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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1802.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Islington (bey London).

[Seite 433]

A Cabinet of Quadrupeds, by J. Church.
Surgeon
. Dieß ist die Aufschrift der Umschläge eines
theuern, aber überaus schönen, zoologischen Bilder-
buchs, wovon wir 26 Hefte in groß Quart vor uns
haben; bis jetzt noch ohne Haupttitel. Jeder Heft
hält zwey Kupfer mit einigen Blättern Text, und
kostet auf großem Papier 2 Thaler 8 Ggr., auf
kleinem, die Hälfte. Offenbar ist das ansehn-
liche Werk nicht zum wissenschaftlichen Gebrauch
für Naturforscher, sondern zu einer allerdings
nützlichen und angenehmen Unterhaltung für be-
mittelte Liebhaber und für die reiche Jugend be-
stimmt. Das zeigt schon der Text, der keine
genaue oder ausführlichere Naturbeschreibung, son-
dern allerhand, meist interessante, Notizen von
der Lebensweise, Benutzung etc. der abgebildeten
einheimischen und exotischen vierfüßigen Säugthiere
enthält: größten Theils freylich aus sehr bekann-
ten Quellen, wie Büffon, Bomare, Pennant,
Bewick, Goldsmith, Obsonville, Sparrman
etc.
[Seite 434] Doch kommen hin und wieder auch manche nicht
gemeine Nachrichten, zumahl über die Hausthiere,
vor, wovon wir einige ausheben. – Ein Wid-
der von Lincolnshirer Zucht wird gewöhnlich mit
50 Guineen bezahlt. – Man rechnet, daß jähr-
lich für zwey Millionen Pf. Sterl. Wolle in Eng-
land geschoren wird, die, wenn sie verarbeitet
ist, für sechs Millionen Ware liefert. – Für
einen wunderschönen Englischen Bullen und Kuh
wurden vor 12 Jahren dem Besitzer vergebens tau-
send Guineen geboten. – Kaninchenzucht, ins
Große getrieben, könne in England über 300 Pro-
cent abwerfen. – Im Jahr 1763 wurden in ei-
ner einzigen Peltereyversteigerung der Hudsonsbay-
Compagnie 54,670 Biberfelle verkauft. – Eine
Menge Nachrichten von berühmten Englischen
Rennpferden.

Auf den ausnehmend saubern Kupfern werden
nicht (wie es freylich zum wissenschaftlichen Ge-
brauch am zweckmäßigsten ist) die bloßen Thiere
und in Ruhe, sondern viele in Action und mit man-
cherley zur bloßen Zierde dienenden Beywerken vor-
gestellt, wodurch freylich das Werk gar sehr ver-
theuert worden. So muß man z.B. auf dem Blatt
mit dem Frettelchen auch einen Rattenfänger nebst
seinem Esel und Hund, eine Englische granary, ein
Taubenhaus etc. mitbezahlen. Die Abbildungen
der Thiere selbst sind, was die Treue und Natur
betrifft, von sehr ungleicher Güte. Manche von
den ausländischen sind sehr verfehlt, offenbar nach
schlechten Mustern copirt. So z.B. das Ichneu-
mon, Nilpferd, Kamel, die Giraffe, der Ele-
phant etc. Andere sind aber nach dem Leben, und
größten Theils vortrefflich ausgefallen, so das
Wolverene (Ursus luscus), das Hr. Ch., so wie
[Seite 435] Büffon und Pennant, mit dem Vielfraß für einer-
ley nimmt, der Biber u.a.m. Vor allen aber
zeichnen sich viele der vorzüglich in England ge-
zogenen Hausthiere aus, deren meisterhafte Vor-
stellungen auch den Naturforschern sehr willkom-
men seyn müssen. So z.B. ein Bulle von der
Warwikshirer Zucht, ein Pferd von der ausser
England wenig bekannten starken und schönen
Raße der so genannten dray horses. so unter
den Hunden ein echter Terrier, ein eigentlicher
Bullenbeisser und dergl. m.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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