlung des academischen Musei
schon in mehrern Werken beschrieben worden.
Der blaue, rothe Diamant etc. werden ebenfalls
geschätzt, gelb vermindert hingegen den Werth.
Folgends braun oder ein eingesprengtes Pulver
etc. sind Hauptfehler. Die besten Diaman-
ten kommen aus den alten Gruben von De-
can, Golconda etc. Die Brasilischen sind un-
gleich schlechter. Daß schon die Alten in Dia-
mant gegraben hätten, bleibt uns noch immer
unwahrscheinlich.**) Ludwig Berquen von
Brügge hat vermutlich A. 1475. zuerst einen
Diamant geschliffen, und zwar für Herzog Carl
[Seite 499] den kühnen von Burgund, dem er aber im fol-
genden Jahr von den Eidgenossen Hey Gransee
abgenommen und an die reichen Fugger in Aug-
spurg verkauft wurde.*)

2. Rubinus.

Der Rubin ist wol nach dem Diamant der
härteste Edelstein. Man theilt ihn seiner Farbe
nach in vier Abartungen. a) Der Almandin
vom schönsten hochroth. b) Rubibalais, blaß-
roth, fast rosenfarb. c) Rubispinell violet-
roth. d) Rubicell, gelbroth. Auch die besten
Rubine kommen aus Orient, und haben, wie
wir an einem grossen Balais in unserer Samm-
lung sehen, die Crystallisation des Diamants.

3. Topasius orientalis.

Von bleichgelber Farbe: auf Ceilon, meist im
Wasser abgerundet unter den so genannten Reys;
doch erkennt man noch an manchen die Crystalli-
sation, die aus zwey sechsseitigen Pyramiden
besteht.

4. Topasius occidentalis.

Der Schneckenstein und Brasilische Topas,
haben beide einerley, aber schwer zu beschreiben-
de Figur. Jener vom Schneckenstein (jetzt Kö-
nigskrone) einem Felsen im Sächsischen Berg-
amt Falkenstein, wo er 1729. entdeckt worden,
von blaßgelber Farbe: dieser aus Brasilien; theils
[Seite 500] auch im Wasser abgerundet; von blasser und dun-
kelgelber Farbe; theils röthlich.

5. Smaragdus.

Von der Crystallisation der oben beym Kalk-
spat beschriebenen Kanondrusen. Der ehemals
vermeynte Smaragd im Kloster Reichenau bey
Kostnitz ist ein schöner grüner Glasfluß.

6. Sapphirus. (Hyacinthus veter.)

Hat gleiches Vaterland und Crystallisation
mit dem orientalischen Topas. Wenn er blaß-
blau ist, heißt er Lux Sapphir.

7. Beryllus, der Aquamarin.

Ein seltener Stein von wasserblauer oder Perl-
farbe, und von der Gestalt des Schneckensteins
oder Brasilischen Topas. Zuweilen gelbgrün,
da er Goldberyll heißt, und theils ins schwefel-
blaue changirt.

8. Amethystus.

Violet. Eine schöne orientalische Amethyst-
Druse, die wir vor uns haben, besteht aus
stumpfen vierseitigen Spitzen, wovon jede Seite
durch einen erhabnen Rücken wieder in zwey Flä-
chen abgetheilt ist.

9. Hyacinthus. (Lyncurium veter.)

Feuerfarb, orangegelb. In Ostindien und
Dentschland.

10. Sargonus, Jargon.

Im Wasser abgerundet, aus Ostindien: von
ausnehmender Harte und einem besondern etwas
matten aber angenehmen Feuer, und blasser Far-
be, gelblich, grünlich u.s.w.

11. Chrysolithus.

[Seite 501]

Zeisiggrün mit gestreiften Flachen. In beiden
Indien, auch in Sachsen, Böhmen, Kamtschat-
ka; theils in grossen Stücken.

12. Turmalinus, der Aschenzieher.

Von brauner, grüner und schwarzer Farbe.
Letztere undurchsichtig. Alle zeichnen sich aber
durch die ausserordentliche von Lemery A. 1717.
entdeckte Erscheinung aus, daß die ihnen bey-
wohnende Elektricität nicht nur durchs reiben, wie
bey andern Edelsteinen, sondern schon durch
blosses Erwärmen auf Hohlen, oder im heissen
Wasser erregt wird, und daß sie zwey Pole ha-
ben, deren einer die Asche etc. anzieht, und der
andere sie abstöst. Die braunen kommen von
Zeilon, die grünen aus Brasilien, schwarze
aus Norwegen, Tyrol etc.

13. Granatus.

Vom schönsten dunkelroth, meist dodecaetrisch:
vorzüglich in Böhmen, Norwegen und Orient;
gewöhnlich in glimmerigen Gestein eingesprengt,
oder auch in Flüssen, in der Mulde, Aar etc.

14. Opalus, Elementstein.

Ohne bestimmte Form und Farbe. Doch meist
milchweis, mehr oder weniger durchsichtig; aber
in alle Farben vortreflich und aufs lebhafteste
spielend; theils wie glühende Kohlen oder Schwe-
felflamme, Pfauenschweif etc. daher er nicht wie
Diamante u.a. Steine dieses Geschlechts durch
Kunst nachgemacht werden kann.

Hieher gehört auch das so genannte Weltauge
das Charleton zuerst beschrieben, das nur im
Wasser Durchsichtigkeit, Widerschein und theils
Feuerglanz erlangt u.s.w. Und der Lapis mu-
tabilis
, ein weicher Stein von verschiedener Far-
[Seite 502] be, der beym Opal, Chalcedon etc. bricht und auch
erst, nachdem er einige Zeit im Wasser gelegen,
pellucid wird.

17. qvarzvm pellucidum hexaedricum.

Wir haben das altdeutsche Bergmannswort
Quarz zum Geschlechtsnamen gebraucht: sonst
nennt man die Crystallmutter also, zum Unter-
schied vom eigentlichen Crystall, der aus einer
sechsseitigen Säule besteht, die sich an beiden Enden
wieder mit eben so viel Seiten zuspitzt. Zuwei-
len ist aber die Säule mit dem einen Ende in den
Quarz verwachsen, wie bey den mehresten Schwei-
zer- und Sibirischen Crystallen: oder man sieht
auch blos sechseckichte Spitzen ohne Säulen auf
dem Quarz, wie bey den Harzcrystallen.

1. Pseudodamas, falsche Demanten.

Kleine Crystalle aber vom reinsten Wasser und
voller Feuer, daher sie zu Garnituren verarbeitet
werden. So die so genannten Zackentopasen vom
Schneckenstein, die Marmoruschen vom Carpa-
tischen Gebürge, die Bristolsteine aus Irland etc.

2. Crystallus, Bergcrystall.

Die. schönsten brechen in den Klüften der
Schweizer Alpen, wo man wol ehe einzelne
Stücke von 7 Centner am Gewicht und einer Klar-
heit, daß man ein Zeitungsblatt dadurch lesen
können, gefunden hat. Vorzüglich selten und
merkwürdig sind die, so fremde Körper einschlies-
sen: so die Crystalldrusen im Museum, die meh-
rere Wassertropfen, andere die grosse Zinn-Gra-
naten, andere die Schörl u.s.w. enthalten. Die
in den Achatnieren befindlichen Crystallspitzen sind
mehrentheils gefärbt wie Amethysten, Topase etc.
Hieher gehören auch die Böhmischen Doppelto-
[Seite 503] pasen oder Kling-Crystallen, die ihren Nahmen
von dem hellen Klang haben, den sie beym An-
schlagen von sich geben; ferner die so genannten
Rauchtopasen, wovon unter den Aschischen
Geschenken Faustgrosse Crystalle aus Sibirien
befindlich sind. Ferner der Morion, und wie
wir glauben, der Lapis Obsidianus der Alten,
wovon wir ziemlich grosse Tafeln aus Aegypten
erhalten haben. Und endlich die ganz undurch-
sichtigen Crystallen von braungelber Farbe, wie
die so genannten Spanischen Hyacinthen, oder
grau und braun marmorirt, u.s.w.

3. Siliceum.

Die im Wasser abgerundeten Crystalle, theils
von vorzüglicher Schönheit, wie die Linsbur-
ger Steine im Hannöverschen, die von Ceilon etc.

18. feldspathvm lamellosum micans,
absque forma determinata
.

Blätterig wie ein Spat, ausnehmend hart,
meist undurchsichtig.

1. Oculus cati, Katzenauge.

So heissen die feinern Sorten Feldspate; die,
wenn sie geschlissen sind, einen leuchtenden Glanz
haben, fast wie die Augen der Katzen im fin-
stern. Dahin gehört der Sonnenopal, der
wie Goldflittern blitzert u.s.w.

2. Labradoricum, der Labradorstein.

Ein erst neuerlich bekannt gewordener Stein,
der theils in beträchtlicher Grösse gefunden wird,
und in viele Regenbogenfarben, vorzüglich ins
Pfauenschweifige blaue, grüne etc. spielt.

[Seite 504]

19. cornevs Hornstein. Semipellucidas,
absque forma determinata.

1. Achates.

Von allen möglichen Farben und Zeichnungen.
Häufig in Kugeln oder Nieren von verschiedener
Grosse, wohin die Melonen vom Berg Car-
mel gehören. Meist sind diese Kugeln hohl,
theils aber auch mit andern Steinarten ausge-
füllt. So ein prachtvolles Stück unter der
Sammlung Zweybrücker Achate, die Ihro Durch-
laucht die verwittwete Fürstin von Waldeck ans
Museum geschenkt haben, da eine Spannen lan-
ge Niere von herborisirten Achat und Amethyst-
Crystallen mit Chalcedon wie ausgegossen ist:
Eine andere, deren Höhle einen Kalkspat-Cry-
stall, von der Dicke eines Kinderarms enthalt
u.s.w. Auf die Art entstehen wol die Festungs-
achate mit eckichten Zügen wie Sternschanzen
u.a. Fortifications Zeichnungen, wenn nemlich
der Achat, Quarzhöhlen mit Crystallspitzen, füllt.
Dendrachaten wenn sie Zeichnungen von Moos
und Väumcheu enthalten. Der fälschlich so ge-
nannte Isländische Achat gehört hingegen zu
den Vulkanischen Producten.

2. Prasius.

Von dunkelgrüner Farbe, und wenn er Meer-
grün ist, Chrysopras. Findet sich vorzüglich
bey Kosemitz in Schlesien etc. Auch kann hieher
das Plasma di Smeraldo gerechnet werden,
ein Aegyptischer blaßgrüner Stein von ausneh-
mender Härte, woraus noch Altägyptische Kunst-
werke übrig sind.*)

[Seite 505]

3. Chalcedo.

Von milchblauer Farbe, theils in Zapfen wie
Stalactiten und Sinter.

4. Onyx.

Dunkelbraun oder schwarzblau mit milchweis-
sen Schichten: weswegen ihn die Alten so vor-
züglich zu geschnittenen Steinen besonders zu Ca-
meen verarbeiteten, die wenn der Meister die.
Schichten des Steins recht zu benutzen wußte,
natürliche Gemählde vorstellen konnten. Es ha-
ben sich ausnehmend grosse Stücke Onyx aus
dem Alterthum erhalten; z.B. das vas Mantua-
num
zu Braunschweig, das Basrelief mit dem
Jupiter Stator und der Pallas in Gotha u.s.w.

5. Pyrrhomachus. der Feuerstein.

Meist in Kreitebergen. Enthält häufig Ver-
steinerungen, zumal von Seeigeln und zarten
Corallen.

6. Carneola. Sarda veter.

Bald gelblicher, bald dunkelrother.

20. silex opacus absque forma determinata.

1. Jaspis.

Von allen Farben und Zeichnungen wie der
Marmor oder Achat. Zeigt in seiner Auflösung
auch theils im äussern Ansehen Aehnlichkeit mit
dem Thon dem er auch von einigen Mineralo-
gen beygesellt wird. Zu den vorzüglichen Abar-
tungen gehört der orientalische Blut Jaspis
(Diaspro rosso antico): der dunkelgrüne mit
rothen Punkten, oder Heliotrop: (welcher Na-
me doch von Prosper Alpin u.a. einem weißlichen
[Seite 506] rothgesprengten Jaspis gegeben wird). Der
gestreifte Bänder Jaspis u.s.w.

2. Niloticus. Pierre oder Caillou d'Egypte.

Eine besondere Jaspisart in rundlichten meist
Faustgrossen Stücken von vorzüglicher Härte,
brauner Farbe, und ungemein artigen dendriti-
schen und andern Zeichnungen. Ist nicht blos
an den Ufern des Nils bey Cana in Ober Aegy-
pten, sondern auch in Arabien am rothen Meer,
etc. zu finden; auch nicht zuerst vom Paul Lucas
sondern schon lange vorher von Prosper Alpin
*) beschrieben.

3. Basaltes. Lapis Aethiopicus.

Der eigentliche Basalt der Alten, aus dem die
Grundlage der schönen Pyramide des Mycerinus
bey Cairo, die ohnweit davon befindlichen alten Ge-
bäude**) die ehedem so berufene colossalische Sta-
tue des Memnon zu Theben, der Brunnen der Ver-
liebten zu Cairo und mehr dergleichen Sarcopha-
gen, auch Büsten u.s.w. verfertigt sind. Dieser
Stein ist nichts weniger als Vulcanisch, wie wir aus
eigner Untersuchung alt Aegyptischer Kunstwerke
von Basalt wissen, und wie sich schon aus der Grösse
der daraus verfertigten Colosse u.s.w. schliessen
läßt. Und was Strabo am Wege zwischen Syene
und Phile für Basalt ansah, ist, wie schon Pocok
gefunden hat, blos schwarzangelaufener Granit.

21. saxvm zusammen gebackene Steine.
Ex mixtis fragmentis compactum et aggre-
gatum.

1. Granites. Syenites veter.

[Seite 507]

Der Granit, von dessen Ursprung wir oben
(§. 222.) unsere Vermuthung geäussert haben,
ist ein Gemengsel von kleinen Stücken Quarz,
Feldspat und Glimmer, die alle in einzelnen
eckichten Brocken (nicht wie beym Porphyr in
einer weichen Grundmasse) zusammen gebacken
sind: daher angeschliffener Granit sich fast wie
ein Mosaik ausnimmt. Er deckt die höchsten
Bergketten der Erde, ist aber von verschiedener
Feine und Festigkeit. Zu den gemeinen Arten
gehören die Brecciae, die Wacken vom Brocken,
vom Ziegenrücken bey Goslar etc. Der Geis-
bergerstein auf den Schweitzeralpen u.s.w.
Die vorzüglichsten hingegen sind die vom Sinai
und aus Oberägypten, wo Meilen lange Gebür-
ge, das Nil Bette in der Gegend von Syene, die
dortigen Inseln etc. alles aus dem schönsten röthli-
chen Granite bestehen: und woraus die ehrwürdi-
gen Denkmale des Alterthums die Obelisken, die so
genannte Säule des Pompejus bey Alexandrien,
der vorgebliche Sarg des Cheops in der grossen
Pyramide und so viel andere Kunstwerke verfer-
tiget worden. Denen aus unfern Zeiten blos die
allgemein berühmte Basis zur Falconetischen
Statue Czaar Peter des Grossen beygesellt wer-
den kann, die bekanntlich aus dem einzigen un-
geheuern Granit Blocke besteht, der in einem
Sumpfe am Finnischen Meerbusen gefunden
und seines Gewichts von drey Millionen Pfund
ohngeachtet so glücklich transportirt worden.*)

[Seite 508]

2. Porphyrites.

Der Porphyr und alle dahin gehörigen Stei-
ne unterscheiden sich vom Granit dadurch, daß
sie nicht so wie dieser aus lauter einzelnen blos
zusammen gebackenen Stückgen bestehen, sondern
eine Grundmasse haben, worin die Quarz- oder
Spat Brocken als wie in einem Teig gleichsam
eingeknätet sind. Die schönsten Arten sind der
dunkelrothe oder eigentlich so genannte Por-
phyr (Pyrrhopoecilon veter.) der vermutlich
aus Arabien gebracht*) wurde, und wegen sei-
ner unbändigen Härte so unsäglich mühsam zu
bearbeiten ist: und der grüne (Serpentino ver-
de antico
) der auch in Deutschland z.B. bey
Blankenburg in grossen Stücken gebrochen wird.

Der Blatterstein, Mandelstein, Wurst-
stein, Pouding stone, die Nagelfluhe u.s.w.
sind alles Abartungen des Porphyrs.

3. Arenarium, der Sandstein.

Aus zusammen gebackenen gleichartigen Quarz-
körnchen. Es gehört dahin der gemeine Qua-
derstein zum Bauen, der Mühlstein, Wetz-
stein, Filtrirstein u.s.w.

4. Metalliparum, Gneis.

Unter diesem viel umfassenden ziemlich unbe-
stimmten Ausdruck versteht man die mannichfal-
tigen gemeinen Bergarten, in welchen sehr häufig
Erzte gefunden werden, und die bald lockerer,
bald fester aus zarten blättrigen oder körnichten
Partickeln von Glimmer, Thon, Quarz u.s.w.
zusammen gesetzt sind.

[Seite 509]

22. vvlcanivs die Vulkans-Producte.
Subterraneo igne fusus, adustus, cinefactus.

Wir fassen unter diesen Geschlechtsnahmen alle
die mancherley Producte zusammen, die entweder
durch die grosse allgemeine Glut, die nach unse-
rer Vermuthung ehedem die Umschaffung unse-
rer Erde bewürkt, oder auch nach dieser Cata-
strophe durch die Ausbrüche der hin und wieder
zerstreuten Feuerspeyenden Berge hervor gebracht
worden.

1. Vitreus, die Vulcanischen Verglasungen.
Vitrum fossile.

Es gehört dabin der so genannte Isländi-
sche Achat von schwarzer Farbe aber durchsich-
tig fast wie Morion, die violetten, grünen und
gelben Verglasungen, die sich in den Laven des
Vesuvs etc. finden, und als unächte Edelsteine ge-
schliffen, und zu Schmuck gefaßt werden; die
Fritten oder kleinen Glaskörnchen, die auch in
den Wacken der hiesigen ehemaligen ausgebrann-
ten Vulcane gemein sind, und der Schörl oder
die schwarz und grün gestreiften Crystallisationen
die auch theils in Granaten-Form in den Vul-
canischen Producten vorkommen.

2. Vulgaris.

Die gewöhnliche gemeine ungeformte Lava
mit ihren unzähligen Abartungen in Farbe,
Schwere etc. auch die blaue Wacke von den hie-
ländischen alten Vulcanen etc. die alle zum pfla-
stern und andern Behuf benutzt werben.

3. Columnaris, der Säulen Basalt.

Eigentlich wol die gleiche Masse wie die ge-
meine Lava, deren Guß aber bey plötzlichen Er-
[Seite 510] kalten oder durch andere Zufälle, durch ihre ganze
Dicke in unzählige Säulen zersprungen ist, ohn-
gefähr wie ein nasser Stärke- Klumpe, wenn
er, zumal beym Feuer, trocknet, rissig wird etc. Die-
se Basaltsäulen sind von verschiedener Gestalt,
Stärke, Regelmäsigkeit und Richtung; meist
nemlich stehen sie aufrecht, zuweilen liegen sie
schräg, und an einigen Orten gar im halben Mond
gebogen mit beiden Enden in die Höhe gekehrt.
Auf vielen ausgebrannten Vulkanen, z.B. auf
dem Dransberg in unserer Nachbarschaft;*) aus
dem Weidelsberg an der Hessischen und Wald-
eckischen Grenze und anderwärts, finden sie
sich ziemlich unförmlich, rauh, krumm etc. Die
bey Stolpe, das daher seinen Nahmen hat,**)
sind schon ungleich gerader, auch von dichtern
Korn. Die erstaunenswürdigsten von allen aber
sind folgends die so äusserst regelmässig geglie-
derten Basalte, da jede Säule aus genau auf
einander passenden Gliedern, fast wie ein Rück-
grad aus Wirbeln, besteht. So die berufene
Fingals-Höhle auf der Schottischen Insel Staffa,
vor allen andern aber der Riesen-Damm (Gi-
ant's
-Causway) an der Nordküste von Irland,
der aus mehr als 30,000 solcher Säulen, deren
jede meist 20 Zoll und drüber im Durchschnitt,
und eine Höhe von 15 Fuß hat, die dicht an
einander stehen, und oben eine grosse gangbare
Ebne bilden. Sie sind von unbestimmten Sei-
ten, doch meist 5 oder 6 eckicht: und die ganz
unzähligen Glieder, aus denen sie zusammen ge-
[Seite 511] setzt sind, von ungleicher Höhe, die häufigsten
8 bis 12 Zoll hoch, jedes etwa 200 Pfund schwer,
und was das unbegreiflichste ist, fast durchge-
hends auf der einen Seite convex, auf der an-
dern concav, am Rande ausgeschweift, und die
Ecken fast wie an einer Krone zugespizt.*)

4. Tufaceus, Tufa.

Ein Gemische von Asche, Bimsstein etc. das
als ein flüssiger Schaum von den Vulcanen aus-
geworfen wird, und nachher zu einem lockern,
leichten, bläserigen Stein von brauner, gelbli-
cher oder grünlicher Farbe verhärtet; enthält
häufig fremde Körper, Conchylien etc. auch ha-
ben wir weisse, bimsteinartige Granaten von 24
viereckten Flächen darin gefunden.

5. Puteolanus, Puzzolana.

Bimssteinartig, blaulich grau in kleinen Stück-
gen oder auch gepülvert; gibt treflichen Mörtel,
und wird zumal zum Wasserbau gebraucht. Der
Tarras oder Traß ist eine festere steinartige
Puzzolana; die zum gleichen Gebrauche dient,
und zuweilen der Tufa ähnelt, aber nicht so
leicht locker, bläserig, schlackich ist.

6. Pumiceus. Bimsstein.

Ueberaus leicht, so daß er auf dem Wasser
schwimmt: meist graulicht, von einer gleichsam
zaserichen Textur, auch wenn er gepülvert wor-
den, scharf anzufühlen.

[Seite 512]

7. Cinereus, Vulcans-Asche.

Aschfarb, besteht aus zerbröckelter mürber ge-
brannter Lava etc.

Die zufälligen Dinge, die sich ausserdem bey
Feuerspeyenden Bergen finden, Stalactiten,
Schwefel, Salmiak u.s.w. werden an andern
Orten angeführt.


Dreyzehnter Abschnitt.
Von den Salzen.

[Seite 513]

§. 236.

Salze heissen diejenigen Mineralien, die sich
im Wasser auflösen, und einen scharfen Ge-
schmack auf der Zunge geben, der zwar bey al-
len Salzen verschieden, aber wie alle Eindrücke
auf diesen Sinn schwehrlich mit Worten anzu-
deuten ist. Wenn sie rein sind, schiessen sie in
durchsichtige meist weisse Krystallen von be-
stimmter Form an.

§. 237.

Alle Salze lassen sich unter folgende drey
Ordnungen bringen:

I. Acida. Saure Salze. Haben von ih-
rem Geschmack den Nahmen, und färben den
Veilchensyrup und andre blaue Pflanzensäfte
roth.

II. Alcalina. Laugensalze; die den Veil-
chensyrup grün färben. Die Auflösungen von
[Seite 514] diesen beyderley Salzen brausen zusammen auf,
und machen alsdann durch ihre Verbindung

III. Salia media oder neutra. Mittelsalze,
die jenen Pflanzensäften ihre blaue Farbe un-
verändert lassen.


I. ACIDA.

1. vitriolum saporis stiptici, calcem in gy-
psum mutans.

1. Ferri, Eisenvitriol.

Von grüngelber Farbe; wird bekanntlich zur
Dinte, in der Arzney u. s. w. gebraucht.

2. Cupri. Kupfervitriol.

Von himmelblauer oder Seewasserfarbe, nach-
dem er mehr oder weniger Kupfer hält. Im
Rammelsberge bey Goslar, und in andern Ce-
mentwassern.

3. Zinci. Zinkvitriol, Gallitzenstein.

Von weisser Farbe: in Flocken, oder als Jö-
kel wie Eiszapfen: ebenfalls auf dem Rammels-
berge und anderwärts.

2. alvmen, Alaun saporis austeri, in igne
spumans.

Dieses Salz besteht aus der Vitriolsäure und
aus einer ganz besondern Erdart, die deshalb
Alaunerde genannt wird, die neuerlich viel Auf-
merksamkeit erregt hat, und von vielen als eine [Seite 515] vierte, von den dreyen in der vorigen Classe ab-
gehandelten, ganz verschiedne Erde angegeben,
von andern aber für eine Modification der Kie-
selerde gehalten worden ist.

Selten findet sich der Alaun ganz rein, doch
theils fasericht als wahrer Federalaun (alumen
plumosum
): meist aber in Schiefer, in Thon,
Kies u.s.w. versteckt.


II. NEVTRA s. MEDIA.

3. nitrvm Salpeter, saporis frigidi, phlo-
gisto in igne detonans
.

Blos in Erde etc. versteckt; wird in gröster
Menge zum Schießpulver, Scheidewasser, als
Arzney etc. verbraucht.

4. mvria Kochsalz, saporis notissimi, acu-
ti, in igne crepitans.

1. Aquatica, Wassersalz.

Das nemlich erst aus Seewasser oder Salz-
quellen ausgesotten werden muß.

2. Montana, Steinsalz, Sal gemmae.

Mehr oder weniger durchsichtig und rein: meist
von weisser Farbe: aber auch zuweilen gelb, roth,
himmelblau wie ein Sapphir: zuweilen stralicht
wie Asbest etc. In einigen Gegenden in unbegreif-
licher Menge, wie in den berühmten Polnischen
Salinen unter Bochnia und Wieliczka, wo nun
schon seit der Mitte des 13ten Jahrhunderts
Salz, und zwar in solcher Menge gebrochen wird,
daß wohl eher auf 400,000. Centner vorräthig,
[Seite 516] und über 500 Arbeiter in den viele hundert Lachter
weit sich erstreckenden Gruben*) beschäftigt sind.

5. ammoniacvm Salmiak. Saporis vri-
nosi, in igne volatile.

Findet sich in derber Gestalt in Sibirien, und
als weisses Pulver in Lava; vorzüglich häufig in
der vom Aetna.

6. borax saporis obtusi, in igne intume-
scens, vitrescens
.

Der Borax, oder wie er roh eigentlich heißt,
Tinkal, ist ein räzelhaftes, noch nicht sattsam
aufgeklärtes, vielleicht laugenartiges Salz, das
aus Indostan gebracht, in Holland auf sehr ge-
heim gehaltne Weise raffinirt, und zum Löthen
etc. gebraucht wird.


III. ALCALINA.

7. natrvm mineralisches Alkali (Nitrum
veter
.) saporis amaricantis, cum oleo sapo-
nem faciens
.

Theils mit Erde vermischt: theils aber auch
rein und dicht, wie das aus der Barbarey, das
sich in grossen Fingers dicken Schichten findet,
[Seite 517] und häufig zum Glasmachen, zu Seife, zum
Färben der Indianischen baumwollenen Zeuge
u.s.w. gebraucht wird. Die alten Aegyptier
beizten ihre Leichen einen Monat lang in diesem
Salze ein, ehe sie sie zu Mumien bereiteten, und
das, gleiche Salz hat den Kaufleuten am Ufer des
Belus zur Erfindung des Glasmachens Anlaß ge-
geben.

Auch der fälschlich so genannte Salpeter, der
aus feuchten Mauern ausschlagt, ist ein unrei-
nes Natrum.


Vierzehnter Abschnitt.
Von den Erdharzen.

[Seite 518]

§. 238.

Die gegenwärtige Classe begreift diejenigen
mineralischen Körper, die sich nicht im Wasser,
aber wenn sie rein sind, in Oel auflösen, und
im Feuer brennen.

§. 239.

Sie finden sich nie ganz rein, sondern erhal-
ten die leztgenannte Eigenschaft von einem beson-
dern Grundtheil in ihrer einfachern oder zusam-
mengeseztern Mischung, den man das Phlogi-
ston, das brennbare Wesen nennt, dessen
Daseyn aus seinen Erscheinungen offenbar er-
hellt, obschon seine Natur, so wie überhaupt
der Ursprung der mehrsten Erdharze noch nicht
sattsam untersucht und entdeckt ist. Manche
geben schon an und für sich, andre erst wann sie
angebrannt werden, einen specifiken Geruch
von sich.

1. ambra, cerea, suaueolens.

[Seite 519]

1. Grisea. Ambergris.

Meist von grauer Farbe, und einem überaus
angenehmen Geruch. Der Amber schmilzt in
der Warme wie Wachs, ist theurer als Gold,
und wird an den Ufern von Madagaskar und von
den Sundaischen Inseln gesammlet, ohne daß
man noch seine Entstehung hätte erfahren kön-
nen.

2. svccinvm Bernstein, Agstein. (E-
lectrum) pellucidum,
vstum suaueolens.

Meist durchsichtig, von gelber, bald hellerer
oder dunklerer Farbe, und vorzüglicher Härte,
daher er eine glänzende Politur annimmt, sich
drechseln läßt u.s.w. Die Electricität, die
man an ihm zuerst wahrgenommen, hat daher
ihren Nahmen erhalten. Oft schließt er Bisgen
Moos oder kleine Insecten ein, und zwar meist
Mücken, Motten, Spinnen etc. aber wohl schwer-
lich Wasserinsecten oder gar Fische u.s.w. Diese
Erscheinung und die ausnehmende Menge, in der
der Bernstein an einigen Gegenden, vorzüglich
aber im Curischen und frischen Haff ausgefischt
wird, machen zwar seinen Ursprung räzelhaft,
begünstigen doch aber immer die Meynung, daß
er vielleicht ein Baumharz ist, das durch einen
grossen Brand geschmolzen, und gleich in die
See geflossen sey, u.s.w. Man verarbeitet die
schönen Stücken zu Kunstsachen, eingelegter
Arbeit etc. und braucht die Trümmern zu Räucher-
pulver, Virnis etc.

3. naphtha liquida graueolens.

1. Petroleum. Bergöl.

Flüssig wie Oel: zumal häufig in Persien, wo
ganze Gegenden davon duften, und wie Käm-
[Seite 520] pfer versichert, entzündete Stellen daselbst lange
Zeit in einem weg mit einer blauen Flamme lo-
dern.

2. Mumia. Bergbalsam.

Fettig-schmierig, sehr kostbar: ebenfalls in
Persien.

3. Maltha. Bergtheer.

Sandig-schmierig. Bey Winsen im Hannö-
verschen, wo man ihn seit 100. Jahren gräbt,
im Elsaß, in der Moldau etc. wo Herr Baron
Asch A. 1770. zur Pestzeit eine Digestivsalbe dar-
aus verfertigen, und mit grossem Nutzen brauchen
lies.

4. asphaltvm. Judenpech, nigrum,
splendens, vstum graueolens.

Auf dem todten Meer etc.

5. tvrfa, der Torf. Fusca, radiculosa
tenax
.

In moorichtem Grund voll Wurzelgestrüppe,
wo er gestochen, und bekanntlich zur Feuerung
gebraucht wird. Auch hat man Packpapier,
Tapeten etc. daraus zu verfertigen versucht. Der
Torf häuft sich in vielen Gegenden schnell an*),
und Herr von Zanthier, der bekannte Forstge-
gelehrte, hat auf dem Brocken, 8 Fuß tief unter
dem Torf ein Hufeisen gefunden.

Die Umbererde die zum malen, färben etc.
gebraucht wird, ist eine weiche, thonichte Torf-
art.

[Seite 521]

6. lithanthrax niger, carbonaceus.

1. Carbo. Steinkohlen.

Von verschiedner Härte, Feinheit etc. In ei-
nigen Gegenden in unsäglicher Menge, wie bey
Zwickau, wo bey einer Belagerung im dreissigjäh-
rigen Krieg A. 1641. durch einen Zufall Feuer
in die Gruben gekommen, das noch bis jezt, oft
unmerklich aber weit um sich, in entlegne Ge-
genden unter der Erde fortgebrannt hat. Fol-
gends in Newcastle, wo die Kolenminen jezt wirk-
lich unter den Boden des Meers hingetrieben
sind, und Kriegsschiffe über der Arbeiter Köpfen
seegeln.

2. Gagas. Schwarzer Bernstein.

Vorzüglich hart, so, daß er sich poliren, und
zu Kunstsachen verarbeiten läßt.

Des fossillen Holzes gedenken wir im lezten
Abschnitt.

7. svillvs, Saustein, Stinkstein, cal-
careus, rasus graueolens.

Von verschiedener Farbe, meist grau oder
braun; theils schiefrig; geschabt riecht er völlig
wie angebrannt Horn: meist enthält er Verstei-
nerungen z. E. Belemniten: der von Oeningen,
und vom Libanon, Fische etc.

8. svlphvr, Schwefel, flauum, ardens
acriter foetens.

Beym Schwefel ist sein Phlogiston mit Vitriol-
säure verbunden; er brennt mit einer blauen
Flamme, und einem heftigen pikanten Geruch:
ist überaus electrisch.

1. Natiuum. Jungfernschwefel.

[Seite 522]

Findet sich theils derb, zumal sehr schön bey
Lauenstein im Hannöverschen, auf den Lipari-
schen Inseln, bey der Solfatara u. s. w. auch
theils crystallisirt, und durchsichtig, wie in Bra-
silien etc. zuweilen Rubinroth, arsenicalisch;
theils aber gepulvert im Crater des Vesuvs, und
andrer noch jezt brennender Vulcane; theils auch
flüssig in Schwefelquellen.

2. Pyriticum. Schwefelkies, Marcasit.

Von Messingfarbe, und vorzüglicher Härte,
daher er ehedem statt Feuerstein gebraucht wor-
den; nimmt auch theils eine schöne Politur an,
und wird unter dem Nahmen Gesundheitsstein
als Flitterstaat getragen. Er findet sich in meh-
rerley Crystallisationen, vorzüglich cubisch, da
die Würfel meist mit einer braunen gestreiften
Rinde überzogen sind, bey welcher die Richtung
der parallelen Streifen auf den 6 Seiten unbe-
greiflich sonderbar ist, indem blos die Streifen
von den einander gegen über stehenden Flächen
auf einander passen, und hingegen mit den Strei-
fen der benachbarten Flächen ganz die queer lau-
fen. Er hält immer Eisen, daher er auch Ei-
senkies genannt wird; meist auch Kupfer. Wenn
er ganz blaßgelb ist, heißt er Wasserkies.


Fünfzehnter Abschnitt.
Von den Metallen.

[Seite 523]

§. 240.

Diese lezte Classe der eigentlichen Mineralien
begreift die Erzte, die sich, wenn sie rein sind,
durch ihre ausnehmende Schwehre, und durch
ihr glänzendes Ansehen auszeichnen. Sie wer-
den theils leichter theils schwehrer im Feuer zum
Fluß gebracht, und nehmen erst beym Erkalten
ihre vorige Festigkeit wieder an. Die mehresten
sind so geschmeidig, daß sie sich, ohne zu zersprin-
gen, unter dem Hammer ausdehnen und breit
schlagen lassen.

§. 241.

Die Metalle sind im Grunde sehr gemisch-
te Körper, und haben wohl ohne Ausnahme ei-
nen dreyfachen Grundstoff in sich: ein Phlo-
giston nemlich, ein Salz und eine Erde.
Des erstern, des brennbaren Wesens, ist schon
im vorigen Abschnitt (§. 239.) Erwähnung
geschehen. Die Erzte erhalten durch dieses
Phlogiston ihr ganzes metallisches Ansehen
[Seite 524] Geschmeidigkeit etc. die sie sogleich verlieren, so
bald ihnen dasselbe entzogen wird. Das Salz
und die Erde, die die beyden andern Bestand-
theile des Metalls ausmachen, sind von ganz
eigner Art, und man muß über ihre wahre Na-
tur erst noch eine nähere Ausklärung erwarten.

§. 242.

Man theilt die Metalle überhaupt in Gan-
ze- oder eigentlich so genannte Metalle, und
Halbmetalle, und begreift unter der lezten
Abtheilung diejenigen, die nicht so geschmeidig
als die erstern sind, und im Feuer größtentheils
verflüchtigen. Von jenen hat man das Gold
und Silber wegen ihrer größern Feuerbeständig-
keit Edle und die übrigen Unedle Metalle ge-
nannt.

§. 243.

So verschieden die Gestalten sind, unter
denen sich die Metalle zeigen, so lassen sie sich doch
am kürzesten auf zwey Hauptgattungen zurück
bringen. Entweder nemlich finden sich die Erz-
te gediegen (metallum nudum s. natiuum) d.h.
in aller ihrer wahren metallischen Substanz und
Ansehen, so daß sie ohne weitere Scheidung u.s.w.
sogleich verarbeitet werden könnten; oder aber
vererzt, (mineralisatum) so daß ihnen der Man-
gel eines ihrer eigenthümlichen Bestandtheile, o-
der die innige Beymischung einer fremden Säure
[Seite 525] von Schwefel u.s.w. mehr oder weniger von
ihrem eigentlichen Ansehen benimmt, ihre Ge-
stalt verändert etc.

§. 244.

Man hat neuerlich bezweifeln wollen, ob sich
die unedlen Metalle (§. 242.) würklich gediegen
fänden. Nun haben wir zwar selbst erinnert
(§. 229.), daß sie aus den angegebenen Ursa-
chen leicht, und immer mehr und mehr vererzet
würden, und es ist auch bekannt, wie leicht ei-
nige von ihnen z. E. Zinn und Bley etc. aus ih-
ren Minen ausschmelzen können. Allein dieses
alles zugegeben, so kann deswegen die Existenz
des wirklich gediegnen Kupfers, Eisens, Zinns etc.
noch nicht abgeleugnet werden, wenn man sich
nicht einen sonderbar eingeschränkten, und dem
unsrigen (§. 1.) sehr widersprechenden Begriff von
Naturalien bilden wollte, da man denn aber
auch hundert andre Mineralien nicht dafür er-
kennen, sondern aus der Naturgeschichte ver-
bannen müßte.

I. Eigentliche Metalle.

A. Edle.

1. avrvm. Gold, flauum, ponderosissi-
mum, maxime ductile
.

[Seite 526]

Der schwehrste Körper in der Natur: ohne
allen Klang: zähe und zum Erstaunen geschmei-
dig und dehnbar, wie man beym Vergulden
sieht.

1. Natiuum, gediegen.

Meist in Quarz, Spat etc. theils wie Bäum-
gen, dendritisch, oder auch, doch weit seltner,
crystallinisch, mit acht dreyeckten Flächen wie
der Diamant, vorzüglich schön in Mexiko, Un-
garn, Siebenbürgen etc.

Waschgold findet sich in grössern oder klei-
nern Körnchen unter dem Sande in einigen Flüs-
sen, die es von Goldadern, die sie auf ihren Lauf
angetroffen, los und mit sich fortgerissen. So
bey den Alten der Tmolus in Lydien*), noch
jezt manche deutsche Flüsse, obgleich in geringer
Menge: so der Rhein, die Aar in der Schweiz,
die Eder im Waldeckischen etc.

Das meiste Gold aber ist in kleinen, dem er-
sten Anschein nach kaum merklichen Theilgen in
allerhand Gestein versteckt. Dahin gehören die
Güldischen Kiese, dergleichen wir aus Sibi-
rien, aus dem Walliser Land**) etc. vor uns
haben. Bey jenen ist der güldische Kies zum
Theil in einen überaus feinen zellulösen Quarz
eingesprengt, und macht das vom Herrn Pallas
beschriebene Bimsstein änliche Golderzt.

2. Mineralisatum, vererzt.

Mit Spiesglas etc. im Nagyager Golderzt, das
sich zuweilen in einem schönen fleischfarbenen Ja-
[Seite 527] spis findet, der zu Tabatieren u.a. Kunstsachen
verarbeitet wird.

2. argentvm, Silber, album, leuius,
ductile
.

1. Natiuum, gediegen.

Sehr selten crystallisirt: in der gleichen Form
wie das Gold: doch theils in ansehnlichen Cry-
stallen, wie an einer Norwegischen Stufe im
Museum.

Auserdem aber in sehr mannichfaltiger Gestalt,
nachdem verschiednen Grad der Reinigkeit und
Geschmeidigkeit, z. E. in derben Stücken, wie
der gediegne Silberblock im Museum, der vor
50. Jahren auf dem St. Andreas zum Andreas-
berge am Harz gebrochen, gegen 200. Mark am
Gewicht, und 1644. Thaler am innern Werth
hält; oder aber in Zacken wie Zähne, oder in
Bäumgen dendritisch, asticht, oder wie Drat,
wie Filigrainearbeit u.s.w.

2. Mineralisatum, vererzt.

Die vorzüglistchen Gattungen sind:

a) Glaserzt.

Von schwarzer Farbe und mattem Glanze:
das reichste Silbererzt, das wohl 180. Mark
im Centner hält, und zugleich das geschmeidigste;
es läßt sich mit dem Messer schneiden wie Bley,
und im Museum ist eine Medaille von Thalergrös-
se, die aus einem Stück Glaserzt geprägt ist.

Ein spröderes Glaserzt heißt Röschgewächse.

b) Hornerzt. Luna cornea.

[Seite 528]

Das allerseltenste Silberzt. Von Hornfarbe, o-
der auch Perlenfarbe, wie das Kolywanische, eben-
falls so geschmeidig daß es sich schneiden läßt.

c) Rothgülden.

Eigentlich von der Farbe, und beynahe auch
von der Durchsichtigkeit des Rubins, die sich aber
meist mit der Zeit verlieren, da denn die Kno-
spen eine schwarzglänzende, doch immer noch (fast
wie beym Glaskopf) ins Dunkelrothe fallende Far-
be erhalten. Die größten und schönsten Roth-
güldenstufen die man kennt, brechen auf dem An-
dreasberg, und zu Ste Marie aux mines.

Eine ganz besondere Art Rothgülden ist das
Zundererzt oder der Sildermulm, der sich wie
ein braunrother, fast rostfarbner Beschlag, oder
wie gebröckelter Zunder, auf der Dorothea zu
Clausthal etc. findet, wo zuweilen ganze Drusen
und Stufen damit überzogen sind.

d) Weißgülden.

Stalfarben: selten crystallisirt mit vier drey-
eckten Flächen.

Das Silberfahlerzt ist eine besondere Art
Weißgülden, die von schwärzerer Farbe, und zu-
gleich kupferhaltig ist: dahin gehören die Fran-
kenberger Kornären, die den Nahmen von ihrer
Gestalt, und von der zuweilen fast täuschenden
Aenlichkeit mit Kornären haben.

Dieses sind die reichhaltigsten, aber auch selt-
neren Silbererzte. Denn das allermehrste Silber
wird aus andern Minern, denen es zwar nur in
geringer Proportion beygemischt ist, die sich aber
dafür selbst desto häufiger finden, gewonnen.
So aus dem Bleyglanz, aus allerhand Kiesen
u.s.w.

B. Unedle Metalle.
[Seite 529]

3. cvprvum, Kupfer, rubrum, perdu-
rum, maxime sonorum
.

Das Kupfer wird von alten Salzen, und zwar
sehr leicht aufgelößt, färbt die Solution grün
oder blau, und wird giftig: daher sich die Ge-
fahr bey unvorsichtigen Gebrauch kupferner
Küchengeschirre erklärt. Das beste Kupfer
kommt aus Japan und Schweden. Durch Bey-
mischung von Gold, Silber, Zinn, am meisten
aber von Zink werden aus dem Kupfer die gemisch-
ten Metalle, weiß Kupfer, Glockengut, Ca-
nonenmetall, Messing, Tomback, Prinz-
metall, Pinschbak, Pakfong, Similor und
Mannheimer Gold verfertigt.

1. Nativum. Gediegen.

Und zwar auf zweyerley Weise. Erstens nem-
lich derb in Gestein; auch zuweilen, aber
höchst selten, crystallinisch, wie wir derglei-
chen (in eben der Form, wie das crystallisirte
Gold und Silber) in Zeolithnieren von der In-
sel Feroe besitzen: meist aber ohne bestimmte Form,
wie bey Cammsdorf etc. Vor Alters wohl in Men-
ge, und an vielen Orten, wie sich schon daraus
muthmassen läßt, daß so viele alte Völker der
Erde in der frühsten Kindheit ihrer Cultur sich
kupferne Waffen verfertigt, da man ihnen schwer-
lich Metallurgie genug zutrauen darf, daß sie
das Erzt aus Minern zu gewinnen, verstanden
hätten.

Die zweyte Art gediegnes Kupfer, ist das aus
Kupfervitriol, (anstatt des Eisens, das er ange-
troffen und aufgelößt hat), abgesetzte: dieß ist
das Cämentkupfer, das im Rammelsberg,
[Seite 530] und bey Neusol in Ungarn, und anderwerts sich
findet, und durch altes Eisen, das man dem
Vitriolwasser in Weg legt, gewonnen wird.

2. Mineralisatum, vererzt.

a) Kupferkies.

Das allergemeinste Kupfererze, das, wie schon
oben gesagt worden, zugleich Schwefel und Ei-
sen, nur in verschiedner Proportion, enthält.
Je reicher es an Kupfer ist, desto dunkler gold-
gelber ist es. Zuweilen mit schönen blauen,
rothen etc. Farben angeflogen, und heißt dann
Pfauenschweifig oder Taubenhälsig.

b) Kupferfahlerzt.

Stahlfarb. Im Grund dasselbe, dessen wir so
eben beym Silber gedacht haben: nur ärmer an
Silber, und hingegen mehr kupferhaltig.

Dahin gehört auch das Kupferglaserzt, das
von schwärzerer Farbe, als anderes Fahlerzt,
und zuweilen mit dunklen bunten Farben ange-
flogen ist.

c) Kupfergrün.

In mehrern, zum Theil unbeschreiblich schö-
nen Abartungen. Locker und ohne besonderes
Ansehen heißt es Berggrün.

Sammterzt mit einer sammtartigen, meist
kuglichten Oberfläche, (fast wie Glaskopf).

Atlaserzt keilförmig gestreift, wie der Blut-
stein, aber mit dem vollkommensten Atlasglanz.
Zuweilen sind die Stralen von einander abgeson-
dert, halbdurchsichtig und völlig Smaragdfarben.

[Seite 531]

Malachit, Schreckstein, ein ganz derbes
marmorartiges Kupfergrün, das meist kuglicht,
aber selten in grossen Stücken bricht, zum Theil
sehr artig wolkicht etc. gezeichnet ist, und schöne
Politur annimmt. Unter den Sibirischen Ma-
lachiten, die das Museum vom Herrn Baron
Asch erhalten, sind einige der größten Stücke,
überaus schön dendritisch.

d) Kupferblau.

Ebenfalls lockerer oder derber: auch crystalli-
nisch: und theils von einer unverbesserlichen hoch-
blauen Farbe; da es eigentlich Kupferlasur heißt.

e) Lebererzt.

Von brauner, oder Rostfarbe.

4. stannvm, Zinn, (plumbum candi-
dum veter.) album, molle, leue, flexum cre-
pans.

Ein leichtes Metall, das, so wie das Bley
eher schmelzt als glüht: auch leicht von Säuren
angegriffen und aufgelößt wird, daher die zin-
nernen Eßgeschirre mit der gleichen Vorsicht als
die küpfernen gebraucht werden müssen. Das
Englische Zinn ist das beste: nächst diesem das
von Malacca und von Siam. Einige Völker,
wie z. E. die Lappen kennen fast kein andres
Metall;, sie ziehen es zu Dratfäden, und sticken
ihre Pelze und ihr Rennthiergeschirr damit. Aus-
ser allerhand Geräthe, das insgemein aus Zinn
verfertigt wird, braucht man es vorzüglich zum
Verzinnen des Eisenblechs, zu Spiegelfolie, Stan-
niol etc.

1. Natiuum, gediegen.

[Seite 532]

Im Museum ist eine Zwitterstufe aus dem Erz-
gebürge, die Herr Professor Büttner selbst von
einander geschlagen, und die in der Mitte einen
Kern von Zinnschörl enthält, der wie mit einem
Saalbande von gediegnen Zinn umzogen, und
beides nachher mit dem Zwitter eingeschlossen
ist.

2. Mineralisatum; vererzt.

Dahin gehören

a) Die Zinngranaten.

Fast von der Gestalt der eigentlichen Grana-
ten, die wir unter den Edelsteinen angeführt
haben: aber schwarz, metallisch schwehr, weich,
und theils sehr gros, wie wir denn faustgrosse
Stücken aus Cornwallis vor uns haben. Die
kleinen heissen Zinngraupen.

b) Zinnzwitter.

Ebenfalls vou schwarzer, theils röthlichter
Farbe: besteht auch meist aus überaus kleinen
kaum sichtbaren Crystallen: wenn diese langstra-
licht sind, heissen sie Zinnschörl.

c) Zinnstein.

Von gar mannichfaltiger Farbe und Gestalt:
braun, gelblicht etc.

5. plvmbvm, Bley, liuidum, mollissi-
mum, ponderosum
.

Ein giftiges Metall, dessen Dämpfe jammer-
volle Krankheiten, Hüttenkatze, Lähmungen u.
s. w. verursachen; das auch zum Verfälschen der
Weine misgebraucht, Colik, und theils den Tod
wirkt hat. Hingegen wird es ausser dem allgemein
[Seite 533] bekannten Gebrauch auch durch die daraus ver-
fertigten Farben, Bleyweiß, Bleygelb, Menni-
ge etc. durch die Goldglätte, Silberglätte etc.
nutzbar.

1. Natiuum, gediegen.

Dergleichen soll sich in Momnutshire und in
Böhmen gefunden haben. Im Museum ist eine
Bleyglanzstufe aus Steyermask mit gediegnen
Körnern, die uns aber bedenklich vorkommen.

2. Mineralisatum, vererzt.

a) Bleyglanz. Galena.

Das allergemeinste Bleyerzt, und fast durch-
gehends mehr oder weniger silberhaltig, so daß,
wie schon erinnert worden, auch das mehrste Sil-
ber daraus gewonnen wird. Die Gestalt des
Bleyglanzes ist meist in Würfeln, zuweilen
von 20 Cubiczoll, glänzend auf dem Bru-
che, von gröbern oder feinern Gefüge (grob-
speisig und klarspeisig): theils stralicht,
Bleyschweif.

b) Bleyspat.

Vorzüglich von dreyerley Farben: weiß, wie
die prachtvollen Stücke, die ehedem auf dem
Glücksrade bey Cellerfeld gebrochen: grün wie
das Böhmische, Breysacher etc. und drittens roth,
zum Theil Rubinroth und durchsichtig, wie die
grossen Stücke von Catharinenburg unter den
Aschischen Geschenken.

6. perrvm, Eisen, nigrescens, duris-
simum, magneti adhaerens
.

Das nutzbarste wichtigste von allen Metallen,
das selbst, wenn es innerlich genossen wird, ge-
[Seite 534] sund und stärkend ist, das die Vorsehung deshalb
auch über die ganze Erde verbreitet hat; das bey
aller seiner Härte und schwehren Schmelzbarkeit,
doch sehr leicht von den unmerklichen überall ver-
breiteten Säuren (§. 229.) aufgelöst wird, und
folglich durch die Nahrung in Thiere und Ge-
wächse gebracht, und ihren Säften beygemischt
wird. Die Knochen und das Blut des Menschen
enthalten Eisen, und zwar in grösserer Propor-
tion als das Blut irgend eines andern Thiers.

1. Natiuum, gediegen.

Im Museum sind mehrere Sorten davon be-
findlich: z.B. von dem, das Herr Margraf in
den Säufenwerken bey Eibenstock gefunden hat:
vom Herrn Baron Asch ein paar Pfunde von
dem grossen Stücke, das Herr Pallas am Je-
nisei entdeckt, u.s.w.

2. Mineralisatum, vererzt.

a) Eisenstein.

Ohne bestimmte Gestalt: wie die mehrsten fol-
genden Erzte von rothbrauner Farbe; bald heller
bald dunkler.

b) Glaskopf.

Kuglicht: oder auch in Zapfen wie Stalactit,
am Bruche auch so concentrisch stralicht: theils
in überaus sonderbaren Gestalten, drusicht ge-
wachsen, wie Grotten voll Tropfstein u.s.w.

c) Blutstein.

In grossen stralichten einzelnen Keilen; so,
wie der Glaskopf im Kleinen ganze stralichte Zir-
kel auf dem Bruche bildet.

[Seite 535]

d) Eisenmann.

In crystallinischer Form: theils in grossen Cry-
stallen, zuweilen pfauenschweifig; wie auf den aus-
nehmend schönen Stücken von der Insel Elba:
theils in kleinen, glimmerig, wie in dem oben
angeführten thonichten Basalt; dergleichen
sich auch im Topfstein auf Elba zeigen. Dahin
gehört auch der eigentliche Eisenglimmer und
Eisenram.

e) Bohnenerzt, Moorerzt.

In runden Körnern, meist von Erbsengrösse.

f) Magnet.

Das für die Schiffart und Handlung so wichti-
ge Eisenerzt, das die bekannte Eigenschaft besitzt,
das Eisen an sich zu ziehen, und durch seine Rich-
tung nach Norden die Pole zu zeigen, auch bey-
des dem Eisen selbst mittheilt, dadurch denn im
13ten Jahrhundert die Magnetnadel erfunden
worden.

g) Braunstein. Magnesia.

Meist eisenfarben, theils stralicht, in Keilen
oder Sonnen, fast wie Spiesglas, ist aber arm
an Eisen; dagegen der ihm sonst sehr ähnliche
Wolfram von dunklerer Farbe gar sehr reichhal-
tig ist.

h) Smirgel, Smiris.

Schwarzbraun: hält sehr wenig Eisen: wird
aber wegen seiner ausnehmenden Härte zum
Steinschneiden, poliren u.s.w. gebraucht.

II. Halbmetalle.

[Seite 536]

Erst zwey noch ziemlich räzelhafte zweydeu-
tige Körper.

7. platina, Weisses Gold, alba, pon-
derosissima, granulata.

Ein sonderbares Erzt von Silberfarbe, aber
von der Schwehre des Goldes, das aus kleinen
gefletschten Körnchen wie Hammerschlag besteht,
wovon der Magnet einen Theil zieht; die über-
aus spröde, hart, und strengflüssig sind, und
die seit 1736. bey Quito und Carthagena hin
und wieder zerstreut gefunden werden. Vielleicht,
wie Herr Margraf glaubt, ein Hüttenproduct,
ein Abgang einer vor Zeiten in jenen Gegenden
vorgenommenen Quickarbeit.

8. nicolvm, Kupfernickel, aeneum.

Von blasser Kupferfarbe. Findet sich nicht häu-
fig, und dann meist bey Kobolt etc. Tessari und
verschiedne andre Chimisten haben den Nickel für
ein blosses Gemische von Kupfer und Arsenik er-
klärt.

9. mercvrivs, Quecksilber, (Argen-
tum viuum, Hydrargyru
m), liquidus.

Das Quecksilber ist flüßig, aber ohne zu netzen:
und kan nur in einem äusserst hohen Grad von
natürlicher, oder in einer durch Kunst verstärkten
Kälte zum gefrieren gebracht werden. So sah
es zu allererst, und zwar in natürlicher Kälte
[Seite 537] Prof. Braun in Petersburg im Januar 1760.
Eben so Herr Pallas zu Krasnojarsk in Sibi-
rien im Dec. 1772. Wir selbst hier in Göttin-
gen mit Hülfe des Salmiaks am 11. Jan. 1774.
.*) Herr D. Bicker in Rotterdam den 28. Jan.
1776. und nun ganz kürzlich Herr von Elterlein
zu Witegra am 4. Jan. 1780.

1. Natiuus, gediegen.

Sogenanntes Jungfernquecksilber.

2. Mineralisatus, vererzt.

Mehrentheils mit blossen Schwefel, da es den
Zinnober macht, der theils durchsichtig, zuwei-
len crystallinisch, oder in grossen keilförmigen
Stralen, die mit Kies abwechseln, gewachsen ist:
oder wenn ausserdem auch Eisen beygemischt ist,
Lebererz, woraus das meiste Quecksilber zu
Idria gewonnen wird, u. s. w.

10. arsenicvm, nigricans, lamellosum.

Eins der heftigsten Gifte, das das Kupfer
weiß färbt, und sich im Feuer durch einen be-
sondern Knoblauchgeruch verrätht. Ueberhaupt
hat es viel eignes, ist überaus flüchtig, und
deshalb von manchen Mineralogen unter die Sal-
ze, von andern gar unter die Erdharze gezählt
worden.

1. Natiuum, gediegen.

Als sogenannter Scherbenkobalt von schwärz-
licher Bleyfarbe in nierenförmigen blättrigen
Schaalen. Dahin gehört auch der Fliegenstein,
der Spiegelkobalt etc.

[Seite 538]

2. Mineralisatum, vererzt.

Mit Eisen als Mißpickel von matter Bley-
farbe: mit Schwefel als Sandarac von rother,
oder als Rauschgelb und Operment (Auripig-
mentum
) etc. von gelber Farbe.

11. antimonivm, Spießglas, (Stibium)
albidum, fibrosum, friabile.

Ebenfalls ein flüchtiges und zugleich räuberi-
sches Erzt, das ausser dem Gold und der Platina,
die übrigen Erzte mit sich fort nimmt; aber in der
Arzney, und in der Metallurgie zur Reinigung
des Goldes; auch für einige Handwerker, z. E.
für Schriftgiesser von wichtigem Nutzen ist.

1. Natiuum, gediegen.

Soll sich in einen kalkichten Gestein in Schwe-
den finden.

2. Mineralisatum, vererzt.

Meist stralicht, fast wie einige Sorten von
Braunstein, in stärkern oder feinern, langen oder
kurzen Spiesen: auch schuppicht, schorficht etc.
gewöhnlich von Stahlfarbe, theils blau ange-
laufen, zuweilen, aber selten, auch violetroth.

12. zincvm, Zink, Tuttanego, Conter-
fait, Spiauter, cinereum, micaceum,
tenax.

Ein wichtiges Erzt, das, wie schon oben an-
gezeigt worden, das Kupfer zu Messing etc. macht.
Der Zink schmilzt mit einer blaulicht grünen
Flamme, und gibt verschiedne Arten von brauch-
baren Galmeyarten oder Zinkkalken, wie die Tu-
rie, das Hüttennichts (Nihilum album) den
Ofenbruch (Cadmia fornacum) etc.

[Seite 539]

1. Nativum, gediegen.

In seiner reinen metallischen Gestalt ist der
Zink noch nicht gefunden: gemeiniglich ist er
aber in vielen andern Erzten, in Kupferkies etc.
versteckt.

2. Mineralisatum vererzt.

a) Blende pseudogalena.

Meist halbdurchsichtig, fast Spatartig, oder
wie Colophonium, rissig, blättrig etc. von ver-
schiednen Farben: grüngelb oder roth (Rubin-
blende) wie die Scharfenberger Arten, die,
wenn man nnr mit einer Nadel drüber hinfährt,
phosphoresciren; oder braun, Hornblende;
oder schwarz (fast wie Steinkohlen) Pech-
blende etc.

b) Galmey Lapis calaminaris, Cadmia nativa.

Fast von allen Farben und in sehr verschiedner
Gestalt, Festigkeit etc.

13. bismvtvm Wismut rubellum, la-
mellosum
.

Wird am meisten zum verzinnen, zum Schnell-
Loth etc. gebraucht. In gleichen Theilen mit
Zinn und Bley zusammen geschmolzen, erhält
man ein ungemein leicht schmelzendes Metall,
das zu anatomischen Einspritzungen etc. geschickt ist.

1. Nativum, gediegen.

Doch auch meist nur versteckt, in Bleyglanz,
Kobolt etc.

2. Mineralisatum, vererzt.

In verschiedner Gestalt, schuppicht, stra-
licht etc. Auch als eine grau-grünliche Erde
(Wismuth Ocher).

[Seite 540]

14. cobaltvm Kobalt griseum, obso-
letum.

Auch noch ein räzelhaftes, seiner Natur nach noch
nicht sattsam aufgeklärtes aber äusserst wichtiges
Erzt, das bekanntlich zur blauen Schmalte,
Stärke, und Zaffara verarbeitet, und zum Por-
cellan malen und zu vielfachen andern Gebrauch
verwendet wird. Er wird von allen minerali-
schen Säuren aufgelöst, und färbt sie roth, so
wie er das Glas blau färbt. In Königswasser
aufgelöst, und mit Wasser verdünnt, macht er
die Sympathetische Dinte.

1. Nativum, gediegen.

Auch der Kobolt ist noch nicht in seiner reinen
sichtbarlich metallischen Gestalt gefunden worden.

2. Mineralisatum vererzt.

In sehr mannichfaltigen Gestalten und Far-
ben. Theils figurirt, dendritisch, oder wie ge-
strickt etc. oder Sternförmig (Kobaltblüte) von
rosenrother oder lasurblauer Farbe, schwarz in
länglichten oder runden Körnern von verschiede-
ner Grösse, wie Erbsen oder wie Pulverkörner etc.
Gemeiniglich ohne bestimmte Form, theils glän-
zend wie mattes Zinn oder aber von blauer, grü-
ner oder brauner Farbe meist bey Spat etc. Zu-
weilen sandig von grauer oder Leberfarbe (Sand-
kobalt), oder wie gebrannter Rus (Rusko-
balt) u.s.w.


Sechzehnter Abschnitt.
Von den Versteinerungen.

[Seite 541]

§. 245.

Versteinerungen oder Petrefacten heissen
abgestorbene organisirte Körper, die eine so un-
gestörte bequeme Lage erhalten haben, daß sie
anstatt zu verwesen und in Erde zu zerfallen,
ihre Bildung conservirt haben, und überdem
mehr oder weniger mit fremden Erdarten durch-
drungen und dadurch nur um so mehr verhär-
tet sind.

§. 246.

Es versteht sich daher von selbst, daß man
alle Steine hievon unterscheiden und verbannen
muß, deren Bildung oder Zeichnung nur zu-
fälliger Weise einige Aehnlichkeit mit einem or-
ganisirten Körper hat, die folglich blosse Na-
turspiele sind, an denen sich ehedem die Ein-
bildungskraft übte und die Unwissenheit und
der Aberglaube sich weideten. Zu solchen Na-
turspielen gehören z.B. die Graptolithen, Buch-
stabensteine, Kreuzsteine etc. die Ingwersteine,
nemlich Mergelnüsse, die einer Ingwerwurzel
[Seite 542] ähneln. Der Confect von Tivoli, die Melo-
nen vom Berg Carmel, die Frankenberger Korn-
ähren, gewissermassen auch die Dendriten, der
Florentiner Ruinen Marmor, die Incrustate,
u.s.w. Ferner die Klappersteine, Adlersteine,
Aetiten, das heißt hole Mergelnüsse oder Feu-
ersteine, oder Eisenschüssige Steine in deren Höh-
lung lockere Steinchen befindlich sind, die folglich,
wenn man den Stein schüttelt, klappern müssen.

§. 247.

Eben so wenig gehören auch die figurirten
Steine hieher, die einen rätzelhaften noch nicht
aufgeklärten Ursprung und eine mehr bestimm-
te Gestalt als die blosse Naturspiele haben, auch
überhaupt Aufmerksamkeit verdienen, aber doch
an sich selbst keine Petrefacten sind. Dahin
rechnen wir den Wieliczkaer Gekrösstein,*)
die sonderbar gebildeten runden gleichsam ge-
drechselten Thonartigen Steine**) dergleichen wir
aus den Schwedischen Scheeren und aus dem
Wasserfall der Wox zu Imatra in Finnland
vor uns haben. Ferner der wahre Ludus Hel-
montii
(Ludus s. fel terrae Paracelsi) der neuer-
lich oft verkannt und mit andern figurirten
Steinen vermengt worden ist: der aber eigent-
lich grosse, meist rundliche Klumpen bildet, die
inwendig aus lauter Würfeln von einem wei-
[Seite 543] gelbgrauen, eisenschüssigen Kalkstein, in
der Grösse eines Cubiczolles etc. bestehen; wel-
che durch dünne Scheidewände von schmuzig-
gelben Kalkspat von einander abgesondert sind.
Dann auch die fingersdicken schlangensörmigen
Figuren von ungleicher Länge und Krümmung,
die sich zwischen den versteinten Ammoniten etc.
auf den Flözgebürgen, und zwar in manchen
Gegenden z. B. auf dem Heinberg recht häufig
finden, und die wir für ausgefüllte Spuren
oder Furchen zu halten geneigt wären, in wel-
chen manche bey der Erdcatastrophe aufs trockne
versetzten Seegeschöpfe noch vor ihrem Tode her-
um gekrochen.

§. 248.

Allein auch die würklichen Petrefacten fin-
den sich nach der Länge der Zeit, seit welcher
sie abgestorben, der Lage, die sie damals erhal-
ten und anderer Zufälle in verschiednem Zustan-
de: daher man sie schon aus dieser Rücksicht,
wenigstens unter fünf Abtheilungen bringen
kann.

I. nemlich calcinirte Körper oder Fos-
silien: das heißt, Knochen, Zähne, Gewei-
he, Conchylien und Corallen, die blos ihre
Gallerte oder thierischen Leim und mit diesem
auch ihre Festigkeit verlohren haben, die nur
wenig oder gar nicht durch fremde eingedrungne
Erdtheilgen wieder ersetzt worden; daher denn
[Seite 544] diese Art von Petrefacten nur mürbe und gleich-
sam verwittert sind, und sich meist ganz unwi-
dersprechlich auf ihre wahren, noch jetzt existi-
renden Originale zurückbringen lassen. So die
fossilen Knochen von Menschen, Elephanten,
u.a. grossen Landthieren: die unzähligen theils
unbeschreiblich zarten und schönen Schnecken
und Muscheln in Piemont, Champagne etc.

II. Eigentlich sogenannte Versteinerun-
gen, Wahre Petrefacten, nemlich organi-
sirte Körper, die vollkommen mit fremden Erd-
theilchen durchdrungen und durch die Länge der
Zeit verhärtet und steinartig worden sind. So
alle die unzähligen Conchylien u.a. Seegeschö-
pfe in den Flözgebürgen, die unserer oben geäus-
serte Vermuthung nach wol alle von einer ge-
richteten Vorwelt herrühren, und wozu man wol
allerhand ähnliche, aber wohl schwerlich voll-
kommen gleiche Originale in der jetzigen Schö-
pfung vorzufinden im Stande seyn wird.

III. Metallisirte Körper sind versteinte
Fische, Conchylien oder Hölzer in Schiefer oder
Thonlagern, die mit Kies durchzogen worden,
und daher ein glänzendes metallisches Ansehen
(einen Harnisch, armaturam) erhalten haben.

IV. Steinkerne (Nuclei) sind der blosse
innere Abguß von der Höhlung der Schne-
ken oder Muscheln, deren wirkliche Schaalen
verlohren gegangen. So sind z.B. die Hy-
sterolithen, Trigonellen, Strombiten mit dop-
[Seite 545] pelten Windungen etc. nur dergleichen Abgüsse,
wovon die eigentliche Forme, nemlich die Con-
chylie selbst, nicht mehr existirt.

V. Endlich Spurensteine (typolithi)
der blosse Abdruck der äussern Oberfläche ehe-
mahliger organisirter Körper, die ebenfalls nach
der Hand zerstöret und verlohren worden; so
die Blätterabdrücke, die Pflanzenschiefer u.s.w.

§. 249.

Es wird schwerlich irgend eine Gegend auf
der Oberfläche der Erde von Petrefacten gänzlich
entblößt seyn, und man hat auf sehr hohen
Bergen so wie im tiefen Abgrund der Erde
Spuren davon angetroffen. Herr de Lüc fand
aus dem Grenier des communes in Faucigny
7844 Fuß hoch über der Oberfläche des Mee-
res versteinte Ammonshörner: und mehr als
2000 Fuß tief unter dieser Fläche sind in den
Steinkohlengruben von Whitehaven in Cum-
berland Schieferabdrücke von Farrenkräutern
gebrochen worden.*)

§. 250.

Eben so sind auch nur wenige Steinarten,
die niemals eine Spur von Versteinerungen ent-
halten, wohin die Edelsteine, Crystall, Quarz,
der eigentliche Granit und Porphyr, und der
[Seite 546] Basalt etc. gehören. Hingegen finden sich die
Petrefacten am allerhäufigsten in Kalk und
Marmor, und zwar vorzüglich Knochen, Grä-
ten, Krebse, Conchylien und Corallen. Im
Thonschiefer, Fische und Pflanzenabdrücke.
In Chalcedon, Schnecken. In Feuerstein,
Seeigel und Corallen. In Jaspis, versteintes
Holz. In Sandstein, Knochen, Corallen,
Blätterabdrücke u.s.w.

§. 251.

Wir ordnen die Petrefacten nach der oben
befolgten Classification ihrer Urbilder und müs-
sen die, zu welchen keine Urbilder mehr vorhan-
den sind, da einschalten, wo sie nach ihrer Aehn-
lichkeit mit den gegenwärtigen organisirten Kör-
pern am füglichsten hinpassen. Also

A. Versteinerungen des Thierreichs. I. Von Säugethieren.

Zuförderst fossile Menschenknochen, An-
thropolithen. Daß man diese nicht wirklich
petrificirt, wie Ammoniten im Kalkflöz erwar-
ten dürfe, versteht sich aus dem oben gesagten
wol von selbst. Aber foßile Menschenknochen
giebt es so gut als es foßile Elephanten- oder
Nashornknochen gibt; nur freylich äusserst sel-
[Seite 547] ten, und sie müssen von gültigen Richtern da-
für erkannt seyn; denn den Schedel, das Becken
u.s.w. ausgenommen, so gehört feinere anatomi-
sche Kenntnis dazu, um alle übrige Knochen
des Menschengerippes von ähnlicher Thiere ih-
ren mit Zuverlässigkeit unterscheiden zu können.
Solche ungezweifelt wahre Anthropolithen
sind z.B. der Stirnknochen aus den Langensalzer
Sandhügeln, den Herr von Haller besessen und
angeführt hat: die Herrenhäuser Schedel, die
der berühmte Eckhart beschrieben: die Men-
schengebeine, die Morgagni's Schüler Vita-
lian Donati an der Küste von Incoronata zwi-
schen Marmor und Stalactit (völlig wie die
Elephantenknochen in der Baumannshöhle)
vergraben fand: ähnliche Gebeine von Cherso
und Osero die der grosse Anatome Caldani re-
cognoscirt hat: einige Fingerglieder die der
größte Osteologe B. S. Albinus besaß: ein
Schedel aus der hiesigen Gegend im Museum:
und ein hinteres Glied der grossen Zehe, das
wir selbst besitzen, aber ohne zu wissen wo es
gefunden worden.

Fossile Knochen und Zähne von Bären und
von Thieren aus dem Löwengeschlecht in der
Scharzfelder Knochenhöhle am Harz,*) wo
wir sie selbst ausgebrochen haben, und wovon
der ganze Schedel nun im Museum befindlich
[Seite 548] ist, den Leibnitz in den Protogäis abbilden
lassen.

Dergleichen von Elephanten in der zwey-
ten Kluft der Baumannshöhle, wo wir sie zu-
gleich mit schwarzen Marmor unter weissen
Sinter vergraben gefunden, und ein grosses sehr
entscheidendes Stück, nemlich vom doppelten
Hirnschedel von daher mitgebracht haben. Auch
bey Burg: Tonna im Gothaischen, in Sibirien
als sogenanntes Mammontovaiakost, und
an vielen andern Orten.

Rhinocerosknochen beym Herzberg am
Harz, in Sibirien und anderwärts.

Knochen und Geweihe von Thieren aus dem
Hirschgeschlecht.

Ungeheure Büffelschedel in Sibirien: Ge-
hörn von Auerochsen im Seeberg bey Gotha etc.

Knochen von Wallrossen u.a. grossen
Seethieren, überhaupt sogenanntes gegrab-
nes Einhorn, vermeynte*) Riesenknochen,
u.s.w.

Endlich auch die anonymen räzelhaften
Osteolithen von jetzt unbekannten Thieren, wie
von dem grossen Elephantenähnlichen aber Fleisch-
fressenden Geschöpf, dessen Gebeine und Zähne
in Oberitalien und in Nordamerika ausgegra-
ben worden:**) die kleinen sonderbaren Wir-
[Seite 549] belknochen, Rippen, Schulterblätter, Zähne etc.
in Muschelmarmor etc.

II. Von Vögeln

wird schwerlich ein Petrefact erweislich seyn.

III. Von Amphibien

Allerhand Schilder, Zähne u. s. w. von
Schildkröten, Fröschen, Rochen etc. ganze Ge-
rippe von Ellenlangen Eidexen im Sulaischen
Schiefer etc. besonders die Zähne der Hayfische,
oder sogenannte Schlangenzungen, Glos-
soperren, Teufelsnägel, von mancherley
Bildung. Sie finden sich bey Lüneburg, auf
der Insel Malta etc. und zwar meist einzeln,
weil bey diesen Thieren die Zähne nicht in Zahn-
lücken eingekeilt (Gomphosis), sondern mit
Gelenkbändern (Syndesmosis) an die Kinla-
den befestigt sind.

IV. Von Fischen.

Theils ganze Fische mit den noch kenntli-
chen schrägen Muskelschichten, zwischen Thon-
schiefer, auf dem Inselsberg bey Gotha, im
Mannsfeldischen, in Grönland und anderwärts:
theils die blossen Gerippe und einzelne Gräten,
Flossen etc. wie im Pappenheimer Kalkschiefer;
im Stinkschiefer auf dem Libanon etc.

Zu den versteinten Fischzähnen gehören
vorzüglich die Türkiße von blaugrüner Farbe,
[Seite 550] die man zum garniren der Säbelgefässe etc.
braucht, und die ehedem den Edelsteinen beyge-
zählt wurden; deren thierischen Ursprung aber
schon Peter Borell A. 1649. erwiesen hat.

Die sogenannten Bufoniten oder Schlan-
genaugen sind flachrunde glatte Fischzähne
(vom Anarrhichas lupus etc.) finden sich zuwei-
len wie im Lindner Steinbruch bey Hanno-
ver fast Türkisartig, von schöner blauer Farbe etc.

V. Von Insecten.

Vorzüglich Krebse: theils im Pappenhei-
mer Kalkschiefer, theils aber auch die voll-
kommen erhaltnen Glieder bey Hannover, bey
Mastricht. Kurzschwänzige Molukkische
Krebse u.a.m.

Zuverlässig gehören doch auch auch wol in
diese Classe die räzelhaften Trilobiten oder Rä-
fermuscheln, Cacadumuscheln (Dudley
fossill, Entomolithus paradoxus Linn
.) die in
England, Schweden, und von uns selbst in
Menge theils zusammen geklappt, theils ausge-
streckt, und zwar die letztern fast Spannenlang,
in den Würminghäuser Schiefern gefunden wor-
den sind; und die wenigstens einige Aehnlich-
keit mit der von Herrn Banks auf dem Feuer-
land gefundenen Scolopenderart, haben.

VI. Von Würmern.

[Seite 551]

Und zwar 1) von mollvscis, wenig
oder nichts. Höchstens nur Spurensteine.

Hingegen 2) testacea, in ganz un-
säglicher Menge. Denn gewiß übersteigt nur
allein die Anzahl der vollkommen petreficirten
Conchylien, die, von allen übrigen Fossilien und
Versteinerungen zusammengenommen. Ganze
Bergketten, die einen grossen Theil unsrer Er-
de umgürten sind noch jetzt damit bedeckt, und
wie viel Städte schon davon gebaut, Chausseen
damit gepflastert u.s.w.

Nur die vorzüglichsten Geschlechter dieser ehr-
würdigen Denkmäler anzuführen, so finden sich

A) Von vielschaaligen Conchylien (Mul-
tivalves
): Balaniten oder versteinte Meertul-
pen, und Pholaditen oder Bohrmuscheln.

B) Von zweyschaaligen, oder eigentlich
sogenannten Muscheln (Conchae), die Mu-
sculiten (aus dem Geschlecht Mya), und My-
tiliten, dergleichen sich bey Millionen in der
Gegend um Göttingen finden.

Venusmuscheln theils in blossen Steinker-
nen, wohin wol die Trigonellen gehören, theils
aber auch ganz vollständig, wovon wir Faust-
grosse Stücke aus der hiesigen Gegend besitzen.

Chamiten von mannichfaltigen Gattun-
gen. Die der Länge nach gefurchten heissen
Kammmuscheln, Pectiniten, und wenn
sie klein sind Pectunculiten.

[Seite 552]

Zu den glatten gehören die Bucarditen u.s.w.
Ostraciten von zahlreichen Arten. Man-
che die den gemeinen Austern, oder dem Lorbeer-
blatte, den Mänteln etc. ähneln.

Archen meist nur in Steinkernen.

Endlich Anomien, worunter ausser den
Terebrateln verschiedene rätzelhafte Petre-
facte gehören, wie die Gryphiten, die von
ihrer krummschnablichen Bildung, und die
Hysterolithen, die von einer andern Aehn-
lichkeit, die man darin hat erkennen wollen,
den Namen führen; vermuthlich auch die Pan-
toffelmuscheln, die Hr. Baron von Hüpsch
entdeckt, und ans Museum geschenkt hat u. a. m.

C) Von Einschaaligen Conchylien
mit bestimmten Windungen, oder eigent-
lichen Schnecken (Cochleae) zuförderst die,
wo das Gehäuse durch Scheidewände in Kam-
mern oder Fächer (Concamerationes) abgetheilt
ist (Cochleae polythalamiae): nemlich Nau-
tiliren von fast kuglichter Gestalt, an denen
nur die äussere Windung sichtbar ist, in der
die übrigen kleinen Gewinde gleichsam versteckt
liegen. Dergleichen wir in Chalcedon aus den
Umbernestern zwischen dem Würminghäuser
Schiefer vor uns haben.

Ferner die unzählige Schaar der Ammo-
niten von der Grösse eines Wagenrads an bis
zu der von einer kleinen Linse, folgends von so
mancherley Bildung, nemlich, mehrentheils
[Seite 553] rund, aber auch in manchen Gegenden oval
theils dick, theils flach, theils mit cylindrischen
theils mit breiten Gewinden, mit runden oder
scharfen, mit glatten oder eckichten Rücken;
mit geraden oder wunderbar ausgeschweiften
Concamerationen u.s.w.

Dann die Lituiten mit von einander ab-
stehenden Gewinden, deren dickeres Ende in
eine gerade Röhre auslauft: und die kleinen
Linsensteine (Lenticulites, Helicites, lapis
numularis
) die aussen mit zwey glatten bauchi-
gen Schaalen belegt sind, aber inwendig eine
überaus zarte vielkammerige Spiralwindung
von ansehnlicher Länge enthalten.

Zu den Schnecken ohne innere Concamera-
tionen (Cochleae monothalamiae) gehören
die Volutiten, Coniten, Bulliten, Buc-
ciniten, Muriciten, Trochiten, Neri-
titen etc.

Wol 50 Arten von Turbiniten; auch ver-
steinte Deckel von einigen, oder sogenannte
Venusnabel.

Strombiten ebenfalls von vielerley Ar-
ten, theils über Fuß lang, wie die von Cour-
tagnon
in Champagne: theils die ganz beson-
dern aber seltnen Stücken mit doppelten Gewin-
den von ungleicher Dicke, dergleichen sich hier
zu Lande finden*): theils überaus artig gebil-
[Seite 554] det, wie mit Perlschnüren umwunden etc. und
an theils Orten in unglaublicher Menge; wie zu
Neustadt bey Hannover, wo die Strombiten
taufenden dicht aneinander, ganz horizontal
in einer fast unbegreiflichen Ordnung, sogar die
Mündungen alle nach einer Seite gekehrt, ge-
funden werden.

Cochliten und Umbiliciten aus dem He-
lixgeschlechte: und Porcellaniten oder Cyprä-
enarten.

D) Von einschaaligen Conchilien ohne
äusere Windungen mancherley Dentaliten
und Serpuliten oder Vermiculiten: vor-
züglich aber zweyerley sonderbahre Geschöpfe
die Orthoceratiten und Belemniten. Bey-
des gerade Röhren, von stralichter Textur, (wie
der Tophus an den Gradirreisern) mit Zwi-
schenwänden am einen Ende, die sich auch als
kleine Schaalen einzeln finden, und Alveolen
heissen. Jene wie abgestumpfte Kegel; die Be-
lemniten hingegen, die auch Luchssteine,
Rappensteine, Teufelskegel, Storchsteine,
Alpschoß (dactyli idaei) heissen, und
sich häufig in schwarzen Stinkstein finden, sind
an einem Ende zugespizt, theils auch in der
Mitte am stärksten, also fast spindelförmig,
theils an einer Seite eingefurcht, u.s.w.*)

[Seite 555]

Hieher gehören auch wohl die Doppelröh-
ren, ein wunderbares, und so viel wir wissen,
noch nirgend beschriebnes Petrefact, das wir
oft, aber immer nur in Bruchstücken am Fuß des
Heinbergs gefunden haben, und das aus zwey
völlig cylindrischen und parallel laufenden Röh-
ren besteht, die in eine gemeinschaftliche etwas
breitgedruckte Schaale eingeschlossen sind.

Wir gehen zu einer andern Ordnung von
Würmern über. 3) cartilaginea, die
falls unter den Petrefacten überaus zahlreich
sind. Es gehören dahin Echinitest oder See-
igel von mancherley Bildung und Grösse, die
meist in Kalk- oder Feuerstein, gefunden werden:
und im leztern Fall, zumal wenn sie klein aber
hochgewölbt sind, Knopfsteine oder Kröten-
steine heissen. Die sogenannten Judensteine,
(die spatiche Textur, und meist die Grösse und
Gestalt einer Olive haben), sind nunmehr ganz
zuverläßig für Echinitenstacheln erkannt worden.

Die Encriniten und Pentacriniten zwey
prächtige und überaus merkwürdige Petrefacten-
arten bestehen aus zwey Haupttheilen: aus dem
Körper und dem Stil. Jener hat, zumal bey
den Pentacriniten sehr viel Aehnlichkeit mit dem
oben beschriebenen Medusenhaupte: bey den
Encriniten aber sind seine Arme meist zusam-
men gefaltet, da er denn einige Aehnlichkeit
mit einer geschlossenen Lilie hat, auch deswegen
Lilienstein genannt wird. Der Stiel ist bey
[Seite 556] beyderley Gattungen gegliedert, wie ein Rück-
grad, und zwar bey den Encriniten rund, da-
her seine einzelne Glieder kleinen Bretspiel-
steinen mit artigen sonnenförmigen Zeichnungen
ähneln, und Trochiten oder Bonifacius-
pfennige, Rädersteine, Walzensteine ge-
nannt werden. Bey den Pentacriniten hinge-
gen ist der Stiel eckicht, und seine Glieder und
deren Zeichnung sternförmig, daher sie Asterien
heissen, die fast immer 5, sehr selten nur 4
Spitzen haben, zuweilen auch rundlich sind,
doch, daß sie nicht wie die Trochiten mit Son-
nen, sondern immer mit einem fünfeckichten
Stern bezeichnet sind. Die Schraubensteine
sind wohl ausgefressene Stücken von Encrini-
tenstielen, und die Cariophylliten, die fast
wie Würznelken aussehen, müssen wenigstens
in die Nachbarschaft dieser Geschöpfe gehören.

Endlich 4) corallia, von denen wir
wohl mehr Arten versteinert als in Natur ken-
nen. Theils sinds Tubiporiten, theils Mil-
leporiten, wie die aus dem Petersberg bey
Mastricht, theils auch versteinerte Corallinen,
Flustrae etc. dergleichen sich bey Herrnhausen im
Feuerstein finden: vorzüglich aber Madrepo-
riten, die in manchen Gegenden, z.B. auf
dem Mont Saleve bey Genf unzählig sind, wo-
her das Museum eine grosse Sammlung von
wunderbarer Mannichfaltigkeit und Schönheit
von dem Herrn de Luc zum Geschenk erhalten
[Seite 557] hat. Manche Gattungen sind ihrer Bildung
wegen Fungiten, Meandriten, Cerebri-
ten, Astroiten u.s.w. genannt worden; und
zu den leztern gehören auch die sogenannten Es-
sigsteinchen, nemlich kleine flachgeschnittne
Astroiten, die sich, wenn sie in Citronensaft
oder Weinessig gelegt werden, ihrer kalkichten
Substanz wegen, wie abgeschliffne Krebsau-
gen darin bewegen müssen.

Dieß wären die wichtigsten thierischen Pe-
trefacten: Es folgen

B. Versteinerungen des Pflanzenreichs,

die sich doch kürzer zusammen fassen lassen.

Erstens nemlich: Abdrücke von ganzen Ge-
wächsen oder ihren Theilen in den sogenannten
Pflanzenschiefern, die sich vorzüglich häufig,
und theils von bewundernswürdiger Schönheit
in den Sevennischen Gebürgen, in der Schweiz
und bey Eisleben finden. Meist sinds Farren-
kräuter, Schilf, Kannekraut etc. theils aber
ganz unbekannte Gewächse, wie die grossen ge-
schuppten, aber astichen Stücke in den Würming-
häuser Schiefern, die wir auf eine Art von
Opuntia zu deuten geneigt wären.

Die hieher gehörigen Hölzer sind von zwey-
erley Art, theils nemlich noch brennbar, har-
[Seite 558] zicht, (Lignum fossile bituminosum) meist
alaunhaltig, wie die vom Herrn Prof. Holl-
mann beschriebne unermeßliche Menge, die
bey Münden und zwar in der sonderbarsten La-
ge, wie in einem Schieferbruch gegraben wor-
den. Theils aber versteinert (Lithoxylon)
und zwar meist in Jaspis von ausnehmender
Härte und schönen Farben, wie bey Coburg,
woher wir ausserordentliche Stücke mit Aesten,
und deutlichen Spuren der ehemaligen Zasern,
und von den seltensten hellgrünen Farben besi-
tzen. Zu den merkwürdigsten müsten die schon
verarbeitet gewesenen, und nachher versteinerten
Hölzer gehören, dergleichen in Herkulan ge-
funden seyn sollen.*)

Würkliche Früchte sind wol äusserst selten
oder gar nie versteint angetroffen worden.

Von Blättern finden sich auch ausser den
obigen Schiefern einzelne Abdrücke: z.B. grosse
und ausnehmend schöne Stücke aus dem Ahorn-
Geschlechte in Sandstein vom Heidelberge bey
Blankenburg u.s.w.

Das Beinbrech, Beinwell (osteocol-
la) besteht aus allerhand in Mergel und Kalk
vererdeten Wurzelgestrippe, Reisholz etc. und
findet sich in theils Gegenden, wie im Gothai-
schen, auch hier um Göttingen in grosser Men-
[Seite 559] ge, ward ehedem als Arzney zumal bey Bein-
brüchen, jetzt aber blos als Baustein verbraucht.

Und dahin sind endlich auch die verocker-
ten Vegetabilen z.B. die artigen Birken-
blätter und Wurzeln etc. zu zählen, die sich hin
und wieder, aber wohl nirgend schöner als bey
dem berühmten Sauerbrunnen von Petrosa-
wodsk am Onega See, den Peter der Grosse
getrunken, finden, und wovon das Museum
der Freygebigkeit des Herrn Baron Asch unge-
meine Stücke zu verdanken hat.


Appendix A Register.

[[A1]]
[interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [interleaf] [binding_verso]
Notes
*).
[Seite 452]

Prof. Zinn im Hamb. Magaz. XXII B. S. 8.

*).
[Seite 455]

Auch das Mark einiger Gewächse hat überaus artig
durchflochtene Gefässe. S. fr. grützmacher
de ossium medulla fig. 4.

*).
[Seite 456]

Manche Gewächse z.B. die Wasserlinsen sinken mit
Annäherung des Winters zu Boden und überwin-
tern wie viele Wasserthiere unten im Schlamm,
von da sie sich im folgenden Frühjahr durch die
März-Sonne ermuntert, wieder in die Höhe auf
die Oberfläche des Wassers erheben.

*).
[Seite 457]

j. andr. mvreay in Nov. Comment, Gotting.
Vol.
II. p. 51.

*).
[Seite 459]

i. f. gmelin de irritabilitate vegetabilium. Tu-
bing
. 1768. 4.

*).
[Seite 466]

(jam. parson's) microscopical Theatre of Seeds.
Lond. 1745. 4. m. Kupf.

*).
[Seite 468]

l. g. zinn de vasis subtil. oculi. p. 3.

**).
[Seite 468]

Von ähnlichen Birnen s. Abhandl. der Zürcher na-
turforschenden Gesellsch. l B. S. 541. u. f.

***).
[Seite 468]

s. Götting. Gel. Anz. 1774. 121 St.

*).
[Seite 471]

Man rechnet jährlich auf 81 Millionen Thaler, die
Europa blos durch den Zucker gewinnt.

*).
[Seite 476]

hamilton's Campi phlegraei tab. XXVI. XXVll.
S. 69. u. f.

**).
[Seite 476]

C. de choiseul voy. pittoresque de la Grece. tab.
XIII. XIV. S. 21. u. f.

*).
[Seite 477]

fr. mar. pratilli della via Appia. tab 1.

*).
[Seite 488]

c. de coiseul voyage pittor. de la Gréce tab.
XXXV–XXXVIII.

*).
[Seite 489]

st. isaac newton's Optiks. p. 356. sqq.

*).
[Seite 493]

Von der Verfertigung der Tobakspfeifen s. das
Göttingische Taschen-Buch für 1779. Seite
103-115.

*).
[Seite 498]

Sr. john maundevile's Travaile p. 191. seqq.
The Dyamandes ben square and poynted of here
owne kynde, bothe aboven and benethe, without-
en worchinge of mannes hond etc.

**).
[Seite 498]

Herr Lippert zwar behauptet es. Daktyl. Sup-
plem. S. 131. 145. 146. 149.

*).
[Seite 499]

Er ist abgebildet in lambecii bibl. Vindobon.
L
. II. p. 516. Die größten Diamanten und an-
dere Edelsteine in der Welt s. bey Tavernier, la
Motraye, und in papillon sur Ia Gravure en
bois. T
. II. p. 281. Den die Russische Kaiserin
von Gregor. Saffray gekauft im Gothaischen Ta-
schen Cal. 1771.

*).
[Seite 504]

Winkelmann Gesch. d. K. S. 113.

*).
[Seite 506]

rer. Aegypt. L. III. c. 6. p. 146.

**).
[Seite 506]

i. greaves's pyramidogr. p. 139.

*).
[Seite 507]

Die schwerste Last die je von Menschen Händen be-
wegt worden: der Vatikanische Obelisk den Fon-
tana aufgerichtet, hält kaum den dritten Theil:
nur 973537 35/40 Pfund.

*).
[Seite 508]

So sagt schon aristides orat. Aegypt. p. 587.

*).
[Seite 510]

Völlig wie die Insel Castel-a-mare ohnfern vom
Aetna. S. die Dedications-Tafel vor den Cam-
pis phlegraeis. fig
. II.

**).
[Seite 510]

Stolpa heißt auf Slavonisch eine Säule.

*).
[Seite 511]

S. die beiden grossen Kupfertafeln die Vivares
nach S. Drury A. 1743. von diesem so äusserst
merkwürdigen Basalten gestochen hat.

*).
[Seite 516]

Man kan sich einige Idee von der schauervollen
Grösse dieser unterirdischen Gewölbe aus dem sehr
grossen Kupferblatte machen, das Nilson davon nach
Borlachs Rissen und Benj. Müllers Zeichnung 1760
gestochen hat.

*).
[Seite 520]

ch. patin Traité des Tourbes p. 4. 65.

*).
[Seite 526]

herodot. L. I. p. 47. Wessel.

**).
[Seite 526]

nouvelle heloise T. I. L. 23

*).
[Seite 537]

Unsern Versuch mit dem Braunischen verglichen,
s. in den Edinburger Medical and philos. Com-
ment. Vol. IV. P. I. p. 107. u. f.

*).
[Seite 542]

C. G. Schober im neuen Hamb. Mag. 3 B. Taf. 1.

**).
[Seite 542]

Bromel lithogr. Suec. S. 50. u. f.

*).
[Seite 545]

franklin on Electricity p. 362.

*).
[Seite 547]

Unicornu Hercynium. S. fr. ioel de pestis curat.
pag
. 60.

*).
[Seite 548]

jac. ph. d'orville Sicula p. 147. sqq.

**).
[Seite 548]

Atti di Siena T. III. Tab. VI. VIII. Philos. Transact.
Vol
. LVIII. Tab. IV.

*).
[Seite 553]

lachmvnd Oryctogr. Hildesh. p. 47. No. IV.
et VI.

*).
[Seite 554]

m. r. rosinvs de belemnitis et alueolis. Francohus.
1728. 4. eine fast ganz unbekannte Schrift eines
sonst berühmten Verfassers.

*).
[Seite 558]

fougeroux de eondaroy Recherch. sur l'
Herculanum p. 38.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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