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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band,
auf das Jahr 1804.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Göttingen.

[Seite 1321]

Bey Dieterich: Handbuch der vergleichenden
Anatomie, von J.F. Blumenbach.
549 S. in
groß Octav. Mit acht Kupfern. – Der Ver-
fasser, den Neigung und Beruf bestimmt haben,
den größten Theil seiner reiferen Studien und sei-
ner beßten Zeit der Physiologie und Naturgeschichte
zu widmen, hat folglich auch eben so lange die
anatome comparata als die fruchtbarste und er-
giebigste Hülfswissenschaft für jene beiden Discipli-
nen bearbeitet, auch schon seit einer langen Reihe
von Jahren alljährig eigene Vorlesungen über den
ganzen Cursus derselben gehalten, und dadurch das
Seinige beygetragen, Sinn und Eifer für dieses
fruchtbare Studium immer mehr zu erwecken und
zu verbreiten, so wie er dasselbe auch nun durch
die Ausgabe dieses Handbuches, als des ersten,
das je über die ganze vergleichende Anatomie er-
schienen ist, noch mehr zu erleichtern, und selbst
dadurch gemeinnütziger zu machen sucht. Um die-
sen Zweck zu erreichen, kam es bey so einem Hand-
[Seite 1322] buch vor allem auf eine recht überdachte Auswahl
an, um aus dem unübersehlichen Felde gerade das
für Physiologie und Thiergeschichte Belehrendste und
Gemeinnützigste auszuheben. Den Anfang macht
die vergleichende Osteologie, da der Knochenbau der
rothblütigen Thiere nicht nur im genauesten Bezug
mit der übrigen Anatomie, sondern auch mit der
Totalform jener Geschöpfe, mithin auch großen
Theils mit ihrer ganzes Oeconomie und Lebens-
weise, steht. Dann folgt der übrige Bau der
thierischen Organe nach der physiologischen Ordnung
ihrer Functionen, und in jedem Abschnitt wieder
nach den Classen des Thierreichs. Vorzüglich aber
hat der Verf. dabey auf unsere Hausthiere wegen
des großen Interesse Rücksicht genommen, das die
richtige Kenntniß ihres Baues für Landwirthschaft
und Vieharzneykunde haben muß. Bey dem, was
er nicht selbst in der Natur zu untersuchen und zu
sehen Gelegenheit gehabt, sind immer seine Ge-
währsleute angegeben, aber auch ausser dem durch-
gehends sowohl die beßten Abbildungen, als auch
die vorzüglichsten kleinen Schriften, zootomische
Monographien etc. zumahl die, so in periodischen
Sammlungen zerstreut sind, angeführt. Ausser dem
ist besonders auf Reisebeschreibungen, Topogra-
phien und andere für anatome comparata noch nicht
allgemein genug bekannte Quellen, nahmentlich auch
auf die Schriftsteller von Petrefacten, verwiesen. –
So viel von der allgemeinen Einrichtung dieses
Handbuchs. Nun nur einiges Weniges von den
eigenen Bemerkungen des Verf. – So z.B. von
der vielfachen auffallenden Analogie im Baue des
Hasen mit dem der wiederkäuenden Thiere mit ge-
spaltenen Klauen. Aber unter 20 verschiedenen
Beyspielen von vorgeblichen gehörnten Hasen, die
[Seite 1323] man seit der Mitte des 16. Jahrhunderts hin und
wieder in Europa, und auch aus Ostindien, beschrie-
ben und abgebildet, findet der Verf., bey criti-
scher Prüfung, auch nicht ein einziges glaubhaft. –
Merkwürdige Absorbtion der Hirnschalenknochen an
den mit der Drehkrankheit behafteten Schafen (den
so genannten Seglern). – Wie die Menge der
Rückgratswirbel bey den rothblütigen Thieren mit
der Größe und Stärke ihrer äussern Bewegungs-
werkzeuge im umgekehrten Verhältniß steht. –
Sonderbar, aber zweckmäßig, plattgedrückte Flü-
gelknochen der Pinguine. – Ueber die sehr ver-
schiedenartigen Steine und andere dergleichen Con-
cremente im Darmcanal der Pferde. – In einer
Menge hydropischer Wasserblasen, womit viele Cin-
geweide einer Simia cynomolgus besetzt waren, fand
der Verf. unter starker Vergrößerung eine zahl-
lose Menge microscopisch kleiner, mit Hakenkranz
versehener, Blasenwürmchen, die frey in der Lym-
phe lagen, womit jene großen Blasen gefüllt wa-
ren. – Von dem Kehlsack, der den männliche
Trappen auszeichnet, hat der Verf. bey der Trapp-
henne, welches der Dr. Bloch auch dergleichen zuschrieb,
keine Spur gefunden. – Den Bau des Herzens
der Landschildkröten, worüber selbst Morgagni noch
zweifelhaft war, hat er in der Hauptsache gerade
eben so gefunden, wie in den Seeschildkröten. –
Ein wahres Ohrläppchen, so wie beym Menschen,
scheint sich an keinem andern Säugethier zu fin-
den. – Vermuthungen über den Zweck des
Sömmerringischen Centrallochs der Retina, das
der Verf. bey zwey Gattungen von Assen, die er
frisch zergliedert, aber nie bey einem Thier gefun-
den, dessen Augen nicht in parallelen Axen liegen. –
Deutliche Beschreibung und Abbildung des wunder-
[Seite 1324] bar gewundenen doppelten Uterus im Opossum, das
er neuerlich zu öffnen Gelegenheit gehabt. – Ein
neues Argument gegen die vorgebliche Präexistenz
präformirter Keime im weiblichen Eyerstocke, her-
genommen von der ausnehmenden Fruchtbarkeit man-
cher Hausthiere in Vergleich der viel geringern bey
ihren wilden Stammrassen. – Ueber den ver-
muthlichen Nutzen der so räthselhaften bursa Fa-
brien. – Die ganz wunderbare Formwandlung
der Nachgeburt des Igels während der verschiede-
nen Perioden des Trächtigseyns. Auch durch Ab-
bildungen erläutert. – Vergleichung der vesicula
umbilicalis
der frühzeitigen menschlichen Embryo-
nen mit der tunica erythroides mancher andern
ungebornen Säugethiere, und der Dotterhaut des
bebrüteten Küchelchens. – Auch bey unreifen Land-
eidechsen, die der Verf. aus dem Eye genommen,
hat er eben die sonderbare Spalte der Regenbogen-
haut gefunden, wie beym bebrüteten Hühnchen;
also gerade bey solchen Thieren, denen hingegen die
membrana pupillaris abgeht. – Bey wieder-
hohlten microscopischen Beobachtungen glaubt er den
wirklichen Uebergang des Dotters aus den wunder-
schonen vasis vitelli luteis in die nach dem Küchel-
chen laufenden Blutadern deutlich gesehen zu haben.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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