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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band
auf das Jahr 1815.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

London.

[Seite 929]

An Epitome of the natural History of In-
sects of New Holland. New Zealand, New
Guinea, Otaheite,
and other Islands in the
Indian, Southern, and Pacific Oceans: includ-
ing the Figures and Descriptions of 153 Spe-
cies of the more splendid, beautiful, and in-
teresting Insects of those countries etc. arranged
according to the Linnaean System etc. By
E. Donovan F.L.S.
1805. 41 meisterhaft ge-
zeichnete und sorgfältigst ausgemahlte Kupfertafeln
mit 13⅓ Bogen Text.

Es begreift sich wohl von selbst, was sonst auch
schon eine noch so allgemeine Uebersicht der Ge-
schichte der Naturgeschichte
lehrt, wie genau
[Seite 930] immer der Umfang dieser Wissenschaft und ihr Zu-
wachs womit sie in gewissen Perioden so zum Wun-
der schnell und mächtig bereichert worden, in Ver-
hältniß zu dem gleichzeitigen Umfang und der Er-
weiterung der Erdkunde stehen muß.

Bey allen hohen Verdiensten der classischen Na-
turforscher des Alterthums als Väter der Wissen-
schaft und edelste Muster in derselben, ergibt sich
doch die Beschränktheit ihrer Naturgeschichte schon
aus der Beschränktheit ihrer Erdkunde, des so ge-
nannten orbis vetus, – so wie hingegen ander-
seits in den Annalen der Naturhistorie keine größern
Epochenmachenden Ereignisse genannt werden können
als daß Isabella von Castilien den vierten, und
Georg III. von Großbritannien den fünften Welt-
theil entdecken lassen. Die beiden neuen Erdtheile
lieferten der Naturgeschichte zwey neue Schöpfungen,
wovon zumahl die auf Neu-Holland – als dem
Continent des fünften Welttheils – so ergiebig an
wunderbaren, gleichsam abenteuerlich gebildeten Thie-
ren und Gewächsen ist, daß manche kühne Natur-
forscher wie Darwin (selbst schon vor Entdeckung
des paradoxen Schnabelthiers) sie aus wilder Ba-
stardmischung der fremdartigsten Geschöpfe ableite-
ten – ungefähr wie sich die Alten ihr semper ali-
quid novi Africam afferre
erklärten; andere aber
wie der kürzlich verstorbene genialische Hacquet gar
auf den Einfall geriethen, ob nicht das ganze Neu-
Holland weiland ein eigener kleiner Planete gewesen
seyn könnte, der, wer weiß durch welche Pertur-
bation, aus seiner Bahn nach unsrer Erde herge-
schleudert worden, und so mit sammt seiner wunder-
sam geformten Schöpfung, die einmahl nicht von
dieser Welt zu seyn scheine, hienieden auf der
Südsee sitzen geblieben!

Ueber die übrigen Classen der Zoologie von Neu-
Holland und den Südsee-Inseln war nach und nach
[Seite 931] schon mancherley bekannt gemacht. Die Entomo-
logische Ernte aber blieb Hrn. Donovan vorbehal-
ten, der sich schon durch ähnliche treffliche Arbeiten
dazu legitimirt hatte; daher denn auch das vor uns
liegende Werk ganz in der gleichen Manier und Form
wie die beiden frühern desselben Verfassers, über
die Chinesischen und Indischen Insecten, gearbeitet
ist. Herr D. ist Mahler, und es scheint anmerkens-
werth, daß gerade die Insectenkunde seit ihrer ersten
wissenschaftlichen Gründung, das heißt seit Erfin-
dung der Microscope – als ohne deren Hülfe dieses
Feld der Naturgeschichte schwerlich bearbeitet werden
konnte, mehr als irgend ein anderer Theil dieses
Studiums von Mahlern aufs fruchtbarste bearbeitet
worden, von welchen es kaum nöthig ist, die ver-
dienten Nahmen Goedart, Admiral, Rösel, Klee-
mann, Sepp, Schellenberg
und Sturm anzu-
führen.

Die hier gelieferten 153 Gattungen von Austra-
lischen Insecten waren größtentheils noch völlig
nondescript oder wenigstens bisher unfigured.
Da sie sämmtlich nach Originalen in Englischen Samm-
lungen abgebildet sind, so ist freylich nichts über
ihre Lebensweise oder wahre Naturgeschichte im
engern Sinne des Worts hier zu erwarten, sondern
bloße Naturbeschreibung. Doch gibt auch diese zu
mancherley fruchtbaren Bemerkungen Anlaß, nah-
mentlich zur Bestätigung der gedachten anomalischen
Eigenthümlichkeiten der Neu-Holländischen Ge-
schöpfe, wie z.B. um nur Eins anzuführen, ein
Nachtschmetterling (Ph. ocultaria) dessen Flügel
– wie sonst bey so vielen Tagschmetterlingen –
auf der Oberseite unansehnlich, unten hingegen
Prachtvoll gezeichnet sind, ganz gegen die Weise
andrer Phalänen, die bekanntlich ihre schönste Zeich-
nung auf der Oberseite der Flügel tragen.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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