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Reisen
nach
Indien und Persien.
In einer
freyen Uebersetzung aus dem englischen Original
geliefert, mit historisch-geographischen Anmerkungen
und Zusätzen vermehrt
von
Christian Willhelm Dohm.

Zweyter Theil,
welcher die Reise von Persien nach England, einen
Anhang des Verfassers und einen Theil der Zusätze
des Uebersetzers enthält.
Mit Kupfern und einer Reise-Charte von Basra
nach Lattichia.

Leipzig,
bey Weidmanns Erben und Reich.
1775
.
[[I]] [[II]] [[III]] [[IV]]
[[346]]

Erster Anhang.
Medicinische und chirurgische Be-
merkungen.

[Seite 347]

Um die Erzählung nicht zu unterbrechen, habe ich
mich nicht über die Krankheiten ausgelassen, mit
denen unser Gefolge befallen worden. Ich werde aber
nun diesen Gegenstand besonders abhandeln, um so
mehr, da man vermuthlich etwas dieser Art, von einer
Person meines Gewerbes erwarten wird; und ich
schmeichle mir, daß, aller Kürze ohngeachtet, die ich
im Vortrage zu beobachten gedenke, derselbe doch von
einigen Ertrag fürs allgemeine Interesse der Seefah-
renden ausfallen durfte.

Der Leser wird bey dieser Gelegenheit erlauben,
daß ich ihn auf den 9. März 1754 zurückführe, da
Herr Watson und seine ganze Schiffgesellschaft beym
besten Wohl von Plymouth abseegelte. Im folgen-
den May und Junius zeigten sich schon verschiedne
Zufälle in der Flotte; und ohngeachtet der vereinigten
Bemühungen aller unsrer Officiere, die die Verdecke
beständig kehren und scheuern, und täglich die Venti-
lators brauchen ließen, hatte das Uebel doch so zuge-
nommen, daß den 9ten Julii bey unsrer Ankunft in
Madagascar, Kent allein schon 12 Mann verlohren
hatte, die große Anzahl derer ungerechnet, die schon
so aufs Aeußerste gebracht waren, daß sie ohnfehlbar
eben so gestorben wären, hätten wir uns nur noch we-
nige Tage in See ausgehalten.

Die Krankheiten, mit denen Kent’s Besatzung
befallen wurde, war vorzüglich faul Fieber, und
[Seite 348] fäulichte Durchfälle, die nächst dem, daß sie in
diesen Gegenden an und vor sich häufig sind, noch,
wie ich glaube, durch die große Menge Stockfische und
andre Nahrungsmittel vermehrt wurden, die in der
Fischkammer und zwischen den Kanonen des untern
Verdecks lagen: die Fische fiengen wegen der heißen
Witterung an zu faulen, und gaben in die Länge einen
so schädlichen Geruch von sich, daß man die Luft in
den untern Theilen des Schiffs gar nicht athmen konn-
te. Außerdem war während der Zeit das Seewasser
unvermeidlich durch die Oeffnungen der Schieslöcher
u.s.w. ins Schiff gedrungen, und vermehrte die Con-
tagion durch seine stinkende Ausdünstungen.

Es würde unnöthig seyn, das besondre Verfahren zu
beschreiben, mit welchem ich meine Patienten, so lang
sie am Bord waren, behandelte, um so mehr, da ich
bloß die gewöhnliche Heilmethode befolgte. Es wird
genug seyn, zu bemerken, daß ich vor allen Dingen
ihre Person und Betten, so rein als möglich halten
lies; daß ich die Luft um sie herum, so viel ich nur
bewürken konnte, reinigen lies: und daß nicht allein
der Fäulniß wiederstehende Arzneyen verordnet wurden,
sondern ihnen auch täglich Wein, Punsch und Speisen
aus dem Admiralitäts- Capitains- und Lieutenantsvor-
rath gereicht wurde.

In der That muß man diesen menschenfreundlichen
Handlungen der Officiere, und dann dem unverdroß-
nen Fleiß der Wundärzte, die dafür sorgten, daß alles
dieß behörig genommen wurde, die Erhaltung des
Lebens vieler Personen zuschreiben. Ich habe wäh-
render Reise bemerkt, daß bey unsrer Landung an
Madagascar, wo wir wieder mit allerhand frischen
Victualien und Früchten, besonders von säuerlicher
Art, versorgt wurden, unser krankes Volk in sehr
kurzer Zeit wieder hergestellt wurde; und nur 4 von
[Seite 349] denen, die vom Kent ans Ufer gesetzt worden, starben.
Die Flotte seegelte den 7ten August wieder von dieser
Insel ab, und kam den 10ten September, unter
leidlichen Gesundheitsumständen bey Fort St. David
an: doch hielten wirs für rathsam, ungeachtet wir
nicht mehr weit von Bombay waren, 78 von unsern
gefährlichsten Patienten hier ans Ufer ins Hospital zu
schicken, von denen die mehresten entweder am Scorbut
oder Gallenkrankheiten darnieder lagen: denn die letz-
tern zeigten sich zwar schon kurz nach unsrer Abreise
nach Indien, nunmehr aber war der Scorbut die
herrschende Krankheit, der wir zuverläßig unsre Fahrt
von Madagascar zu Fort St. David schuldig
waren.

Zwischen den 14. November 1754 und den 14.
Februar des folgenden Jahrs wurden von zweyen
Schiffen 104 Patienten ins Spital zu Bombay ge-
sendet, die hauptsächlich am Scorbut und Diarrhöe
krank lagen. Einige doch auch an gefährlichen Gallen-
fiebern; die Diarrhöe war entweder scorbutisch oder
auch gallicht. Auch in dieser Periode schien der Scor-
but die gemeinste Krankheit zu seyn, welches vielleicht
großentheils der Jahrszeit zuzuschreiben war.

Auf der Küste von Coromandel erhielten wir vom
24. Jan. 1755 bis zum folgenden 24. October von
Kent, Cumberland, Tyger, Salisbury, Brid-
gewater
und Kingsfischer 1214*) Patienten, von
denen nur 168 vom Scorbut befallen waren; der größte
Theil vom Rest lag an Gallenfiebern, gallichten Durch-
fällen, oder andern Krankheiten, die Ueberfluß von
[Seite 350] Galle verriethen, darnieder. Da dieß im Sommer
war, so sieht man genugsam, warum die Anzahl mei-
ner scorbutischen Patienten in Verhältniß mit den gal-
lichten so sehr gering war.

Zu Bombay kriegten wir zwischen den 10 Nov.
1755 und den 27. April 1756, 1334 Patienten von
der ganzen Flotte ins Hospital, von denen 514 am
Scorbut und scorbutischen Durchfällen danieder lagen.
Die übrigen Krankheiten an verschiednen Zufällen der
Leber, an gemeinem Krankheiten oder an äußern Schä-
den. Man muß hierbey bemerken, daß dieß wieder
der Winter war, in welchem der Scorbut die herr-
schende Krankheit unter uns wurde.

Auf der Küste von Coromandel kamen vom April
1756 bis zum 12. October desselben Jahres 847 Pa-
tienten von allen Schiffen ins Spital: von diesen lagen
132 am Scorbut, 108 am Gallenfiebern, 163 an
gallichten Diarrhöen und 223 an gallichten Versto-
pfungen: die übrigen 221 aber an allerhand verschied-
nen Krankheiten; doch lag auch bey den mehresten von
diesen was gallichtes zum Grunde; – blos einige
wenige äußere Schäden und venerische Uebel ausge-
nommen – dieß waren nun wieder die Sommermo-
nate, und wir sehn offenbar, daß auch die Gallenkrank-
heiten während der Zeit für den übrigen herrschten.

Am Bord des Protector eines Hospitalschiffs im
Bengalstrohm, und im Spital zu Calcutta erhiel-
ten wir vom 25. Dec. 1756 bis zum 8. Febr. 1757
455 Kranke von des Königs Schiffen, von denen 72
[Seite 351] aufs heftigste mit Scorbuten befallen waren; 27 la-
gen an Krämpfen der Eingeweide, die auch durch
Scorbut verursacht waren, und zu denen wahrschein-
licher Weise das unreine Flußwasser viel beytrug: 12
hatten Faulfieber; und die übrigen 104 hatten ver-
schiedne Krankheiten, die doch alle, ein paar chirurgi-
sche Fälle ausgenommen, ebenfalls scorbutischer Art
waren. Ich finde, dass wir beym Schluß der ersten
Viertheljahrs Rechnung von allen, die im Spital
aufgenommen worden, 27 Mann begraben haben:
eine genauere Berechnung der Anzahl unsrer Todten
wird zur Vergleichung der Sterbelisten, in Rücksicht
der Krankheiten unsrer Flotte zu Bengalen, und un-
srer übrigen Colonien in Indien dienen. Auch hier
ward meine obige Bemerkung wegen der Jahrszeit
bestätigt; es nahm nemlich in diesen Wintermonaten
der Scorbut im nämlichen Grade zu, in dem die Gal-
lenkrankheiten sich verminderten. Ich muß noch zu-
setzen, daß die Flotte kurz vorher eine lange und be-
schwerliche Reise von 7 Wochen von der Küste von Co-
romandel
nach dem Bengalstrohme gemacht hatte;
welches ohne Zweifel noch eine zufällige Ursache abgab,
warum der Scorbut während der Zeit so stark um sich
griff.

Zu Calcutta erhielten wir vom 8. Februar 1757
bis zum folgenden 7. August 1140 Patienten ins Spi-
tal, von denen 54 scorbutisch waren, 302 an Gallen-
fiebern und 109 an Wechselfiebern lagen: 16 hatten
die Pocken, 32 gallichte und rothe Ruhren, 56 gal-
lichte Koliken, 21 venerische Uebel, und 155 chirur-
gische Schäden. Von allen diesen begruben wir 52
Mann. Ich muß hierbey bemerken, daß die meh-
reste Zeit über das Wetter äußerst heiß und trocken
war, folglich auch in dieser Jahrszeit der gallichten
Krankheiten am meisten vorfielen; nachher aber, so
[Seite 352] bald der Regen einbrach, auch die Wechselfieber sich
einstellten.

In eben diesem Orte erhielten wir vom 7. August
1757 bis zum folgenden 7. Nov. (da diese Zeit über
das Wetter schwül und regnicht war) 717 neue Pa-
tienten ins Spital, (außer den 430 die ohnedem schon
drinn waren) so daß wir nun im Ganzen derer 1147
hatten, unter den 717 neu angekommnen waren nur
so scorbutische, 147 mit Faulfiebern, 304 mit Wech-
selfiebern, 19 mit fäulichten Dysenderien, 155 mit
fäulichten Diarrhöen, 10 mit gallichten Vorstopfun-
gen, 6 mit Entzündungen der Därme, 6 mit Auszeh-
rung und 19 an äußern Schäden. Der Rest von 41
Mann, die nicht mit hierunter begriffen sind, bestand aus
Patienten, die an verschiednen Krankheiten darnieder la-
gen, die doch alle eine fäulichte Disposition verriethen.
Von allen, die während der Zeit Spital waren, be-
gruben wir 101; diese zu denen gerechnet, die wir
vorher im Protector und im Spital seit unsrer Ankunft
im Fluß (dieß war binnen 10 Monaten und 13 Tagen)
verlohren hatten, belief sich unser ganzer Verlust auf
180 Mann, und hier sind die noch ungerechnet, die
entweder im Treffen geblieben, oder auf ihren Schiffen
gestorben sind, ehe Anstalt zu ihrer Aufnahme in den
Protector oder ans Land, konnte gemacht werden.
So, daß, wie man sieht, die Anzahl der in Benga-
len
Verstorbnen über die Hälfte von allen den betrug,
die in den verschiednen Spitalen von Indien während
des Admiral Watson’s Commando, und selbst noch
einige Zeit nach seinem Tode, zusammen binnen 3 Jah-
ren 1 Monat und 14 Tagen gestorben waren.

Hieraus erhellet, daß im Winter, und während
eines langen Aufenthalts zur See, der Scorbut
diejenige Krankheit ist, der die Seeleute im heißen
Climate am meisten ausgesetzt sind; daß in den
[Seite 353] Sommermonaten, wenn das Wetter heiß und tro-
cken
ist, Gallenfieber und Durchfälle die herr-
schenden Krankheiten sind; und daß fäulichte Durch-
fälle
und Wechselfieber besonders die europäischen
Seefahrenden bey den schwülen und regnichten Wet-
ter
zu Bengal, befallen.

Ich werde nun eine genaue Nachricht, (so genau
als sie unsre Spital-Registraturen erlauben werden,)
von allen Patienten geben, die zu verschiednen Zeiten
in den verschiednen indianischen Spitälern vom 13ten
Sept. 1754 bis zum 7ten Nov. 1757 währender Zeit,
da sie meiner Sorge anvertraut waren, aufgenommen
worden; jeder Krankheit werde ich zugleich die Anzahl
der daran verstorbnen beyfügen.

Die ganze Anzahl der in die Spitäler aufgenom-
menen betrug 6062. Unter diesen lagen

Hierzu müssen folgende chirurgische Krankheiten
gerechnet werden.

Zufolge des vorstehenden Verzeichnisses beläuft sich
die Anzahl der Todten auf 241. Allein außer diesen
waren noch 87 Personen, die meist an Durchfällen,
Wechsel- und andern Fiebern, oder Gallenkrankheiten
verstorben waren. Da sie aber bey ihrem Tode im
Spital-Buche unter der allgemeinen Rubrik von ‘„ver-
schiednen Personen, die geraume Zeit wegen allerhand
Krankheiten im Spital geblieben“’ stunden, so ist es
für itzt nicht wohl möglich, ihre eigentlichen Zufälle ge-
nau zu bestimmen, oder die Krankheiten, an denen sie
verstorben, mit gewissen Namen zu belegen.

Ich hatte mir vorgenommen, besonders diejenigen
Krankheiten abzuhandeln, denen die Europäer in
Ostindien unterworfen sind. Allein da ich das treff-
liche Werk meines einsichtsvollen und gelehrten Freun-
des des D. Lind über diesen Gegenstand zu wieder-
holten malen, und immer mit neuem Vergnügen ge-
lesen habe, so muß ich gestehen, daß ich nicht das
mindeste darzu zusetzen wuste. Statt also etwas von
meiner Arbeit über diesen Gegenstand her zu setzen,
wird es besser seyn, wenn ich einen kurzen Auszug aus
[Seite 355] Linds schätzbaren Buche liefere, und zum weitern
Unterrichte aufs Werk selbst verweise.

*)‘„Bengalen hat nächst Bencoolen unter allen
Englischen Handelsstädten das gefährlichste Clima
für Europäer. Das Regenwetter fängt daselbst
im Junius an, und dauert bis in den October; der
Rest des Jahrs ist gesund und angenehm. So
lange der Regen dauert, ist dieses gesegnete und frucht-
bare Land mit dem Ganges bedeckt, so, daß es gleich-
sam einen großen See vorstellt. Im October, wenn
dieß stehende Wasser durch die Sonnenhitze zu ver-
dunsten anfängt, ist die Luft von dem Schlamm und
Morast, den der Ganges zurück läßt, und von der Fäul-
niß von todten Fischen und von Thieren voller Dünste.
Alsdann wüten die Krankheiten und befallen vorzüglich
die neu angekommnen. Doch sind auch hier, so wie
an jedem andern Orte, die Maladien in einem Jahr
häufiger und gefährlicher als im andern. Die Krank-
heiten sind Fieber, sowohl nachlassende als Wechsel-
fieber. Denn ob sie gleich zuweilen einige Tage ohne
merklichen Nachlaß anhalten, so haben sie doch im
Ganzen viel Hang dazu, und sind gemeiniglich mit
heftigen Anfällen von Erstarren und Frost, und gal-
lichten Erbrechen und Stulgängen vergesellschaftet.
Ist die Witterung sehr unbeständig, so werden man-
che mit bösartigen Fiebern befallen, an denen sie
schleunig sterben. Der Körper ist mit Bläsgen
von blasser Farbe bedeckt; die Leiche wird in wenig
Stunden schwarz und geht in schnelle Fäulniß über.
Während der Zeit sind die Durchfälle häufig, die
man gallicht**) oder fäulicht nennen könnte, um sie
[Seite 356] desto besser von denen andern zu unterscheiden, die
mit Entzündung der Eingeweide begleitet sind. Bey
allen Krankheiten zu Bengalen, muß man sich des
Aderlassens behutsam bedienen.’

‘„Doch wir verlassen Bengalen, und müssen fer-
ner bemerken, daß, obgleich die Luft im englischen
Gouvernement von Bombay nicht so rein ist als zu
Madraß, sie doch immer gesünder ist als zu Ben-
galen;
die Küste von Malabar ist sehr gesund,
doch ist Coromandel in der Rücksicht noch vor-
zuziehn.’

‘„Die Insel Bombay ist theils durch die Auf-
werfung eines Walls, um den Anlauf der See zu
verhindern (wo man ein Salzwerk angelegt hat) theils
durch den Befehl, daß kein Einwohner seine Cocos-
nusbäume mit faulen Fischen düngen soll; viel ge-
sünder als ehedem.’

‘„Zu Surate und Tellichery auf der nämlichen
Küste sind die Europäer, überhaupt genommen,
gesund.’

‘„Man hält Madraß für die gesundeste englische
Colonie: und in der That ist auch die Lust auf der
ganzen Küste von Coromandel im Ganzen und in
Vergleich vieler andern Orte in Indien rein und ge-
mäßigt, und zwar nicht bloß Madraß, sondern
[Seite 357] St. Davids, Luddalore und Negapatnam die
holländische Regierung an dieser Küste.’

‘„Außer diesen bösartigen und nachlassenden Fie-
bern, die während der nassen Jahrszeit und noch et-
was später hinaus, in den ungesunden Theilen von
Ostindien wüten, werden die Europäer, besonders
wenn sie unmäßig leben, von Durchfällen und einer
Entzündung oder andern Krankheiten der Leber befal-
len; welche letztere Indien, und besonders der Küste
von Coromandel, eigen ist.’

‘„Die Durchfälle sind hier selten mit Entzündungs-
zufällen vergesellschafftet; die Ausleerungen sind ge-
meiniglich von fauler oder gallichter Art, und werden
leicht dadurch befördert, daß man anfänglich ein Brech-
mittel, sodann Rhabarbar, und zuletzt Ipecacuanha
in kleinen Dosen, verordnet. Ist die Galle und an-
dre fäulichte Säfte auf die Art genugsam abgeführt,
so bediene man sich der Opiate, mit Reistrank und
solcher Nahrungsmittel, die der Fäulniß wider-
stehen.’

‘„Die gedachte Leberkrankheit fängt überhaupt mit
einem heftigen Fieber, beschwerlichen Athemholen
und einem heftigen Schmerz in der rechten Seite,
wo die Leber liegt, an, daher der Patient oft die Hand
an die leidende Stelle legt, um dadurch Erleichterung
zu suchen.*) Beym ersten Anfall muß der Kranke
zur Ader lassen, und den leidenden Theil mit war-
men, erweichenden und zertheilenden Umschlägen
bähen; oder man kann ein Blasenpflaster dahin auf-
legen. Wenn durch die Aderlaß das Fieber ein wenig
gedämpft worden, so muß man vorläufig ein gelindes
Laxiermittel oder Clystier anbringen, dann aber un-
[Seite 358] mittelbar zum Gebrauch des Mercurius schreiten, der
in dieser Krankheit specifisch würkt. Ferner muß
man dadurch einen gelinden Speichelfluß auf 15 oder
20 Tage zu erregen suchen, daß man eine Mercu-
rial-Salbe auf dem leidenden Theil selbst oder doch
in der Nachbarschaft desselben, einreibt, wobey man
gelegentlich Mercurial-Pillen von Calomel gebrau-
chen kann.“’

Man wird mir erlauben, diese Bemerkung des
D. Lind mit meinem eignen Zeugnisse zu bestätigen,
indem ich beständig die specifische Wirkung der Sali-
vation in diesen Zufällen erfahren habe. Zuweilen
geschieht es freylich, daß bey einen stärkern Speichel-
fluß das Quecksilber nach dem Darm-Canal geht, und
eine gefährliche Dysenterie verursacht: allein nichts
desto weniger getraue ich mir doch im Ganzen zu be-
haupten, daß der Mercurius unter allen Mitteln, in
diesem Falle, das würksamste ist. Ja, ich möchte
sagen, daß dieß die einzige bis itzt bekannte Arzney ist,
die den Kranken noch einige Hoffnung zum Leben übrig
läßt; da hingegen, wofern er sich der Salivation nicht
unterzieht, ein Absceß in der Leber entsteht, der un-
ausbleiblich den Tod nach sich zieht.

Zu Beyspielen solcher Abscesse, verweise ich auf
zwey oder drey Fälle, die Herr John Bogue (der
Zeit Wundarzt auf Admiral Robert Harland’s
Schiff in Ostindien) mit größter Sorgfalt und Urthei-
lungskraft aufgesetzt hat, und die in Linds Buche zu
finden sind.

Ich kann diese Materie ohnmöglich verlassen, ohne
vorher zu bemerken, daß der Scorbut um die Zeit
rum, da Watsons Schiffe im Bengal-Strohm
eintrafen, einen äußerst traurigen Auftritt verursachte.
Er wütete mit solcher Macht, daß er die größten
[Seite 359] Verheerungen unter uns anstellte. Diese Krankheit
rührte (wie ich schon oben bemerkt habe,) einzig von
der langwierigen Reise her, die wir in Winterszeit
von der Küste von Coromandel nach Bengalen ma-
chen mußten. Es ist wahr, Kent verlohr nur we-
nige Leute an dieser Krankheit, die andern Schiffe hin-
gegen von der Flotte sehr viele; ein Unterschied, der, wie
ich überzeugt bin, von der großen Menge Orangen und
Limonensaft herrührte, von denen ich ein halbes Oxhoft
während unsers Aufenthalts auf Madagascar ge-
sammlet hatte; und den ich nun täglich unter das ge-
wöhnliche Getränke austheilen ließ.

Es äußerten sich während der Zeit nicht nur die
mehresten der gedachten Zufälle beym Scorbut, die
D. Lind so sorgfältig aus einander gesetzt hat; son-
dern es gesellten sich unglücklicher Weise außer ihnen
noch zwey andre hinzu, deren er nicht gedenkt: nem-
lich: der Hodensack schwoll bey vielen Patienten zu
einer ungeheuern Größe auf, so daß er gern einer Ku-
gel von 12 Zollen im Durchschnitt glich, und diese Ge-
schwulst enthielt, wie sich beym Durchboren der Haut
zeigte, Wasser. Der zweyte ungewöhnliche Zufall be-
stand in convulsiven Krämpfen der Därme, die ver-
schiedne unsrer Leute schleunig tödteten. Einige von
denen, die auf diese Art befallen wurden, erholten sich
wieder, andre hingegen mußten wohl 24 Stunden die
unerträglichsten Quaalen ausstehen, und verschieden
sodann.

Aus denen gedachten Bemerkungen sowohl als aus
verschiednen andern, deren ich mich in Verfolg mei-
ner Erzehlung bedient habe, erhellen folgende 4 ganz
unwidersprechliche Folgen:

Erstens: daß die Schiffe, die nach Ostindien gehn
sollen, mit so wenig Provision als möglich zwischen den
Verdecken beschwert seyn sollen.

[Seite 360]

Zweytens daß die getrockneten Stockfische, (die man
manchmal mit der Versicherung, daß man sich keines
Salzes bey ihrer Bereitung bedient hätte, in der gu-
ten Absicht, um den Scorbut, der die mehresten un-
srer Leute befiel, vorzubeugen, an Bord unsrer Kriegs-
schiffe schickte;) so wenig diesen guten Endzwecke ent-
sprachen, daß sie vielmehr wegen ihres schnellen
Verderbens und Faulung, viele üble Folgen gehabt
haben.

Drittens, daß, da wenige oder gar niemand von
Rents Schiffsvolk während unsrer Winterreise nach
Bengalen, am Scorbut starb, indeß die übrigen
Schiffe so manchen Mann verlohren; dieser Unterschied
keiner andern Ursache als den antiscorbutischen Kräften
des Limonen- und Orangensaftes zuzuschreiben sey. Es
folgt daher, daß wenn die Regierung darauf bedacht
seyn wollte, daß alle nach Ostindien gehende Schiffe
auf Madagascar oder an einem andern schicklichen
Orte Halte machen, und einige Pipen dieses Saftes ein-
nehmen müßten; das man zum Punsche machen und
derweilen statt Ballast brauchen könnte; so würden ge-
wiß durch dieses Mittel viele Leute erhalten, und der
Vortheil der Nation augenscheinlich befördert werden.*)

Endlich: weil die Wechselfieber und andere fäu-
lichte Krankheiten in Bengalen so häufig gefunden
werden, so sollten die Schiffe, die nach Ostindien be-
stimmt sind, mit einer genugsamen Menge von China-
rinde und Ipecacuanha versorgt werden; und (wie D.
[Seite 361] Lind schon in Rücksicht des erstern gar recht bemerkt
hat) die Schiffwundärzte sollten in dieser Absicht nicht
gehalten seyn, so viele andre Arzneymittel mit sich zu
nehmen, die entweder entbehrlich sind oder doch mit
geringen Kosten von ihnen in Ostindien angeschafft
werden könnten.

Ich halte es für meine Schuldigkeit, bey dieser
Gelegenheit die Bemerkungen und Anordnungen be-
kannt zu machen, die ich mir durch eigne Erfahrung
und Nachdenken während meiner langjährigen Dienste
zur See, besonders in Rücksicht auf die schicklichste
Weise, die Verwundeten während des Treffens zu be-
handeln, gemacht habe: ein Gegenstand, der in der
That für Wundärzte und Befehlshaber von gleicher
Wichtigkeit ist.

Des erste Vorfall dieser Art, bey dem ich mich
befand, war der zwischen dem tapfern und berühmten
Seehelden Commodore Barnet und dem Cheva-
lier de Caylus
im Jahr 1741 auf der mittelländischen
See, da verschiedne unsrer Leute durchs feindliche Feuer
verwundet wurden, andre aber mit einigen Pulver-
fäßgen, die Feuer gefangen hatten, in die Luft flogen.
Ich habe damals nur gar empfindlich den großen
Nachtheil erfahren, der daraus fließt, wenn die Wund-
ärzte ihre Blessirten im Hünerraum*) besorgen müs-
sen, dem Platze, der damals und auch im letzten Krieg
ganz gewöhnlich zu diesem wichtigen Geschäffte ange-
wiesen war.

In dem Augenblicke, da ich einen unsrer verwun-
deten Leute so eben ein Glied amputirte, ward ich be-
ständig von den übrigen, die sich in gleichen Umstän-
den befanden, unterbrochen. Einige schrien mit vol-
lem Halse um Hülfe, indeß andre in der Angst und
[Seite 362] Hoffnung, gerettet zu werden, mir den Arm weg-
rissen, eben, wenn ich die Nadel durchstoßen wollte,
um die zerrißnen Blutgefäße des ersten zu unter-
binden.

Gewißlich sollten alsdann, wenn solche Operatio-
nen verrichtet werden müssen, des Operateurs Gemüth
und Körper so wenig als möglich beunruhigt werden.
Da hingegen die bloße Erschütterung des untern Ca-
nonenverdecks, das vom Zurückpollen der Gestücke,
gerade über seinem Kopfe, herrührt, an und vor sich
schon zureichend ist, den Wundarzt außer Fassung zu
bringen, und die behörige Ausübung seiner Pflichten
außerordentlich zu erschweren.

Ich muß hinzusetzen, daß ein genugsam gesicherter
Platz für den Wundarzt und seine Gehülfen während
des Gefechts ein Umstand von den wichtigsten Folgen
ist, so sehr er auch wohl bisher übersehn und vernach-
läßigt worden seyn mag. In den zwey letztern Krie-
gen haben wir mehrere Beyspiele gehabt, daß Wund-
ärzte oder ihre Gehülfen auf dem Hünerraum durch
Canonkugeln verwundet wurden, welches Beweis ge-
nug ist, daß dieß gar kein schicklicher Aufenthalt für
Leute ist, von deren persönlicher Sicherheit das Leben
so vieler braver Seeleute unmittelbar abhängt. Ich
würde daher unsern Schiffsbefehlshabern ernstlich em-
pfehlen, die gedruckten Seereglements in Rücksicht des
Platzes, den der Wundarzt während des Gefechtes be-
hauptet, buchstäblich in Ausübung bringen zu lassen,
und daß statt der eben so gemeinen als sonderbaren
Gewohnheit ihn auf den Hünerraum zu sperren, lieber
ein Verschlag im untern Schiffsraum*) zu seinem
Gebrauch gemacht werden möchte; er würde auf die
Art für der Gefahr so gesichert als möglich, seine
[Seite 363] Seele ruhig und heiter, und sein Nachsinnen ungestört
seyn; er würde folglich ungleich geschickter seyn, so
schwere Operationen zu verrichten, als ihm doch zu-
verläßig bey härtern Treffen vorfallen müssen.

Man muß gestehen, daß dieser Punkt für den
Wundarzt immer sehr bedenklich ist; der, wenn er
seinem commandirenden Officier Vorstellung darüber
thun wollte, sich dem Spott oder den Lästerungen und
Verläumdungen des Schiffsvolks aussetzen könnte,
das seine Bedenklichkeit in diesem Stücke, ehe der
Sorge für seinen eignen Leib, als den allgemeinen
Vortheil, den er daraus herleiten wollte, zuschreiben
dürfte. Dieß war auf den verschiednen Schiffen, wo
ich gedient habe, völlig mein Fall. Ich hatte aber,
trotz des Tadels von der einen Seite und des Spottes
von der andern, immer Entschlossenheit genug, meine
Gesinnungen über diese Sache öffentlich zu erklären;
und es hat mir am Ende nie gefehlt, den Comman-
deur von den unendlichen Vortheilen zu überzeugen,
die nothwendig daraus folgen müssen.

Da vielleicht viele geschickte, aber sehr bescheidne
Männer, aus Furcht, daß man sie für allzu besorgt
für ihre eigne Sicherheit halten möchte, einen so wich-
tigen Gegenstand nie berühren dürften; so nehme ich
mir zu ihrem Besten die Freyheit, mich hiermit öffent-
lich an unsre Schiffsbefehlshaber überhaupt zu wen-
den, und sie zu ersuchen, daß sie eine Sache, die ihr
und ihrer Leute Leben, und das Wohl ihres Landes
betrifft, in reifere Ueberlegung ziehn, und in
Kriegszeiten einen schicklichen Verschlag im untern
Schiffsraum zur Aufnahme der Verwundeten be-
sorgen möchten; ohne erst noch deshalb die Nach-
suchung von Seiten des Schiffs-Chirurgi zu er-
warten.

[Seite 364]

Als eine Ermunterung zu diesem Verfahren sey
es mir erlaubt, ihnen das Beyspiel des verstorbenen
Admiral Lestock (der doch durchgängig für einen
der besten Seeleute seiner Zeit gehalten wurde) vorzu-
stellen, der sich 1774, da er merkte, daß sein Schiff
in Gefechte gerathen würde, (ungeachtet der heftigen
Anfälle vom Podagra, womit er behaftet war) selbst
in Neptuns Raum tragen ließ, um den Verschlag in
eignen Augenschein zu nehmen, den er vorher aus-
drücklich in diesem Orte zu errichten befohlen hatte.
Und eben dieser wackere und kluge Officier hat öfters
versichert, daß er in seinen frühern Diensten nur gar
zu deutlich die schlimmen Folgen des gegenseitigen Ver-
fahrens bemerkt hätte; daher er die Sache, der ich
itzt das Wort rede, seinen Subaltern-Officieren im-
mer als einen Umstand von äußerster Wichtigkeit em-
pfahl.

Der tapfere Capitain Speke (ein Mann, der sich
durch seine klugen Entwürfe und geschwinde Ausfüh-
rung gleich stark auszeichnete) fand nicht das mindeste
Bedenken, sich durch meine Vorstellungen über diesen
Punkt für völlig überzeugt zu erklären; und ob er
gleich manchmal einen unschuldigen Scherz vorbrachte,
worinn sich unsre Unterredung gerade auf diesen Gegen-
stand lenkte, so erklärte er sich doch nachher bey der
Attake von Chandernagore, da er selbst blessirt in
den Raum gebracht wurde, und nun die Nothwendig-
keit des Verfahrens einsah, das ich empfohlen hatte,
mit dem größten Ernste und in folgenden Worten ge-
gen mich: ‘„Kein Wundarzt, mein Freund, soll je-
mals wieder in die Verlegenheit gesetzt werden, mir
wegen eines Verschlags im untersten Schiffsraum
Vorstellung thun zu dürfen; denn nun sehe ich
mehr als zu wohl ein, was für Zerstreuungen und
Hindernisse euch sowohl als den Verwundeten aufge-
[Seite 365] stoßen seyn sollten, wenn ihr sie alle ohne Unterschied
hättet in den Hünerraum nehmen müssen.“’

Die Art, wie wir damals verfuhren, und die man
unmaßgeblich allemal beobachten sollte, war die, daß
alle Blessirte in den Hünerraum gebracht wurden, bis
keine mehr hinein giengen; sodann ward ihrer ein
Theil in den Cabelgat geschickt. Zwey meiner Ge-
hülfen waren nun da, um die Wunden zu untersuchen.
Die, so sehr gefährlich verwundet waren, und die
nach der Meynung dieser beyden Leute schleuniger Hülfe
bedurften, wurden durch die Wärter zu mir und meinen
übrigen Cameraden in den Verschlag im Raum ge-
bracht, wo wir ihrer warteten. Die nur leichter bles-
sirt waren, wurden gleich oben von meinen zwey Ge-
hülfen besorgt, und dann auf einen Seegel, das zu dem
Behuf ausgebreitet war, oder im Cabelgat auf ein
Gestelle von Bretern mit Matten, gelegt.

Ich kann nicht schließen, ohne vorher meinen Brü-
dern, den Schiffschirurgis, noch eine Regel zu geben.
Hätte ich in meinen frühern Jahren die Folgen eines
hitzigen und blutigen Gefechtes so gut als itzt eingese-
hen, so würde ich nie auf ein groß Kriegsschiff gegan-
gen seyn, ohne mich mit 6 oder noch mehrern Ampu-
tationsmessern statt zweyen oder dreyen zu versorgen.
Die Erfahrung hat mich gelehrt, daß auch die besten
Messer nach einer oder zwey Operationen stumpf werden;
und daß es die Zeit unter solchen Umständen gar nicht
erlaubt, die Instrumente geschwind wieder zu schär-
fen. Eben dieß gilt von den Sägen, von den eben-
falls mehrere mitgenommen werden sollten: denn die
alte abzunehmen und von frischen wieder schärfen wol-
len, ist während eines Treffens äußerst unschicklich.
Ferner würde ich jedem Wundarzt rathen, sich mit
einer größern Anzahl krummer Nadeln zu versehen,
als man gemeiniglich für zureichend hält; denn wer
[Seite 366] es nicht aus Erfahrung weis, kann sich unmöglich vor-
stellen, wie viel ihrer beym Lerm und der Unordnung
während eines Gefechtes verlohren gehn oder unbrauch-
bar gemacht werden.

Bis itzt habe ich, so viel in meinen Kräften war,
die besten Rathschläge zur glücklichern Behandlung der
Verwundeten am Tage des Treffens, und dann auch
einige Nachrichten für unsre Officiere, gegeben: noch
wünschte ich, mich zu den Herren Admiralitäts-Com-
missarien und andern Großen, denen die Besorgung
unsrer Seeangelegenheiten anvertrauet ist, erheben zu
dürfen; und sie um einige Erwägung der muthlosen
niederschlagenden Lage der königlichen Schiffwundärzte
zu ersuchen.

Es ist ein für allemal ausgemacht, daß sich unter
diesen Leuten Männer von den größten Fähigkeiten in
ihrem Gewerke befinden; und die Wichtigkeit ihrer
Bedienung in einem Königreiche, das fast gänzlich
vom Wohl seiner Seemacht abhängt, ist zu augen-
scheinlich, als das man sie erst mit weitern Gründen
erweisen dürfte. Zuverläßig giebt der geringe Sold,
den die Wundärzte in Seediensten*) itzo kriegen, wenn
die Commission zu Ende geht, schlechte Ermunterung,
entweder die schon auf der Liste stehn, zu behalten, oder
auf dem Fall, wenn irgend ein neuer Krieg entstehn
sollte, andre schickliche Subjecte zu suchen. Denn
nur die 50 ältesten, von denen 300 und mehreren, die
auf der Schiffliste verzeichnet sind, haben Anspruch
auf den halben Sold, indeß die übrigen genöthigt
sind, die niedrigsten Gewerbe zu ergreifen, um sich
nur den nothdürftigsten Unterhalt zu verschaffen; und
[Seite 367] was diese Situation noch schrecklicher macht, ist, daß
ein großer Theil dieser Leute von guter Abkunft sind,
die den Vortheil einer guten Erziehung genossen, und
ihre Profession richtig erlernt haben, die dann in jün-
gern Jahren in Seedienste getreten sind, verschiedne
Jahre hindurch ihren Pflichten treu und fleißig ob-
gelegen haben, und die nun, wenn der Krieg zu Ende
ist, der Gnade der weiten Welt überlassen werden. –
Sich auf die Art außer Brod gesetzt zu sehn, muß ih-
nen fürchterlicher seyn, als wenn sie den ersten Tag
nach ihrer Aufnahme gestorben wären!

Es ist freylich wahr, einige wenige aus dieser großen
Anzahl haben durch ihre eignen Verdienste und Unver-
drossenheit, oder durch den Tod alter Praktiker an
verschiednen Orten, wo sie sich nach dem Friedensschluß
niedergelassen haben, noch glücklicher Weise ihren
reichlichen Unterhalt gefunden. Allein, kann man sich
wohl nur gedenken, daß sich diese Leute nochmals zu
Seediensten entschließen würden (wenn sie auch ihre
Neigung dazu leitete) wenn sie nicht gewisse Versiche-
rung ihrer Versorgung nach Endigung des Kriegs er-
hielten. Dieß kann und darf man gewiß nicht von
ihnen erwarten – und was nun das gemeine Beste
beym Verlust so erfahrner Wundärzte leidet, brauch
ich gar nicht zu erwähnen. Freylich werden sich beym
Ausbruch eines neuen Kriegs ohne Zweifel viele junge
Wundärzte zu dergleichen Stellen anbieten, allein da
ihnen die See neu ist, sie selbst auch mit der Praxi noch
unbekannt sind, so können sie unmöglich mit den ältern
Wundärzten competiren, die längst des Dienstes ge-
wohnt sind, gesetzt auch, daß übrigens ihre Er-
ziehung und andre Umstände u.s.f. einander gleich
wären.

[Seite 368]

Ich nehme mir daher (nach meinem 30 jährigen
Dienst als Schiffswundarzt, und da ich weiter keine
Vortheile für mich drunter suchen kann) die Freyheit,
es der Regierung als einen Gegenstand, der Aufmerk-
samkeit verdient, zu empfehlen, daß sie mehrere Schiff-
Chirurgos auf ihre halbe Soldliste setzen.

Ein Versuch dieser Art kann für solche Beförderer
nicht anders als rühmlich ausfallen; und da durch die-
ses Mittel so viele würdige Praktiker in ihrem öffent-
lichen Dienst gesichert werden, so ist es einleuchtend
genug, daß dieß am Ende zum sichern Vortheil von
Großbritanien ausfallen müsse.



Notes
*).
[Seite 349]

Der Leser darf sich bey dieser Anzahl nicht vorstellen,
daß 1214 verschiedne Personen als Kranke von den
Schiffen abgeschickt worden: denn unser ganzes Schiffs-
volk stieg nie über 1800; sondern wir nehmens so, daß
binnen der gedachten Zeit der nemliche Mann, der
[Seite 350] erst nach dem Hospital gebracht, der curirt und wie-
der zurückgeschickt worden, nachher abermals ins
Spital kommen, es sey wegen eines Recidivs, oder
daß er mit einer andern Krankheit befallen worden. –
Die nemliche Bemerkung gilt auch in Folge bey jeder
solcher Gelegenheit.

*).
[Seite 355]

Essay p. 78.

**).
[Seite 355]

In meinen Spital-Nachrichten ist ein Unterschied
zwischen gallichten und fäulichten Durchfällen ge-
[Seite 356] macht. In den ersten von beyden findet sich immer
Hitze und ein gewisser Grad von Entzündung übern
ganzen Körper, besonders in den Därmen, mit einem
vollen Pulse. In den letztern hat der Patiente Frost,
die Haut ist feucht und der Puls schwach. Und was
gemeiniglich noch den Unterschied machte, war, daß
bey den gallichten Durchfällen die Galle unverdorben,
und keinesweges faulicht war, welches sich hingegen
im andern Fall fande.

*).
[Seite 357]

Er klagt dabey immer über Schmerz in einer oder
in beyden Schultern.

*).
[Seite 360]

Diese Bemerkung wird auch in jeden andern Landen,
das mit dergleichen Früchten versehen ist, von Nutzen
seyn. Man sehe die letzte Ausgabe von D. Linds
Buch vom Scorbut, p. 541. wo meine Beobachtun-
gen über diesen interessanten Gegenstand weiter ausge-
führt sind.

*).
*).
*).
[Seite 366]

Alle Regiments Wundärzte sind auf halben Sold
eingeschrieben.



Ives, Edward. Date:
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