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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1812.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Hanau.

[Seite 1433]

Nachträge zu Bechstein’s Naturgeschichte
Deutschlands,
von Dr. J. Ph. A. Leisler (groß-
herzogl. Frankfurtischem Ober-Medizinalrathe).
Erstes Heft. 1812. 100 Seiten in groß Octav,
mit einem illuminirten Kupfer.

Ein trefflicher Gedanke des verdienten Ver-
fassers, der sich schon durch andere Arbeiten als
einen gründlichen und eifrigen Naturforscher ge-
zeigt hat, seinen Reichthum von einzelnen neuen
Bemerkungen über einheimische Säugthiere und
Vögel in heftweisen Nachträgen zu einem so all-
gemein bekannten Hauptwerke über die Naturge-
schichte derselben, als das Bechsteinische ist, her-
auszugeben. Vier Hefte werden einen Band aus-
machen, und die Kupfer nur solche seltene Deut-
sche Thiere abbilden, von welchen noch keine an-
dere gute Abbildung bekannt gemacht worden.
Und um den Ankauf möglichst zu erleichtern, wird
er selbst manche Kupfer durch genaue und be-
stimmte Beschreibung entbehrlich zu machen su-
[Seite 1434] chen. – Hier dieses erste Heft betrifft größten
Theils eine der schwierigsten Abtheilungen der Or-
nithologie, die Wasservögel; doppelt schwierig,
sowohl wegen ihres Aufenthalts, als weil die mei-
sten derselben, vielleicht alle (sagt Hr. L., und das
ist selbst schon eine wichtige Bemerkung, falls sie
sich bestätigt) zwey Mahl im Jahre die Federn
wechseln.

I. Neue Bemerkungen zur Widerlegung des vor-
geblichen Winterschlafs der Schwalben. – Die
Mauerschwalbe (H. apus) erscheint in der Wetter-
au zu Ende Aprils, und verschwindet schon zu Ende
des Julius. Jener alten Meinung zufolge, müßte
also diese Gattung des Schwalbengeschlechts volle
9 Monathe im Jahre schlafend zubringen, und ih-
ren Winterschlaf in den Hundstagen beginnen. –
Die Uferschwalbe (H. riparia) zieht vier Wochen
später von dannen. Die Uferhöhlen, worin sie
genistet hat, sind von der Zeit an bis zum künf-
tigen Frühjahre leer, und stehen im Herbst und zu
Ende des Winters beym Anschwellen der Flüsse
unter Wasser. Sowohl diese, als auch die Haus-
und Rauchschwalba (H. urbica und rustica), mau-
sern sich während ihrer Abwesenheit, was ebenfalls
der Sage von ihrem vermeinten Winterschlafe ge-
radezu widerspricht. – II. Die Lachmöwe (L.
ridibundus
), genau beschrieben nach ihrem vier-
fachen verschiedenartigen Gefieder: a) vor der er-
sten Mause; b) nach derselben im ersten Herbste;
und die alte c) nach der Frühlingsmause, und d)
nachdem sie im Herbste wiederum ihre Federn ge-
wechselt hat. In letzterem Gefieder zeigt sie sich
als die schönste aller Deutschen Möwen, und ist
dann von manchen Naturforschern für eine eigene
Gattung (L. cinerarius Linn.) angesehen wor-
[Seite 1435] den. – III. Eben so exacte Beschreibung des
viererley Gefieders des L. canus, mit critischer
Sichtung der Irrthümer, worein andere Ornitho-
logen aus Vernachlässigung vieles Unterschiedes in
ihrer Characteristik dieser Gattung verfallen sind. –
IV. Der gemeine Sandläufer (Tringa arenaria
Linn
). Beyläufig gute allgemeine Regeln bey
Bestimmung der Differentia specifica der Vögel.
Z.B. die Farbe des Schnabels und der Füße, die
Linné häufig dazu nutzte, taugt nicht, indem selbige
nicht nur nach dem Alter, sondern auch nach den
Jahrszeiten verschieden ist, und auch bald nach
dem Tode sich ändert. – V. Der dunkelbraune
Wasserläufer (Scolopax totanus Linn.). –
VI. Der aschgraue Strandläufer (Tringa cinerea
Gmel
.). – VII. Vergleichung des Bronchial-
Larynx des vom Verf. in den Annalen der Wetter-
quer Gesellschaft beschriebenen Goldadlers mit dem
des Steinadlers. – VIII. Der kleine Strand-
läufer – aber nicht Linné’s Tringa pusilla, son-
dern eine ganz davon verschiedene, nur von neuern
Naturforschern damit vermengte, Gattung, die er
Tr. Temminckii nennt, und im IX. Nachtrage ge-
nau beschreibt. – X. Der hochbeinige Zwerg-
strandläufer (Tr. minuta), der letztgedachten Gat-
tung ähnelnd, auch in der auffallenden Kleinheit,
aber doch specifisch davon verschieden. – XI. Der
steindrehende Strandläufer (Tr. interpres), einer
der seltensten Deutschen Vögel. – XII. Der
grünfüßige Wasserläufer (Scolopax glottis). Nährt
sich wohl bloß von Fischen; höchstens im Nothfall
von Insecten. – XIII. Beweis, daß Falco ater
eine eigne Gattung ist, nicht ein junger F. milvus.
Jener trefflich abgebildet. – XIV. Die Kalender-
lerche; wohl nicht so selten in Deutschland, als
[Seite 1436] man geglaubt hat. – XV. Der gefleckte Strand-
läufer (Tr. macularia Linn.): wohl bloß in
America einheimisch. Was man in Deutschland
geschossen und dafür angesehen hat, war eine junge
Tr. alpina.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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