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über die
natürlichen Verschiedenheiten
im
Menschengeschlechte.

Nach der dritten Ausgabe und den Erinnerungen des
Verfassers übersetzt, und mit einigen Zusätzen und
erläuternden Anmerkungen herausgegeben
von
Johann Gottfried Gruber

Doktor der Philosophie.

Mit Kupfern.

Leipzig,
bey Breittopf und Härtel
1798.
[titlePage_verso]
NIEDERS.
STAATS- U. UNIV.-
BIBLIOTHEK
GÖTTINGEN

[Seite III]

Seiner
Hochwürdigen Magnifizenz
dem Herrn
Vize-Präsidenten Herder
in Weimar
aus
innigster Verehrung
gewidmet
.

[interleaf]

[Seite V]

Gewiß ist es, wenn auch nicht eben für
den Naturforscher von Profession, welcher
ein so trefliches Original wohl mit keiner
Uibersetzung vertauschen möchte, so doch für
den Naturliebhaber, ein weder unangeneh-
mes noch ungewünschtes Geschenk, was ich
ihm hier übergebe. Uiberhaupt hoffe ich
auf keinen Fall wegen Uibertragung dieses
Werks getadelt zu werden, es müßte denn
die Ausführung desselben Tadel verdienen.
Denn abgerechnet das Interesse, welches
die behandelte Materie, für den philosophi-
schen Geschichtsforscher der Menschheit, ja
gewissermaßen selbst für den bloßen Univer-
salhistoriker hat, wüßte ich auch überhaupt
keine, welche für den Menschen als solchen
wichtiger seyn könnte. Ich getraue mich zu
behaupten, und was sich von selbst versteht,
mit Beweisen zu belegen, daß in Europa
allgemeine Duldung, ächte Humanität, nie
[Seite VI] so verbreitet gewesen sind, als seit die Be-
handlung dieser Materie von einigen Schrift-
stellern, welche Einfluß auf das Publikum
hatten, auf die Bahn gebracht worden ist.
Und, wie natürlich, unvermerkt erweiterten
sich die vorher engen Begriffe über Charakter
und Werth der Menschheit. Indem man, erst
die verschiedenen Veränderungen durchgieng,
welche der physische Mensch erfahren konnte,
gewöhnte man sich schon, ihn nicht so einsei-
tig mehr zu nehmen, als leider es vorher
geschehen war. Und als man dann den
Ursachen nachspürte, welche diese Verän-
derungen hervorgebracht hatten, und sie in
Klima, Nahrungsmitteln und andern ähn-
lichen Dingen fand, – dabey aber, durch
eine natürliche Verbindung der Ideen, auch
immer mehr einsehen lernte, welchen mäch-
tigen Einfluß dieses hinwiederum auf den
Geist, dessen mehrere oder geringere Aus-
bildung, und dann selbst mittelbar auf
Moralität und Religion habe, fieng man
nach gerade an, zu fühlen, daß man sich
[Seite VII] selbst verächtlich, und wenigstens einer
Gedankenlosigkeit verdächtig mache, wenn
man fortführe, Menschen etwas zuzurech-
nen, was wir bey einer nur etwas anders
modifizirten Lebensweise, und unter einem
andern Himmelsstriche ebenfalls thun wür-
den – oder in ihrer äußern Bildung von
uns abweichende Brüder als Lastthiere zu
betrachten, da es wiederum nur auf einige
zufällige Umstände ankommt, um vielleicht
unsere Urenkel schon mit derselben Bildung
zu sehen. Genug die Erörterung dieser
Frage war ein äußerst schöner Kommen-
tar über den Text: ‘„alle Menschen sind
Brüder!“’ welcher jeden an die vergeßnen
Worte aus dem Katechismus: ‘„du sollst
deinen Bruder lieben wie dich selbst“’ neuer-
dings heilsam erinnerte.

Allein es gab da Leute, und unter die-
sen ist auch der Toleranzprediger Voltaire,
welchen das Ansehen des Katechismus ein
großer Dorn in den Augen war. Das hätte
er nun immerhin seyn mögen, nur hätten sie
[Seite VIII] nicht deshalb alle Resultate einer vernünfti-
gen Geschichtsforschung, und nebenbey auch
der Physiologie, Physik, Chemie u. s. um
stoßen sollen, wie dies z.B. Voltaire –
freylich mit aus dem Grunde, weil er nicht
sonderlich darin bewandert war – that.
Nichts aber wird so abgeschmacktes oder al-
bernes behauptet, das, wenn es ein großer,
oder vielleicht auch nur namhafter Gelehrter
(oft wohl wider eigne Uiberzeugung) gesagt
hat, nicht wenigstens ein Dutzend Jünger
aus leidigem Drange – doch auch etwas
zu sagen, und etwas recht Genie verrathen-
des zu sagen – nachbeten sollten.

So gieng es auch hier. Indeß ist nichts
so schlimm, das nicht auch seine guten Folgen
hatte, und es gab noch immer Mittel, die
Sklavenhändler – gepriesen sey der britti-
sche Aedelsinn und die brittische Regierung,
welche sie dulden! – aus ihrem Schlum-
mer zu erwecken. Genug es bestätigte sich
auch hier, daß man eine Wahrheit nur be-
zweifeln oder abläugnen dürfte, wenn sie
[Seite IX] über kurz oder lang sich in einem neuen
Glanze, und von einer vorher vielleicht über-
sehenen Seite zeigen soll.

Unter den mancherley Gelehrten von
verschiedenen Nationen, welche die Einheit
des Menschengeschlechts zu vertheidigen such-
ten, meist Männern von nicht geringer Be-
deutung, trat unter uns auch Herr Hofrath
Blumenbach auf. Im Jahr 1776 erschien
sein erster Versuch über diese Materie, wel-
cher schon nicht mehr als Versuch im Jahr
1781 neubearbeitet ins Publikum kam. Man
kann schon daraus beurtheilen, wie viel die
zweyte Auflage vor der ersten voraus haben
muß, wenn ich sage, daß in dieser der Herr
Verfasser von der damals so beliebten Ein-
schachtelungshypothese anhebt, in jener aber
schon vorläufig von dem Bildungstriebe, –
zu dessen Hauptvertheidiger ihn vorerst der
unerwartete Erfolg eines Versuchs (mit ei-
nem grünen Armpolypen) machte, den er
recht in der Absicht angestellt hatte, um die
Richtigkeit jener Evolutionstheorie zu erwei-
[Seite X] sen – ausgeht. Uibrigens noch sehr erwei-
tert, bleibt aber dennoch diese zweyte Ausga-
be in Plan und Darstellung der ersten ähnlich.

Nach vierzehn Jahren aber, 1795, er-
schien die dritte Ausgabe von diesem Werk.
Man weiß, daß der Herr Verfasser keiner
von jenen ist, die um eine einmal gesagte
Meinung zu behaupten, lieber aller Wahr-
heit Hohn sprechen; man weiß, daß sein
philosophischer Forschungsgeist nicht ge-
wohnt ist, die Sachen von der Oberfläche zu
greifen, sondern immer ins Innere derselben
dringt; man weiß, daß sein Fleiß keine
Mühe, wie groß sie sey, scheut, wenn, es
gilt eine neue Wahrheit zu entdecken, oder
eine verkannte in ihr wahres Licht zu setzen,
– und jedermann endlich kennt seine streng
logische Darstellungsweise. Uiberdieß mit
einer Menge der ausgesuchtesten Hülfsmit-
tel, seinem und des Göttinger Museums
anthropologischem Vorrathe, häufiger Av-
topsie, u.a. ausgerüstet, wie konnte diese
Ausgabe da anders werden, als:

[Seite XI]
‘„innumeris modis aucta, emendata et ad
                    ipsam naturam perfecta
“’

wie sie der Herr Verfasser selbst nennt, und
welche Worte um so mehr Gewicht erhal-
ten, je bescheidner dieser Gelehrte sich stets
gezeigt hat.

Von dem darauf verwandten Fleiße
des Verfassers kann folgendes, was er in
seinen Beyträgen zur Naturgeschichte
S. 71. dem Herrn Hofrath Meiners auf ge-
wisse Einwendungen entgegnet, als eine klei-
ne Probe dienen:

‘„Ich habe zu diesem Zweck“’ (den Ge-
brauch der Reisebeschreiber, und anderer
fähigen und glaubwürdigen Zeugen bey
dieser Untersuchung zu benutzen) ‘„etwas
gethan, was vielleicht nicht viele thun, daß
ich, nachdem ich ihrer scholl eine Menge
gelesen hatte, vor ohngefähr zehn Jah-
ren anfieng, die ganze sehr beträchtliche
Sammlung von Reisebeschreibungen
auf der hiesigen Universitätsbibliothek
von vorne bis zu Ende durchzugehen,
[Seite XII] so daß ich mehrere Jahre hindurch im-
mer ein halbes Dutzend nach dem andern,
so wie sie der Ordnung nach im Fache
folgten, zu Hause hatte, und die, so ich
nicht vorher schon benutzt hatte, zu mei-
nem Gebrauch excerpirte, so daß ich nun
seitdem blos die immer neu hinzukom-
menden gelegentlich nachzuholen suche.“’

Die unerwartete Gütigkeit des Herrn
Hofrath Blumenbachs selbst, womit die-
ser würdige Gelehrte – was in Israel sel-
ten funden wird – mir nicht allein die Er-
laubniß dies Werk zu übertragen, sondern
auch so manche zu benutzende Bemerkung
mitgetheilt hat, muß ich hier zugleich mit
rühmen. Habe ich vorher ihn bloß verehrt;
so hat er mich jetzt auch gezwungen ihn zu
lieben, und ich wünsche nichts so sehr, als
Gelegenheit, ihm dies irgend thätig zu be-
weisen. Dem Herrn D. Ludwig statte ich
ebenfalls meinen Dank für die gütige Unter-
stützung mit Hülfsmitteln, deren ich bey die-
ser Arbeit bedurfte, hier öffentlich ab, eine
[Seite XIII] Unterstützung, die man in Leipzig um so
mehr zu schätzen hat, je stiefmütterlicher diese
alma mater die öffentlichen Bibliotheken
verabsäumt, und – wer sollte es glauben!
– an ein Naturalienkabinet gar nicht ge-
dacht hat.

Und so hatte ich jetzt nun nichts mehr zu
sagen, als die Angabe einiger Gründe, wel-
che mich einige kleine Nebensachen – wenn
es anders welche sind – beyzufügen, be-
wogen haben.

Aus der ersten und zweyten Ausgabe
manche wichtige Stelle noch auszuheben, ha-
be ich um so nothwendiger erachtet, je selt-
ner beyde geworden, und im Buchhandel
gar nicht mehr zu finden sind. So habe ich
auch daraus z.B. das os intermaxillare
nachstechen lassen, denn außerdem, daß es
für meine Leser sehr erläuternd seyn wird,
werde ich auch denen keinen unangenehmen
Dienst dadurch erwiesen haben, welche we-
gen demselben bey Herder, Feder, Meiners,
Ludwig und andern, auf Blumenbachs
[Seite XIV] Schrift hingewiesen, es in der dritten Aus-
gabe nicht gefunden haben würden, und doch
die älteren nicht bekommen können. Dieses
aber glaubte ich um so mehr, da es mir ehe-
mals selbst so ergangen ist. Warum ich das
menschliche Skelett habe beyfügen lassen,
darüber brauche ich aber, nach meiner obi-
gen Erklärung, wohl weiter nichts zu sagen.

So sehr übrigens diese Arbeit selbst mich
schon dadurch reichlich belohnt hat, daß ich
durch die so glücklich war, einem unserer ge-
schätztesten Gelehrten bekannt zu werden; so
sehr soll es mich doch noch freuen, wenn ich
hören sollte, daß sie seinen Beyfall nicht
gänzlich verfehlt. Leipzig zur Ostermesse
1798.

Gruber

.

An
Herrn
Baronet Joseph Banks
,
Präsidenten der königl. Soc. zu London.

[Seite XV]

Mehr als Ein Grund bewegt mich, Ihnen
diese Schrift zu widmen.

Denn, abgerechnet das Vergnügen, wel-
ches ich darin finde, Ihnen das Gefühl meiner
Dankbarkeit für jene, seit ich Ihnen genauer
bekannt wurde, so vielen mir aufgelegten Ver-
bindlichkeiten, einmal öffentlich erkennen geben
zu können; so verdankt auch gerade die gegen-
wärtige Ausgabe dieses neubearbeiteten Werks,
die vortreflichsten Zusätze, und merkwürdigsten
Verzierungen, wodurch sie die vorhergehenden
Übertrift, größtentheils Ihrer Güte.

Denn außerdem, daß Sie seit mehrern
Jahren her weder Mühe noch Kosten gespart
[Seite XVI] haben, meine Sammlung der Hirnschädel ver-
schiedener Völker mit solchen Stücken zu berei-
chern, nach welchen mich gerade am allersehn-
lichsten verlangte, mit Hirnschädeln nämlich
von Amerikanern und Insulanern des Süd-
meers, erlaubten Sie mir, als ich vor drey
Jahren in London war, noch besonders mit der-
selben edelmüthigen Uneigennützigkeit, mit wel-
cher Sie unserm Gärtner einst Ihre Baum-
schule, andern andere Reichthümer Ihres Mu-
seums zu benutzen verstatteten, von allen für
das Studium der Anthropologie gesammelten
Schätzen, womit Ihre Bibliothek prangt, als
der Gemählde, der von den besten Künstlern nach
der Natur selbst gezeichneten Abbildungen auch
einen so gänzlich uneingeschränkten Gebrauch,
daß ich mir Kopien davon machen, von allem
nach Belieben Abschrift nehmen, und also mit
so vielen und so wichtigen Hülfmitteln versehen,
zu einer neuen Auflage meines Werkes schreiten
konnte, so daß ich es nun ohne Verdacht von
Pralerey unendlich vermehrt, verbessert und
nach der Natur selbst vollendet zu nennen wage.

Nehmen Sie also diese kleine Schrift, wo-
von ein großer Theil Ihr Eigenthum ist, und
welches Ihnen auch deshalb nicht unange-
nehm seyn wird, weil es einen, zwar an Wich-
tigkeit keinem andern nachstehenden, doch aber
[Seite XVII] zum verwundern, unter allen am längsten ver-
nachläßigt und unbearbeitet gelegenen Theil
der Naturgeschichte in Ordnung bringt, ge-
fällig an.

Dem unsterblichen Linnée bleibt auch dies
Verdienst, daß er, so viel ich weiß, unter den
Schriftstellern über die Naturgeschichte, der
erste gewesen, welcher schon vor sechzig Jahren
in der Hauptausgabe seines Systems der Na-
tur, die Menschengattung nach den äußern
Kennzeichen unter gewisse Varietäten zu brin-
gen sich bemüht hat; und dies zwar nach der
Kenntniß der damals nur bekannten vier Theile
unsers Erdwasserballs und deren Bewohner,
ziemlich adäquat.

Nachdem aber seit der von Ihnen
unternommenen dreyjährigen Erdumseglung
die Liebhaber der Naturgeschichte und An-
thropologie eine genauere Kenntniß von denen
auf den Inseln des Südmeers weit und breit
verstreuten Völkerschaften bekamen, sah man
leicht ein, daß jene linnéesche Eintheilung des
menschlichen Geschlechts nun nicht länger an-
wendbar seyn könne; weshalb ich denn auch
kein Bedenken getragen habe, in diesem Werk-
chen, nach anderer Beyspiel von dem großen
Manne darinn abzugehen, und die Varietäten
der Menschen der Natur und Wahrheit, welche
[Seite XVIII] hauptsächlich durch Ihre Sorgfalt und äußerst
genaue Beobachtung uns bekannt gemacht wor-
den ist, gemäßer zu ordnen.

Ja sogar im Allgemeinen achtete ich es für
Forscher der Zoologie nützlich und vortheilhaft,
Linnées Methode, die Säugthiere nach dem
Verhältniß der Zähne zu ordnen, welche eben-
falls zu der Zeit, wo er sie aufstellte, tauglich
genug war, aber jetzt, nachdem so viele und so
wichtige neue Gattungen dieser Ordnung ent-
deckt worden sind, sehr mangelhaft ist, und
ungeheuer viel Ausnahmen erfordern würde, zu
verlassen, und statt jenes künstlichen Systems,
ein natürlicheres von dem ganzen Habitus der
Säugthiere hergenommenes, aufzustellen.

Denn wiewohl ich ganz nicht der Meinung
jener bin, welche sich, besonders in neuerern
Zeiten, in ihrem Gedankenspiele von, ich weiß
nicht welcher Stetigkeit oder Stufenfolge der
Natur, wie sie es nannten, so wohl gefielen,
daß sie des Schöpfers Weisheit und der Schö-
pfung Vollkommenheit darinn suchten, daß die
Natur, wie sie sagen, keinen Sprung mache,
sondern die Naturdinge aus allen drey Reichen
in Ansehung ihrer äußern Bildung gegenseitig
wie die Stufen an einer Leiter, oder die Glie-
der und Ringe an einer Kette auf einander fol-
gen: da doch denen, welche vorurtheilsfrey
[Seite XIX] und ernstlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet,
das; es sogar einerseits im Thierreiche ganze
Ordnungen, als der Vögel, oder Gattungen,
z.B. der Blakfische (Dintenfische, sepiae)
gebe, welche sehr übel, und nur durch gewisse
Affektation in einem solchen Schema der Stu-
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-
barten verbunden werden; anderer Seits aber
sich Thierarten finden, z.B. die Schildläuse
(cocci), wo zwischen der Beschaffenheit beyder
Geschlechter ein so großer Unterschied eintritt,
daß man, um sie in eine solche Leiter zu passen,
die Männchen von ihren Weibchen sehr weit
entfernen, und die verschiedene Geschlechter von
einerley Art an ganz verschiedenen Orten an-
bringen müste; daß es aber im Gegentheile in
diesen Schematen unläugbar sehr große Lücken
gebe, wodurch die Naturreiche sich am offen-
barsten von einander unterscheiden; und ande-
res der Art mehr; wiewohl, sage ich, alles
recht erwogen, ich jene gewöhnliche von den
Physikotheologen insgemein ausgeschmückte und
gepriesene Wichtigkeit und Würde in der Lehre von
der Stufenfolge der Natur auf keinen Fall an-
erkennen kann, so gebe ich doch sehr gern das zu,
daß diese metaphorischen und allegorischen Spie-
le einen unläugbaren Nutzen für die Erleichte-
rung der Methode in der Naturgeschichte haben.

[Seite XX]

Denn sie legen gleichsam den Grund für
jedes natürliche System, worin die Dinge nach
ihrem Totalhabitu und den äußern Eigenschaf-
ten, in denen sie gegenseitig am allermeisten
mit einander übereinkommen, geordnet werden,
da die künstlichen hingegen nur ein einzelnes
Merkzeichen zum Grunde ihrer Eintheilung an-
nehmen.

Da es aber keinem Zweifel unterworfen ist,
daß solch ein natürliches System vorzüglicher
sey, als ein künstliches, weil es die Urtheils-
kraft schärft, und dem Gedächtniß seine Be-
schäftigung ungemein erleichtert; so habe ich
mir um so mehr Mühe gegeben, die Klasse der
Säugthiere auf eine solche Ordnung eines na-
türlichen Systems zurückzuführen, da Linnées
künstliches, von dem Verhältniß der Zähne
hergenommenes, durch die Hinzukunft so vieler
neuerdings entdeckten Gattungen, täglich lästi-
gere Anomalien und Ausnahmen bekäme.

Denn so, um dies wenigstens nur zu be-
rühren, kennen wir jetzt zwey Gattungen vom
Rhinozeros, welche nach ihrem Habitus sich
völlig ähnlich, den Zähnen nach aber so ver-
schieden sind, daß man, um Linnées Systeme
noch zu folgen, die eine Gattung eben so gut
zu den großen Säuge- (belluae), als den
Nagethieren (glires) und die andere zu den
[Seite XXI] Säugethieren ohne Schneidezähne (bruta) rech-
nen müßte!*)

So müßte man denn auch das äthiopische
Schwein ohne Schneidezähne von den übrigen
großen Säugethieren wegbringen, und es zu
Linnées Säugethieren ohne Schneidezähne
rechnen.

Von dem gezahnten afrikanischen Ameisen-
fresser, welcher nun von jener, Linnées Mei-
nung nach, zahnlosen Art; oder von einigen
Faulthieren (lemures), (dem Lori und wollig-
ten indrum et lanigerum), welche aus Erman-
gelung der Zähne, von Linnées Faulthierarten
weggerechnet werden müßten, u.s.w. sage ich
gar nichts.

Dieser Verwirrung, welche für das Stu-
dium der Zoologie unläugbar sehr beschwerlich
wird, habe ich durch folgende festgesetzte zehn
[Seite XII] natürliche Ordnungen der Säugethiere abzuhel-
fen mich bemüht, von welchen mir, weil ihrer
an gegenwärtigen Werke hin und wieder ge-
sucht ist, hier eine Uibersicht zugeben erlaubt
seyn wird.

[Seite XXVI]

Dies und vieles andere, worin ich in dem
Werke, dem ich dies vorsehen zu müssen glaub-
te, hin und wieder von Anderer Meinung ab-
gewichen bin, unterwerfe ich nun mit eben so
viel Ehrfurcht als Achtung Ihrem Urtheil, dem
Urtheil des Mannes, an welchem die königliche
Gesellschaft der Wissenschaften, welche seit ih-
rer ersten Entstehung den goldnen Wahlspruch
führte: ‘„Schwöre auf keines Menschen Wort!“’
einen so würdigen und verdienten Präsidenten
zu haben sich erfreut.

Leben Sie denn wohl, und schenken auch
ferner Ihre Gewogenheit


Ihrem
ganz ergebenen Diener.

Inhaltsverzeichniß.

[Seite XXVII]

Verzeichniß
von dem anthropologischen Vorrathe des Verfas-
sers, dessen er sich bey Vervollkommnerung dieser
neuen Ausgabe hauptsächlich bedient hat.

[Seite 1]

Aus drey Gründen hielt ich es der Mühe werth,
dieses Verzeichniß hier einzuschalten.

Einmal, damit der gelehrte und billige Leser
sähe, mit welchen, und mit wie wichtigen, aus der
Natur selbst hergenommenen, Hülfsmitteln versehen,
ich zu einer neuen Ausgabe dieses Buchs geschrit-
ten bin.

Dann aber auch, um ein Zeugniß meiner Dank-
barkeit aufzustellen für die besondere Milde, mit
welcher meine Gönner und Freunde diesen Vorrath
zum Gedeihen des anthropologischen Studiums bis-
her zu bereichern so gütig gewesen sind.

Und endlich, um zu zeigen, welche mir noch
mangeln, und mit welchen sie, wenn sie ferner
Gelegenheit und Gütigkeit haben, denselben noch
vermehren könnten.


I.
Hirnschädel von verschiedenen Völkern.

[Seite 2]

Eine Auswahl dieser, in Ansehung ihrer Größe
und Verschiedenheit, meines Wissens einzigen Samm-
lung, (denn weder Kampers noch Joh. Himters ähn-
liche können in diesem Betreff ihr gleich gestellt wer-
den,) habe ich in drey Dekaden ausführlicher beschrie-
ben, und mit den genauesten Abbildungen versehen,
wo ich auch von der Gelegenheit und dem Wege,
worauf ich jeden Schädel erhalten Rechenschaft
abgelegt habe. Um den ächten Ursprung eines je-
den zu beweisen, bewahre ich einen, mit diesem
Schatze verbundenen, Apparat eigenhändiger Briefe
auf, welcher statt Dokumente dient. Die einiger-
maßen zweifelhaft oder zweydeutig scheinen können,
stelle ich besonders. Zu gegenwärtiger Untersuchung
gehören:

  • A) Fünf ausgesuchteste Musterschädel der Haupt-
    varietäten des menschlichen Geschlechts.
    • a) von dem Mittelschlage, nämlich der kaukasi-
      schen Varietät.
      • 1) Den Schädel einer Georgerin. Taf. 1.
        Fig. 2. Taf. 2. Fig. 3.
        • (Dritt. Zehnd erläut. Hirnschädel. Taf. 21.)
        • Ein Geschenk des Freyherrn von Asch.
        • Dann zweyer Extreme, nämlich:
    • b) Von der mongolischen Varietät.
      • 2) Eines Rehnthier-Tungusen. (Tungusa
        rangifer
        ) Taf. 1. Fig. 1. Taf. 2. Fig. 2.
        • (Zweytes Zehnd, Taf. 16.)
        • Ein Geschenk des Herrn von Asch.
  • [Seite 3] Und c) der äthiopischen Varietät.
      • 3) Einer guineischen Negerin. Tafel 1.
        Fig. 3. Taf. 2. Fig. 5.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 19.)
        • Ein Geschenk des berühmten Steph. Joh.
          van Geuns, Prof. zu Utrecht.
        • Endlich zweyer Uebergänge (Varietas in-
          termedia
          ) nämlich:
    • d) Der amerikanischen Mittelrasse.
      • 4) Eines karaibischen Fürsten von der Insel
        St. Vinzenz. Taf. 2. Fig. 2.
        • (Erstes Zehnd. Taf. 10.)
        • Geschenk des Herrn Baronet Banks. Und
    • e) der malayischen Varietät.
      • 5) Eines Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 26.)
        • Geschenk von eben demselben.
  • B) Fünf andere Proben auf eben die Weise ge-
    sammelt; als:
    • a) Von der kaukasischen Varietät.
      • 6) Den Schädel eines Natoliers aus Tokat.
        • Ein Geschenk des Herrn von Asch.
    • b) Von der mongolischen Varietät.
      • 7) Eines sinischen Tungusen oder Dauriers.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 23.)
        • Ein Geschenk von demselben.
    • [Seite 4] c) Von der äthiopischen Varietät.
      • 8) Eines Mohren.
        • (Erstes Zehnd. Taf. 8.)
        • Ein Geschenk von Herrn Michaelis, Hes-
          senkasselischem Hofrath und Professor
          zu Marburg.
    • d) Von der amerikanischen Varietät.
      • 9) Eines nordamerikanischen Indianers.
        • (Erstes Zehnd. Taf. 9.)
        • Ein Geschenk von demselben.
    • e) Von der malayischen Varietät.
      • 10) Eines Neuholländers.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 27.)
        • Ein Geschenk des Baronet Banks.
  • C) Zum Erweis für die Scheitelnorm (s. §. 61.)
    • a) Von der kaukasischen Varietät.
      • 11) Den Schädel eines kasanischen Tatarn.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 12.)
        • Ein Geschenk von Herrn von Asch.
    • b) Von der mongolischen Varietät.
      • 12) Eines Jakuten.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 15.)
        • Ein Geschenk von eben demselben.
    • c) Von der äthiopischen Varietät.
      • 13) Eines Mohren.
        • Ein Geschenk von dem berühmten Söm-
          mering, Hofrath und Prof. zu Mainz.
  • [Seite 5] D) Drey andere Proben, woran sich, trotz der, theils
    durch den Gebrauch beym Studiren, theils durch
    Einwirkung einer Krankheit, damit vorgegan-
    genen Umformung, doch der Karakter und Ha-
    bitus der Scheitelnorm deutlich zeigt.
    • a) Von der kaukasischen Varietät.
      • 14) Den Schädel eines Türken.
        • Ein Geschenk von dem Herrn von Asch.
    • b) Von der mongolischen Varietät.
      • 15) Eines Kalmucken.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 14.)
        • Eben so wie der folgende Schädel, ein
          Geschenk des Herrn von Asch.
    • c) Von der äthiopischen Varietät.
      • 16) Eines Mohren.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 17.)
  • E) Dreyerley Schädel, welche zwar von Kindern,
    doch die Scheitelnorm aufs klarste darthun.
    • a) Von der kaukasischen Varietät.
      • 17) Der Schädel eines Judenmädchen.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 28.)
    • b) Von der mongolischen Varietät.
      • 18) Eines burätischen Kindes.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 29.)
        • Geschenk von Herrn von Asch.
    • c) Von der äthiopischen Varietät.
      • 19) Eines eben gebornen Mohrs.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 30.)
        • Ein Geschenk von dem berühmten kassel-
          schen Wundarzt Herrn Billmann.
  • [Seite 6] F) Proben, welche wegen des ausgezeichneten
    Ueberganges, wodurch sie verschiedene Varietä-
    ten des Menschengeschlechts gleichsam mit einan-
    der verbinden, merkwürdig sind: So stehen z.B.
    • α) zwischen der kaukasischen und mongolischen
      Varietät mitten inne
      • 20) der Hirnschädel eines donischen Kosaken.
        • (Erstes Zehnd. Taf. 4.)
        • Dieser und die nächstfolgenden, sind Ge-
          schenke von Herrn von Asch.
      • 21) Eines Kirgis-Kaisaken.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 13.)
      • 22) Ein anderer desselben Stammes, dem vo-
        rigen sehr ähnlich.
    • β) Zwischen der kaukasischen und äthiopischen
      Varietät.
      • 23) Einer ägyptischen Mumie.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. I.)
      • 24) Eines ächten Zigeuners.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. II.)
        • Ein Geschenk von dem berühmten Patoki,
          Arzt zu Clausemburg.
    • γ) Zwischen der mongolischen und amerikani-
      schen Varietät.
      • 25) Eines Eskimo.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 24.)
        • Nebst dem folgenden Geschenk von dem be-
          rühmten Joh. Lorenz.
      • 26) Ein anderer von einem Eskimo.
        • (Drittes Zehnd. Taf. 25.)
  • [Seite 7] G) Schädel, die einst im Kindesalter, durch be-
    sondere Künsteleyen, vergestaltet worden.
    • 27) Eines, wahrscheinlich tatarischen Lang-
      kopfs, (Macrocephali.)
      • (Erstes Zehnd. Taf. 3.)
      • Geschenk vom Herrn von Asch.
    • 28) Einer Karaibin.
      • (Zweytes Zehnd. Taf. 20.)
      • Geschenk vom Herrn von Banks.
  • H) Der übrige Vorrath dieser Art.
    • 29) Der Schädel eines Teutschen.
    • 30) Einer deutschen Frau.
    • 31) Eines jüdischen Jünglings.
    • 32) Eines jüdischen Greises.
    • 33) Eines Holländers.
      • Ein Geschenk von dem berühmten Utrech-
        ter Arzte Herrn Wolff.
    • 34) Eines Franzosen.
      • Ein Geschenk von Herrn Sömmering.
    • 35) Eines Italieners.
    • 36) Ein anderer, von einem Italiener, und
      zwar von einem Venediger.
      • Nebst dem folgenden ein Geschenk von
        dem berühmten Herrn D. Michaelis,
        hannöverischem Feldarzt.
    • 37) Eines Lombarden.
    • 38) Eines alten römischen Soldaten von
      der Leibwache.
      • Ein Geschenk Sr. Eminenz, des Herrn
        Kardinal Steph. Borgia.
    • [Seite 8] 39) Eines sarmatischen Litthauers.
      • (Drittes Zehnd. Taf. 22.)
      • Ein Geschenk vom Herrn von Asch.
    • 40) Die Hirnschale eines alten Cimbriers.
      • Ein Geschenk von Sr. Hochwohlgeboren,
        dem kaiserlichen Hauptkonsul bey den
        Dänen, Herrn Bozenhord.
    • 41) Der Schädel eines Finnen.
      • Geschenk, nebst allen folgenden, bis
        No. 80. von Herrn von Asch.
    • 42) Ein anderer eines Finnen.
    • 43) Einer finnischen Frau.
    • 44) Eines cingarischen Russen.
    • 45) Eines russischen Jünglings.*)
    • 46) Eines russischen Greises.
    • 47) Eines Russen aus Moskau.
    • 48) Eines andern.
    • 49) Eines dritten.
    • 50) Eines vierten.
    • 51) Eines fünften.
    • 52) Einer Frau aus Moskau.
    • 53) Eines Russen aus Sweingorod.
    • 54) Eines jungen Urussers.
    • 55) Eines Russen aus Wenewks.
    • [Seite 9] 56) Eines Russen aus Romanof.
    • 57) Eines andern aus Ribnock.
    • 58) Eines andern aus Ribnist.
    • 59) Eines Kostromers.
    • 60) Einer Krasnoi Cholmerin.
    • 61) Eines Nischnei Nowgoroders.
    • 62) Eines Kurskers.
    • 63) Eines Orlowers.
    • 64) Eines Tataren aus Orenburg.
    • 65) Eines Tataren, (wahrscheinlich aus
      Kasan.)
    • 66) Eines dritten Tataren.
    • 67) Eines vierten.
    • 68) Eines fünften.
    • 69) Eines Tschuwaschiers.
    • 70) Eines Lesghiers.
    • 71) Eines Georgiers.
    • 72) Eines Türken.
    • 73) Eines andern.
    • 74) Eines dritten.
    • 75) Eines Kalmucken aus Orenburg.
    • 76) Eines andern Kalmücken.
      • (Erstes Zehnd. Taf. 5.)
    • 77) Eines dritten.
    • 78) Eines vierten.
    • 79) Eines fünften.
    • 80) Eines sechsten.
    • [Seite 10] 81) Eines Neger-Kreolen aus Neu-York.
      • (Erstes Zehnd. Taf. 7.)
      • Ein Geschenk von Herrn Michaelis aus
        Marburg.
    • 82) Eines Negers von Kongo.
      • (Zweytes Zehnd. Taf. 18.)
      • Geschenk von Herrn von Asch.

II.
Ungemein charakteristische Foetus der Mittelschlags, und
der beyden äußersten Varietäten.

  • a) Von der kaukasischen Varietät.
    • 1) Teutsche Zwillinge verschiedenen Ge-
      schlechts, durch außerordentliche Schönheit
      sich auszeichnend. Vier Monathe alt.
  • b) Von der mongolischen Varietät.
    • 2) Den Fötus eines Kalmucken aus Oren-
      burg, weiblichen Geschlechts, drey Mo-
      nate alt.
      • Ein Geschenk von Herrn D. Kosegarten.
  • c) Von der äthiopischen Varietät.
    • 3) Eines männlichen Negers von fünf Mo-
      naten.
      • Ein Geschenk von dem berühmten Herrn
        Meyer, hannöverischem Archiater.

III.
Bloße Haare und Haupthaare verschiedener Völker.

[Seite 11]

Wiewohl dieses beym ersten Anblick kaum hieher
gezogen werden zu können scheint, so ist doch un-
leugbar, daß auch eine solche Sammlung, wenn sie
durch Mannichfaltigkeit sich auszeichnet, aus jeden
Fall für ein sorgfältigeres Studium der Anthropolo-
gie ihren Nutzen hat. Diese enthält Proben von al-
len fünf Hauptvarietäten des Menschengeschlechts:
und unter diesen ziemlich merkwürdige, von denen
hinten an seinem Orte hin und wieder ist geredet wor-
den, als von dem zweyfarbigen Haupthaar eines
mit weißen Flecken untermischten Nigritiers, wel-
chen ich zu London sah u.a.m.


IV.
Anatomische Präparate.

Der größte Theil hiervon geht auf die Naturge-
schichte des Mohren. In dem Buche selbst habe ich
hin und wieder umständlichere Nachricht davon ertheilt.


V.
Eine Sammlung von Abbildungen verschiedener Völker,
nach der Natur selbst, von geschickten Künstlern, aufs
sorgfältigste gezeichnet.

Es erhellt an sich*) schon, daß ein solcher Ap-
parat, besonders, wenn man ihn immer mit der ge-
[Seite 12] nannten Hirnschädel-Sammlung zusammen hält, zu
den ersten vorzüglichen und untrügbaren Quellen des
Studiums der Anthropologie gehöre; und deshalb ha-
be ich seit zwanzig Jahren mir alle Mühe gegeben,
solcher noch der Natur selbst, und was ein Haupt-
umstand ist, von geschickten Künstlern verfertigten
Abbildungen viele mir zu verschaffen. Zwar findet man
in Reisenbeschreibungen eine Menge ähnlicher Abbil-
dungen; allein sobald man sie unter das Messer der
Kritik bringt, so findet man in der That sehr wenige,
denen man trauen könnte. Denn rechnet man eini-
ge, z.B. die aus Korn. de Brün persischer und indi-
scher Reise, und aus der Erdumsegelung des unsterb-
lichen Kook von ihm selbst beschrieben, und mit den
schönen, von dem berühmten Hodges gezeichneten
Kupfern versehen, hinweg; so wird man leicht fin-
den, daß die übrigen, nur nicht alle, bisweilen
zwar wohl mit sehr glänzenden Kupfertafeln prangen,
welche bey genauerer Besichtigung aber, und einer
Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der
Natur selbst, kaum irgend einen Nutzen für die Na-
turgeschichte des Menschengeschlechts haben. Man
muß also zu diesem Behuf vielmehr andere hie und
da befindliche Abbildungen fremder Völker verglei-
chen, welche man theils in Kupfer gestochen einzeln
herausgegeben, oder zerstreut in Büchern eingeschal-
tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge-
schickten Hand eines Künstlers antrift. Von jenen
habe ich mir eine nicht gemeine Menge angeschaft,
worunter sich hauptsächlich des in dieser Art großen
Künstlers Wem. Hollar geätzte Figuren, und die
nicht gemeinen Blätter der neueren englischen Ku-
[Seite 13] pferstecher auszeichnen, welche jedoch einzeln aufzu-
zeichnen, der Raum dieser Anzeige nicht gestattet.
Indeß dürfte ich doch wenigstens eine Uebersicht von
den merkwürdigsten Handzeichnungen beyfügen:

  • a) Von der kaukasischen Varietät.
    • 1) Ein Türke. Mit Röthelstift zu Berlin
      nach dem Leben gezeichnet, von dem unge-
      meinen Künstler: Dan. Chodowieki, wel-
      cher mir mir dieser Handzeichnung ein Ge-
      schenk gemacht hat.
    • 2) Eine Frau aus Indostan, von einem in-
      dianischen Mahler mit bewundernswürdiger
      Genauigkeit und Feinheit gezeichnet.
      • Ich erhielt es zu London von dem gelehrten
        Herrn Sam. Lysons.
  • b) Von der mongolischen Varietät.
    • 3) Cossim Ali Chan, einst Präsident (Na-
      bob) von Bengalen, der nachher zu Delhi
      ein Priester Muhameds (Faquir) wurde.
      Mit lebendigen Farben von einem muha-
      medanischen (maurischen) Mahler gemahlt.
      • Nebst dem folgenden ein Geschenk des nun
        der Erde entnommenen Baron Braun,
        englischen Residenten zu Bern, ehema-
        ligen englischen Obristen in Indien.
    • 4) Die Gattin des letzten mongolischen
      Kaisers, Scha Allun, welcher im Jahr
      1790 starb. Mit ähnlicher künstlicher Hand
      gemahlt.*)
    • [Seite 14] 5) Das Bildniß eines Kalmucken, Feodor
      Iwanowitsch, zu Rom, wo er mit dem
      glücklichsten Erfolge sich auf die Mahlerey
      legt, von ihm selbst, mit eigner Hand,
      ganz unvergleichbaren Kunst und Geschmack
      und einer Aehnlichkeit zum Sprechen, mit
      schwarzer Kreide gezeichnet.
      • Dies besondere Geschenk erhielt ich von
        Rom, von dem berühmten königlichen
        großbrittannischen Gesandtschaftssekre-
        tär, Tatter.*)
    • 6) Zwey sinesische Schiffer. Zu Wien ge-
      mahlt.
      • Ein Geschenk von Sr. Hochwohlgeboren,
        des Herrn Nik. Jos. von Jacquin, kai-
        serlichem Finanzrath.
    • 7) Ettuiak, ein eskimoscher Zauberer, wel-
      cher in, Jahr l773 von der Küste Labrador
      nach London gebracht wurde.
      • [Seite 15] Dies und das folgende Gemählde ist nach
        der Handzeichnung des Nathan Donce
        im Museum des Herrn von Banks von
        dem trefflichen Londonschen Mahler G.
        Hunnemann abgemahlt.
    • 8) Ein eskimosches Weib, Namens Laubwik
      (welcher Name in der Muttersprache jener
      Barbaren einen einäugigen Bär bedeutet)
      welche mit ebengenannten vorigen von dem
      berühmten Cartwright zugleich nach London
      gebracht wurde.
  • c) Bau der äthiopischen Varietät.
    • 9) Eine Hottentottin aus Amak.
      • Nebst der folgenden ebenfalls aus der
        Bibliothek des Herrn von Banks.
    • 10) Ein waldbewohnender Hottentotte (holl.
      Boschmann) mit Weib und Kind.
    • 11) Eine Hottentottin.
      • Dieses und die vier folgenden Gemählde
        wurden den auf dem Vorgebirge der guten
        Hoffnung nach dem Leben gezeichnet,
        und an Kayser Joseph nach Wien ge-
        schickt. Die sehr sorgfältigen Kopien
        davon habe ich von Herrn von Jacquin
        zum Geschenk erhalten.
    • 12) Karmup, ein Hottentotte aus Amak.
    • 13) Kosjo, ein Hottentotte aus Chonoga,
      an der Grenze des Kaffernlandes.
    • 14) Koba, ein Fürst der Kaffern.
    • 15) Puseka, die Tochter desselben.
  • [Seite 16] d) Von der amerikanischen Varietät.
    • 16) Ein Einwohner der Magellansstraße,
      aus dem Feuerlande.
    • 17) Ein Weib von demselben Volke.
  • e) Von der malayischen Varietät.
    • 18) Zwey neuseeländische Männer.
    • 19) Ein neuseeländischer Fürst.
    • 20) Zwey Jünglinge von demselben Volke.
      • Alle, so wie die Abbildungen der Anwoh-
        ner der Magellansstraße, sind aus der
        Sammlung der Schätze, welche der
        Herr Baronet von Banks von seiner
        Erdumsegelung mitgebracht hat.

Erster Abschnitt.
Von dem Unterschied zwischen dem Menschen
und den übrigen Thieren.

[Seite 17]

§. 1.
Schwierigkeit der Untersuchung.

Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge-
schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen
will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi-
schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden,
muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen
über jene Unterscheidungen, welche den Menschen
und die übrigen Thiere von einander sondern. Da
trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium
der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo-
logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine
Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter
auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge-
wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese
unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit
Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht
die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem
Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak-
teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be-
merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen.
Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten,
dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache
[Seite 18] große Männer frey und offenherzig gestanden, ja
selbst Linné, dieser unsterbliche Mann, der in der
That dazu geboren war, die unterscheidenden Merk-
male an den Gegenständen der Natur zu erforschen,
und um diese systematisch zu ordnen, nennt es in
der Vorrede zu seiner schwedischen Fauna, eine der
schwierigsten Untersuchungen, den eigentlichen spezifischen
Unterschied des Menschen anzugeben;
ja bekennt, daß er kein Merkmal habe ausfindig
machen können, wodurch man den Menschen von
dem Affen unterscheiden könne; und hat es in dem
System der Natur für wunderbar gehalten, daß
der dümmste Affe von dem klügsten Menschen so
wenig abweiche, daß der Marchbestimmer der
Natur noch zu suchen sey, welcher diese Grenz-
scheidungen festsetze; und endlich hat er wirklich
dem Menschen weder ein generisches noch spezifisches
Merkmal beygelegt, sondern ihn im Gegentheil mit
dem langhändigen Affen (Linnés Homo Lar, Gib-
bon) zu einer Gattung gerechnet.

§. 2.
Die gehörige Behandlungsart dieser Materie.

So will ich denn einstweilen das aufzählen, wo-
durch sich der Mensch, wenn ich irgends richtig be-
obachtet habe, von den übrigen Thieren zu unter-
scheiden scheint, wobey ich folgendermaßen verfahren
will, daß ich

1) das aufzähle, was zur äußern Bildung
des menschlichen Körpers;

2) zur innen, Einrichtung,

3) zu den Geschäften seiner animalischen
Oekonomie, gehört;

[Seite 19]

4) was Bezug hat auf die Geistesfähigkei-
ten; welchen ich

5) weniges über die dem Menschen eigenthüm-
lichen Krankheiten beyfügen werde. Und

6) werde ich endlich jene Merkzeichen durch-
gehen, durch welche man insgemein, aber fälschlich,
den Menschen von den Thieren unterscheiden zu kön-
nen geglaubt hat.

§. 3.
Aeußere Bildung.

Hierher ziehe ich auch einige Merkzeichen, welche
zwar zunächst in eine Zusammenstellung des Skelets
gehören, allein sich doch in der äußeren, von jener ab-
hängenden, Beschaffenheit des Körpers zeigen, wo
denn folgende, zumal wenn man sie zusammenge-
stellt betrachtet, eine vollständige Erklärung von der
menschlichen Gattung zu enthalten scheinen:

Hierauf wird man, als auf seine Hauptstücke,
alles übrige, was die Beschaffenheit des menschlichen
Körpers besonderes hat, füglich beziehen können;
und wir wollen daher von jedem einzelnen besonders
handeln.

§. 4.
A) Aufrechte Stellung.

Hier liegt uns der Beweis von zwey Punkten
ob: daß nämlich

[Seite 20]

1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men-
schen passe; und

2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.

Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes
bestätigt a priori der Bau des menschlichen Körpers
selbst, und a posteriori die einmüthige Uibereinstim-
mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters.
Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf
man keines weiteren Beweises als dessen, welchen
man für das Gegentheil anzuführen, und von den
Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse-
ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die-
ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß
man sich keinen andern Zustand des Menschen den-
ken könne, worin er weiter von dem ihm von der
Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin
wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit
ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt
für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten,
als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß-
braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu
gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den-
noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden
Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den
ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich
nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers
berühmten Peters von Hameln1) (Peter the wild
boy, Juvenil Hannoveranus, Linn
.); des Mädchens
[Seite 21] aus Champagne2); des pyrenäischen Mannes3)
und anderer, klar, daß diese Unglücklichen aufrecht
gegangen sind; in der Geschichte der übrigen aber,
welche man gemeiniglich für vierfüßige gehalten hat,
als des irrländischen Jünglings unter den Schaafen
Linn. stößt man auf verschiedenes, was sie sehr
zweifelhaft macht4); ja jener wilde Mensch des
Linné (Homo sapiens ferus, S. N. Ausg. 12. 1ster
Th. S. 28.) scheint in der That mit nicht größerem
[Seite 22] Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu
können.

§. 5.
Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird
aus seiner Einrichtung dargethan.

Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an
sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei-
sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu
lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der
Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer
A. Schrage5), die paradoxen Begünstiger der ent-
gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei-
chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben.

Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten
Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten
Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des
Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem
Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß
kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter-
füße habe6), deren Länge gleich wäre der Länge des
Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver-
schiedener Säugthiere, als des Gibbon Simia lar
und des kapschen Springers (Jerboa Capensis) wi-
derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge-
baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen
Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders,
[Seite 23] als mit den Knien aufgestemmt, kriechen können, ob-
schon ihre Schenkel in diesem zarten Alter in dem schon
benannten Maaße kürzer sind, als bey Erwachsenen.

Allein nicht bloß die Größe, sondern auch die
besondere Stärke der Schenkel, mit den schwächeren
Aermen verglichen, zeigen deutlich, daß diese einzig
von der Natur zur Stütze des Körpers bereitet sind;
was hauptsächlich durch einen aus der Osteogonie
entlehnten Beweist dargethan wird, wo man nämlich
weiß, daß bey einem jüngstgebornen Kinde die Kno-
chen des Vorderfußes und zwar hauptsächlich die
Ferse weit geschwinder hart werden und zur Voll-
kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand,
und das, wie es die Natur der Sache mit sich bringt,
da die zarten Händchen in den ersten Lebensjahren
kaum einige Kraftäußerung nöthig haben, die Füße
aber schon beym Verlauf des ersten Jahres zur Stütze
des Körpers und zum aufrechten Gange geschickt seyn
müssen. Von den starken Muskeln der Wade, haupt-
sächlich des Schienbeinmuskels mit seinen beyden,
durch Sehnen verwachsenen Muskeln (solei musc.
c. gemello suo), c) welche zur Aufrechthaltung des
Menschen so stark und auszeichnend von der Natur
bereitet sind, daß die alten Anthropologen deshalb
mit Aristoteles meinten, man könne dem Menschen
allein wahre Waden zuschreiben, will ich nicht ein-
mal etwas sagen.

Ferner lehrt die ganze Zusammenfügung der
Brust, daß der Mensch auf keinen Fall wie die
Thiere gehen könne. Denn wenn diese langfüßig
sind, ist ihre Brust an den Seiten gleichsam zusam-
mengedrückt, vorwärts aber gebogen, und die
[Seite 24] Schlüsselbeine mangeln ihnen, damit die Füße von
beiden Seiten einander besser ausweichen, und mit-
hin die Last des Körpers leichter und fester tragen
können. Uiberdieß haben die vierfüßigen Thiere ent-
weder ein längeres Brustbein, oder mehrere Rippen,
welche weiter an den Rand des Hüftbeines (Crista
ilei
) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei-
bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten.
Dies alles aber verhält sich anders den dem zweyfü-
ßigen Menschen. Seine Brust ist flacher, die Schul-
tern durch die Schlüsselbeine weit von einander abge-
sondert, der Brustknochen kurz, der Unterleib mehr
als bey den genannten Thieren der beinernen Stützen
entblößt, und anderes der Art mehr, was keinem,
der auch nur wenige Skelette vier- besonders lang-
füßiger Thiere, etwas aufmerksam mit dem mensch-
lichen vergleicht, wird entgehen können, was denn
alles zeigt, wie unpassend der Bau des Menschen
zum Ganze auf Vieren sey, daß er nicht anders als
unsicher, schwankend, äußerst beschwerlich und er-
müdend für ihn seyn könnte*).

§. 6.
B) Das menschliche Becken breit und flach.

Dem bisher gesagten giebt die Betrachtung des
menschlichen Beckens die größte Bekräftigung, dessen
ganz besondere Bildung ebenfalls ein unterscheidendes
Kennzeichen ist, wodurch sich der Mensch wunderbar
weit von den Menschenähnlichen Affen, und im
[Seite 25] Allgemeinen von allen und jeden übrigen Säugthie-
ren am weitesten und offenbarsten entfernt.

Die Behauptung, daß nur dem menschlichen
Skelette ein wahres Becken beyzumessen sey, könnte,
so paradox und affektirt sie auch scheinen dürfte, doch
zu vertheidigen seyn. Wenn man nämlich unter
Becken versteht, eine solche Zusammenfügung der
Hüft- mit dem heiligen und Kukuksbeine (os coc-
cygis
), welche der Gestalt eines Beckens nahe kommt;
so weichen die länglichten Hüftbeine der übrigen
Säugthiere von dieser Beckenbildung außerordentlich
weit ab. Denn ob schon des Orangutang (fimiae
fatyri
) und des Elephanten Hüftblätter, etwas
mehr Aehnlichkeit mit der Gestalt des menschlichen
Beckens zu haben scheinen, als die der andern Säug-
thiere, deren Skelette ich untersucht habe: so sind sie
doch nichts destoweniger bey dem erstem länger als
breiter, bey dem letztern aber ragt eine sehr verlän-
gerte Verknorpelung des Schaambeines hervor, und
so fällt bey beyden offenbar die Ähnlichkeit des Bek-
kens, von welcher wir reden, hinweg, welche sich
also bloß bey dem Menschen, durch die Ebnung der
Hüftknochen über dem Schloßbeine, ihrer zarten
Verknorpelung, der Krümmung des heiligen Beines
von der Erhebung an und der vorwärts gerichteten
Schwanzbeinwirbel (os coccygis) äußert.

§. 7.
Verhältniß der benachbarten welchen Theile zur Gestalt
des menschlichen Beckens.

Die hintere Seite des Beckens dient den Steiß-
muskeln zum Fundament, deren äußersten oder großen
[Seite 26] kein anderer Muskel des Körpers an Dicke gleich ist,
und welche mit einer sehr starken Lage Fett bedeckt
die Hinterbacken bilden, deren fleischigte, gefügige,
und gerundete Fülle, welche den After verbirgt, nicht
minder klassische Schriftsteller der Naturgeschichte,
wie Aristoteles7) und Büffon8) als die größten
Physiologen, ein Galenus9) und Haller10) für das
Hauptkennzeichen halten, durch welches der Mensch
sich von den Affen, welche ganz ohne Gefäß sind, am
meisten unterscheide.

Ferner hängt von der benannten Krümmung des
Heiligen- und des Schaambeines eine merkwürdige
Richtung der innern weiblichen Geburtsglieder, und
besonders der Mutterscheide ab, deren Achse sich
weit mehr als bey den übrigen weiblichen Säugthie-
ren von der sogenannten Achse des Beckens vorwärts
neigt, was zwar die Geburt etwas zu erschweren
pflegt, hingegen andern Unbequemlichkeiten, welchen
die aufrechtgehende Frau, besonders bey dauernder
Schwangerschaft, unterworfen seyn könnte, unge-
mein vorbeugt.

[Seite 27]

Derselben Richtung der Mutterscheide ist es bey-
zumessen, daß das andere Geschlecht in der menschli-
chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den
Urin hintenaus läßt; und das um so weniger,
da bey diesem (so viel bis jetzt bekannt ist) die Oeff-
nung der Harnröhre nicht wie bey dem menschlichen
Weibe zwischen den Schaamlefzen ausgeht, sondern
rückwärts in die Mutterscheide selbst tritt, welche
Erfahrung ich sogar bey Menschenähnlichen Thieren,
als dem Teufel oder Maimon und dem Makako,
(papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem
anatomischen Messer unterworfen, gemacht habe d).

Und nach eben dieser Richtung der Mutterscheide,
wird man den seit Lukrezens Zeiten öfters erregten
Streit über die Frage, welche Stellung dem Men-
schen beym Beyschlafe am angemessensten sey,

‘„Und auf welcherley Art man behandle die süße-
ste Wollust?“’

beylegen können; denn wiewohl der Mensch auf meh-
rerley Art diese Feyer begehen kann, und diese ver-
schiedene Art, sie zu begehen, von Menschen aus
den mönchischen Zeiten11) zu jenen Stücken gezogen
worden, wodurch er sich von den Thieren unterschei-
de, ja unterweilen wohl physische Ursachen eintreten
können, welche ihn

‘„nach Art und Sitte der Thiere“’

zum Beyschlaf reizen können12), so scheint doch im
[Seite 28] Allgemeinen der wechselseitige Bezug der Mutter-
scheide auf die männliche Ruthe der obwaltenden
Liebe am gemäßesten13).

§. 8.
Kurze Nachricht von dem Hymen, den Nymphen und
der Clytoris.

Um die dem weiblichen Geschlechte der menschli-
chen Gattung eigenthümlichen Schaamtheile, mit
einemmale abzufertigen, müssen wir des Hymens
noch erwähnen welches Häutchen, so viel ich weiß,
bisher bey keinem andern Thiere ist gefunden worden.
Weder bey den Weibchen der gemeinen Affen, noch
der Paviane sind mir, so oft ich sie untersuchte, ir-
gend eine Spur davon, oder in Warzen verwandelte
Ueberreste vorgekommen; eben so wenig als in dem
weiblichen Elephanten, dem man vor mehreren Jah-
ren durch Teutschland führte, und dessen Geburts-
[Seite 29] theile ich deshalb sorgfältiger untersuchte, weil mir
war berichtet worden, daß der selige Trendelenburg,
ein damals sehr berühmter Arzt zu Lübeck, in diesem
Thiere eine Art von Hymen bemerkt habe. Mir ist
dieser Theil im weiblichen Körper übrigens merkwür-
dig, da ich schlechterdings durch keine Muthmaßung
irgend einem physischen Nutzen desselben auf die Spur
kommen kann. Was die Physiologen über den Zweck
des Hymen vorgebracht haben, ist kaum annehmbar;
unter allen aber am wenigsten die von Hallern hier-
über geäußerte, nicht sehr scharfsinnige Meinung:
‘„da man es bloß bey dem Menschen finde, so sey
es ihm auch zu moralischem Zwecke verliehen, als
Zeichen der Keuschheit.“’

In Ansehung der Nymphen und Clytoris scheint
Linné ungewiß zu seyn, ob sie außer dem weiblichen
Geschlechte der menschlichen Gattung auch andere
Weibchen haben? Ich aber habe selbst erfahren, daß
keiner von diesen Theilen dem Menschen eigenthüm-
lich sey, denn die Clytoris habe ich nach so viel an-
dern nicht verwerflichen Zeugen, in mancherley Säug-
thieren verschiedener Ordnungen häufig beobachtet
und zum Theil sehr groß gefunden, wie in dem Teu-
fel oder Maimon und dem Faulthieraffen, am unge-
heuersten aber, in der Größe einer Faust, in einem
52 Fuß langen Wallfisch, welchen ich, als er vor
Kurzem im Monat December 1791 bey Sandfort in
Holland aus Ufer geworfen worden, sorgfältig be-
trachtet habe.

Die Nymphen aber habe ich an einem Mongus,
den ich selbst einige Jahre lebendig aufgezogen habe,
den menschlichen sehr ähnlich gefunden.

[Seite 30]

§. 9.
C) Der Mensch, ein zweyhändiges Thier.

Aus dem, was über des Menschen Stellung
bisher gesagt worden ist, ergiebt sich der größte Vor-
zug seiner äußern Bildung, nämlich: der freyste
Gebrauch zweyer sehr vollkommener Hände; durch
deren Bildung er so weit über den übrigen Thieren
steht, daß dadurch des Anaxagoras abgedroschenes,
von Helvetius in unsern Zeiten wieder aufgewärmtes
Sophisma entstanden ist: ‘„Der Mensch scheine des-
halb am weisesten zu seyn, weil er mit Händen aus-
gestattet ist.“’ Dies ist wirklich zu paradox; weni-
ger scheint sich im Gegentheile die Behauptung des
Aristoteles von der Wahrheit der Natur zu entfernen,
‘„daß bloß der Mensch wirklich Hände habe, welche
wirkliche Hände seyen;“’ da selbst bey den Menschen-
ähnlichen Affen ein Haupttheil der Hände, ich meine
der Daumen, nach Verhältniß kurz, fast abgekippt,
und, um mich eines Ausdrucks des großen Eusiachius
zu bedienen, sehr lächerlich ist; daß mithin wirklich
keine Hand, außer die menschliche, die Benennung
eines Organs der Organe verdient, womit derselbe
Stagirite sie beehrt hat.

§. 10.
Die Affen und verwandten Thiere hingegen sind vier-
händig.

Die Affen und andere Thiere, welche man ins-
gemein Menschenähnliche nennt, von der Gattung
der Paviane, Meerkatzen und Faulthieraffen (Le-
mur
) sind in der That weder zwey noch vierfüßig,
sondern, vierhändig zu nennen. Denn ihre Hinter-
[Seite 31] füße haben ebenfalls einen ächten Daumen und keine
Zehen, welche der zweyfüßige Mensch allein erhalten
hat14), daß sie demnach mit größerem Rechte als
ihre Vorderfüße den Namen der Hände verdienen,
da sie bekanntlich geschickter zum Greifen eingerichtet
sind, als jene, auch giebt es eine Art von Meerkaz-
zen, (den Coaita, Paniscus, Waldteufel), welche
an den Vorderhänden keinen Daumen hat, da man
hingegen nirgends ein vierhändiges Thier dieser Gat-
tung gesehen, welches an der Hinterhand desselben
ermangelt hätte.

Daraus kann man leicht den Streit schlichten,
der darüber geführt worden ist, ob nämlich die Wald-
menschen (sim. satyrus) und andere Menschenähn-
liche Thiere ihrer Natur nach in den Wäldern auf
Zweyen oder Vieren gehen. In der That keins von
beyden. Denn da die Hände nicht zum Gehen, son-
dern zum Greifen eingerichtet sind, so ist an sich klar,
daß die Natur diese Thiere bestimmt habe, ihr Leben
meist auf den Bäumen hinzubringen. Auf diese klet-
tern sie, und suchen ihren Unterhalt darauf, wo ih-
nen dann das eine Paar Hände zum Anhalten, das
andere zum Abreissen der Früchte und andern Ver-
richtungen dient; und zu diesem Behufe hat die Na-
tur die mit unvollkommenen Händen versehenen Meer-
katzen mit einem Wickelschwanze versorgt, mit wel-
chem sie auf den Bäumen sich sicherer halten könnten.

[Seite 32]

Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig,
daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man
Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da
schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten
Abbildungen des Waldmenschen15) klar zu sehen ist,
wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine
solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder-
händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern
auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun-
gen sind16) *). Und noch ist mir nirgends ein Bey-
spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie-
re außer dem Menschen bekannt geworden, welches
wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das
Gleichgewicht halten konnte.

Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung
nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir
gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.)
Demnach ‘„hebt allein das Menschengeschlecht das
Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem
Körper.“’

§. 11.
D) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne.

Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als
bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung
aneinander gereiht.

[Seite 33]

Die untern Schneidezähne gehen mehr auf-
wärts, was ich unter die Hauptunterscheidungsmerk-
male des menschlichen Körpers rechne.

Die Hundszähne stehen weder heraus, noch
weit ab, sondern sind in gleicher Ordnung mit den
benachbarten verbunden.

Die Backenzähne haben besondere krumme
stumpfe Spitzchen, wodurch sie sich von den Backen-
zähnen des Waldmenschen, des Gibbon, und aller
Thierarten dieser Gattung, von deren Schädeln ich viele
untersucht habe, am augenscheinlichsten unterscheiden.

Endlich zeichnet sich der menschliche Kinnbacken
durch drey Merkmale aus; nämlich durch die unge-
meine Kürze, durch das etwas hervorragende zu den
aufrechten Schneidezähnen passende Kinn, am mei-
sten aber durch die besondere Form der Knorren an
dem Hinterkopfe (Condyli) und ihre Richtung und
Verbindung mit den Knochen der Schläfe e), wodurch
er sich von den Kinnbacken, wenigstens aller mir
bekannten Säugthiere, unterscheidet, und welches
alles deutlich zeigt, das der Mensch von der Natur
bestimmt sey, alle Arten Nahrung zu verzehren,
oder zu einem Allverzehrer.

§. 12.
Das übrige, was dem äußern Menschen eigenthümlich
scheint, als ein glatter Körper u.a.m.

Ich übergehe einiges minder Wichtige, was man
ebenfalls zu dem auszeichnend Charakteristischen des
Menschen zu rechnen pflegt, als das Ohrläppchen,
schwellende Lippen, besonders die Unterlippe, und
anderes der Art mehr.

[Seite 34]

Von der kahlen Glätte des menschlichen Körpers
muß wenigstens etwas gesagt, und untersucht werden,
in wie fern sie zu den unterscheidenden Zeichen, durch
welche der Mensch von den übrigen, ihm einigerma-
ßen ähnlichen Säugthieren, sich trennt, können ge-
rechnet werden. Nach Linnés Behauptung ‘„giebt es
zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter sind, als
der Mensch“’; aufrichtig aber gestehe ich, daß ich bis-
her nach diesem Irgendwo vergebens geforscht habe.
Hingegen weiß man aus der einmüthigen Ueberein-
stimmung glaubwürdiger Reisebeschreiber, daß jene
Menschenähnlichen, auf Angola und der Insel Bor-
neo einheimischen, Affen, welche man gewöhnlich
unter dem gemeinsamen malagischen Namen Oran-
utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer
Natur nach, weit behaarter sind als der Mensch,
und die Beyspiele jener hin und wieder in Europa
gesehenen Thiere bestätigen es, welche, wiewohl
noch nicht völlig ausgewachsen, und von schwächli-
cher Gesundheit, doch nichts desto weniger mehr
Haare hatten, als der Mensch.

Das aber ist außer Zweifel gesetzt, daß man hin
und wieder, und zwar hauptsächlich auf einigen In-
seln des stillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel-
che durch behaartere Körper sich ausgezeichnet haben:
von denen jedoch bis jetzt noch eine Beschreibung
mangelt.

Zuerst hat ihrer der durch seine Seefahrten be-
rühmte Spangberg17) Meldung gethan, der von
den Japanischen Küsten nach Kamtschatka zurückkeh-
[Seite 35] rend auf der südlichern von den kurilischen Inseln
(im 43° 50' der Breite) ein solches Volk gefunden
zu haben erzählt18).

Der berühmte J. N. Forster19) hat unter den
Einwohnern der Inseln Tanna, Mallicolle und Neu-
kaledonien nur zuweilen solche abweichende Indivi-
duen wahrgenommen.

Man erzählt noch von einer ähnlichen Race auf
Sumatra, welche im Innern der Insel wohnen soll,
und Oranggugu genennet wird20).

Wiewohl nun aber im Allgemeinen die Haut des
Menschen durch Glatte und Haarlosigkeit sich aus-
zeichnet, so scheinen doch im Gegentheile einige be-
sondere Theile des menschlichen Körpers haarigter
als bey den Thieren, z.B. die Schaam und die
Höhlung unter dem Arm, welche die Alten deshalb
ebenfalls zu den dem Menschen eigenthümlichen
Merkmalen gerechnet haben.

§. 13.
II) Merkwürdige Eigenheiten des menschlichen Körpers,
in Ansehung der innern Einrichtung.

Da wir, was von den Eigenheiten des äußern
menschlichen Körpers zu erinnern war, abgemacht
haben, kommen wir nun auf den zweyten Punkt der
Abhandlung (§. 2.) nämlich seine innere Einrich-
[Seite 36] tung; wobey uns jedoch die engen Grenzen dieses
Orts auferlegen, dem Neoptolemus zu folgen, und
unser Philosophiren nicht weitläuftig auszudehnen.
Man wird diese ganze Untersuchung wieder auf zwey
Hauptstücke zurückführen können, indem wir

§. 14.
Die inneren, dem Menschen fehlenden, Theile.

Diese Theile, welche man in den Säugthieren,
hauptsächlich den zahmen findet, wurden sonst, da
die Gelegenheit menschliche Kadaver zu zerlegen selt-
ner war, oder aus Liebe zur Zootomie vernachläßigt
wurde, sonst durchgängig alle auch dem Menschen
zugeschrieben.

Hierher gehört z.B. das Fleischfell, oder der
Hautmuskel, welcher von Galenus und dessen An-
hängern, ja sogar von dem Reformator der mensch-
lichen Zergliederungskunst, der sie von den galeni-
schen Irrthümern so streng reinigte, ich meine von
Vesalius, dem Menschen fälschlich beygelegt, von
Nikolaus Steno aber abgesprochen, und einzig den
unvernünftigen Thieren zugeschrieben wurde f).

Das wunderbare Netz (aus Blutadern beste-
hend hinter dem kleinen Gehirne) zählte Galenus
unter die Theile des menschlichen Körpers, Vesalius
aber zeigte nach Berengarius, einem Anhänger des
Carpus, daß es der Mensch nicht habe g).

[Seite 37]

Daß der Mensch keimen Aufhängemuskel des
Auges oder Augapfel, oder siebenten Muskel habe,
womit die vierfüßigen Säugthiere versehen sind, hat
nach der natürlichen Wahrheit zuerst Fallopius
gelehrt h).

Daß die menschliche Frucht in keine Hornhaut
(allantois) eingewickelt sey, was bey den übrigen,
nur nicht allen, Säugthieren der Fall ist, hat man
nur neuerlich erst dargethan i).

Ich übergehe andere Theile, welche, wiewohl
sie nur in wenigern Thiergattungen angetroffen, doch
um nichts minder eine Zeitlang auch dem Menschen
fälschlich beygelegt worden sind, als die sogenannte
Asellische Gekrösedrüse, die eigenen Kanäle aus
der Leber in die Gallenblase, den Körper des High-
morus (Hodenkamm) u.s.w.

Oder die Theile, welche auch nur einigen Ord-
nungen der Säugthiere zukommen, und dem Men-
schen so offenbar verweigert sind, daß sie ihm nicht
leicht jemand wird zuschreiben können, wohin ich z.
B. die innere Augendecke rechne (welche ich der
Ordnung der Darstellung gemäßer hier nennen zu
müssen glaubte, obschon sie mehr zu den äußern Thei-
len gehört) und das Spannaderband des Halses
(ligamentum suspensorium colli) und noch mehre-
res von dieser Art k).

Das Zungenloch an den obern Vorderzähnen
(foramen incisiuum) hat der Mensch zwar mit den
vierfüßigen Thieren gemein, doch ist es nach Ver-
hältniß kleiner bey ihm, und einfach, da es bey den
meisten übrigen Säugthieren doppelt, und bey vielen
ungeheuer groß ist.

[Seite 38]

§. 15.
Das Zwischenkinnladenbein.

Dieses merkwürdige Bein muß aus mehr als ei-
ner Ursache einzeln abgehandelt werden. Denn die
Knochen, welche in der obern Kinnlade bey dem
Menschen zusammenstoßen, und alle und jede Ober-
zähne fest in sich halten, sind bey den Thieren durch
einen gewissen dritten vorwärtsgehenden Knochen,
der wie ein Pfahl zwischen ihnen steht, von einander
getrennt worden, welchen Haller deshalb, weil die
obern Schneidezähne (wenn welche vorhanden sind)
in ihm stehen, den Namen Schneideknochen gege-
ben hat. Allein da man ihn auch in jenen Säug-
thieren findet, welche diese Oberzähne nicht haben,
wie die wiederkäuenden Thiere und der Elephant, und
das afrikanische zweygehörnte Rhinozeros sind, oder
in ganz zahnlosen, als dem Ameisenbär und Wall-
fisch; so glaubte ich ihn eher den Zwischenkinnladen-
knochen nennen zu müssen21). Bey einigen ist es
ein einziger ungetheilter Knochen, bey vielen hinge-
gen ist er in zwey Stücken getheilt, bey andern aber
durch eigne Näthe von den benachbarten Knochen
des Hinterhauptes gesondert, deren eine bey sehr
vielen im Gesicht auf beyden Seiten nach der Nase,
zu den äußersten Höhlen der Schneidezähne, die an-
dere im Gaumen von dieser Höhle gegen das vordere
gewölbte Gaumenloch hinläuft. Da nun Kamper
den Mangel dieses Knochens zu den Hauptmerkma-
len gerechnet hat, wodurch der Mensch von andern
[Seite 39] Säugthieren sich unterscheide, so entsteht freylich die
doppelte Frage:

1) ob er dem Menschen wirklich mangele, und

2) ob er in allen übrigen Säugthieren sich findet?

Das erste hat vor drittehalb Jahrhunderten den
Anatomikern der damaligen Zeit Stoff zu einem sehr
heftigen Streite gegeben. Denn da Galenus die
ebenbenannte Rath des Zwischenkinnladenbeins zu
den übrigen des Hirnschädels rechnet, so bediente
sich Vesalius nach so viel andern Zeugnissen auch die-
ses, zu beweisen, daß er sein, so lange für ein Ka-
non gehaltenes osteologisches Handbuch nicht nach
dem menschlichen, sondern nach dem Skelett des
Affen verfertigt habe. Nach den vergeblichen Ver-
suchen des Jak. Sylvius aber, durch elende Vorwän-
de seinen Galen zu retten22), hielt man diese ganze
Untersuchung für so vollkommen beendigt, daß der
neuerliche Versuch des berühmten Vicq d'Azyr, die
Analogie zwischen der Einrichtung des Menschen und
der Thiere, in Ansehung des Zwischenkinnladenbeins,
zu beweisen, in der That wider alles Vermuthen und
alle Erwartung war23). Denn die einzige Spur
einer Ähnlichkeit, worauf diese Analogie sich grün-
[Seite 40] det, ist eine Lücke im halben Bogen, welche man an
den Kinnbackenbeinen der menschlichen Früchte und
Kinder schräg über bey den Höhlen der Schneidezähne
erblickt, und welche, wie allgemein bekannt, auch
jezuweilen bey Erwachsenen noch übrig ist24). Daß
aber diese Lücke unrichtig durch die Benennung
Nath bezeichnet werde, hat schon vor zweyhundert
Jahren und drüber weislich und nach der wahren
Natur der scharfsinnige Fallopius angemerkt25).
Daß sich aber auf der Gesichtsoberfläche der Kinnla-
denknochen, im menschlichen Schädel nicht einmal
durch eine solche Spalte, geschweige eine Nach be-
merkbar mache, welche bey dem Affen so sichtbar
ist26), verdient kaum eine Erinnerung.

Was aber die andere Frage betrift, ob dem
Menschen allein unter den Säugthieren der Zwischen-
kinnladenknochen mangle, da muß ich freylich beken-
nen, daß ich ihn in mehrerern Hirnschädeln vierhän-
diger Thiere vergebens gesucht habe.

Die Näthe, welche diesen Knochen umschrän-
ken, fehlen in dem Skelett der unzeitigen Meerkatze,
welches in dem akademischen Museum aufbewahret
wird, an deren Hirnschädel sonst die übrigen Näthe
ziemlich deutlich zu sehen sind.

[Seite 41]

Eben so wenig habe ich sie in einem andern Ske-
lett von derselben Spezies gefunden, welches der
berühmte Bellmann, dieser geschickte kasselsche Wund-
arzt, aufbewahrt. Es ist von einer sehr alten Meer-
katze, worin mehrere Näthe vertilgt sind, daß man
also aus diesem einzigen Belege nichts schließen kann.

Allein ein drittes Beyspiel einer solchen Meer-
katze ist mir durch den Herrn Prof. Schacht zu Her-
ford, meinen sehr lieben Freund, bekannt gewor-
den, au welcher jener Knochen ebenfalls mangelte.
Von einem vierten Beyspiele einer solchen Meerkatze,
woran die Spur eines Zwischenkinnladenbeins gänz-
lich mangelt, hat mir der sehr berühmte Arzt zu
Manchester, Herr Holme, in einem Briefe Nach-
licht gegeben. Es dürfte wohl der Mühe werth seyn,
wo dies Thier sonst angetroffen wird, zu untersu-
chen, ob der Zwischenkinnladenknochen an ihm zu
finden sey oder nicht.

In dem entsetzlichen Skelett eines wirklich unge-
heuer großen Menschenähnlichen Affen von der Insel
Borneo, welches ich in dem Naturalienkabinet des
Fürsten von Oranien zu Haag sorgfältig und zu wie-
derholtenmalen untersucht habe, habe ich auch nicht
die geringste Spur von jenen Näthen entdeckt; daß
aber dieser Affe alt gewesen, zeigt sowohl die ganze
Beschaffenheit des Skeletts, als besonders das Ver-
wachsen der meisten Hirnschädelnäthe27).

[Seite 42]

Mit dem Hirnschädel eines jüngern Menschen-
ähnlichen Thieres, dessen Skeletts Ueberreste ich zu
London im britannischen Museum entdeckte, verhält
es sich aber anders. Dem alten noch daran han-
genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang,
welchen der Schifskapitain Aprix von der Insel Su-
matra mitgebracht hatte. In diesem Hirnschädel
war auch nicht ein Schatten von den Näthen des
Zwischenkinnladenbeines, ob schon die übrigen ins-
gesamt vorhanden waren.

Aber auch weder Ed. Tyson hat sie in seinem
Troglodyten von Angola gefunden, noch sind sie
sichtbar in Daubentons Abbildung eines ähnlichen
Hirnschädels von einem ebendaselbst erzeugten Thiere.

Dem sey indessen, wie ihm wolle, so ist doch
dieses ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk-
zeichen des Menschen rechnen kann, daß die Kinn-
backen in den Hirnschädeln der genannten Affen und
übrigen Säugthiere bey weitem mehr vorwärts ragen.

§. 16.
B) Die Unterschiede des Menschen von den andern Säug-
thieren in Ansehung einiger innern Theile.

Man sieht leicht ein, daß hier nur von wenigen
und zwar den besondersten Unterschieden der Art die
Rede seyn könne.

Um also von dem Kopfe anzufangen, so hat
der Mensch einiges minder Wichtige, z.B. die Kry-
stall- oder Augenlinse, welche (das Wallfischgeschlecht
etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhältniß sehr
klein scheint, und bey dem Erwachsenen nicht so
erhaben, als bey andern Thieren, ist das große
[Seite 43] Hinterhauptsloch (foramen occipitale), welches wei-
ter vorwärts liegt, als bey den vierfüßigen Thie-
ren28) und anderes der Art mehr, ausgenommen;
hat der Mensch, sage ich, die größte Gehirnmasse,
und nicht (welche Meinung seit Aristoteles Zeiten sich
behauptet hatte) nach dem Verhältniß des ganzen
Körpers, sondern nach des berühmten Sömmering
schöner Beobachtung in Rücksicht der zarten Ner-
ven, welche hier ihren Ursprung haben29). Wird
nun also das gesamte Nervensystem in physiologischer
Hinsicht in zwey Theile getheilt, in den sogenannten
Nerventheil, als welcher die Nerven selbst, und die
Masse bey der Gehirne, und des ihrem Ursprunge am
nächsten liegenden Rückenmarks enthält, und in den
Empfindungstheil, welcher näheren Bezug hat auf
das Band, durch welches die Verrichtungen der Ner-
ven mit den Seelenvermögen verknüpft sind; so hat
der Mensch die größte Masse jenes edleren Empfin-
dungstheils erhalten.

Gleich merkwürdig ist eine andere Entdeckung,
ebenfalls des scharfsinnigen Forschers Sömmering,
daß die, von andern zwar öfters bemerkten Stein-
chen der Zirbeldrüse, von dem vierzehnten Jahre
an, so durchgängig in den menschlichen Hirnschädeln
gefunden werden, daß sie gleichfalls zu den Eigen-
thümlichkeiten des Menschen gezählt zu werden ver-
[Seite 44] dienen30). Nur einmal hat er ähnliche Steinchen
in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und
haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen
Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den
seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen
Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy-
siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in
einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch-
lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt
zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey,
und zwar von einem dem Greisesalter nahen Manne,
worin sich keine Spur derselben gefunden habe.

In der Brust müssen wir die Lage des Herzens
dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses
Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren,
auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf-
rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle.
Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen,
dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so
wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen
rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen-
theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr
wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen,
der Herzbeutel mit dem Zwergfelle zusammen.

Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein
alles fressendes Thier haben mußte.

Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma-
ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in
[Seite 45] Ansehung des Baues des Magens, und der Kürze
des Blinddarms:

Der der Kräuterfressenden hingegen in der Länge
der dünnen Därme, und dem auszeichnenden Unter-
schiede von den dicken; in dem faltigen Grimmdarm;
dem Mangel der scharfen Drüsen, welche bey dem
After den Reinigungssaft (Smegma) absondern;
u.s.w.

Endlich findet man bey den Geburtsgliedern
des Menschenweibes außer den obenbenannten Stük-
ken noch ein besonderes Mittelgefäß, die Gebärmut-
ter; (Uterus) und die Leibesfrucht zeichnet sich durch
das Gewebe des Mutterkuchens, (Nachgeburt) die
Länge der Nabelschnur, und eine einzige Nabelblut-
ader, aus.

Dem noch sehr zarten menschlichen Embrio aber,
ist, so viel ich weiß, das bisher räthselhafte Nabel-
bläschen eigen, von dem ich schon an einem andern
Orte angemerkt habe, daß es allen menschlichen
Früchten bis ohngefähr zum vierten Monat nach der
Empfängniß gemein sey, und ihrer Natur gemäß
zukomme9), wo ich auch von einiger Analogie
desselben mit der Dotterhaut des gebrüteten Küchel-
chens gehandelt habe.

§. 17.
III. Eigenheiten des Menschen in Ansehung der Verrich-
tungen der animalischen Oekonomie.

Vorzüglich muß hier die ganz besondere Zartheit
und nachgiebige Weichheit des schleimichten Ge-
[Seite 46] webes (des insgemein sogenannten Zellgewebes)
unter der menschlichen Haut erwähnt werden. Denn
es ist die bekannteste Sache, daß in Hinsicht auf
die Dichtigkeit dieses netzförmigen Schleimes unter
den verschiedenen Thiergattungen und ihren Arten,
ein auszeichnender Unterschied statt findet; bey der
Schlange z.B. ist sie zähe, bey der Forelle weicher:
und schon vorlängst bemerkte auch unser Zinn, dieser
so genaue Anatom, daß der Mensch vor den übrigen
Säug- und andern Thieren, das feinste und zarteste
Schleimnetz habe.

Wo mich nun, nicht alles trügt, so glaube ich
die Weichheit dieses Mittelgefäßes (parenchyma)
zu den Hauptvorzügen des Menschen rechnen zu
müssen, durch welche er vor den übrigen Säugthie-
ren sich auszeichnet. Denn da dieses Netz einerseits
von der Haut an über den ganzen Körper bis zu des-
sen Innerstem sich verbreitet, und gleichsam als ge-
meinsames Band, zwischen alle und jede Theile der
ganzen Maschine, eingewebt ist; von der andern
aber den Sitz der allgemeinsten unter allen Lebens-
kräften, der Elasticität (contractilitas) nämlich,
bestimmt, wovon Stahls Tonus scheint entstanden
zu seyn l); so ist es mir ausgemacht, daß der
Mensch eben dieser nachgiebigen Weichheit des netz-
förmigen Schleimes es verdanke, daß er leichter,
als irgend ein anderes Säugthier an jedes Klima sich
gewöhnen, und unter jedem Himmelsstriche leben
kann.

Wie also die Natur – was wir vorhin gesehen
haben – den Menschen in Ansehung der Nahrung
zu einem Allverzehrer gemacht hat; so hat sie auch
[Seite 47] gewollt, daß er in Ansehung des Aufenthaltes jedem
Boden und Klima angehöre (ταντοδαπον) ; und
deshalb hat sie seinen Körper aus dem nachgiebigsten
Schleimnetze bereitet, damit er desto leichter nach
den mannichfaltigen Einwirkungen der verschiedenen
Klimate sich fügen und einrichten könne.

Dieser Gefügigkeit sich zu gewöhnen, kommt
eine andere physiologische Eigenheit des Menschen
ungemein zu statten, nämlich langsames Wachs-
thum, lange Kindheit, schöne Mannbarkeit. Bey
keinem andern Säugthiere wächst die Hirnschale so
spät zusammen, brechen so spät die Zähne hervor,
keins, außer dem Menschen, lernt so spät erst auf
den Füßen stehen, wächst so spät völlig aus, oder
reift so spät zur Ausübung der Geschlechtsverrich-
tungen.

Hingegen giebt es von der andern Seite auch
kein Säugthier, dem in Betracht der mäßigen Kör-
permasse die Natur ein so spätes Lebensende gesetzt
hätte31).

Die Körpergröße, deren ich erwähnte, erinnert
mich an eine sonderbare Eigenheit, welche man, so
[Seite 48] viel ich weiß, außer an dem Menschen ebenfalls an
keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche
von seiner aufrechten Stellung abhängt, daß näm-
lich das Maas seines Körpers am Morgen um einen
Zoll breit und drüber länger ist, als am Abend32).

Die Geschlechtsverrichtungen, deren ich gedachte,
erinnern mich an einiges hierher gehörige, welches
ich nach der Reihe anführen will.

Es ist dem Menschen keine besondere Jahreszeit
zu dem Verlangen nach Beyschlaf bestimmt, wie
den Thieren33).

Den Männern ist der Vorzug nächtlicher Saa-
menergießungen zu Theil geworden, welche ich in
sofern zu den natürlichen Absonderungen eines gesun-
den Menschen rechne, als er durch sie, wenn es
ihm nach Verhältniß des Temperaments und der
Körperbeschaffenheit zuträglich ist, von einem be-
schwerlichen und sonst reizenden und überflüßigen
Saamen befreit wird*).

Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen-
thümlich, aber allgemeiner und alle insgesamt den
monatlichen Blutfluß, so daß ich glaube, Plinius
habe das Weib mit Recht das einzige monatliche
[Seite 49] Thier genannt. Ich weiß zwar wohl, daß hin und
wieder Schriftsteller einen solchen Fluß auch weibli-
chen Thieren, und hauptsächlich aus der Klasse der
vierhändigen zugeeignet und gesagt haben, daß z.B.
die Dianen (simia Diana) durch die Schwanzspitze
die monatliche Reinigung halten, n. dgl. m. So
oft ich aber seit zwanzig Jahren in Menagerien oder
bey Herumführern Affenweibchen, Paviane u.a.
zu sehen bekommen, und diesen Umstand untersucht
habe, habe ich zwar unterweilen eines oder das an-
dere gesehen, welches einen Mutterblutfluß hatte,
allein keins, wo er, nach der Aussage aufrichtiger
Wärter, periodisch gewesen wäre, diese hingegen
hielten ihn für die Wirkung einer Krankheit und wi-
dernatürlich, ja mehrere bekannten offenherzig, daß
man ihnen gemeiniglich für einen monatlichen Fluß
ausgäbe, um die Bewunderung des Pöbels dadurch
desto mehr zu erregen.

Die fabelhaften Erzählungen des leichtgläubigen
Alterthums von ganzen Völkerschaften, deren Wei-
ber keinen monatlichen Fluß gehabt hätten, wollen
wir an einem andern Orte mit wenigem berühren.

§. 18.
IV. Die Eigenthümlichkeiten des Menschen, in Ansehung
der Seelenvermögen.

Hierher zählen alle mit einem Munde als den
höchsten und größten Vorzug des Menschen, den
Gebrauch der Vernunft. Wenn man nun aber
über die Bedeutung dieses Worts genau nachforscht;
so muß man in der That über die himmelweit ver-
[Seite 50] schiedenen Erklärungen erstaunen, welche die ver-
nünftigsten Philosophen von dem Begriffe der Ver-
nunft geben. Nach einigen ist sie ein ganz besonde-
res, dem Menschen allein eigenes Seelenvermögen,
nach andern wenigstens ein ungemeiner und vorzüg-
licher Grad desselben, von dem man in der thierischen
Seele nur schwache Spuren vorfinde. Nach diesen
ist sie der Einigungspunkt aller höheren Vermögen
des menschlichen Geistes, nach jenen eine besondere
Richtung der geistigen Vermögen des Menschen,
u.s.f.

Unser ist's nicht unter diesen so wichtige Streite
                                          zu schlichten.

Kürzer aber und sicherer, glaube ich, kann man diese
Untersuchung abthun, wenn man a posteriori,
wie es heißt, diesen Vorzug des Menschen darein setzt,
daß er ihn zum Herrscher und Herrn der übrigen
Thiere macht34). Daß er diese Herrschaft habe,
liegt am Tage. Eben so offenbar aber ist es, daß
die Ursache dieser Herrschaft nicht in der körperlichen
Kraft des Menschen liege. Sie muß also einzig auf
die Geistesgaben und deren Vorzüge bezogen werden.
Und diese Gaben, durch welche nun der Mensch vor
allen übrigen Thieren den Vorrang hat, mögen sie
übrigens von welcherley Art und Natur seyn, wol-
len wir Vernunft nennen.

[Seite 51]

Die Natur hat den Menschen, wie wir gesehen
haben, so eingerichtet, daß er alles essen und den
ganzen Erdkreis bewohnen kann. Diese unbegrenzte
Freyheit aber im Genuß der Nahrung, und in der
Wohnung, bringt nach den unendlich verschiedenen
Klimaten, Boden und andern Umständen eben so
mannichfaltige Bedürfnisse in dem Menschen hervor,
denen er auf einerley Art nicht abhelfen kann. Der
Schöpfer steuerte ihn also mit Vernunft und Erfin-
dungsgeist aus, durch welche er diesen Bedingungen
gemäß sich einrichten kann.

Deshalb haben auch schon im höchsten Alterthu-
me die weisesten Völker, diesem größten Herrschafts-
geber des Menschen, dem Erfindungsgeiste nämlich,
göttlichen Dienst erwiesen. Thoth hies er bey den
Aegyptern, Hermes bey den Griechen.

Denn so, um vieles in wenigem zu fassen, ver-
fertigt sich der Mensch Werkzeuge, weshalb ihn
Franklin scharfsinnig als ein Instrumentmachendes
Thier beschreibt (a tool-making animal); so hat er
Rüstung und Pfeile sich selbst verfertiget, so hat er die
Arten Feuer hervorzulocken sich ausgedacht, und so
hat er, damit einer sich des Beystandes und der
Hülfe des andern bedienen könne, sich die Sprache
erfunden, welche ebenfalls unter die Eigenthümlich-
keiten des Menschen zu rechnen ist35), da sie nicht
[Seite 52] wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, sondern,
was schon die willkührliche Verschiedenheit derselben
zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden ist36).

§. 19.
Einige flüchtige Bemerkungen über Lachen und Weinen.

Außer der abgehandelten Geistesäußerung, der
Sprache nämlich, müssen wir nun noch zwoer ande-
rer erwähnen, von welchen es weniger außer Zweifel
gesetzt ist, ob sie, wie die Sprache, dem Menschen
einzig zukommen, indem sie nicht von ihm erfunden,
sondern ihm gleichsam angeboren sind, und nicht so-
wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenschaf-
ten des Gemüths gehören; Lachen nämlich, der Be-
gleiter der Fröhlichkeit, und Weinen, dieser beste
Theil unserer Empfindung.

[Seite 53]

Daß außer dem Menschen noch viele Thiere
Thränen vergießen, ist etwas allbekanntes. Allein
es fragt sich, ob sie auch aus Kummer weinen. Von
einigen behaupten es zwar gültige Zeugen, als Stel-
ler37) von der Bärenrobbe (phoca ursina), und
der berühmte Pallas38) von den Kameelen. Ob
aber die Thiere durch Lachen ihre Heiterkeit offenba-
ren, scheint zweifelhafter, wiewohl Schriftsteller
bin und wieder Beyspiele davon aufgezeichnet haben.
Le Cat z.B. behauptet, den Troglodyten von An-
gola lachen und weinen gesehen zu haben39).

§. 20.
V. Die merkwürdigsten dem Menschen eigenthümlichsten
Krankheiten.

Obschon diese pathologischen Bemerkungen beym
ersten Anblicke nicht mit zur Naturgeschichte des Men-
schen zu gehören scheine, so dürfte ich deshalb doch
die ihm eigenen Hauptkrankheiten mit einigen Worten
durchgehen, da auch diese widernatürlichen, bey ihm
allerdings ausschließlich sich ereignenden Erscheinun-
gen in der natürlichen Beschaffenheit, Haltung und
animalischen Oekonomie seines Körpers ihren Gruud
haben: und also auch hier mit demselben Rechte be-
merkt zu werden verdienen, als man auch die ge-
wissen Thieren eigenen Krankheiten in ihrer Naturge-
[Seite 54] schichte aufzuzählen pflegt, wie die Rindviehseuche,
den Rotz der Pferde, oder die Hundswuth.

Indessen versteht sich von selbst, daß hier bloß
von den merkwürdigsten Krankheiten die Rede seyn
kann, und daß auch dies wenige, aus mehreren, aus-
gehobene noch nicht außer allen Zweifel gesetzt ist,
da die Krankheitslehre der Thiere, wenige von un-
sern Hausthieren ausgenommen, wegen der vielen
und zum Theil unüberwindlichen Schwierigkeiten,
noch fast gänzlich unausgearbeitet ist.

Doch kann man mit vieler Wahrscheinlichkeit-
unter die der Menschengattung allein eigenen Krank-
heiten folgende rechnen:

Ausschlagsfieber, (Febres exanthematicae) wo
nicht alle, doch von diesen vorzüglich:

die Pocken40), (Variolae).

Masern, (Morbilli)

Scharlachfieber, (Scarlatina).

Friesel, (Miliares).

Fleckfieber, (Petechiae).

Pest.

Von den Blutstürzen.

Nasenbluten, (?) (Epistaxis).

Hämorrhoiden, (goldne Ader).

Blutgang, (Menorrhagia).

[Seite 55]

Von den Nervenbeschwernissen.

Den Hypochonder.

Mutterbeschwerung, (Hysteria).

Eigentlich sogenannte Gemüthskrankheiten, als:

Melancholie, Heimweh, (Nostalgia) u.s.w.
vielleicht auch Satyriasis und Nymphomanie.

Kretinenkrankheit (Cretinismus) n).

Von der Cachexie. (Geschwulst durch üble Mi–.
schung der Säfte).

Zweywuchs, (?) (Rachitis).

Drüsenkrankheit, (?) (Scrofula).

Lustfeuchte.

Palagra.

Aussatz nebst der Elephantiasis.

Von lokalen Krankheiten.

Amenorrhöe, (Ausbleiben des Blutflusses).

Krebs (?).

Leichdorn, (Hühneraugen), (Clavus).

Angeborner Bruch, (?) (Hernia congenita).

Vorfälle verschiedener Art, als jener der ein-
wärtsgehenden Urinblase, dessen genauere
Kenntniß wir dem Scharfsinne des vortreflichen
Bonn verdanken41).

Schuppiger Ausschlag, (?) (Herpes).

Böser Grind.

[Seite 56]

Ich bin sehr zweifelhaft, ob ich die Eingewei-
dewürmer des Menschen, und zweyerley außer
ihm, so viel ich weiß, an keinem andern Säug-
thiere wahrgenommene Arten Läuse auch hieher rech-
nen soll.

Von jenen Krankheiten, welchen der Mensch,
obschon sie ihm nicht allein eigen sind, doch weit öf-
ter unterworfen ist, als andere Thiere, als schweres
Zahnen, Geburt von Mondkälbern, unzeitige,
schwere Geburt, u.a.m. sage ich gar nichts.

§. 21.
VI. Kurze Uebersicht der Merkmale, welche gemeiniglich,
aber fälschlich, für den Menschen vom Thiere unterschei-
dend sind gehalten worden.

Mehreres hieher gehörige ist schon oben gelegen-
heitlich angemerkt worden. Das übrige, was man
von der Art noch angeführt hat, soll hier beysammen
aufgezählt werden:

So gehört z.B. hieher das Naheaneinander-
seyn der Augen, denn diese stehen bey den Affen
weit näher aneinander, als bey dem Menschen.

Die Wimpern an beyden Augenliedern, wel-
che außer dem Menschen noch viele andere, besonders
vierhändige Thiere, ja selbst der Elephant haben.

[Seite 57]

An hervorragender Nase übertrift den Men-
schen der Rüsselaffe42), (Sim. rostrata)*).

Das äußere Ohr ist nicht bey allen Menschen
unbeweglich, und nicht bey allen übrigen Säug-
thieren beweglich. Der Ameisenbär z.B. macht
eine Ausnahme.

Das Tastungsorgan haben sehr viele vierhän-
dige Thiere mit dem Menschen gemein.

So auch das Zäpfchen.

Fast aber schäme ich mich folgende allzuunschick-
liche Meinung aufzuführen, wo man das Rülpsen
unter die Vorzüge des Menschen gezählt hat43).

Und daß der, Mensch nicht wie die Thiere könne
gemästet werden44) und anderes von dieser Sorte
mehr.

Zweyter Abschnitt.
Von den Ursachen, wodurch, und der Weise, wie
die Thierspezies im Allgemeinen verarten.


§. 22.
Behandlungsweise.

[Seite 58]

Bisher forschten wir nach dem Unterschiede des
Menschen von den übrigen Thieren. Jetzt sind wir
dem eigentlichen Zwecke der ganzen Abhandlung näher
gekommen, denn wir werden untersuchen, welche und
welch eine große natürliche Verschiedenheit unter den
Völkern und mancherlei Nationen der Menschen selbst
statt finde, und erwägen, ob diese Verschiedenheit
durch Verartung habe entstehen können, oder ob sie
so groß sey, daß man eher mehrere ursprüngliche
Spezies des Menschengeschlechts annehmen müsse.
Allein bevor dies geschieht, müssen noch zwo Fragen
erörtert werden.

Wir handeln jede besonders ab.

[Seite 59]

§. 23.
I. Was heißt eine Spezies.

Thiere werden zu einer und derselben Spezies
(Gattung) gehörig genannt, in wiefern sie an Ge-
stalt und Verhaltungsweise so zusammenfassen, daß
ihre Verschiedenheit von einander bloß durch Abar-
tung hat entstehen können.

Diejenigen Gattungen hingegen nennen wir ver-
schieden, deren Unterscheidendes so wesentlich ist,
daß es aus den bekannten Quellen der Abartung sich
nicht erläutern läßt.

Als abgezogener Begriff wäre dies gut.

Nun aber die Kennzeichen darzustellen, wodurch
wir in der Natur selbst die bloßen Verschiedenheiten
und ächten Spezies von einander unterscheiden kön-
nen – das ist eben das Schwierige.

Ray, der unsterbliche Mann, hat schon im vo-
rigen Jahrhunderte, also lange vor Büffon, dieje-
nigen Thiere zu einer Gattung zählen zu müssen ge-
glaubt, welche sich mit einander vermischen, und
fruchtbare Junge erzeugen.

Da aber dieses Merkzeichen bey den, von dem
Menschen unterjochten Hausthieren, der gezwunge-
nen Lebensweise halber, zweydeutig und unsicher
scheint, so hat es der scharfsinnige Frisch schon zu
Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts blos auf
die wilden Thiere eingeschränkt, und diejenigen zu
einer Gattung gehörig erklärt, welche von Natur
sich mit einander paaren1).

[Seite 60]

Allein ich muß gestehen, daß wir auch mit dieser
Einschränkung wenig gewonnen haben.

Denn fürs erste, wie fast ganz nichtig ist die
Hoffnung, so viel wilde Thiere, besonders sich selbst
überlassene, (bey denen uns am meisten daran liegt
zu wissen, ob man sie für bloße Verschiedenheiten,
oder zu verschiedenen Gattungen gehörig zu halten
habe) jemals zu dieser Vereinigung zu bringen?
Hauptsächlich wenn ihr Vaterland weit von einander
entfernt liegt: Z.B. den Troglodyten von Angola,
(Schim pansé) mit dem Waldmenschen von der In-
sel Borneo, (Orang-Utang).

Dann aber ist die Unsicherheit und Dunkelheit
in benannter Hinsicht bey wilden Thieren lange nicht
so groß und wichtig, als gerade bey denen, welche
man in dieser Liste nicht mit aufzählt, nämlich bey
den zahmen; denn hier stokt es am meisten.

Da giebt es denn unter den Schriftstellern außer-
ordentliche Uneinigkeiten, z.B. über den Hund,
von dessen Racen einige mehrere Urgattungen auffüh-
ren; andere sie für bloße Verschiedenheiten halten,
abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus-
hund, (Schäferhund, Chien de berger) nennt;
[Seite 61] noch andere diese Verschiedenheiten alle von dem
Geldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere
endlich behaupten, daß auch dieser nebst allen Ver-
schiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent-
sprossen sey, u.s.f.

So unzulänglich als dieser von der Begattung
hergeleitete Grund ist, den Begriff der Spezies und
seinen Unterschied von der Abart festzusetzen, sind
jedoch andere nicht, welche man zu diesem Behufe
hervorgebracht hat, z.B. das Bleibende eines ge-
wissen Kennzeichens; denn die weiße Farbe, und
rothen Augensterne in der weißen Abart der Kanin-
chen, sind so durchaus bleibend, als jemals ein spe-
zifisches Kennzeichen seyn kann:

So, daß ich fast alle Hoffnung aufgebe, in
dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies
aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr-
scheinlichkeit herauszubringen.

Ich sehe z.B. daß die Backenzähne des afrika-
nischen Elephanten in ihrer Bildung von denen des
asiatischen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß
ich nicht, ob die Elephanten dieser so von einander
abgelegenen Theile der Erde je sich vermischen wer-
den; und eben so wenig weiß ich, wie bleibend diese
Bildung der Zähne bey beyden sey; da ich aber bey
allen bis jetzt mir bekanntgewordenen diese Verschie-
denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyspiel
vorgekommen ist, daß blos durch Verartung die
Backenzähne so wären verändert worden, so muth-
maaße ich nach der Analogie, daß diese Elephanten
nicht bloß für Spielarten, sondern für wirklich ver-
schiedene Gattungen zu halten sind.

[Seite 62]

Hingegen scheint mir das Frettchen, nicht für
eine besondere Gattung, sondern für eine bloße Abart
des Iltis gehalten werden zu müssen, nicht sowohl
weil ich weiß, daß beyde sich mit einander gatten,
sondern weil jenes rothe Augensterne hat, und mei-
nes Dafürhaltens alle jene Säugthiere, deren inne-
res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der
Analogie für bloße Abarten von ihrer Urspezies zu
halten sind.

§. 24.
Anwendung des Gesagten auf die Untersuchung, wie man
in dem Menschengeschlecht entweder Abarten oder Gattun-
gen zu setzen habe?

Man sieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge-
sagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo-
gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben
angeführte Promblem zu lösen im Stande wäre
(§. 22.)

Wer aber diesen Weg einschlägt, muß immer
die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi-
losophiren vor Augen haben.

Die erste heißt: ‘„Für natürliche Wirkungen
von einerley Gattung muß man auch einer-
ley Ursachen auszeichnen.“’

Wir müssen also für die körperliche Verschieden-
heit der Völker des Menschengeschlechts dieselben Ur-
sachen anzeichnen, welche wir den ähnlicher körper-
licher Verschiedenheit anderer zahmen, weit auf der
Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.

[Seite 63]

Die andere Regel ist: ‘„daß man bey Ereignis-
sen der Natur nicht mehrere Ursachen anfüh-
ren müsse, als zur Erklärung ihrer Er-
scheinungen hinlänglich sind.“’

Wenn sich denn nun ergeben wird, daß die Ur-
sachen der Verartung zureichen, die Erscheinungen
der körperlichen Verschiedenheit im Menschengeschlecht
zu entwickeln, so muß man keine andere, von meh-
rern Menschengattungen hergeleitete, annehmen.

§. 25.
II. Wie arten die Urspezies in Verschiedenheiten aus?

Jetzt, da wir von der Art und Weise der Ab-
artung handeln wollen, werden wir hoffentlich für
die Deutlichkeit der Darstellung am besten sorgen,
wenn wir sie wieder auf zwey Hauptabschnitte zu-
rückbringen; in deren ersterem

A) bloß die vornehmsten Erscheinungen der Ab-
artungen der Säugthiere, (brutorum ani-
malium
) erzählt, und

im zweyten dann

B) die Ursachen dieser Verartung der Thiere
untersucht werden sollen;

denn wenn dies deutlich gemacht ist, so wird es leich-
ter seyn, im folgenden Abschnitte die Erscheinungen
von Verschiedenheiten im Menschengeschlecht mit
jenen von Verartung der Thiere, und zugleich die
Ursachen davon mit einander zu vergleichen.

§. 26.
A) Die Haupterscheinungen von Verartung der Säug-
thiere.

[Seite 64]

Wenige Beyspiele werden hinreichen zu beweisen,
daß es in der Menschengattung gar keine natürlichen
Abänderungen gebe, welche man nicht ebenfalls an
andern zahmen Thieren, und als eine bloße, durch
Verartung entstandene Verschiedenheit bemerken
könne. Diese Beyspiele wollen wir von warmblüti-
gen Thieren hernehmen, und zwar, so viel als
möglich, bloß von Säugthieren, indem diese in An-
sehung der körperlichen Beschaffenheit dem Menschen
unter allen am ähnlichsten sind.

Es wird aber gut seyn, auch dies in einzelne
Hauptstücke zu vertheilen.

§. 27.
1) Die Farbe.

So sind z.B. in Ansehung der Farbe die Schwei-
ne in der Normandie insgesamt weiß, in Savoyen
schwarz, in Bayern rothbraun2) u.s.w.

Das Rindvieh in Ungarn ist mehrentheils grau-
weißlich, in Frankreich roth u.s.w.

Auf der Insel Korsika sind die Hunde und Pfer-
de auszeichnend gesteckt.

In der Normandie sind die Puter schwarz, die
unsrigen hingegen meistentheils weiß.

Auf der Küste von Guinea sind die Vögel und
besonders aus der Ordnung der Hünerart3) und
[Seite 65] die Hunde schwarz, wie die eingebornen Menschen;
und vorzüglich merkwürdig ist an dem guineischen
Hunde (welchen Linnée, ich weiß nicht mit welchem
Rechte, den Aegyptischen nennt) die an ihm so gut
als an den Menschen jenes Himmelsstrichs befindli-
che seidne Weichheit der glatten Haut, und die grö-
ßere, fast spezifische, Ausdünstung derselben4).

§. 28.
2) Gewebe der Haare.

Welch eine mächtige Verschiedenheit finden wir
bey Verachtung des Gewebes der Haare nicht bloß
an der Wolle der Schaafe in verschiedenen Klimaten,
von der so zarten tibetischen an, bis zur fast starren
und groben äthiopischen.

Oder in den Schweineborsten, welche z.B. in
der Normandie so weich sind, daß sie auch zu Kehr-
bürsten nicht einmal taugen.

Und welcher Unterschied in dieser Hinsicht zwi-
schen den zahmen Schweinen und dem Eber, beson-
ders im Betreff der kurzen zwischen den Borsten be-
findlichen Wolle!

Und wie wunderbar hingegen ist die besondere
Wirkung eines gewissen Erdstrichs auf die Haare,
nicht Einer Gattung zahmer Säugthiere, als des
galazischen Klimas auf die Ziegen von Anzyra,
die Kaninchen und Katzen, bey welchen sie durch eine
Sammetweiche, und ungewöhnliche Länge sich nicht
[Seite 66] minder als durch einen fast schneeweißen Glanz aus-
zeichnen.

§. 29.
3) Größe.

In Rücksicht auf die Größe ist der Unterschied
zwischen den Lappen und Patagonen weit geringer,
als dir, welchen man hin und wieder an andern zah-
men Thieren verschiedener Erdstriche beobachtet. So
sind z.B. die aus Europa auf die Insel Kuba gebrach-
ten Schweine nm das zweifache größer geworden5).

Eben so verhält es sich mit denen, nach Para-
guay gebrachten Ochsen, u.s.f.6).

§. 30.
4) Gestalt und Verhältniß der Theile.

Wie auszeichnend ist in Ansehung des Verhält-
nisses der Theile die Verschiedenheit zwischen den
arabischen, oder den syrischen und nördlich deutschen
Pferden; und zwischen den langfüßigen Ochsen auf
dem Vorgebirge der guten Hoffnung, und den kurz-
füßigen Englands.

Bey den Schweinen in der Normandie sind die
hintern Pfoten weit länger als die vordern.

In einigen Provinzen von England, Island,
u.s.f. haben die Ochsen gar keine Hörner7), in
Sizilien hergegen ungemein große; um der ungeheu-
ren Hörner abyssinischer Ochsen, wovon der Herr
[Seite 67] Baronet Banks mir eins gezeigt hat, nicht einmal
zu gedenken, weil diese, wenn Bruce recht hat, mehr
die Wirkung einer Krankheit zu seyn scheinen.

Allein das vielgehörnte Schaaf muß hier mit
Recht genannt werden.

Und im Betreff der Varietät der Hufe, ganze
Stamme Schweine, (stirpes) sowohl mit Hufen
als gespaltenen Klauen8).

In Ansehung anderer Theile die breitgeschwänz-
ten Schaafe, Kanarienvögel mit Hauben, (die
Kapvögel, fringillae canariae cristatae) und ande-
res der Art mehr.

§. 31.
3) Besonders die Form der Hirnschädel.

Man hat beobachtet, daß die Formen der Hirn-
schädel bey den Verartungen des Menschengeschlechts
hin und wieder von einander abweichen; Allein dies
Abweichen ist um nichts größer, ja kaum einmal so
groß, als jenes, welches man an verschiedenen Ge-
schlechtern anderer zahmen Thiere beobachten kann.
Der Schädel des Aethiopiers z.B. weicht von dem
des Europäers nicht mehr ab, als der Kopf des
Schweines von dem des Ebers, oder der Kopf eines
neapolitanischen Pferdes, welchen man der Aehnlich-
keit halber Widderkopf nennt, von dem des ungari-
schen, von welchem die Kenner wissen, daß er durch
besondere Kürze und Weite der Kinnlade sich aus-
zeichnet.

[Seite 68]

An dem Aurochsen, dem Stamme des Zweiges
der zahmen Ochsen, sieht man, nach Campers Be-
obachtung, die Thränengruben sehr deutlich; welche
hingegen an unsern Ochsen durch Verartung gänzlich
vergangen sind.

Die ganz wunderbare Verartung des Schädels
an jener Varietät von Hünern, welche man batavi-
sche nennt, übergehe ich ganz9).

§. 32.
B) Ursachen der Verartung.

Das thierische Leben setzt zwey von den Lebens-
kräften abhängige Vermögen, gleichsam als erste
und Hauptbedingungen aller und jeder Verrichtun-
gen desselben voraus.

Erstens nämlich das Vermögen einer solchen Em-
pfänglichkeit der auf den Körper wirkenden reizenden
Eindrücke, (stimuli) daß die Theile dadurch ange-
regt werden;

und zweitens, daß diese nach dieser Anregung
so zurückwirken, daß dadurch die Bewegungen des
lebenden Körpers rege gemacht, und wirklich verrich-
tet werden q).

Es giebt also in der thierischen Maschine keine
Bewegung ohne einen vorhergegangenen Reiz, und
eine nach diesem zurückwirkende Thätigkeit.

Dies sind die Angeln, in welchen die ganze
Physiologie der thierischen Einrichtung sich bewegt.

[Seite 69]

Und dies sind auch die Quellen, woraus eben
so das Geschäft Arten hervorzubringen selbst, als
die Ursachen der Verartung, herfließen; und um
dies auch denen deutlich zu machen, welche nur we-
nige Kenntnisse in der Physiologie haben, muß et-
was aus dieser Lehre vorausgeschickt werden.

§. 33.
Bildungstrieb.

Ich habe schon anderswo in einer besondern
Schrift über diese Materie*) mich bemüht zu zeigen,
daß jenes gemeine, sogenannte Entwickelungssystem
(S. evolutionis) (welchem zu folge keine Pflanze und
kein Thier erzeugt wird, sondern alle Individuen
organischer Körper gleich in der ersten Schöpfung als
Keime eingeschlossen liegen, und nun nur allmählich
sich entwickeln), daß dieses weder den Erscheinung-
gen der Natur selbst, noch einer uneingenommenen
Philosophie entspreche: sondern im Gegentheile eine
schickliche Verbindung zweyer Hauptsätze zur Erklä-
rung des Wesens organischer Körper, der physisch
mechanische nämlich, und teleologische, nebst den
Erscheinungen der Erzeugung, und einem gesunden
Vernunftschlusse uns vielmehr nöthigen zu bestimmen:

Der Zeugungssaft sey nichts als der ungeform-
te Stoff zu organischen Körpern, unterschieden von
dem Stoffe zu Körpern aus dem unorganisirten Na-
[Seite 70] turreiche, durch eine angeborne, durch die Er-
scheinungen sich offenbarende Kraft, vermöge wel-
cher er unter den erforderlichen Umständen der
Reife, der Vermischung, des Orts seiner Bestim-
mung u.s.w. erst die ihnen festgesetzte und be-
stimmte Form der Zeugung annimmt, dann durch
das Geschäft der Ernährung beständig erhält, und
falls sie etwa verstümmelt worden, soviel möglich
durch das Reproduktionsvermögen wieder herstellt.

Damit man diese Kraft nicht mit andern Arten
der Lebenskraft, oder andern schwankenden, und
unbestimmten Ausdrücken der Alten, als der plasti-
schen Kraft und andern mehr vermenge, so wollen
wir sie durch die Benennung des Bildungstriebes
unterscheiden*): wodurch ich jedoch nicht sowohl
eine Ursache, als eine gewisse, immer dauernde, sich
stets gleiche, a posteriori von der Bestandheit und
Allgemeinheit abgezogene Wirkung bezeichnen will
fast auf dieselbe Weise, als man sich der Ausdrücke
Schwere oder Anziehung bedient, gewisse Kräfte
[Seite 71] dadurch anzudeuten, deren Ursachen doch auch in
cimmerischer Finsterniß begraben liegen r).

Wie also andere Lebenskräfte, wenn sie durch
ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden,
wirksam und zum Gegenwirken geschickt werden; so
wird auch der Bildungstrieb durch ihm entsprechende
Reize, z.B. durch das Eindringen der Wärme in
das bebrütete Ey, aufgeregt.

Da aber andere Lebenskräfte, als Zusammenziehungskraft,
Reizbarkeit u.s.f. bloß durch Bewegung sich äußern,
äußert sich diese hingegen, von welcher wir jetzt spre-
chen, durch Wachsthum, und daß sie der Materie
eine ihr bestimmte Form ertheilt; wodurch denn jede
Pflanze, jedes Thier (geschehe dies nun unmittel-
bar oder stufenweise durch allmähliges Hinzukom-
men oder Wechseln anderer Reize, durch Meta-
morphose) seine Gattung auf seine Jungen fort-
pflanzen kann.

Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb
von der ihm bestimmten Richtung und Norm abwei-
chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß-
geburten; (monstrosa fabrica) dann durch Erzeu-
gung von Bastarden (hybrida generatio), aus ei-
ner Mischung des Zeugungsstoffes verschiedener Gat-
tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich
sogenannte Verschiedenheiten.

Die Mißgeburten, wo die organischen Körper,
sey es nun durch Störung und gleichsam Verirrung
des Bildungstriebes, oder auch durch ungefähren
Zufall, als Pressung von außen, u.a. eine ganz
[Seite 72] fehlerhafte und ungestaltete widernatürliche Bildung
erhalten, gehen uns gegenwärtig nichts an.

Eben so wenig gehören die aus einer Zeugungs-
vermischung verschiedener Gattungen entstandenen
Bastarde hieher, da nach einem sehr weisen Gesetze
der Natur (wodurch einer grenzenlosen Verwirrung
der spezifischen Formen vorgebeugt wird) solche Ba-
starde, besonders im Thierreiche, kaum jemals ohne
Zwang des Menschen entstehen; und dann, wo
nicht immer, unfruchtbar sind; daß sie also eine
neue, aus ihrer anomalen Liebe entstandene, von
der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu-
pflanzen unvermögend sind. Indessen kann doch
die Geschichte der von verschiedenen Gattungen er-
zeugten Bastarde uns Erläuterung in der gegenwär-
tigen Untersuchung geben; theils wegen der Analo-
gie mit jenen aus verschiedenen Spielarten (varieta-
tibus
) entsprossenen Bastarden, von welchen unten
wird geredet werden; theils weil sie statt aller die-
nen jene Theorie von der Auswickelung der präfor-
mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und
Wirksamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun,
welche jeder wird kennen lernen, der jene so bekann-
ten und sehr merkwürdigen Versuche gehörig beseitigt
hat, nach welchen, den seltnern Beyspielen zeugen-
der Bastarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere
Zeugungen hindurch vermittelst des männlichen Saa-
mens derselben Spezies öfters wiederholt wurde, die
neue Bildung der Urenkelbastarde von der ursprüng-
lichen Form der Mutter so sehr abgewichen, daß sie
gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters
einer andern Spezies übergegangen, und so end-
[Seite 73] lich jene in diese ( – gleichsam durch willkührliche
Metamorphose –) gänzlich verwandelt erschienen
ist10).

Wie aber die Vermischung spezifisch verschiedener
Geschöpfe, obschon sie nicht jede Regung des Bil-
dungstriebs untergräbt, und gleichsam erstickt, ihm
doch eine besondere und unregelmäßige Richtung giebt,
so trägt auch ein fortdauernder, langwieriger, durch
lange Reihen von Zeugungen hindurch fortgesetzter
Einfluß gewisser besonderer reizender Eindrücke auf
organische Körper, ebenfalls viel dazu bey, den
Bildungstrieb nach und nach von dem gewöhnlichen
Wege abzulenken; welche Abweichung nun der häu-
figste Ursprung der Ausartung und der eigentlich
sogenannten Spielarten Mutter ist.

So wollen wir denn nun die hauptsächlichsten
dieser reizenden Eindrücke durchgehen.

§. 34.
Das Klima.

Daß die Macht des Klima, wie auf alle orga-
nische Körper, so besonders auf die Thiere mit war-
men Blute ohne Grenzen sey, wird ein jeder leicht
einsehen, wenn er erstens erwägt, durch welch ein
inniges und unauflösliches Band diese Thiere, so
lange sie leben, mit der Einwirkung der atmosphä-
[Seite 74] rischen Luft zusammenhängen; dann aus wie man-
chen Elementartheilchen, theils gasförmigen Grund-
stoffen, theils hinzugekommenen des Lichts, der
Wärme, der elektrischen Materie, u.a. diese (sonst
selbst für ein einfaches Element gehaltene) Luft wun-
derbar zusammengesetzt ist; endlich aber, wie viel-
fach sie nach dem Verhältniß dieser Elemente modi-
ficirt ist, und wie verschieden dieser Veränderung zu
Folge die Einwirkung der Atmosphäre auf die eben-
benannten Thiere seyn muß: hauptsächlich, wenn
man noch so viel anderes mit in Rechnung bringt,
durch dessen Hinzukommen das Klima so sehr verän-
dert wird, als die Lage der Gegenden in Ansehung
der Erdgürtel, der Sonnenhöhe, Gebirge, Nachbar-
schaft des Meeres, oder Seen und Flüsse, endemi-
scher Winde, und unzähliges der Art mehr.

Die von benannten Thieren nun von jung auf
eingesogene, nach Veränderung des Klima so sehr
modifizirte Luft, wird in ihren Lungen gleichsam als
in einem lebendigen Laboratorium zersetzt; ein Theil
davon wird mit dem Blute in den Schlagadern durch
den ganzen Körper vertheilt, nach Verhältniß dieses
Theils aber werden hingegen andere Elemente von
hier weggeschaft, und legen theils an die peripheri-
schen Bedeckungen des Körpers an, theils werden
sie durch den Strom der Blutadern zu den athmen-
den Eingeweiden zurückgeführt.

Daher denn die mancherley Modifikationen des
Blutes selbst, und deren merkwürdiger Einfluß auf
die Absonderung der Flüssigkeiten, besonders der
ölichten, als des Fettes, der Galle, u.a.

[Seite 75]

Daher endlich die Einwirkung von dem allen,
gleichsam als von eben so viel reizenden Eindrücken
auf das dichte solidum-vivum *), und die davon
abhängige Rückwirkung dieses wirksamen solidi, und
was unsere Untersuchung zunächst betrift – die Rich-
tung und Bestimmung des Bildungstriebes.

Obschon diese große und ununterbrochene Macht
des Klima auf die thierische Oekonomie, Haltung
und Bildung des Körpers von aufmerksamen Be-
obachtern zu alten Zeiten ist anerkannt worden, hat
man sie doch hauptsächlich zu unsern Zeiten, theils
durch die großen Fortschritte, welche man in der Che-
mie gemacht hat, theils durch ein genaueres Stu-
dium der Physiologie, erst in ihr Licht gesetzt und
gewürdigt.

Nichts desto weniger ist es doch bey Untersuchung
der Varietäten oft nur zu schwierig genau zu bestim-
men, wie viel davon bloß dem Klima, oder viel-
mehr andern Ursachen der Ausartung, und wie viel
endlich dem Zusammentreffen dieser beyden zuzuschrei-
ben sey.

Indeß dürfte ich noch ein oder anderes Beyspiel
von Ausartung anführen, welches offenbarer von
[Seite 76] dem Einflusse des Klima scheint müssen hergeleitet zu
werden.

Die weiße Farbe z.B. vieler Thiere unter dem
Nordpole, welche in gemäßigten Zonen eine andere
haben. Beyspiele liefern der Fuchs, die Haasen,
das Zugvieh, die Falken, die Raben, die Krähen,
die Amseln, die Buchfinken, u.a.m.

Daß die Weiße von der Kälte herkomme, lehrt
die Analogie solcher Thiere, welche unter demselben
Himmelsstriche im Winter die Sommerfarbe in eine
weißliche oder gräuliche verwandeln; wie das Her-
melin, und gemeine Wiesel, die Haasen, Eichhörn-
chen, Rennthiere, das Schneehuhn, die Schnee-
ammer, u.a.11).

So schreibe ich auch das durch seine Sammet-
weiche und Schneeweiße sich auszeichnende Fell der
genannten Thiere auf Anzyra (§. 28.) mehr dem
Klima als dem Futter zu, weil auch die von der ver-
schiedensten Nahrung lebenden Thiere, die Fleisch-
fressenden, wie die Katze, eben so gut, als die
Kräuterfressenden, wiederkäuenden, z.B. die Ziege,
es mit einander gemein haben.

Einen ähnlichen Grund scheint die Kohlenschwär-
ze zu haben, welche unter gewissen Thieren der hei-
ßen Erdzone, als auf den Küsten von Guinea, die
Thiere verschiedener Klassen, sowohl Säugthiere als
Vögel, bekommen haben. ( §. 27.)

Und am merkwürdigsten ist, daß diese Mohren-
schwärze eben sowohl, als jene Weiße der syrischen
[Seite 77] Thiere, auch wenn sie in entfernte Gegenden von
weit verschiedenem Klima versetzt worden, doch be-
ständig lange Reihen von Zeugungen hindurch sich
erhalten.

Nicht geringer ist die Kraft und Macht des Kli-
ma aus die Größe (statura) organischer Körper;
da die Kälte ihr Wachsthum hindert, die Wärme
hingegen es offenbar vermehrt und befördert. So
z.B. die schottischen Pferde, oder die Füllen in dem
kalten Nordwales; auf Schonen sind die Pferde und
das Rindvieh, wie die eingebornen Menschen, groß
und stark von Statur, in Seeland werden sie all-
mählig kleiner, und im nördlichen Ostgothland end-
lich sind sie nach Verhältniß am kleinsten.

§. 35.
Nahrungsmittel.

Zwar ist des berühmten G. Fordyce scharfsinnige
Meinung sehr wahrscheinlich, daß die ersten Urbe-
standtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob
aus dem Thier- oder Pflanzenreiche genommen, die-
selben seyen; und daß deshalb von den vielerley
Fleisch- und Kräuterfressenden Thieren mit warmen
Blute, von den verschiedensten Nahrungsmitteln,
ein ähnlicher Chylus, und im allgemeinen ähnliches
Blut zubereitet werde, sobald sie nur von den Ver-
dauungswerkzeugen gehörig verarbeitet worden. Al-
lein, so wahrscheinlich als diese Sache auch immer
seyn möge, so ist doch keineswegs zu läugnen, daß
die unzähligen, der verschiedenen Nahrung zukom-
menden Eigenschaften, bey der Veränderung des
[Seite 78] Wesens, und der Eigenthümlichkeiten der Thiere
von großem Gewichte sind.

Wenige Beispiele werden zureichen, dies zu
beweisen.

Daß z.B. die Macht gewisser besonderer Nah-
rung auf die Farbe der Thiere spezifisch sey, lehren
die Singevögel, besonders von den Geschlechtern der
Lerchen und Finken, von welchen man weiß, daß
sie nach und nach schwarz werden, wenn sie bloß
Hanfsaamen fressen.

Daß sich das Gewebe der Haare bey veränder-
ten Nahrungsmitteln außerordentlich verändere, sieht
man an dem Beyspiele des afrikanischen, nach Eng-
land übergeführten Schaafes, dessen von Natur
schlechte und wie Kameelhaare stehende Wolle, nach
einer jährigen Weidung auf englischer Trift, die
feinste Weichheit erhielt12).

Wie mächtig aber die Nahrung auf Verände-
rung der Statur und Verhältniß der Größe (pro-
portio
) wirke, erhellet deutlich aus einer Verglei-
chung der Hausthiere. Die Pferde z.B. welche in
den Marschländern (terris uliginosis) eine fette Wei-
de haben, als die friesischen, u.a.m. werden sehr
groß, da sie hingegen in felsigten und steinigten
Ländern, wie in Oeland, oder auf trockenen Hei-
den niedrig bleiben. So werden die Ochsen, auf
fettem Boden auch ungewöhnlich fett und bauchigt,
aber mit verhältnißmäßig kürzern Schenkeln; die auf
trockener Trift geweideten aber, wie auf dem Kap
[Seite 79] z.B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber
durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie-
lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige
Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge-
wichts, u.s.w. ganz zu übergehen.

§. 36.
Lebensart.

Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache
des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke
her, welche außer dem Klima und der Nahrung in
einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko-
nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen
und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi-
tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern
im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil-
dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am
meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am
allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird.

Bedenken wir z.B. den gewaltigen Unterschied
zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln
schulgelernten, und eines wild im Walde herum-
schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern
streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes
hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be-
wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus,
und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den
Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem
Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes,
und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey
vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich-
[Seite 80] tungen, der Absonderung, Zeugung, u.a.m. auf
die außerordentlichste Weise. So wächst z.B. bey
dem Schweine eine sehr große Fetthaut, welche der
Eber nicht hat, dessen weichere gleichsam wolligte,
mit Borsten untermengte Haare im Gegentheil sich
bey der Varietät der Hausschweine nach und nach
verlieren. Bey diesen Hausthieren findet man weit
mehr mißgestaltete Geburten, als bey ihrem wilden
Originalstamme; eine Menge neuer Krankheiten, ja
sogar ganz neue Arten von Würmern, von denen
man an ihrer wilden und originalen Art nicht einmal
eine Spur antrift: welche, wiewohl paradoxe, doch
gewiß unläugbare Behauptung zu bewahren, man
bloß das Beyspiel der Finnen (hydalides intercutes,
ital. Lazaroli) zum Beweis anführen kann13).
Hieher rechne ich auch die durch einen frühzeitigen
und übermäßigen Genuß der Liebe unvollkommen ge-
bliebene Statur, u.a. der Art mehr.

§. 37.
Bastard-Erzeugung.

Die bisher aufgezählten dreyfachen Quellen der
Verartung können bloß durch ein sehr langwieriges
und sehr viele Reihen von Zeugungen hindurch fort-
gesetztes Einwirken, den Charakter, und die Beschaf-
fenheit der Originalthiere nach und nach umändern,
und Spielarten hervorbringen.

[Seite 81]

Ganz anders verhält sich dies, und schon die
nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter,
wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich
entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden,
woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von
den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder
Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding
zwischen beyden ausmachen.

Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-
starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat-
tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug-
ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des
Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö-
gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in-
dem sie unter den Veraltungen des Menschenge-
schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an
scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men-
schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier-
weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter
Geilheit14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung
von Enthaltsamkeit geschehen15), oder weil sie
[Seite 82] etwa einen medizinischen Nutzen von einer solchen
Handlung hofften16) oder wo Weiber Thiermän-
nern untergelegen haben (entweder genothzüchtigt17),
oder von rasend geilen Weibern dazu gereizt18),
oder weil diese aus religiösem Aberglauben sich der
Schande Preiß gaben19). Allein es ist uns doch
[Seite 83] kein von einem glaubwürdigen Zeugen erzähltes Bey-
spiel vorgekommen, wo eine solche Verbindung frucht-
bar gewesen, und aus der abscheulichen Begattung
des Menschen mit dem Thiere ein Bastard erzeugt
worden wäre.

Sondern wir handeln blos von jenen Bastarden,
welche aus einer Verbindung verschiedener Ausar-
tungen einer und derselben Thierspezies entsprießen,
wie z.B. die aus der Verbindung des grünen Ka-
narienvogels mit der weißen Varietät entstandenen,
sind; welche Vermischung zur Umänderung der Far-
be, und Bildung der neuen daraus entstehenden Nach-
kommenschaft so auffallend wirkt, daß man sich ih-
rer auch zur Verbesserung und Verädlung der Zucht
der Hausthiere, besonders der Pferde und Schaafe,
mit sehr großem Nutzen bedient.

§. 38.
Thieren durch Kränklichkeit angeerbte Eigenschaften.

Die durch Kränklichkeit angeerbte Verfassung
scheint zwar beym ersten Anblick mehr zur Patholo-
gie, als zur Naturgeschichte zu gehören. Erwägt
man aber die Sache sorgfältiger, so wird man leicht
einsehen, daß sie aus mehr als einem Grunde auch
zu diesen jetzt abgehandelten Ursachen der Verar-
tung könne gerechnet werden.

Denn erstens scheinen gewisse äußere Beschaffen-
heiten der Thiere, wiewohl man sie nach den gemei-
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zustande
nicht zuzuschreiben pflegt, doch zunächst von ihm
herzukommen, indem sie mehrentheils widernatürlich
[Seite 84] mit einer gefunden Wirksamkeit verknüpft sind. Hie-
her ziehe ich z.B. eine besondere Weiße gewisser Thie-
re, welche schon der weise Verulam die Krankheits-
farbe genennt hat20). Wenigstens lernt man an
dem ungarischen Ochsen, dessen Fell bloß durch die
Verscheidung so weiß wird, daß man nicht selten
eine fehlerhafte Konstitution, und Mangel in der
Oekonomie des Körpers als Ursache davon anzusehen
habe; andererseits aber erhellt aus den Beyspielen
der Angorischen Katzen und Hunde, welche nach ei-
ner sehr gemeinen Bemerkung fast alle sehr schwer
hören, daß auf ein solches besonderes Weiß auch
Symptome von Krankheiten folgen.

Dann aber scheinen auch einige wirkliche Krank-
heiten, wenn die Natur der Thiere lange Reihen
von Zeugungen hindurch sich gleichsam an sie ge-
wöhnt hat, nach und nach gelinder und ihnen
selbst minder beschwerlich zu werden, so daß man
sie endlich kaum mehr für Krankheit zu halten
pflegt. Ein Beyspiel davon liefert jene Art von
fehlerhaftem Weiß, welches in Verbindung mit dem
Mangel des, das innere Auge der Thiere mit war-
men Blute überziehenden schwarzen, Pigments, unter
der Benennung der Levkäthiopie (weiße Negerart)
bekannt ist. Wenn ein oder anderer Fötus damit
behaftet ist, (denn diese Beschaffenheit ist immer
angeboren) zeigt sie sich offenbar als eine Art Ca-
chexie, welche fast an Aussatz grenzt; Bey andern
hingegen, wo sie gleichsam durch Erbschaft von vielen
Zeugungen her angestammt, ist sie zur andern Na-
[Seite 85] tur geworden, wie z.B. in der weißen Varietät der
Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen
krankhaften Beschaffenheit zurückgeblieben ist (welche
doch die Analogie mit andern anomalisch weißen
Thieren mit rothen Augensternen offenbar beweißt):
so, daß Zoologen das Frettchen auch für eine beson-
dere Gattung des Wieselgeschlechts gehalten haben,
von welchem ich jedoch schon oben erinnert habe
(§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles trügt, für
eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev-
käthiopisch kranken Ursprungs zu halten habe.

§. 39.
Problematische Frage: ob auch Verstümmelungen, oder
andere Künsteleien, zu angebornen, Verschiedenheiten un-
ter den Thieren Gelegenheit geben können?

Man hat sich gestritten, ob auch Verunstaltun-
gen oder Verstümmelungen, welche Zufall oder Ab-
sicht an den Thieren hervorgebracht, hauptsächlich
wenn sie durch lange Reihen von Zeugungen wieder-
holt werden, mit der Zeit gleichsam zur andern Na-
tur werden könnten, so daß nun, was vorher Wir-
kung der Kunst gewesen, zu einer an den Geburten
sich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen
ist es behauptet21), von andern gegentheils ver-
worfen worden22).

[Seite 86]

Die welche es behaupten, führen die Beyspiele
junger Thiere verschiedenen Geschlechts an, von
Hunden, z.B. Katzen, u.a. welche, indem sie
mit verstümmeltem Schwanz oder Ohren geboren
wurden, wenn diese Theile ihren Aeltern vorher ver-
stümmelt worden, keine ungültigen Zeugen sind:
ferner, daß bey Völkern, welche ihre Knäbchen be-
schneiden, unterweilen einige mit kurzer Vorhaut
gleichsam beschnitten (apellae) geboren werden23),
oder daß Kindern Zeichen von Narben, welche bey
den Aeltern aus einer Wunde entstanden waren,
nachher angeboren worden. Ja Büffon leitete sogar
aus einer ähnlichen Quelle gewisse besondere Merk-
zeichen einiger Thiere her, als die Schwielen auf
Brust und Schenkeln der Kameele, oder die kahle
schieferfarbige Stirn der Saatkrähe (Corvus fru-
gilegus
).

Die dies nicht annehmen wollen, werden diese
Meinung Büffons aus dem Grunde, weil er den zu
erweisenden Satz schon als Beweißgrund annimmt
(petitio principii), nicht ganz mit Unrecht verwer-
fen, die übrigen genannten Beyspiele aber vielmehr
einem ungefähren Zufall beymessen zu müssen glauben.

Bis jetzo nun trete ich zwar weder durch Beja-
hen noch Verneinen einer von diesen beyden Meinun-
gen bey, ich werde aber willig den Kalkul der Ver-
neinenden unterzeichnen, wenn sie zuvor Rechen-
schaft abgelegt haben, warum solche Besonderheiten
der Bildung, sie mögen nun ursprünglich durch
[Seite 87] Kunst oder Zufall entstanden seyn, auf keinen Fall
auf die Nachkömmlinge fortgepflanzt werden können,
da doch andere Geschlechtszeichen, welche aus an-
dern, bis jetzt noch unbekannten Ursachen, Haupt-
sächlich in der Physiognomie entstehen, als Nasen,
oder Lippen, oder Augenbraunen, u.a.m. in Fa-
milien unterweilen mehrere oder wenigere Zeugungen
hindurch, mit wehr oder weniger anhaltender Aehn-
lichkeit, sich eben so gut fortpflanzen, als Fehler
an den Sinnorganen24), z.B. Fehler in der
Rede und Aussprache, und anderes der Art mehr;
falls sie nicht etwa Lust haben, auch dieses alles ei-
nem besonderen Zufalle zuzuschreiben*).

§. 40.
Einige Verwahrungsregeln der Vorsichtigkeit bey Erörte-
rung der Ursachen der Verartung.

Viele von den bisher aufgeführten Ursachen der
Verartung springen so klar in die Augen und sind so
außer allen Zweifel gesetzt, daß man die meisten oben
aufgezählten Erscheinungen der Verartung mir leich-
ter Mühe, und unbezweifelt auf sie, wie die Wir-
kungen auf ihre Ursachen beziehen kann.

[Seite 88]

Von der andern Seite aber stößt man auch hin-
wiederum auf einen Punkt, wo man sieht, daß
mehrere dieser Ursachen zwar zusammenwirken, aber
sich gegenseitig aufheben; man sieht so verschiedent-
lich und vielfach, theils eine Geneigtheit, theils ein
Widerstreben der organischen Körper zur Verartung;
dann wieder eine verschiedne Wirkung jener Ursachen
auf diese Körper, in wiefern sie mittelbarer oder un-
mittelbarer auf sie wirken; und endlich die Verschie-
denheit dieser Wirkungen, wodurch sie einmal gleich-
sam in einer beharrlichen Bestandheit lange Reihen
von Zeugungen hindurch sich unversehrt erhalten,
und dann weit veränderlicher in einem kurzen Zeit-
raum sich wieder verwischen; daß man dieser vielar-
tigen und mannichfaltigen Beziehung halber bey Er-
örterung der Varietäten auch wieder die größte Vor-
sichtigkeit nöthig hat. Deshalb möchte ich wohl der
Ungeübteren halber beym Schlüsse dieser Abhandlung,
bevor wir zu den Menschenvarietäten selbst überge-
hen, wenigstens einige Hauptvorsichtigkeitsregeln,
die bey gegenwärtiger Untersuchung sehr in Erwä-
gung gezogen werden müssen, als Corollarien bey-
fügen.

1) Je mehrere Ursachen der Verartung ver-
eint zusammen kommen, und je länger sie auf
eine und dieselbe Thiergattung wirken, um desto
offenbarer wird diese von ihrer Originalbildung
abweichen können.

In dieser Hinsicht kann man also kein Thier mit
dem Menschen vergleichen, dem Allverzehrer, der
unter jedem Himmelsstriche lebt, und vor allen an-
[Seite 89] dern den Namen eines Hausthiers verdient, was
er seit dem ersten Beginne seines Geschlechtes war;
auf welchen also des Klima, der Nahrung und Le-
bensart, vereinte Kraft am längsten wirken mußte.

2) Im Gegentheile aber kann auch eine sonst
hinlänglich wirksame Ursache der Verartung ver-
ändert, ja geschwächt werden, durch Hinzukunft
anderer Bedingungen, besonders wenn sie jener,
als entgegnende zuwiderwirken.

Hier bemerkt man z.B. in verschiedenen Stri-
chen unsers Erdwasserballs, auch wenn sie unter
demselben Grade geographischer Breite liegen, doch
unterweilen die verschiedenste Temperatur der Luft,
und eine eben so verschiedene und mithin fast entge-
gengesetzte Wirkung derselben auf die Beschaffenheit
der Thiere, denn diese sind nach der höhern oder
niedrigern Lage, der Nachbarschaft von Meer, Flüs-
sen, Bergen oder Wäldern, dem Unterschied des
neblichten oder reinen Himmels, oder der besondern
Beschaffenheit des Bodens, und andern Umständen
der Art mehr, verschieden.

3) Und so muß denn eine besondere Erschei-
nung von Verartung nicht sowohl auf einen un-
mittelbaren, als einen mittelbaren, entfernteren,
auf den ersten Anblick verborgenen Einfluß einer
gewissen Ursache bezogen werden.

Hier muß man z.B. die dunklere Farbe von
Völkern nicht bloß von der geraden Wirkung der
Sonne auf die Haut, sondern auch von einer ent-
[Seite 90] fernteren, als ihrer besondern Macht auf das Ge-
schäft der Leber herleiten.

4) Veränderungen, welche aus einem mit-
telbaren Einfluß solcher Ursachen entstanden sind,
scheinen hernach desto tiefer Wurzel zu fassen,
und auch desto beständiger auf die folgenden Ge-
nerationen fortgepflanzt zu werden.

Hier z.B. muß man, wo ich nicht irre, den
Grund aufsuchen, warum die unter der heißen Zone
röthlich gewordene Hautfarbe (§. 35.) auch unter
anderm Himmelsstriche fortdauernder ist, als die
weiße Farbe der Nordländer, wenn sie gegen Sü-
den kommen.

5) Und endlich können die mittelbaren Ein-
wirkungen solcher Ursachen so versteckt und ver-
borgen liegen, daß auch die Muthmaßung, sie
noch nicht heraus zu bringen, und man die bisher
räthselhaften Erscheinungen von Verartung, aus
sie als auf ihre Quellen zurückzuführen, nicht im
Stande gewesen ist.

So z.B. muß man zweifelsohne solchen mittel-
baren, und großentheils uns unbekannten Ursachen
die bleibenden und Nationalformen der Hirnschädel,
die Nationalfarben der Augen, u.a.m. zuschreiben.


Dritter Abschnitt.
Von den Ursachen und Arten, wodurch und wie
die Gattung des Menschengeschlechts
degenerirte.


§. 41.
Verhandlungsweise.

[Seite 91]

So wollen wir denn nun, was bisher von den
Arten und Ursachen der Verartung der Thiere im
Allgemeinen erklärt worden, auf die durch Geburt
fortpflanzenden Varietäten des Menschengeschlechts
anwenden, wo wir die Arten der Verartung einzeln
aufzählen, und was bey jeder von den Ursachen,
welchen sie zugeschrieben werden können, bekannt ist,
beyfügen wollen. Den Anfang wollen wir mit der
Hautfarbe machen, denn wenn gleich kein ganz irr-
thumsfreyes, ist sie doch vor allen übrigen ein sehr
beständiges und forterbendes Merkzeichen1), wel-
ches auch bey Bastarderzeugungen entstanden, aus
einer Verbindung von Varietäten verschiedener Far-
be (§. 37.) am offenbarsten in seiner Vermischung
von der Tinktur beyder Aeltern sich zeigt; und hat
[Seite 92] dann auch viel Zusammentreffendes mit der Farbe
der Haare und des Augensternes, und Bezug auf
das Temperament der Menschen; und springt dem-
nach im Allgemeinen auch allen Ungelehrten am mei-
sten in die Augen.

§. 42.
Sitz der Hauptfarbe.

Das Schleimnetz, insgemein Zellgewebe ge-
nannt, von dessen sehr hohen Wichtigkeit in der Oe-
konomie des menschlichen Körpers wir oben (§. 17.)
geredet haben, dient nicht bloß der ganzen Maschine
gleichsam zum Fundament, in wiefern es den übri-
gen, nur nicht allen, ähnlichen Theilen bis zum
Mark der Knochen eingewebt ist, sondern ist auch
auf der äußern Oberfläche des Körpers in Verbin-
dung gebracht mit der weißen und zähen allgemeinen
Bedeckung, der eigentlichen Haut nämlich, welche
den übrigen Körper umfaßt und einschließt, und
welche außer andern, besonders von einem großen
Apparate von Hautnerven und lymphatischen Venen,
endlich aber auch von sehr engverbundenen und feinen
Netzen blutführender Gefäße angeschwellt ist.

Jene, die Nerven nämlich, ertheilen der Haut
Empfindung, damit sie das Gefühlsorgan, und
gleichsam Wächter des ganzen Körpers sey.

Die andern, die lymphatischen Venen nämlich,
machen wiederum die Haut zum Werkzeug des Aus-
dünstens und Einsaugens.

Diese aber, ich meine die blutführenden Ge-
fäße, gehören zunächst zu gegenwärtiger Streitfrage,
[Seite 93] indem die allgemeinen Bedeckungen des Körpers,
nebst der Lunge und dem Darmkanale einen großen
Reinigungs- und chemischen Verarbeitungsplatz für
die menschliche Maschine durch sie errichten, welcher,
wie sich bald ergeben wird, bey Festsetzung der
Hautfarbe sehr großen Antheil hat.

Das Fell ist mit einem sehr zarten Schleime
überzogen, welchen man nach der irrigen Beschrei-
bung des Erfinders das Malpighische Netz nennt.
Es macht dieses gleichsam ein leimigtes Band aus,
wodurch die äußerste Lage der Bedeckungen, das die
Oberfläche des Körpers überziehende und zu oberst
bedeckende, halb durchsichtige, und bey dem gebor-
nen Menschen zunächst der atmosphärischen Luft
ausgesetzte Fellhäutchen nämlich, endlich mit der
Haut zusammenhängt.

Netz und Fellhaut sind durch ihren ganz einfa-
chen von Nerven und Gefäßen völlig entblößten
Bau, von der Natur des Felles sehr weit unter-
schieden, kommen aber in mehr als einem Stücke
mit einander überein, so daß eine Verwandschaft
dieser gleichartigen Theile, ja gewissermaaßen das
Entspringen der äußersten Haut aus diesem unterge-
legten Netze, sehr wahrscheinlich scheint.

Diese beyden verwandten Unterlagen bestimmen
insofern den Sitz der Farbe der Bedeckungen, daß
sie bey den weißen Menschen, wo sie kein Pigment
haben, die natürliche röthliche Weiße des Fells durch-
schimmern lassen; da bey den Oliven- oder anders-
farbigen hingegen das Hauptpigment der Haut auf
dem malpighischen Netze haftet, und das, obschon
blassere Fellhäutchen offenbar an dem Farbenanstrich
[Seite 94] desselben Theil nimmt; und daß, je schwärzer das
Netz, es auch um desto dicker und der Gattung Mem-
bran, davon es eine Art ist, ähnlicher, je durchsichtiger
hingegen es ist, um desto zarter wird, und nur die
Beschaffenheit eines flüßigen Schleimes bekommt.

§. 43.
Die Nationalverschiedenheiten der Farbe.

Wiewohl zwischen dem reinen Weiß der Euro-
päerin, und dem höchsten Schwarz der senegambi-
schen Negerin die Hautfarbe der Menschen in zah-
lenlose Nüancen2) zu spielen scheint: und keine von
diesen weder allen Menschen eines und desselben Vol-
kes gemein, noch irgend einem Volke so eigen ist,
daß man sie nicht auch bisweilen bey andern, übri-
gens von diesen sehr verschiedenen, antreffen sollte;
so scheinen doch im Allgemeinen alle Nationalver-
schiedenheiten der Farbe sehr bequem auf folgende
fünf Hauptklassen zurückgeführt werden zu können.

[Seite 95]

1) Die weiße Farbe, wie bey den meisten euro-
päischen Völkern. Diese Varietät hat die Röthe
der Wangen fast eigenthümlich, welche man an den
übrigen wenigstens seltner bemerkt.

2) Die Gelbe (englisch yellow, olive tinge)
welche gleichsam das Mittel hält zwischen der Farbe
vom Waizen und gekochten Quitten, oder getrockne-
ten Citronenschaalen; bey den mongolischen Völkern
gewöhnlich.

3) Kupferartige (engl. copper-colour, franz.
bronzé) oder dunkel Goldgelbe, und fast rostfarbige,
dem Zimmet oder Lohfarbe nicht unähnlich; den
Amerikanern fast eigenthümlich.

4) Die Braune (badius, engl. tawny franz.
basané) oder Mittelfarbe zwischen neuem Mahago-
nyholze: und den Gewürznägelein oder Kastanien;
der malayischen Rasse, und den Südseeinsulanern
gemein.

5) Endlich die schwarze (engl. tawny-black)
welche bey gewissen äthiopischen Völkerschaften pech-
schwarz (engl. iet-black) ist: doch ist diese Ruß-
schwärze keinesweges den Aethiopiern eigenthümlich,
sondern man trift sie auch an andern sehr verschiede-
nen, und von einander weitentfernten Varietäten
des menschlichen Geschlechts, in Mischung mit der
Hauptfarbe der Haut an, wie bey den Brasiliern,
Californiern3), Indiern und Südseeinsulanern, wo
die Neukaledonier z.B. einen in dieser Hinsicht un-
[Seite 96] merklichen Uibergang von der hellbraunen Farbe der
Otaheiter durch die kastanienbraune der Bewohner
der Insel Tongatabu zu der schwarzen der Neuhol-
länder machen.

§. 44.
Ursachen dieser Verschiedenheit.

Der Sitz der Hautfarbe ist zu unfern Zeiten au-
ßer allen Zweifel gesetzt. Die Eintheilung und Ver-
theilung in Klassen, obschon sie willkührlich ist, scheint
doch ziemlich plan und deutlich. Allein nun die Ur-
sachen dieser Verschiedenheit aufzusuchen – dies ist
das Schwierige bey der Sache. Und zwar besonders
haben die Schriftsteller mit der Erklärung der Neger-
falbe sich gemartert, welche vor allen übrigen Na-
tionalfarben schon in den ältesten Zeiten den Euro-
päern auffallen, und die Köpfe zu Untersuchungen
reizen mußte. Kein Wunder denn, daß zu diesem
Behuf mancherley Hypothesen erdacht wurden, wel-
che ich aber als hinlänglich bekannt4) und schon von
[Seite 97] andern zusammen aufgestellt5), unberührt lasse.
Ich werde bloß jene Meinung aufstellen, welche,
wenn ich nicht irre, der Natur und Wahrheit am
nächsten zu kommen scheint.

Ich glaube dann, daß man die nächste Ursache
der verbrannten oder schwarzen äußeren Hautbedek-
kungen, in einem Uibermaaße von Kohlenstoff (car-
bonaceum elementum
) im menschlichen Körper su-
chen müsse, welcher mit dem Hydrogen durch das
Fell ausgesondert, durch den Zutritt eines atmosphä-
rischen Oxygens aber präcipitirt, und an dem mal-
pighischen Schleime angesetzt wird x).

Es ist allgemein bekannt, daß selbst den Negern
ihre Nationalfarbe nicht angeboren wird, sondern
[Seite 98] daß sie dieselbe nach der Geburt, wenn das Band,
welches die Frucht mit der Mutter zusammengehal-
ten hatte, getrennt ist, durch Hinzukunft der äu-
ßern Luft erhalten.

Ferner scheint zum Absondern und Ansetzen des
Kohlenstoffes die Wirkung der blutführenden
Gefäße des Fells (§. 42.) erforderlich.

Denn wird diese gestört, oder hört sie gar auf,
so bekommen auch die Schwarzen und Neger zuweilen
eine widernatürliche fehlerhafte Weiße der Haut.

Dagegen hat man die Erfahrung gemacht, daß
auf der weißen Haut, wenn jene Wirkung der Fell-
gefäße hervorgebracht worden, Sommersprossen und
Flecken von schwarzer Farbe entstanden sind, ja daß
sie fast eine Negerschwärze angenommen hat.

Jener Kohlenstoff scheint nun im Allgemeinen
bey Schwarzgalligten am Häufigsten zu seyn; denn
zwischen der Verrichtung der Galle und der allge-
meinen Bedeckungen (wozu auch die Haare gehö-
ren) ist eine offenbare Uibereinstimmung; indem
beyde Organe, Leber nämlich und Haut, zu den
hauptsächlichsten und wechselseitig zusammenstimmen-
den Reinigungsörtern der Blutmasse gehören.

Dann aber ist die Einwirkung der Klimate
auf das Geschäft der Leber überaus stark, welches
durch die heftigere Sonnenhitze zwischen den Wende-
zirkeln außerordentlich aufgeregt und verstärkt wird.
Deshalb giebt es zwischen den Wendekreisen mannich-
faltige und endemische Gallenkrankheiten. Deshalb
ferner ist das Temperament der meisten zwischen den
Wendekreisen eingebornen Völker cholerisch und zum
Zorn geneigt. Deshalb ist auch, wie die Aerzte
[Seite 99] vorlängst beobachtet haben6), die Beschaffenheit und
der Habitus derer in Indien lebenden Europäer, und
hauptsächlich ihrer daselbst gebornen Kinder gallicht.

Kein ander Klima kann in Heftigkeit und An-
halten der Hitze, und den ganz besondern hievon ab-
hängigen chemischen Eigenschaften der Atmosphäre,
z.B. spezifischen Winden, Regen u.a.m. mit jenem
heißen und brennenden Himmel verglichen werden,
welcher über den nassen und sumpfigten Gegenden
des östlichen und westlichen Afrika unter der heißen
Zone hängt.

Die eingebornen Aethiopier sind am längsten,
und schon durch eine lange Reihe von Generatio-
nen hindurch, der Wirkung jenes Klima's ausgesetzt
gewesen, indem sie zweifelsohne unter die ältesten
Völker der Erde zu zählen sind7). Deshalb ist es
denn auch kein Wunder, wenn sie dieselbe Beschaf-
fenheit, welche seit ihrem entfernten Ursprünge in
ihren Vorältern so tiefe und feste Wurzeln geschlagen,
auch unter fremden Himmelsstrichen auf die nächsten
Zeugungen unverändert fortpflanzen. Andererseits
aber scheint auch aus eben dieser bleibenden Anhäng-
lichkeit des äthiopischen Habitus um so deutlicher zu
[Seite 100] erhellen, daß er nur in langen Reihen von Zeugun-
gen habe anarten können, und daß es also zu den
widernatürlichen Wundern gehören würde, wenn die
Erzählung, welche wir hin und wieder lesen, wahr
wäre, daß die heutigen Enkel im 15ten Jahrhundert
nach Guinea gezogner, portugisischer Kolonisten in ei-
nem so kurzen Zwischenraume von wenigen Jahrhun-
derten bloß durch die Macht des Klima8) jenen
äthiopischen Habitus schon angenommen hätten.

§. 45.
Fernere Erläuterung der Ursachen von der Hautfarbe.

Was wir eben von den Ursachen der Hautfarbe
als Resultat und in einzelnen Sätzen aufgestellt ha-
ben, wird bey einem genaueren Forschen durch viel-
fache aber richtig mit einander übereinkommende und
aus Beobachtungen über die Natur des Menschen
selbst hergenommene Beweise, ungemein bestätigt.

Daß der Kohlenstoff zu den Grundstoffen (radi-
calia elementa
) des thierischen Körpers gehöre, und
auch der Grund einer dunklern Farbe, gleich viel ob
[Seite 101] einer gelben, braunen oder schwarzen sey, hat die
antiphlogistische Chemie der Franzosen gelehrt9).

Der Beschwerlichkeit und Gefahr aber, welche
ein Zurückritten dieser Materie der thierischen Oeko-
nomie bringen könnte, ist durch mancherley Aussau-
gungswerkzeuge vorgebeugt, worunter Leber und
Haut nicht die unterste Stelle behaupten.

Das Zusammenstimmen der Werkstätte der Galle
mit den gemeinschaftlichen Bedeckungen, erläutert,
außer den schon erwähnten Erscheinungen, auch die
Pathologie, welche, wie oft so auch hier, die Physiolo-
gie belehrt. Denn wiewohl ich die Analogie zwischen
der Gelbsucht und der Nationaltinktur der Farbe nicht
zu weit treiben möchte, so stößt man doch auf man-
cherley besondere, Aufmerksamkeit verdienende Er-
scheinungen, welche die Gelbsüchtigen und die gefärb-
ten Völker gemeinschaftlich haben, wohin ich z.B. die
in den Augen gelbgetünchte weißliche Haut (albugi-
neam
) rechne, welche die schwarzen Völker und na-
mentlich die Indier10), Amerikaner11) und Aethio-
pier12) gewöhnlich haben.

[Seite 102]

Und auch daß die Gelbsüchtigen ihre nach der
Verschiedenheit der Krankheit selbst mehr oder minder
gefärbte, der farbigen Völker ihrer sehr ähnliche
Haut, nach gehobener Krankheit nicht selten be-
halten13).

Aber auch davon hat man Beyspiele, daß bey
schwarzgallichten Krankheiten sich unterweilen gleich-
sam durch eine kritische Verwandlung eine wahre
Rußschwärze in der Haut festgesetzt habe14).

Aus der Verwandschaft der Galle mit dem
Fette15) ergiebt sich fernes ganz deutlich die an den
schwarzen Völkern beobachtete16) Wachstinktur des-
selben.

Wenn ich nicht irre, muß hievon der Grund her-
geleitet werden, warum die Völker, welche häufig
das Fette von Thieren essen, nicht nur nach diesem
Fette riechen, sondern auch eine schwarze Hautfarbe
[Seite 103] annehmen17); da hingegen die reinlicheren Ota-
heiter, die gern eine blasse Hautfarbe haben wol-
len, alljährlich einige Monate hindurch bloß von
der Frucht des Brodbaums leben, welchem Nah-
rungsmittel sie eine große Wirkung auf das Bleichen
der Haut zuschreiben18); obschon ein Theil dieser
Wirkung daraus herzuleiten ist, daß sie zugleich
diese Zeit, über zu Hause bleiben, und mit einer Men-
ge Kleider angethan, sich nicht öffentlich sehen lassen.

Wieviel ein solches Enthalten von freyer Luft
und offnem Himmel dazu beyträgt, die Haut weiß
zu erhalten, lehrt auch bey unsern Landsleuten die
jährliche Erfahrung; im Frühling haben die den
Winter hindurch eingezogner lebenden Frauenzimmer
eine glänzendweiße Haut, welche aber bey denen,
die für die Erhaltung dieser Schönheit weniger be-
sorgt sind und sich nachher der Sommerluft und Son-
ne aussetzen, vor Anfang des nächsten Herbstes, jenen
Frühlingsreiz verliert, und allmählich bräunt19).

[Seite 104]

Wenn nun schon verschiedene Jahreszeiten unter
einem und demselben Himmelsstriche die Farbe der
Haut ändern, was Wunder, wenn Klimate, von so
wesentlicher Verschiedenheit als oben (§. 34.) ange-
führt worden ist, eine sehr große und dauernde Macht
auf die Nationalfarbe haben; welche zuweilen schon
innerhalb weniger Grade geographischer Breite20)
ja sogar, bey dem Zusammenflusse der oben genann-
[Seite 105] ten Ursachen21), auch unter einerley Breite22) sich
an den Einwohnern offenbar verschieden zeigt.

§. 46.
Die Kreolen.

Eine vortrefliche Erläuterung über die Macht
des Klima auf die Bereitung der Farbe geben die
(selbst von klassischen Schriftstellern23) hin und
wieder fälschlich mit den Mulatten verwechselten)
Kreolen24), oder diejenigen Menschen, welche in
[Seite 106] Ost- und Westindien25), welche von europäischen
Aeltern geboren worden sind). Diese haben eine
so unverkennbare, gleichsam Süden athmende Ge-
sichtsbildung (vultus) und Farbe, auch besonders
der Haare und der brennenden Augen, daß man die
weißesten und schönsten Weiber durch diese Eigenheit
leicht von andern, und selbst von ihren in Europa
gebornen Blutsverwandten unterscheiden kann26).
Ja dies gilt nicht bloß von den Europäern, sondern
auch von Asiaten, welche in Ostindien von dahin
gezognen persischen oder mongolischen Aeltern gezeugt
werden27).

§. 47.
Mulatten u.a.

Merkwürdig ist ferner die bleibende Mittelschat-
tirung der Hautfarbe, welche die Nachkommen von
Aeltern verschiedener Farbe, gleichsam als Mischung
von diesen beyden an sich haben. Denn wiewohl
[Seite 107] aus hin und wieder sonderbare Beyspiele von derglei-
chen Bastardkindern berichtet worden sind, welche
aus einer solchen Verbindung verschiedener Raçen
entsprossen waren und (§. 37.) bloß die Farbe des
Einen von den Aeltern hatten28); so ist jene ge-
mischte Schattirung im Allgemeinen doch so fest und
erblich, daß Jac. Bruce's Erzählung von den Ne-
gern in gewissen Gegenden des Königreichs Tigre,
welche die schwarze Farbe unversehrt erhielten, auch
wenn einer von ihren Aeltern eine andere gehabt
hätte; und von den Arabern, welche mit Negerin-
nen weiße, bloß dem Vater ähnliche Kinder zeug-
ten29), verdächtig scheint.

Da man aber solche Bastardgeburten von Ael-
tern verschiedner Farbe, mit besondern Namen be-
zeichnet, so dürfte es der Mühe werth seyn, diese
hier in gedrängter Kürze aufzustellen.

A) Aus der ersten Zeugung.

Von Europäern mit Negern werden Mulat-
ten30) geboren.

Die Kinder von Europäern mit Indianern heis-
sen Mestizen31).

[Seite 108]

Eben so32) nennt man die von Europäern mit
Amerikanern Erzeugten, auch Westindier33), Me-
lisen34) und Mamelucken35).

Kinder von Negern mit Amerikanern heißen
Zamben36), welche einige aber ebenfalls Mulat-
ten nennen37), andere Loben38) und noch andere
Kuriboken und Kabuglen39).

Diese alle haben eine durch die Mischung von
beyden Aeltern entstandene Mittelfarbe und Gesichts-
bildung, und zwar mehr oder weniger schwärzlich
oder gelblich, ohne kaum einiges auf den Wangen
sichtbares Roth; die Haare der Mulatten sind meh-
rentheils kraus, bey den übrigen schwach, und bey
allen, fast durchgängig, schwarz; die Augentrau-
benhaut aber ganz schwarz.

B) Aus der zwoten Zeugung.

Mulatten, welche sich mit einander vermischen,
zeugen Kasquen40).

[Seite 109]

Die Europäer mit den Mulatten Terceronen41)
welche einige aber Quarteronen42), andere Mo-
riscen43), ja selbst Mestizen nennen44). In
Gesichtsbildung und Haaren gleichen sie den Euro-
päern, die Haut hat einen ganz leichten schwärzli-
chen Teint, die Wangen aber eine schwache Röthe.
Die Lippen und Schaamlefzen der Weiber sind dun-
kelroth, der Hodensack der Männer schwärzlich.

Die Neger mit den Mulatten zeugen Griffen45)
sonst auch mulattische Zamben46) und Cabern
genannt47).

Die Europäer mit indianischen Mestizen, Ka-
stizen48).

Die Kinder von Europäern und indianischen
Mestizen aber nennt man Quarteronen49), oder
Quatralven50). Die Spanier nennen sie auch
Kastizen51).

[Seite 110]

Die Amerikaner bringen mit eben diesen Mesti-
zen die sogenannten Tresalven52) hervor.

Die Kinder von Amerikanern und Mulatten
werden auch zuweilen Mestizen genannt53).

So werden auch die Kinder erster Zeugung von
Europäern und Zamben oder Loben zuweilen wie-
derum Mulatten genannt54).

Die von den Amerikanern und eben diesen Zam-
ben oder Loben heißen Zambaigen55).

Die Nachkommenschaft dieser Zamben oder Lo-
ben selbst aber nannten die Spanier Verachtungs-
weise Choles56).

C) Aus der dritten Zeugung.

Die von Europäern und Terceronen Erzeugten
nennen einige Quarteronen57), andere Ochavo-
nen58) oder Oktavonen, die Spanier auch Alvi-
nos59). Sehr scharfsichtige Beobachter behaupten,
daß man bey diesen schon keine Spur ihres äthiopi-
schen Ursprungs mehr vorfinde60).

[Seite 111]

Die Kinder von Mulatten und Terceronen nen-
nen sie Saltatros61).

Von Europäern und indianischen Kastizen Po-
stizen62).

Von Europäern und amerikanischen Quartero-
nen zweyter Zeugung, Oklavonen63).

Von Quarteronen und amerikanischen Mestizen
erster Zeugung Coyoten64).

Von den Griffen oder mulattischen Zamben mit
Zamben ersterer Zeugung Giffern65).

Von den Zambaigen und Mulatten Cam-
bujen66).

Einige dehnen nun die Genealogie der Bastarde
bis zur vierten Zeugung aus, und sagen, daß man
die Kinder von Europäern und Quarteronen dritter
Zeugung Quinteronen67), spanisch Puchuelen68),
nenne, welche Benennung aber ebenfalls den Kin-
dern von Europäern und amerikanischen Oktavonen
beygelegt wird69); daß aber an diesen Geburten
selbst die kleinste Spur des gemischten Ursprungs
noch fortdaure70), scheint nach den Berichten der
[Seite 112] glaubwürdigsten Augenzeugen von den Menschen
dritter Zeugung, daß sie nämlich im Betreff der
Farbe und ihres Habitus den europäischen Urgroßäl-
tern vollkommen ähnlich seyen, nicht einmal kaum
glaublich.

§. 48.
Schwarze Haut weiß gefleckt.

Dem was wir eben ( §. 44.) über die Wirkung
der blutführenden Gefäße des Fells zur Aussonde-
rung des Kohlenstoffs, welcher nachher durch Zu-
treten des Oxigens präcipitirt werden muß, gesagt
haben, dem geben die Beyspiele schwarzfarbiger
Menschen noch ein besonderes Gewicht, besonders
derjenigen Negern, bey welchen sich die Haut und
zwar fast immer, von der ersten zartesten Kindheit
an71), durch weiße Flecke auszeichnet, (franz. Ne-
gres-pies
, engl. piebald-Negroes.).

Ich habe einen solchen Neger, Namens Joh.
Richardson, zu London gesehen, welcher bey T.
Clarke diente, welcher (in Exeter-change-house)
lebendige ausländische Thiere sehen läßt, und ver-
kauft. Der junge Mensch war vollkommen schwarz
bis an den Unterleib um die Oberbauch- und Nabel-
gegend, und in der Mitte beyder Füße, welche die
Kniee mit den Gegenden des Oberschenkels und der
Tibia einnimmt, waren doch, wiewohl sie durch
[Seite 113] eine glänzende, ich möchte sagen, Schneeweiße sichaus-
zeichneten, wiederum mit einzelnen schwarzen Flecken,
gleichsam pantherartig gesprenkelt. Sein Haar war
ebenfalls zweyfarbig. Der mittlere Theil des Hin-
terhaupts nämlich, welcher von dem Scheitel nach
der Stirne in einen spitzigen Winkel zuläuft, war
weiß, doch nicht so, wie die eben genannten Haut-
stellen schneeweiß, sondern fiel ein wenig mehr ins
Gelblichte. Sonst war er wie die übrigen Haare,
wie es bey den Negern gewöhnlich ist, kraus: und
die Probe der Haare, die ich von beyderley Farbe von
ihm abkaufte, behält noch heute nach zwey Jahren
unversehrt ihre Krausheit. Ich habe eine Abbildung
von diesem Menschen mitgebracht, und besitze außer-
dem noch drey andere von ähnlichen Negern, von
einem Knaben und zwey Mädchen. Wenn ich diese
vier mit einander vergleiche, da scheint mir dieß
merkwürdig, daß bey allen die Gegenden des Unter-
leibes und der Unterschenkel bey einigen größere, bey
andern kleinere weiße Flecken haben, Füße und Hän-
de aber, gerade die Theile, welche bey neugebornen
Negern wirklich zu allererst schwarz werden, voll-
kommen schwarz sind, die Vertheilung der weißen
Gegenden aber im Allgemeinen ziemlich symmetrisch
ist. Das Zahnfleisch, um auch dies nicht zu vergessen,
war bey dem, welchen ich sah, eben so wie die Zunge
und der ganze Schlund, von einerley schönem Roth.

Beyde Aeltern, sowohl dessen, den ich sah, als
auch der übrigen gefleckten Neger72), so viel ich
[Seite 114] deren von andern beschrieben finde, sind vollkommen
schwarz gewesen, daß also Büffons Muthmaßung,
der diese Geburten einer Verbindung der Neger mit
weißen Negerinnen von krankhafter Beschaffenheit der
Haut und Augen, wovon hinten ausdrücklich wird ge-
handelt werden, zuschreibt, auf schlechtem Grunde ruht.

Auch muß man sich im Allgemeinen sehr vorse-
hen, um diese Flecke, von welchen hier geredet
wird, nicht mit andern zu verwechseln. Bey die-
sen bleibt das Fellhäutchen unversehrt, und sie unterscheiden sich
von der übrigen Haut bloß durch ein glänzendes Weiß,
dahingegen jene andern, womit die Bedeckungen zu-
weilen behaftet sind, nicht bloß an der verschiednen
Farbe, sondern auch an einer verdorbnen, rauhen,
gleichsam schuppichten Textur des Felles selbst er-
kannt werden. Diese Hautkrankheit haben die Schrift-
steller, besonders bey den Malabaren73) und tschu-
lymischen Tatarn74) beobachtet.

[Seite 115]

Allein jene weißen und weichen Flecke, welche
nur bey einer veränderten Wirkung der kleinsten Fell-
gefäßchen erfolgen, kommen nicht bloß bey den Ne-
gern, sondern, auch zuweilen in unsern Gegenden
vor; und ich selbst habe Gelegenheit gehabt, zwey
solche Beyspiele an Teutschen, an einem jungen
und einem sechzigjährigen Manne zu beobachten.
Bey beyden war die schwärzliche Haut hin und wie-
der mit den weißesten Flecken von verschiedener
Größe untermischt: keinem von beyden aber waren
sie angeboren, sondern bey diesem in der Kindheit,
bey jenem hingegen im Mannesalter nach und nach
und von freyen Stücken entstanden.

§. 49.
Aehnliche besondere Veränderungen der Hautfarbe.

Diese eben angeführten Beyspiele scheinen die
Wirkung der kleinsten Fellgefäße auf die Bereitung
der Hautfarbe zu beweisen; es kommen aber hin und
wieder auch andere hieher gehörige Erscheinungen
vor, welche meine oben angeführte Vermuthung
(§. 44. 45.) bestätigen, daß jene Farbe den nächsten
Grund in einem auf dem malpighischen Schleime an-
gesetztem Uiberflusse von Kohlenstoff habe.

[Seite 116]

Hierher rechne ich vor allen eine besondere
an Europäerinnen nicht seltene Veränderung der
Haut75). Bey Frauenzimmern, welche sonst sehr
weiß waren, färbten sich während der Schwanger-
schaft mehrere oder wenigere Theile des Körpers mit
einer Kohlenschwärze: diese aber schwand allmählig
nach der Entbindung, und die vorige frische Farbe
des Körpers kam wieder. Eine Anwendung der
neuern Chemie auf die Physiologie der Schwanger-
schaft wird dieses räthselhafte Problem uns auflösen.
Bey der nicht schwängern Mutter nämlich sondert
sich die überflüßige Kohlenstoffmasse des eignen Kör-
pers durch eine mäßige Ausdünstung der Haut, be-
quem aus, bey der schwangern hingegen kommt zu
jener eignen Masse noch eine andere von dem Fötus
hinzu, welche in dem Schafwasssr (liquor amnii)
enthalten ist und noch nicht ausdünstet. Das Blut
[Seite 117] der Mutter hat also jetzt einen zu großen Uiberfluß
von Kohlenstoff: denn dieser ist aus zwey Körpern
gleichsam in einen einzigen zusammengeführt worden.
Natürlich kann sich also die ganze Masse desselben
nicht wie gewöhnlich durch Ausdünstung absondern,
sondern bleibt zum Theil präcipitirt auf dem mal-
pighischen Schleime hängen, und färbt die Haut,
bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht
zwischen dem Kohlenstoff des eignen Körpers, und
den Ausdünstungsgefäßen der Haut wieder hergestellt
ist, und das Oberhäutchen, welches sich mit seiner
beständigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt,
und wieder neu herstellt, seine natürliche Weiße
wieder erlangt hat.

Dieselbe Bewandnis scheint es auch, nach den
nöthigen Veränderungen, mit so viel andern Bey-
spielen von Europäern zu haben, an welchen einige
Körpertheile widernatürlich mit einer Rußschwärze
gefärbt waren. Es mag ebenfalls ein Zusammen-
fluß von Kohlenstoff statt gefunden haben. So hat
man eine ähnliche Schwärze an Weibern bemerkt,
die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten76).
[Seite 118] Auch an andern Menschen77), besonders aus der
niedrigsten Volksklasse, an Schwarzgallichten, und
Cachektischen, Entkräfteten und Schmutzigen, zu-
weilen auch an Skorbutischen78) und andern.

Dagegen hat die Erfahrung gelehrt, daß selbst
die Schwärze der Neger zuweilen lichter, oder gar
in die weiße Farbe verwandelt werden könne. Denn
man hat allerdings Nachrichten, daß Neger, wenn
sie in zarter Kindheit aus ihrem Vaterlande in ge-
[Seite 119] mäßigtere Zonen versetzt wurden, nach und nach
gelblichter geworden sind79). Dasselbe pflegt, und
zwar weit schneller, bey den Negern sich zu ereignen,
welche schwere Krankheiten überstehen80).

Aber auch davon hat man sehr bekannte Bey
spiele81), daß sich ohne eine bedeutende Krankheit
die angeborne Schwärze der Negerhaut von freyen
Stücken allmählig in Weiß, wie das der Europäer
ist, verwandelt hat.

§. 50.
Einige andere Nationaleigenheiten der Haut.

Außer der Farbe legt man der Haut einiger
Völker zuweilen auch noch andre Beschaffenheiten
[Seite 120] bey, welche wir wenigstens mit einigen Worten be-
rühren wollen. Ich rechne hieher die sammtne Glätte
und Weichheit der Haut, welche von Schriftstellern
hin und wieder an verschiednen Völkern, z.B. den
Karaiben82), Negern83), Otaheiten84); selbst
an den Türken85) bemerkt worden ist. Es liegt am
Tage, daß sie bey allen entweder von einem zartern
Fellhäutchen, oder einer dickern Unterlage von mal-
pighischem Schleim herrühre.

Einen andern und mehr auf die chemische Ver-
wandschaft des Körpers und der Elemente der At-
mosphäre zu beziehenden Grund scheint gegentheils
die an manchen afrikanischen86) und ostindischen87)
Völkern merkwürdige kältlich anzufühlende Haut zu
haben.

Endlich gehört auch hieher die von Sanctorius
zuerst mit Genauigkeit beobachtete Ausdünstungsma-
[Seite 121] terie Mm), welche ebenfalls bey gewissen Nationen,
z.B. den Karaiben88), Negern89) und andern90)
einen besondern Geruch hat. Man bemerkt etwas
ähnliches an gewissen Raßen von Hausthieren, wo
unter den Hunden, z.B. der ägyptische, unter den
Pferden die Rothschimmel bekanntlich auch eine
spezifische und ganz besondere Ausdünstung haben.

§. 51.
Uibereinstimmung des Haupthaars mit der Haut.

Da die Haare, und zwar hauptsächlich die
Haupthaare von den allgemeinen Integumenten er-
zeugt und genährt werden, treffen sie auch im All-
[Seite 122] gemeinen mit diesen sehr und vielfach überein. So
haben aus diesem Grunde die gefleckten Neger, von
welchen wir geredet haben, auch Haare von unglei-
cher Farbe, und die Menschen, deren weiße Haut
Sommersprossen hat, rothes Haupthaar91) u. f.
Ja die Haupthaare stehen sogar im Verhältniß mit
der ganzen Constitution und Mischung des Körpers.
Dies lehren selbst pathologische Erscheinungen; denn
bey den Blenden brechen wegen des nachgiebigern
Zellgewebes die Blattern, und ähnliche Hautausschlä-
ge leichter aus; die schwarzhaarigten hingegen haben
beynahe alle einen festern Habitus und schwarzgal-
lichte Säftemischung, weshalb man auch in Toll-
und Zuchthäusern bey weitem die meisten Menschen
von sehr schwarzem Haare findet.

§. 52.
Die hauptsächlichsten Nationalverschiedenheiten der
Haupthaare.

Der Nationalunterschied der Haupthaare scheint
im Allgemeinen auf vier Hauptverschiedenheiten zu-
rückgebracht werden zu können.

[Seite 123]

1) Schwärzliches oder nußbraunes (franz. cen-
dré
) einer Seits ins Gelbe und anderer Seits ins
Schwarze spielendes Haar. Weich, lang und wel-
lenförmig fliessend. Man trift es häufig an den
Nationen des gemäßigten Europa: sonst wurde es
besonders an den alten Germaniern gerühmt92).

2) Schwarz, starrer, gerade und dünn, wie
es gewöhnlich an den mongolischen Völkerschaften
und den Amerikanern ist.

3) Schwarz, weicher, gelockt, dicht und reich-
lich: wie es die meisten Bewohner auf den Inseln
des stillen Meeres haben.

4) Schwarz und krauß, welches man insgemein
mit der Schaafwolle vergleicht, haben es die Neger.

Eine solche Eintheilung wird im Allgemeinen
statt finden und von Nutzen seyn können. Indeß
bedarf es jetzt keiner Erinnerung mehr, daß sie von
der Natur selbst nicht mehr als die andern Einthei-
lungen der Nationalverschiedenheiten im Menschen-
geschlecht beschränkt worden ist. Um jedoch dies,
wiewohl es nicht eben nothwendig ist, durch ein oder
das andere Beyspiel zu beweisen, so ist weder das
Krause an den Negerhaaren, noch die Schwärze an
den drey letztgenannten Verschiedenheiten allen gemein
[Seite 124] und eigenthümlich. Es giebt nämlich Stämme von
Negern, welche langes Haar93) und gegentheils
kupferfarbige Völker, welche krauses Kopfhaar, wie
die Neger, haben94). Es giebt andere, z.B.
die Neuholländer, deren blondes Haar, wie ich aus
den Proben sehe, die ich zur Hand habe, zwischen
dem krausen Haar der Neger und dem lockigten der
Bewohner der Inseln im stillen Meere, so vollkom-
men das Mittel halten, daß die Reisebeschreibungen
von dem ersten der Holländer aus dem vorigen Jahr-
hunderte bis zu dem neuesten der Engländer; äußerst
uneinig darüber sind, ob man es eher zu der einen
oder richtiger zu der andern Verschiedenheit der Haa-
re rechnen solle.

Im Betreff der verschiedenen Farbe der Körper-
haare aber, welche auch bey denen Völkern, vor-
kömmt, deren Haupthaar mehrentheils schwarz ist,
darf ich bloß giltige Zeugen anführen, welche be-
richten, daß man in allen drey Varietäten, außer der
zuerst aufgeführten, sehr viel rothe gefunden habe95).

§. 53.
Die Regenbogenhaut der Augen (Irides oculorum) kommt
mit der Farbe der Haupthaare überein.

[Seite 125]

Daß die Haupthaare mit den gemeinsamen Be-
deckungen des Körpers übereinkommen, haben wir
gesehen. Daß aber die Farbe der Augen sich nach
der Hautfarbe richte, daß die Weißfarbigen blauäu-
gig, die Schwarzen schwarzäugig seyen, sah vor-
längst Aristoteles96). So z.B. haben die neuge-
bornen Kinder bey uns meist blaue Augen und blei-
ches Haar, welches sich bey denen, die nachher brü-
nett werden, gleichsam in gleichem Schritte allmählig
bräunt. So verliert gegentheils im Greisesalter,
wenn die Haare grau werden, auch das Pigment des
innern Auges viel von der sonstigen dunkelbraunen
Farbe. Die weißen Neger endlich, von welchen hin-
[Seite 126] ten ausdrücklich wird geredet werden, deren Haupt-
haar von einer besonderen weißgelblichen Farbe ist,
haben gar kein Pigment des Auges, und aus diesem
Grunde ist die Iris blaßroth.

Auch ist im Allgemeinen merkwürdig, daß nur
bey denen Thieren eine Verschiedenheit der Augen
sich findet, bey welchen auch die Farbe der Haut
und Haare variirt, welches bekanntlich nicht nur bey
den Menschen und Pferden, wie die Alten meinten,
sondern auch bey andern, hauptsächlich aus der Ord-
nung der Hausthiere, sich ereignet.

Ja man sieht sogar bey denen, deren Fell ge-
fleckt ist, daß auch die Regenbogenhaut sehr ost in
mehr als eine Farbe spielt. An den verschiedenfar-
bigen Hunden z.B. hat man diese Bemerkung schon
längst gemacht97). Daß man an den Schaafen
und Pferden etwas ähnliches bemerke, an keinem
andern Thiere aber so offenbar, als an den Kanin-
chen, ist allgemein bekannt.

Ich habe bey den weißlichen, (die nämlich die
angeborne Farbe ihres wilden Zustandes; behalten
haben), die Iris durchaus braun, bey den gefleckten
aber, deren Fell aus schwarz und weiß bestand, auch
die Iris auf diese Art gefleckt gefunden. Bey den
ganz weißen aber, welche Aehnlichkeit mit den wei-
ßen Negern haben, ist sie von bleicher Rosenfarbe.

§. 54.
Hauptfarben der Augen.

[Seite 127]

Schon der oben angeführte Aristoteles hatte,
und zwar sehr gut, drey Originalfarben der Iris
im menschlichen Auge festgesetzt, und zwar:

1) die blaue,

2) die dunkelgoldgelbe, oder sogenannte ziegen-
farbige (franz. yeux de chévres)98) und

3) endlich die schwarzbraune.

Alle drey kommen zwar unterweilen an Personen
von einem und demselben Volke vor, allein man
beobachtet sie auch an verschiedenen Stämmen eines
Landes innerhalb dem Bezirk weniger Grade geogra-
phischer Breite in größerer Bestandheit und gleichsam
als national. So z.B. legte Linné99) unter den
schwedischen Völkern den Gothen weißes Haupthaar,
aber gräulichblaue Sehen; den Finnen mit blondem
Haupthaar, braune; den Lappen endlich mit schwar-
zem Haar, schwärzliche bey.

Blaue Augen und blondes Haar rechnete man
sonst zu den angebornen Kennzeichen der alten Ger-
[Seite 128] manem. Allein zuweilen trift man sie auch unter
den entferntesten Nationen100).

Bey den Negern sind die Regenbogenhäute am
schwärzesten, so daß man sie, besonders in lebhaf-
ten Augen, nur nach näherer Untersuchung von dem
Sehpunkt selbst unterscheiden kann101).

§. 55.
Nationale Gesichtsbildung.

Von den Augen gehen wir nun sehr füglich zu
der übrigen Gesichtsbildung fort, welche im Allge-
meinen bey den einzelnen Menschen so sehr und so
merkwürdig verschieden ist, daß es nah an Wunder
grenzen dürfte, wenn man auch nur zwey mit nicht
unterschiedenem, und, wie man gemeiniglich sagt, in
eine Form gegoßnem Munde fände. Ja es ist nur
mehr als zu gewiß, daß man diese Gesichtsunter-
schiede nicht bloß an Europäern, sondern auch an
unkultivirten Völkern beobachten kann102). Ob
[Seite 129] schon aber diese Wahrheit völlig ausgemacht ist, so
ist doch nicht minder keinem Zweifel unterworfen,
daß verschiedene Varietäten des Menschengeschlechts
(ja zuweilen sogar Bewohner einzelner Provin-
zen)103) im Allgemeinen eine nationale, jeder der-
selben eigenthümliche und gemeinsame Gesichtsbil-
dung haben, wodurch man sie von den übrigen Va-
rietäten leicht unterscheiden kann.

§. 56.
Nationale Gesichtsverschiedenheiten.

Ich habe deshalb, nachdem ich mir eine ziemli-
che Anzahl von geschickten Künstlern nach dem Leben
gemachte Abbildungen ausländischer Menschen mit
[Seite 130] großer Mühe angeschaft, und dam eine große An-
zahl derselben auf Messen, welche vorzüglich von
fremden Völkern bezogen werden, besonders zu Lon-
don und Amsterdam, selbst gesehen hatte, einen
Versuch gemacht, diese Verschiedenheiten der Nation-
nalgesichter in sichere Klassen zu bringen, und da
ergeben sich, wo mich nicht alles trügt, fünf, wel-
che Muster und Hauptformen der übrigen Verschie-
denheiten von minderer Erheblichkeit sind. Es kön-
nen wohl besondere Ausnahmen dabey statt finden,
allein sie sind doch wirklich der Natur gemäß.

1) Ein ovales, ziemlich gerades Gesicht mit
nicht zu stark hervorspringenden einzelnen Theilen.

Flächere Stirn.

Schmälere, leichtgebogene Nase, oder mit nur
etwas erhöhtem Rücken.

Die Backenbeine nicht sehr hervorstehend, der
Mund klein, mit nur sanft geschwellten Lippen,
(welches besonders von der Unterlippe gilt).

Volles gerundetes Kinn.

Dies ist im Allgemeinen, nach unserm Urtheile
von Symmetrie, die schönste und wohlgebildeteste
Gesichtsform.

Sie ist gleichsam die Mittelform, welche nach
beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen-
gesetztesten Extreme übergegangen ist, wovon das
eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein
nach unten verlängertes Gesicht darstellt.

[Seite 131]

Beyde aber enthalten wiederum zwey ver-
schiedene Unterarten, welche sich hauptsächlich im
Profil von einander unterscheiden. Bey der einen
dieser Unterarten sind nämlich die Nase und übrigen
Theile nicht so regelmäßig, und fließen gleichsam in
einander. Bey der andern aber sind sie, um mich
so auszudrücken, gleichsam von einander abgeschnit-
ten und winklicht hervorspringend.

Demnach müssen, außer jener ersten Mit-
telform des Gesichts, die folgenden vier Varietäten
festgesetzt werden. Als

A) Zwey, mit in die Breite gezogenen Gesichten:

2) nämlich, ein breites und zugleich plattes
Gesicht, also mit minder von einander gesonderten,
sondern gleichsam in einander fließenden Theilen.

Die Glabelle (der unbehaarte Zwischenraum
zwischen den Augenbraunen) ist sehr breit.

Stumpfe Nase.

Fast runde, seitwärts erhobene Backen.

Enggeschlitzte linienförmige Augenlieder (franz.
yeux bridés).

Hervorstehendes Kinn.

Diese Gesichtsbildung haben die mongolischen
Völkerschaften (und deshalb heißt sie nach dem ge-
wöhnlichen Sprachgebrauch, der die Tatarn mit den
Mongolen vermengt, wovon wir hinten sprechen
werden, bey den Engländern the Tartar face).

[Seite 132]

3) Ein zwar breites Gesicht mit sehr vollen
Backen, aber nicht flach und platt, sondern en pro-
fil
besehen von ausgearbeitetern, gleichsam tiefer
ausgegrabenen Theilen.

Kurze Stirn.

Tiefer liegende Augen.

Zwar etwas stumpfe, aber doch hervortreten-
de Nase.

Dies ist das Gesicht der meisten Amerikaner.

B) Zwey nach unten verlängerte Gesichtsvarie-
täten.

1) Ein schmäleres, unterwärts hervorstehendes
Gesicht.

Kleine höckerichte Stirn.

Hervorragendere Augen (à fleur-de-tête).

Dicke und mit den vorstehenden Backen gleich-
sam zusammengefloßne Nase (le nez épaté).

Wulstige Lippen (besonders Unterlippe).

Hervorragende Kiefern.

Zurückgezogeneres Kinn.

So ist die Gesichtsbildung der Negern (engl.
(the Guinea face).

Ein etwas breiteres Gesicht, doch unterwärts
ein wenig herausstehend, im Profil besehen aber mit
hervorspringendern und von einander abgesonderten
Theilen.

[Seite 133]

Vollere, ziemlich breite, gleichsam ausgedehnte
Nase, mit dickerer Spitze (engl. bottled).

Großer Mund

ist das Gesicht des malayischen Stammes, beson-
ders der Südseeinsulaner.

§. 57.
Ursache der Nationalgesichter.

Vor allen Dingen muß ich erinnern, daß hier
nicht von der Gesichtsbildung im physiognomischen
Sinne (Blick, Ausdruck) dem Zeiger der Ge-
müthsbeschaffenheit, die Rede sey, welche indeß
doch auch bisweilen national, gewissen Völkerschaf-
ten eigenthümlich seyn, und ebenfalls aus jenen Ur-
sachen hergeleitet werden kann.

Als Ursache dieser physiognomischen Gesichtsbil-
dung könnte man z.B. nicht ohne Grund die Nah-
rungsmittel mit in Anschlag bringen, denn es ist
nicht unwahrscheinlich, daß die sauften Mienen der
enthaltsamen Braminen und Banianen in Indien,
und gegentheils die wilde der menschenfresserischen
Boticuden in Brasilien104) von ihnen herrührt.

Eben so auch die Religion, welche Madonnen-
gesichter hervorgebracht hat, wodurch sich besonders
das andere Geschlecht in einigen Ländern des südli-
chern Europa auszeichnet:

[Seite 134]

Oder auch Verfeinerung und Luxus, worin z.
B. die weichen und weibischen Otaheiten so weit über
den männlichen und festen Neu-Seeländern stehen.

Nicht von dieser physiognomischen Gesichtsform
also, sondern von den Ursachen der Nationalgesich-
ter, der eigensten Figur, Verhältniß und Richtung
ihrer Theile handeln wir, in welchen Stücken allen
die verschiedenen Racen des Menschengeschlechts al-
lerdings, wie wir gesehen haben, etwas Eigenthüm-
liches und Charakteristisches haben.

Allein die Untersuchung dieser Ursachen hat so
große Schwierigkeiten, daß man wohl bloße Wahr-
scheinlichkeit durch Muthmaßung herausbringen
dürfte.

Mich überzeugen besonders drey Gründe, daß
in der That das Klima eine Hauptursache des Na-
tionalgesichts sey.

1) Sehen wir, daß das Nationalgesicht bey
gewissen Völkern eines gewissen bestimmten Him-
melsstriches so gemeinsam, und bey den Menschen
verschiedner Stände und Lebensarten immer eins und
dasselbe sey, daß man es kaum einer andern Ursache
zuschreiben kann. Zum Beyspiel dienen die Sineser,
welche alle ihr gleichsam flaches Gesicht eben so gut
charakterisirt, als bey uns Europäern die Englän-
der und Majorkaner105) ihre symmetrische und unge-
meine Schönheit.

[Seite 135]

2) Auch findet man Beyspiele von Völkern,
welche, nachdem sie ihre Wohnsitze verändert haben,
und anderwärts hingewandert sind, im Verlauf der
Zeit auch die vorige Gesichtsbildung in eine neue,
dem neuen Klima eigenthümliche, verändert haben.
Die Jakuten z.B. werden von den meisten Geschicht-
schreibern der ältern nordischen Geschichte als ein
Zweig von den Tatarn aufgeführt. Genaue Augen-
zeugen aber versichern, daß sie jetzt mongolische Ge-
sichtsbildung haben, und ich sehe es selbst an dem
Schädel eines Jakuten, welcher durch die Freigebig-
keit des Freyherrn v. Asch in meinem anthropologischen
Vorrath gekommen ist106). Etwas ähnliches wird
unten von den Amerikanern beyder kalten Zonen be-
merkt werden (§. 88.).

Daß gleicherweise die von englischen Aeltern und
Vorältern aus den Antillen entsprossenen Kreolen
endlich die natürliche Physiognomie der Engländer
mit der charakteristischen der amerikanischen Einge-
bornen einigermaßen vermischt, und die tiefern Au-
gen und hervortretendern Backen der letzteren ange-
nommen haben, hat man schon vorlängst beobach-
tet107).

Allein die augenscheinlichsten Beyspiele liefern
Aegypten und die Halbinsel jenseits des Ganges.

Die ersten Einwohner, waren in einem so ent-
wervenden Klima weichlich geworden, und wurden
[Seite 136] immer von andern tapferern nordischen Völkerschaf-
ten besiegt. Es wurde also diese Halbinsel von den
verschiedensten Völkern nach und nach unterjocht,
allein jedesmal scheint sich die Gesichtsbildung dieser
neuen Ankömmlinge nach dem neuen Himmel gleich-
sam umgewandelt zu haben, daß man z.B. die na-
tionale und völlig charakteristische Physiognomie der
ältesten Besitzer Indiens jetzt bloß aus den ältesten
Kunstwerken Indiens, den ungeheuern mit ungemeiner
Kunst in den unterirdischen Tempeln der Inseln Sal-
fette und Elephanta ausgegrabenen Statüen kennt,
von welchen ich zu London im britannischen Museum
und unter den antiquarischen Schätzen des so huma-
nen Herrn Karl Townley108) bewundernswerthe
Proben gesehen habe. Daß aber auch die neuern
Eroberer Indiens, die Mongolen nämlich, seit Ti-
murs Zeiten viel von ihrer angebornen Gesichtsbil-
dung unter dem neuen Himmel verloren, und der
indischen sich genähert haben, hat mir ebendaselbst
ein großer Kenner Indiens, Herr Jo. Walsh, mit
Belegen von Portraits augenscheinlich dargethan.

Im Betreff der Nationalgesichtsbildung der Ae-
gypter, so kann ich mich nicht genug wundern, wie
die berühmtesten Archäologen, die größten Untersu-
cher alter ägyptischer Kunst, allen und jeden eine
und dieselbe Physiognomie haben beylegen kön-
nen109); da eine genauere Betrachtung und Verglei-
[Seite 137] chung dieser Denkmale mich völlig deutlich gelehrt hat,
man habe drey Gesichtsgattungen bey ihnen zu unter-
scheiden; eine den Negern; die andere den Indianern
ziemlich ähnliche; die dritte aber, in welche im Ver-
lauf der Zeit, und durch Einfluß des spezifischen,
Aegypten eigenthümlichen, Klimas, beyde überge-
gangen, sind, ist an dem schwammigen und schlap-
pen Habitus, kurzem Kinn, und hervortretenden
Augen kennbar110).

3) Sehen wir, daß Völker, welche bloß für
Zweige eines und desselben Stammes gehalten werden,
unter verschiedenem Himmelsstriche auch eine ver-
schiedene Nationalgesichtsbildung bekommen haben.
Die Ungarn z.B. werden mit den Lappen zu dersel-
ben Urrace gerechnet111). Diese aber haben im
äußersten Norden eine den nördlichen Völkern Haupt-
sächlich eigene Gesichtsbildung angenommen, da je-
ne gegentheils in der gemäßigten Zone in der Nach-
barschaft Griechenlandes und der Türkey eine schö-
nere Gesichtsform bekamen.

[Seite 138]

Allbekannt ist übrigens hierbey, daß auch den
ehelichen Verbindungen zwischen verschiednen Völkern
vieles beyzumessen sey, und ich selbst werde bald ei-
niges von der Macht derselben auf die Umänderung
des Nationalgesichts vortragen. Ja es wird sogar
sehr wahrscheinlich, daß das Klima schon an und
für sich eine große Gewalt auf sie habe, hauptsäch-
lich wenn man sie mit dem zusammenstellt, was wir
oben von den Ursachen und Arten der Degeneration
der Thiere erinnert haben.

Schwieriger ist es indeß, den Grund anzugeben,
warum ein Klima dieses und ein anderes jenes Na-
tionalgesicht bilde; und doch haben die scharfsinnig-
sten Männer den Versuch gemacht, die Verschieden-
heit der Nationalgesichter zu erklären; wie Kant des
mongolischen112); Volney des äthiopischen113).

[Seite 139]

Daß zuweilen endemische, einem besondern Kli-
ma eigene, Ursachen, z.B. beständige Wolken von
Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthümli-
chen Gesichtsbildung der Einwohner beytragen kön-
nen, scheint Dampiers Beobachtung über die Be-
wohner des westlichen Neu-Holland, zu lehren114).

Ob die Muthmaßung unsers Leibnitz von der
Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande
eingebornen Thieren, daß nämlich die Lappländer
in ihrer Physiognomie dem Bäre ähnelten, die
Neger den Affen, von welchen aber auch die äußer-
sten Morgenländer etwas hätten115) u.s.w. ob die-
[Seite 140] se auch von dem Einflusse des Klimas auf die Bil-
dung der Menschen und großen Landthiere erklärt
werden müsse, darüber ist meine Meinung noch
schwankend.

Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart
etwas zur Nationalgesichtsform beytragen könne,
wird aus dem Beyspiel der Neger behauptet, de-
ren dicke Nase und schwellende Lippen hin und wie-
der der Art und Weise zugeschrieben werden, auf
welche sie in ihrer zartesten Jugend von den säugen-
den Müttern, während diese Reis ausdreschen oder
andre harte und schwere Arbeiten verrichten, ge-
wöhnlich auf dem Rücken getragen werden116).

Ja durch sehr häufige Beyspiele der glaubwür-
digsten Augenzeugen ist es außer Zweifel gesetzt, daß
[Seite 141] bey verschiedenen rohen Völkern, Negern117), Bra-
siliern118), Karaiben119), Sumatranern120), den
Bewohnern der Gesellschaftsinseln im Südmeere121)
u.a. die Nase der neugebornen Kinder mit Gewalt
eingedrückt wird; obschon die Erzählungen von sol-
chen verquetschten oder aus den Fugen getriebenen
Nasenknochen zuweilen übertrieben seyn mögen122).

Allein kaum bedarf es einer Erinnerung, daß
durch einen solchen gewaltsamen und lange wieder-
holten Druck der Nase ihre natürliche Bildung bloß
verstärckt und nur so erhalten, keineswegs aber erst
geformt werde, da es allgemein bekannt ist, daß
man schon in abortirten Früchten das Nationalge-
sicht erkennen könne.

Endlich aber wird diese Nationalgesichtsbildung
bey der Nachkommenschaft aus Verbindung ver-
schiedener Varietäten des Menschengeschlechts eben
so wie ihre Hautfarbe gemischt, und fließt gleichsam
zusammen, so daß sie dann ein Mittelgesicht zwi-
[Seite 142] schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt
sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da-
her die durch Vermischung mit den Kalmucken all-
mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken
und Kirgisen123) und gegentheils die verschönerte
der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor-
giern124).

Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge
bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit
andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die
alten Germanen125), jetzt aber die ächten Zigeuner (Cingari),
eingeborne Siebenbürgen126) und vor allen die jü-
dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre
ursprüngliche Gesichtsbildung127) beybehält und sich
durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na-
tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch
ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick
[Seite 143] unterschieden, obwohl schwer durch Worte bezeichnet
und ausgedrückt werden kann128).

§. 58.
Nationalform der Schädel.

Daß zwischen der äußern Oberfläche des Ge-
sichts und dem ihr untergelegten Knochenbau ein we-
sentliches Verhältniß sey, erhellt an sich129), so
daß ein Blinder sogar, wenn er nur einige Kennt-
niß von dem großen Unterschiede hätte, wodurch die
mongolische von der Negergesichtsbildung abweicht,
durch das bloße Gefühl sogleich den Hirnschädel eines
Kalmucken von dem eines Negers sicher unterschei-
den könnte, und daß man auch den Unkundigsten
nicht würde überreden können, daß einer von beyden
ein Gesicht von jener Bildung an sich getragen habe,
[Seite 144] nach welcher die göttlichen Werke altgriechischer Kunst
gebildet worden sind. Und eben dies gilt im Allge-
meinen von jedem Nationalhabitus.

Eine genauere anatomische Untersuchung ächter
Schädel130) von verschiedenen Völkerschaften würde
auch deshalb auf das Studium der Verschiedenheit
des Menschengeschlechts vieles Licht verbreiten, weil
die von den weichen und veränderlichern Theilen des
Gesichts, entblößten Schädel, das feste und blei-
bende Fundament des Kopfes aufstellen, und beque-
mer bey der Untersuchung gebraucht und in verschie-
denen Ansichten betrachtet und mit einander vergli-
chen werden können.

Zwar zeigen sich bey einer solchen Vergleichung,
der Schädelformen eben solche stufenweise Abweichun-
gen, wie bey der Hautfarbe oder andern solchen Ei-
genheiten, doch so, daß verwandte Schädel sich nur
durch unmerkliche Uibergänge einander nähern. Im
allgemeinen behaupten sie jedoch eine so unleugbare,
ja auszeichnende Beständigkeit der Charaktere, wel-
che zum Nationalhabitus sehr viel beytragen und mit
der, den Nationen eigenthümlichen Gesichtsbildung
im Ganzen übereinstimmen. Diese Beständigkeit
der Form hat einige vortrefliche Anatomen seit Adr.
Spiegel131) darauf geführt, ein allgemeines Maas
[Seite 145] und Verhältniß festzusetzen, durch welches man die
Schädelverschiedenheiten gleichsam nach Graden be-
rechnen, und in Classen abtheilen könnte; worun-
ter denn vor allen übrigen des scharfsinnigen Cam-
pers132) Gesichtslinie einer besondern Erwähnung
verdient.

§. 59.
Campers Gesichtslinie.

Er stellt sich nämlich im Profil des Hirnschädels
zwey gerade, sich durchschneidende, Linien vor. Die
erste ist horizontal durch den äußern Gehörgang und
den Nasengrund gezogen. Die andere aber fällt
von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens
herab bis zum äußersten Zahnhölensaum der
obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem
sich diese beyde Linien durchschneiden, glaubte dieser
scharfsinnige Forscher den Unterschied der Schädel
sowohl bey den Thieren als bey den verschiedenen Na-
tionen des Menschengeschlechts berechnen zu müssen.

§. 60.
Bemerkungen über diese Gesichtslinie.

Dieses Verfahren zu Ausmessung der Schädel
ist jedoch, nach meiner Einsicht, auf Mehr als eine
Weise unrichtig. Denn 1) ist, wie aus dem oben
[Seite 146] über die Varietäten der Nationalgesichtsbildung ge-
sagten (§. 56.) von selbst erhellt, diese ganze Ge-
sichtslinie höchstens nur aus diejenigen Varietäten
des Menschengeschlechts anwendbar, welche in der
Richtung der Kinnladen von einander abweichen,
keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge-
gengesetzte Weise sich vielmehr durch ein in die Breite
gezogenes Gesicht auszeichnen.

2) Trift es sehr oft, daß an Hirnschädeln sehr
verschiedner Völker, welche, man möchte sagen, wie
Tag und Nacht, von einander unterschieden sind,
doch die Richtung der Gesichtslinie die nämliche;
und umgekehrt, an mehrern Schädeln eines und
desselben Volks, welche im Ganzen mit einander
übereinstimmen, einerley Habitus haben, die Ge-
sichtslinie sehr verschieden ist. Denn aus dem bloßen
Umrisse des Gesichts im Profil kann man wenig
schließen, wenn man nicht zugleich auf seine Breite
Rücksicht nimmt. So habe ich z.B. indem ich
dieses schreibe, zwey Schädel vor mir, den eines
Negers aus Congo133)und eines Litthauers134);
an beyden ist die Gesichtslinie fast eine und die-
selbe; und der Habitus doch äußerst verschieden,
wenn man den engen und fast schiffförmigen Kopf
des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers
vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere
Schädel von Negern bey der Hand, die im Profil
[Seite 147] erstaunlich weit von einander abweichen135) und bey-
de bezeugen, wenn man sie von vorne betrachtet,
durch die enge fast zusammengedrückte Hirnschale,
höckerichte Stirne u.a.m. offenbar ihren Neger-
ursprung.

3) Bedient sich Camper selbst, in den seinem
Werke beygefügten Abbildungen, seiner beyden Nor-
mallinien so willkürlich und unbeständig, variirt so
oft mit den fixirten Punkten, nach welchen er jene
Linien richtet, und von welchen alle ihre Wirkung
und Richtigkeit abhängt, daß er hierdurch selbst still-
schweigend eingesteht, er sey über ihren Gebrauch
ungewiß und zweifelhaft.

§. 61.
Uiber die Scheitelnorm, als Maaß, um die
Verschiedenheiten der Schädel zu bestimmen.

Je größer und genauer täglich meine Bekannt-
schaft mit meiner Sammlung von Schädeln verschie-
dener Nationen wird, desto unmöglicher kommt es
mir vor, diese Nationalabweichungen, bey der so
großen Verschiedenheit in der Proportion und Bil-
dung der mannichfaltigen einzelnen Theile der Schä-
del, welche mehr oder minder zum Nationalcharakter
beyträgt, auf die Grade und Winkel einer gewissen
Hauptlinie zurückzuführen.

[Seite 148]

Inzwischen hat diese Methode zu Bestimmung
der Schädelverschiedenheiten den Vorzug, daß sie
die meisten und die vornehmsten Theile des Kopfes,
nach welchen sich die Nationaleigenthümlichkeiten
am leichtesten vergleichen lassen, mit einem Blick
übersehen läßt; und ich bin durch Erfahrung
überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke vor al-
len ungemein entspreche, wenn man die Schädel
ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle
auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer
Reihe auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hin-
ten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was
hauptsächlich den Nationalcharakter der Hirnschädel
ausmacht, sey es nun die Richtung der Kinnladen
oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn-
schaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn
u.s.w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß
man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitelnorm
nennen dürfte, deren Grund und Anwendung die
erste Tafel leicht darthun wird, wo z.B. drey auf
diese Weise gestellte Schädel abgebildet sind. Der mitt-
lere (Fig. 2.) der die meiste Symmetrie und Schön-
heit hat, ist von einer Georgierin; von diesem weichen
die zu beyden Seiten gestellten Schädel auf ganz
entgegengesetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher
von vorne verlängert ist und gleichsam schnabelartig
zuläuft, ist von einer Negerin aus Guinea; der an-
dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin
ausgetrieben und gleichsam platt gedrückt ist, ist
von einem Rennthiertungusen.

[Seite 149]

In dem ersten verbergen sich der Augenhölen-
rand, die schönverengten Jochbeine und selbst die
Kinubacken unter der Peripherie des sanftgeebneten
Stirnknochens.

In dem zweyten hingegen ragen die auf beyden
Seiten eingedrückten Kinnladenknochen hervor;

Und in dem dritten endlich stehen die Jochbeine,
welche mit den Nasenknochen und der über ihnen be-
findlichen Vertiefung fast in einer und derselben ho-
rizontalen Fläche stehen, auf beyden Seiten unförm-
lich heraus.

§. 62.
Nationalverschiedenheiten der Hirnschädel.

Die ganze Verschiedenheit des knöchernen Ko-
pfes der verschiedenen Nationen scheint sich eben so
gut, als die oben abgehandelte der Nationalgesichts-
bildung (§. 56.) auf fünf Hauptabänderungen zu-
rückbringen zu lassen, und die zweyte Tafel enthält
Beyspiele davon, welche aus vielen herausgesucht
worden sind.

1) Das Mittel von allen hält der Kopf, an
welchem man das meiste Ebenmaas, eine sanft ge-
rundete Form, eine mäßig geebnete Stirn und enge-
re Jochbeine findet, welche nirgends hervorspringen
und von dem Jochfortsatze des Stirnknochens her-
ablaufen.

[Seite 150]

Der Zahnhölenrand ist ziemlich rund, die Vor-
derzähne in beyden Kiefern stehen senkrecht.

Zum Muster dient die dritte Figur auf der zwey-
ten Tafel, ein sehr schöner Schädel von einer Geor-
gierin. (– Vergl. §. 56. No. 1. –)

Diese schöne Schädelform ist das Mittel zwischen
zwey Extremen und an deren einem ist

2) der Kopf gleichsam viereckigt; die Joch-
beine stehen heraus; die Nasenvertiefung und der
Knochen der stumpfen Nase stehen mit den Jochbei-
nen fast horizontal; die Augenbraunenbogen sind
kaum merklich; die Nasenlöcher sind enge; die
Wangengrube nur leicht gehölt; der Zahnhölenrand
macht vorwärts einen flachen Bogen; das Kinn ragt
hervor.

Diese Schädelform ist den mongolischen Völker-
schaften eigen.

Man findet eine ähnliche von einem Rennthier-
tungusen auf der zweyten Tafel, Fig. 1. (– s. §.
56. N. 2. –)

An dem andern Extreme hingegen

3) ist der Kopf schmal und an den Seiten ein-
gedrückt; die Stirn sehr uneben und höckericht; die
Jochbeine hervorstehend; die Nasenlöcher weit; die
Wangengrube neben den Furchen am untern Rande
der Augenhölen sind tiefer gehölt; die Kinnbacken
stehen hervor; der Zahnhölenrand ist schmäler, län-
ger und ovaler; die obern Vorderzähne stehen schräg
hervor; die untere Kinnlade ist groß und stark;
der obere Hirnschädel dick und schwer.

[Seite 151]

Solche Schädel haben die Neger, wie der von
einer Negerin aus Guinea Taf. 2. Fig. 5. zeigt
(– s. §. 56. N. 4. –)

Endlich folgen zwey Varietäten, welche zwi-
schen jener ersten, und den beyden Extremen das
Mittel halten, nämlich:

4) diejenigen, welche zwar breitere aber doch
gebognere und gerundetere Wangen hat, als die
mongolische Varietät (– N. 2.) und wo sie nicht
wie bey dieser auswärts ragen, und winklicht sind.

Sie hat gemeiniglich tiefe Augenhölen; die Form
der Stirn und des Scheitels ist bey den meisten durch
Kunst bewirkt; die Hirnschädel sind leichter.

Dies ist die amerikanische Varietät. S. Taf.
2. Fig. 2. Den Kopf eines karaibischen Fürsten
von der Insel St. Vinzent (– s. §. 56. N. 3. –)

5) Eine mäßig verengte Hirnschaale; eine et-
was aufgeschwollne Stirn; keine nicht hervorragen-
de Backenknochen; der Oberkiefer etwas hervorste-
hend; die Scheitelbeine nach den Seiten ausgebogen.

So ist der malayische Stamm in der Südsee.

Eine Probe davon liefert der Hirnschädel eines
Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4. (– s. §. 56. N. 5. –)

Und zwar bleibt sich diese nationale Schädelform
immer so gleich, daß sie auch in den Köpfen sehr
zarter Kinder schon bemerkbar ist. Denn so besitze
ich z.B. den Schädel eines burätischen Kindes136),
[Seite 152] welcher offenbar den mongolischen Charakter an sich
trägt; und ein anderer von einem neugebornen Ne-
ger137) verräth den Negerhabitus.

§. 63.
Ursachen der Nationalverschiedenheit der Schädel.

Zwar sind die Knochen unter allen gleichartigen
Theilen des menschlichen Körpers die festesten und
beständigsten, und dienen in der Verbindung mit
den übrigen festen Theilen gleichsam als Grundlage
und Stützen.

Nichts destoweniger aber sind sie immerwähren-
den Veränderungen weit mehr als die weichen Theile
des Körpers ausgesetzt, wie dies physiologische Ver-
suche und pathologische Erscheinungen augenschein-
lich lehren.

Die Bestandtheile der Knochen werden unmerklich
aufgelöst, und wieder eingesogen; dagegen sondern
sich aus dem Blute neue ab, setzen sich statt jener
an, werden fest, und ersetzen den Verlust.

Was also schon seit der ersten Bildung der Kno-
chen geschah, wird durch diese ununterbrochne Um-
wandlung der Knochenmaterie fortgesetzt und vollen-
det; sie fügen sich nämlich nach der Form der be-
nachbarten Theile, und werden durch ihre Einwir-
kung gleichsam geformt und ausgebildet.

[Seite 153]

Am augenscheinlichsten erhellt dies besonders an
den Formen des knöchernen Kopfes eines bejahrteren
Menschen. Denn bey diesem giebt die innere Ober-
fläche des Schädels gleichsam einen Abdruck der Lap-
pen und Windungen des Gehirns ab, welchem sie
angepaßt war, von außen hingegen zeigt das Ge-
sicht des Schädels unläugbare Spuren, sowohl von
der Einwirkung der Muskeln, als auch der ganzen
Gesichtsbildung, deren allgemeinen Habitus und
Verhältnis man ziemlich leicht aus dem fleischlosen
Schädel bestimmen könnte.

Wenn nun das Klima (wie es denn höchst wahr-
scheinlich ist), zu der Nationalgesichtsbildung sehr
mächtig mitwirkt (§. 57.); so folgt von selbst, daß
dieselbe Ursache auch an der Bereitung der nationa-
len Schädelform, besonders bey den Gesichtskno-
chen, großen, wiewohl mittelbareren, Antheil habe.

Doch ist zu glauben, daß außer dieser Haupt-
ursache auch andere Nebenursachen, als ein gewalt-
samerer, lang anhaltender Druck u. dergl. auf die
Gesichtsknochen wirken können.

Meine Sammlung verdankt der Freygebigkeit
des Herrn Baronet Banks den sehr seltenen Schädel
eines Neuholländers138) aus der Nachbarschaft der
Botany-Bay, der sich unter andern durch eine
besondre Flachheit des Oberkiefers, da wo die vor-
dern und Eckzähne stehen, auszeichnet. Nun ist
bekannt, daß jene rohen Völker die sonderbare Sitte
[Seite 154] haben, sich mit einem Querholze die Scheidewand
der Nase zu durchbohren, und die Nasenlöcher
gleichsam mit einem Riegel so zu verstopfen, daß sie
bloß mit offnem Munde Athem holen können. Es
ist also glaublich, daß jene Flachheit durch den be-
ständigen Druck dieses Querriegels nach und nach
entstehe.

Weit häufiger aber erleiden die flachen Knochen
der Hirnschaale durch einen langen Druck eine be-
sondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand-
lung der Bildung, die sich entweder von der, ge-
wissen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in
Wiegen zu legen, oder von einem gewaltsamen,
täglich absichtlich wiederhohlten Druck der Hand
herschreibt.

Daher zeichneten sich zu den Zeiten des Vesalius,
nach dessen Aussage die Teutschen mehrentheils durch
ein eingedrücktes Hinterhaupt und einen breiten
Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer
auf dem Rücken lägen.

Den Holländern aber schrieb er länglichere
Köpfe als den übrigen zu, weil die Mütter ihre in
Windeln gewickelten Kinder gewöhnlich auf der Seite
und auf den Schläfen schlafen ließen.

Daher zeichnen sich die rohen amerikanischen
Völkerschaften um Nord-Karolina bis nach Neu-
Mexico hin, durch eine eingedrückte Hirnschaale aus,
welche sie den Kindern durch eine abschüssige Lage
in der Wiege zuziehen, in welcher sie mit dem Schei-
[Seite 155] tel und mit dem ganzen Körpergewicht unbeweglich
auf einem mit Sand gefülltem Sacke liegen139).

Mehrere dergleichen Gebräuche, die Köpfe neu-
geborner Kinder durch Drücken der Hände, durch
Binden und andre Mittel in eine gewisse nationale
Form zu bringen, sind bey den ältesten, wie bey
den neuern Völkern, und unter uns sowohl, als
unter den entferntesten Nationen herrschend gewe-
sen140).

Wir wissen aus mehreren Zeugnissen, daß solche
Gebräuche entweder sonst üblich gewesen, und es
zum Theil in manchen teutschen Provinzen141) noch
[Seite 156] sind; bey den Holländern142), Franzosen143),
Italienern144), den griechischen Insulanern des Ar-
chipelagus145), den Türken146), den alten Sigy-
niern147) und den Langköpfen an dem Pontus Eu-
xinus148), den jetzigen Sumatranern149), den
Nikobaren150), besonders aber bey mehreren ame-
rikanischen Völkern, z.B. den Anwohnern des
Nootka-Sundes151), den Schakten, einer georgi-
[Seite 157] schen Nation152), den Maxsawen in Karolina153),
den Karaiben154), Peruanern155), ja auch bey
den freyen Negern auf den antillischen Inseln156).

Es ist in der That zu verwundern, daß neuer-
lich Schriftsteller aufgestanden sind, welche diese
ganze Künsteley mit der Kinderkopfsbildung in Zwei-
fel ziehen wollten157); eine Sache, die, meines
Erachtens, durch einmüthige Uibereinstimmung von
Augenzeugen außer Zweifel gesetzt ist; von welcher
mehrere Nationen, sowohl des südlichen158), als
[Seite 158] des nördlichen Amerika159), ihren Namen haben;
welche bekanntlich schon vor zweihundert Jahren
auf den Concilien des spanischen Klerus den Wilden
in der neuen Welt untersagt wurde160); von deren
Ausübung, und den dazu gebrauchten Hülfsmitteln,
Binden u.s.w.161), mit welchen sie durch Jahre
lang fortgesetzten beständigen und einförmigen Druck
der nachgiebigen Kindeshirnschaale die ihnen ange-
nehme Form verschaffen, wir die genauesten Be-
[Seite 159] schreibungen haben; und welchen allen endlich die
Schädel von jenen rohen Völkern selbst, die nach
Europa gebracht, und hin und wieder schon früher
abgebildet worden sind162), aufs genaueste und völ-
lig entsprechen.

So sehr indeß die Sache selbst außer allen Zwei-
fel gesetzt ist, so läßt sich doch jene seit Hippokrates
öfter wiederhohlte gelesene Behauptung nicht so leicht
annehmen, daß solche besondre Schädelformen, die
anfangs mit Fleiß und durch Künsteleyen gebildet
und viele Generationen hindurch im gleichen
Gebrauch beybehalten worden, dann durch die Länge
der Zeit gleichsam erblich und zur andern Natur
geworden wären.

Es findet sich nämlich in der vortreflichen Schrift
des Hippokrates von der Luft, den Wasserarten und
den Gegenden, eine berühmte Stelle von den Lang-
köpfen, einem Volke aus der Nähe des Pontus
Euxinus, von welchem er zuerst und hauptsächlich
handelt, weil überall kein andres Volk sich finde,
das ähnliche Köpfe habe. Anfänglich, sagt er,
habe die bey ihnen übliche Gewohnheit diese langen
Köpfe hervorgebracht; späterhin aber habe die Na-
tur mit der Gewohnheit gestimmt. Es werde aber
bey diesem Volke für vornehm gehalten, einen sehr
langen Kopf zu haben. Und zwar sey der Anfang
folgender Gewohnheit gewesen: Sie drückten den
[Seite 160] Kindern gleich nach der Geburt, den noch ganz
wachsweichen und gleichsam einem feuchten und wei-
chen Leimen ähnlichen Kopf zwischen den Händen
zusammen und trieben ihn dadurch ins längliche; sie
zwängten ihn sogar durch Binden und andre Hülfs-
mittel zusammen, um die runde Form desselben in
eine länglichte umzugestalten. Diese Gewohnheit sey
Anfangs die Ursache solcher langen Köpfe gewesen.
In der Folge aber habe die Natur diese Form frey-
willig hervorgebracht, so, daß man sie durch die
vorige Gewohnheit nicht mehr zu erzwingen brauchte.

Hippokrates sucht den Grund dieses sonderbaren
Phänomens aus seiner berühmten Zeugungshypothese
zu erklären, welche von der büffonischen nicht gar
viel abweicht. Dieser zufolge glaubte er, daß der
Zeugungssaft aus allen Gliedern des Körpers hervor-
komme und gleichsam aus ihnen ausfließe, wodurch
die Formen der Theile des zu bildenden Fötus gleich-
sam nach einer Urform gemodelt würden. Und dies
sey denn der Grund, warum von Kahlköpfen wieder
Kahlköpfe, von Blonden Blonde und von Langkö-
pfen Langköpfe erzeugt würden.

Etwas ähnliches hat man in neuerer Zeit auch
von andern Völkern, z.B. den Peruanern163) und
den Genuesern164) erzählt.

[Seite 161]

Ohne überhaupt über diese Sache noch zu ent-
scheiden, verweise ich blos auf das, was ich oben
(§. 39.) über andere ähnliche Erscheinungen gesagt
habe.

§. 64.
Einige Nationalverschiedenheiten der Zähne, nebst ihren
Ursachen.

In der Ordnung folgen nun zunächst auf die
Formen der Schädel einige an gewissen Völkern be-
merkte Verschiedenheiten der Zähne.

So habe ich z.B. schon im Jahr 1779. sowohl
in einem Stücke von einem einbalsamirten ägyptischen
Leichnam, als in dem ganzen Hirnschädel einer Mu-
mie165) eine besondere Anomalie in den Vorderzäh-
nen bemerkt, deren Kronen nicht meiselartig in die Breite gezo-
gen und mit einem dünnen Rande versehen, sondern
dick und abgestumpften Kegeln ähnlich waren. Die
Hundszähne aber konnte man in Ansehung der Kro-
ne blos durch ihren Stand von den benachbarten
zweyspitzigen unterscheiden. Und dieselbe ganz be-
sondere Bildung hat man auch an andern Mumien
bemerkt; wie an der zu Cambridge166) und zu Kas-
[Seite 162] sel167); auch etwas ähnliches an der zu Stutt-
gard168); ich selbst fand, als ich vor zwey Jahren
zu London war, in einer jugendlichen Mumie, wel-
che mir ihr Besitzer, Herr Jo. Symmons, zu zer-
legen erlaubte, sehr ähnliche Schneidezähne169).
Es bedarf aber freylich kaum einer Erinnerung, daß
bey einer so großen Reihe von Jahrhunderten, seit
das Einbalsamiren der Leichname in Aegypten Sitte
war, und bey dem Wechsel so verschiedner Herren
und Bewohner dieses Landes, auch eine große Ver-
schiedenheit unter den Mumien und deren Schädeln
herrschen müsse, und daß man daher sehr Unrecht
haben würde, die erwähnte besondre Form der
Zähne an allen Mumien zu erwarten. Doch scheint
es immer eine merkwürdige Varietät, die viel-
leicht noch einst als unterscheidendes Merkmal an-
gewandt werden könnte, um die Mumien eines
Zeitalters und Volks von den übrigen zu unterschei-
den. Die Ursachen dieser besondern Bildung auszu-
mitteln, möchte freylich schwer seyn, doch ist es
nicht unwahrscheinlich, daß sie wenigstens großen-
[Seite 163] theils in den Nahrungsmitteln zu suchen seyen, von
welchen Diodorus Siculus ausdrücklich anführt, daß
sie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur-
zeln bestanden haben. Dadurch wurden die Zähne
mehr abgerieben; daß aber Zähne, welche stärker
abgerieben, oder mit Fleiß abgestumpft werden, in
die Dicke wachsen, ist eine Bemerkung, die man an
Menschen170) und Thieren171) gemacht hat.

Diese Muthmaßung bekömmt noch mehr Gewicht
durch Winslovs172) Beobachtung, welcher in dem
Hirnschädel eines Grönländers von der Hundsin-
sel173) eine solche ungewöhnliche Dicke der Schnei-
[Seite 164] dezähne und Aehnlichkeit mit den Backenzähnen be-
merkt hat, und sie der Art und Weise zuschreibt,
wie jene Wilden das rohe Fleisch essen174).

Wirklich entsprechen dieser Beobachtung die dik-
ken und wunderbar abgeriebenen Zähne in zwey Hirn-
schädeln von Eskimos, welche ich aus der Kolonie
Nain von der Küste Labrador neulich erhalten ha-
be175). Denn daß die Eskimos mit den Grönlän-
dern zu einem und demselben Stamme gehören, und
daß selbst der Name dieses Volks insgemein von dem
Essen rohen Fleisches abgeleitet wird, ist längst
bekannt.

Mehrere Schriftsteller176) haben angemerkt,
daß die Kalmucken längere und weiter auseinander-
[Seite 165] stehende Zähne hätten; diese Nachricht haben sie
jedoch, wie ich itzt finde, und zwar nicht mit gehö-
riger Genauigkeit aus dem im Jahr 1243 gelieferten
Berichte Yvo's, eines Geistlichen zu Narbonne ge-
schöpft, von welchem unten mehreres angeführt
werden soll; sie stimmt auch keineswegs mit den
Schädeln jetziger Mongolen, welche ich in meiner
Sammlung aufbewahre, überein.

Andre Nationaleigenheiten der Zähne endlich
rühren blos von Künsteleien her; wie bey einigen
Negerstämmen, welche sich die Zähne durch Fei-
len177) wie Pfriemen spitzen178); oder wie bey ei-
nigen malayischen Völkern, welche den glasartigen
Ueberzug der Zähne großentheils vertilgen179),
[Seite 166] oder ihnen auch überdies Furchen eingraben180)
u.s.w.

Etwas ähnliches habe ich selbst an einigen Sine-
sen von Japan beobachtet, welche sich die glasartige
Rinde von dem äußersten Rande der Vorderzähne
sehr sorgfältig weggerieben hatten.

§. 65.
Einige andere Nationalverschiedenheiten in Ansehung ein-
zelner Theile des Körpers.

Bisher haben wir die Hauptvarietäten verschie-
dener Völker, welche in Ansehung der Farbe (ihrer
Haut, Haare und Augen) der Gesichtsbildung und
Schädelform zu bemerken waren, erörtert.

Es finden indeß noch einige solche Abweichungen
an den andern Theilen des Körpers statt, welche
zwar minder erheblich sind, doch keineswegs über-
gangen werden können. Ich will sie kürzlich nach
einander anführen.

Können auch gleich nicht von allen die Ursachen
und Gründe mit voller Gewißheit angegeben werden,
so wird doch keine so unerklärbar und gänzlich räth-
selhaft seyn, daß man sie nicht durch Vergleichung
mit analogen Erscheinungen, dergleichen von Säu-
gethieren hergenommene Analogien wir im vorigen
[Seite 167] Abschnitte zusammengestellt haben, begreiflicher soll-
te machen können.

§. 66.
Aeußeres Ohr.

Den Alterthumsforschern ist bekannt, daß viele
Götterbilder des alten Aegyptens, sie mögen nun
aus Erz und Thon oder aus verschiedenen Steinar-
ten bereitet, oder aus ägyptischem Feigenholz ge-
schnitzt, oder endlich auf Sarkophagen gemahlt seyn,
sich durch ziemlich hohe Ohren auszeichnen. Einem
neueren Schriftsteller hat es beliebt, dies kurz weg
den Künstlern als einen Fehler der Zeichnung anzu-
rechnen181). Dies aber kann ich um so weniger zu-
geben, da ich an manchen solchen Werken eine nicht
gemeine Kunst und einen richtigen Geschmack gefun-
den habe; dann aber auch, weil ich es hauptsächlich
an solchen Bildern beobachtet habe, welche indiani-
sche Gesichtsbildung hatten182), und eine ähnliche
äußerst genau gezeichnete Stellung auch an ächt in-
dianischen Portraits angetroffen wird. Im Allge-
meinen aber ist diese Verschiedenheit nicht größer,
als jene, welche wir auch an Varietäten der Haus-
thiere, besonders der Pferde und der Schweine be-
merken, bey welchen die Stellung und Lage der
Ohren sich verschieden zeigt. Ja wenn wir an die-
[Seite 168] sen ägyptischen und indianischen Figuren zugleich auf
die Richtung der Augenwinkel von der Nasenwurzel
nach den Ohren zu, Rücksicht nehmen, so scheint
diese Höhe der Ohren großentheils blos von der Art
und Weise, wie sie den Kopf tragen, nämlich mit
erhobenerem Hinterhaupte und gesenkterem Kinne
herzukommen.

Daß auch die alten Bataver eine ganz besondere
Form und Lage der Ohren gehabt haben, bezeugen
sowohl Stellen aller Schriftsteller, als auch Bild-
nisse183).

So sollen sich auch die Ohren der Bewohner
Biscajas durch Größe auszeichnen184).

Daß bey den Wilden die Ohren mehr von dem
Kopfe abstehen und beweglich sind, ist eine sehr be-
kannte Sache, so auch, daß viele Völkerstämme,
besonders aus Ostindien und dem stillen Meer sie
durch mancherley Künsteleien sehr groß und unnatür-
lich lang machen; welche seltsame Sitte zu den
mährchenhaften Erzählungen einiger alten Schrift-
steller von den ungeheur großen Ohren gewisser Völ-
ker Veranlassung gegeben hat.

§. 67.
Brüste.

[Seite 169]

Daß bey manchen rohen Völkern, besonders in
Afrika185) und auf einigen Inseln des stillen Mee-
res186), die Weiber lange und schlaff herunterhän-
gende Brüste haben, ist durch eine Menge Zeugen
außer Zweifel gesetzt. Doch sind diese Erzählungen
zum Theil übertrieben187), auch findet sich diese
Eigenheit nicht an allen Weibern eines und desselben
Volks; denn es giebt sehr viele Südseeinsulanerin-
nen188) und nicht weniger Negerinnen, die man
täglich in europäischen Handelsplätzen sehen kann,
[Seite 170] welche durch schön geformte Busen sich auszeichnen;
endlich aber ist auch diese Verlängerung keineswegs
blos den wilden Völkerschaften eigen, sondern man
hat sie hier und da auch bey europäischen Weibern,
z.B. sonst an den irrländischen189) und noch in
neuern Zeiten bey den morlachischen190), gefunden.

Die Ursache davon scheint hauptsächlich in der
Gewohnheit, die Kinder, auf dem Rücken der Mut-
ter hangend, zu säugen, zum Theil auch in einem
langen, mehrjährigen Säugen der Kinder zu liegen.
Hin und wieder wird uns sogar berichtet, daß bey
Völkern, welche diese Verlängerung für schön hiel-
ten, die Brüste durch Kunst verlängert worden
sind191.

[Seite 171]

Andere Nationen zeichnen sich durch weite und
dicke Brüste aus, wie die Aegyptier, und schon
Juvenal spricht

‘„Von Warzen auf Meroens Brust
Die größer, als ein dickes Kind gewesen“’

als von einer bekannten und nicht ungewöhnlichen
Sache. Ja nicht die Weiber allein, sondern auch
die Männer in Aegypten sollen ungewöhnlich starke
Brüste haben192).

Unter den europäischen Nationen haben die Por-
tugiesinnen die vollsten Brüste193), da sie hingegen
bey den Spanierinnen schwach und klein sind, denn
sie suchten, wenigstens im vorigen Jahrhundert,
das Wachsthum derselben durch Einpressen zu ver-
hindern194).

Daß dagegen durch andere Mittel die Dicke der
Brüste noch vergrößert werden könne, ist außer
Zweifel; wieviel übrigens eine zu früh ausgeübte
Befriedigung des Geschlechtstriebes dazu beytragen
könne, davon geben die noch nicht ganz erwachsenen
und unmannbaren feilen Weibspersonen ein auffal-
[Seite 172] lendes Beyspiel, welche nach London aus den näch-
sten Vorstädten zusammenströmen, um ihren Körper
für Geld Preis zu geben, und die Straßen des Abends
in unglaublicher Menge durchstreifen.

§. 68.
Geschlechtstheile.

Linné verwirft zwar in seinen Prolegomenen zu
dem System der Natur eine ausführlichere Untersu-
chung der Geschlechtstheile und verabscheuet sie; al-
lein in der Folge seiner Untersuchungen hat er anders
davon gedacht, wie dies augenscheinlich seine Ter-
minologie der Conchylien, und vor allen die ächte
Venusmuschel (Venus Dione) beweißt, welche er
in einer in der That sehr schlüpfrigen metaphorischen
Sprache beschrieben hat. Die Manen des großen
Mannes mögen mir es daher verzeihen, wenn auch
ich hier einige nicht unmerkwürdige Nationalverschie-
denheiten der Geburtstheile, einzeln aufzähle.

Von den Negern sagt man insgemein, daß ihr
Geburtsglied ziemlich lang sey. Wirklich entspricht
dieser Behauptung ein ausgezeichnetes Präparat von
den Geburtsgliedern eines Negers, welches ich in
meiner anatomischen Sammlung aufbewahre. Ob
aber diese Eigenschaft allgemein und der ganzen Na-
tion eigen sey, weiß ich nicht195). Sehr wollüsti-
[Seite 173] ge Frauenzimmer sollen den Beyschlaf mit den Ne-
gern andern vorziehen196).

Umgekehrt versichert man auch, daß die Euro-
päer die beste Befriedigung bey den Negerinnen197)
und Mulattinnen198) finden. Die Ursache dieses
Vorzugs, deren es verschiedene geben kann, ist mir
unbekannt.

Ob sie etwa darin den mongolischen199) und
amerikanischen200) Weibern gewisser Völkerschaften
ähnlich sind, von welchen man sagt, daß sie auch
nach der Verheyrathung und selbst nachdem sie schon
Kinder geboren haben, enge Geburtstheile behalten?

Eine ganz entgegensetzte Beschaffenheit der
Schamtheile, schreibt Steller den Kamtschadalin-
nen zu201).

[Seite 174]

Er behauptet, daß sich viele unter ihnen durch
lange und vorhängende Nymphen auszeichnen, die,
wie von mehreren Schriftstellern versichert wird202),
bey den Hottentottinnen zu fingerförmigen Läppchen
werden sollen. Doch scheint dieser Schaambusen
(Sinus pudoris) wie Linné ihn nannte, mehr in
einer Verlängerung der Lefzen selbst zu bestehen203),
welche nicht natürlich, sondern erkünstelt seyn soll204);
und sie hat eigentlich zu dem fabelhaften häutigen
Bauchschurz Veranlassung gegeben, von welchem
leichtgläubige Schriftsteller glaubten, daß er von dem
Unterleibe herabhänge205) und die Schaamtheile
dieser Weiber bedecke206).

§. 69.
Schenkel.

[Seite 175]

Ferner wissen wir, daß gewisse Völker in der
Bildung und Proportion der Schenkel von einander
abweichen. So zeichnen sich z.B. die Indianer durch
die Länge ihrer Schenkel207), die Mongolen dage-
gen durch die Kürze derselben aus208). Die Irr-
länderinnen sollen sehr starke Lenden haben209).

Den Neu-Seeländern legt man so dicke Schen-
kel bey, daß sie die Wassergeschwulst Fff) zu haben
scheinen210)

Andere sagen, daß diese Antipoden von uns
krumme und ungestaltete Schenkel haben, und diese
Mißgestalt durch die Lage des Körpers bekommen,
in welcher sie zu sitzen pflegen211).

Die sehr krummen Schenkel der Kalmucken leitet
man theils von der Beschaffenheit ihrer Wiegen,
[Seite 176] theils von dem Reiten her, wozu sie sich schon in der
zartesten Jugend gewöhnen212).

Aeußerst unförmlich werden die Füße der Feuer-
länder beschrieben213), welche Bougainville Pesche-
rais benamt hat214).

Daß aber eine Mißgestalt der Schenkel und
Füße, besonders bey einigen afrikanischen Völker-
schaften, national sey, haben schon die Alten, haupt-
sächlich von den Aegyptern215), Aethiopiern216)
und Negersklaven217) angemerkt. An den Schen-
keln der schwarzen Sklaven muß man dreyerley
Fehler unterscheiden, welche auch von verschiednen
Ursachen herrühren: erstlich krumme Beine218)
[Seite 177] (jambes cambrêes) dann eine verunstaltende Dik-
ke219) und endlich Striemen und Risse, welche häu-
fig daran aufspringen sollen220).

Jene Krümmung scheint hauptsächlich von der
Stellung herzurühren, in welcher die Kinder auf
dem Rücken der Mütter hängen und sich mit ihren
Knieen festhalten221). Manche solche Unförmlich-
keiten sind auch Folgen von Krankheiten222).

Die Dicke der Füße (wo sie nicht ebenfalls aus
der Pathologie zu erklären ist) kann auch wohl von
starker und anhaltender Arbeit herkommen.

[Seite 178]

Daß aber die an der starken Haut, vorzüglich
auf der Fußsohle, der Neger aufspringenden Spal-
ten von dem brennenden sandigen Boden herrühren
kann, ist nicht zu bezweifeln223).

§. 70.
Füße und Hände.

Endlich haben aufmerksame Beobachter ange-
merkt, daß bey gewissen Nationen Hände und Füße
verhältnißmäßig sehr klein sind.

Dies wird z.B. von den Indianern224), Si-
nesern225), Kamtschadalen226), Eskimos227),
Peruanern228), Neuholländern229) und Hotten-
totten230) gesagt.

[Seite 179]

Daß hiezu oft Verkünstelung mitwirken könne,
lehren die straußfüßigen Sineserinnen. Sehr wahr-
scheinlich mögen aber auch die harte Lebensart231)
und die Nahrungsmittel232) Schuld daran haben.

§. 71.
Nationalverschiedenheiten in Ansehung der Statur.

Nachdem wir nun die merkwürdigsten Verschie-
denheiten in Bildung einzelner Theile und ihrer Pro-
portion unter einander berührt haben, müssen wir
auch die Verschiedenheiten der ganzen Leibesstatur
kürzlich abhandeln; und zwar ist dieser Theil der
Geschichte des Menschen bisher am meisten durch
fabelhafte und übertriebene Erzählungen verfälscht
und entstellt worden, welche jedoch itzt großentheils
schon so weit widerlegt oder berichtigt und auf den
wahren Grund zurückgeführt worden sind, daß sie
[Seite 180] kaum einer weitern Erwähnung, geschweige einer
wiederholten genauen Untersuchung, bedürfen.

So hat man z.B. bewiesen, daß in den äthio-
pischen Pygmäen der Alten nichts als eine symboli-
sche Bedeutung der Grade auf dem Nilmesser zu
suchen sey.

So hat man ferner nach einem sorgfältigern
Studium der Knochenlehre gefunden, daß die sehr
großen hin und wieder in unsern Erdgegenden aus-
gegrabenen Knochen, welche das Vorurtheil sonst
Giganten beygemessen hatte, von großen Land-
und Seethieren (belluae) herrühren233) u.s.w.

[Seite 181]

Vielmehr beweisen einstimmig alle auf uns ge-
kommene Ueberreste und Alterthümer, wonach wir
die Statur der alten Völker schätzen können, als
Mumien, Knochen, besonders Menschenzähne, wel-
che in den ältesten Grabmählern und Urnen gefun-
den worden sind234), Waffen u.a.m. daß jene
Völker wenig oder gar nicht größer gewesen seyen,
als die jetzigen.

Zwar findet man auch unter den neuern Völkern
allerdings Nationalverschiedenheiten hierin. So sind
z.B. unter den europäischen Nationen die Schonen,
oder die Schweizer gewisser Kantons, z.B. die
Schwytzer, langer, die Lappländer aber kleinerer
Statur; in der neuen Welt sind die Abiponer von
größerem, die Eskimos von kleinerem Körperbau;
doch so, daß keins zu sehr von der Mittelgröße ab-
weicht; und im Allgemeinen ist unter den Nationen
der jetzigen Welt keine Verschiedenheit im Betreff
der Körpergröße so abweichend von der Regel, daß
sie nicht nach der gewöhnlichen Degenerationsweise
und analogen Erscheinungen an andern Säugthieren
leicht erklärt werden könnte.

Ich muß jedoch zwey solche Verschiedenheiten
besonders berühren, wovon selbst nach neuern Nach-
[Seite 182] richten, die eine weit über die gewöhnliche Men-
schenstatur hinausgehen, die andere aber weit unter
ihr bleiben soll. Ich meine die gigantischen Pata-
gonen im südlichsten Amerika, und die zwerghaften
Quimos, die angeblichen Bergbewohner der Insel
Madagaskar.

§. 72.
Patagonen.

In dem südöstlichen Theile des festen Landes
von Süd-Amerika ist eine Nation, die seit Magal-
haens Weltumseglung den Europäern bekannt wor-
den, welche ihnen den zusammengesetzten Namen
der Pata-gonen gaben, weil sie sie nämlich für ver-
wandt mit den benachbarten Chonen hielten, ihre
in Guanakofelle eingewickelten Füße aber den behaar-
ten Thierpfoten, welche die Spanier Patas nennen,
ähnlich waren. Nach der eigenthümlichen und Lan-
desbenennug aber heißen sie Tehuelheten.

Von diesen sogenanten Patagonen nun fabelte
zuerst Anton Pigafetta, Magalhaens Reisegefährte,
in seiner Erzählung, sie seyen Giganten, am Kör-
perbau doppelt größer als die Europäer235). Von
jener Zeit an bis nach drittehalb Jahrhunderten be-
streiten und widersprechen sich gegenseitig die Berichte
in denen von den Europäern nach dieser Gegend der
neuen Welt angestellten Reisen m Betreff der Pata-
[Seite 183] gonen so sehr, und sind sich so äußerst ungleich, daß
sie ein merkwürdiges Warnungsbeyspiel zur Behut-
samkeit und zum Mißtrauen beym Gebrauch der Rei-
sebeschreibungen abgeben können.

Wem daran liegt, diese verschiedenen Berichte
und die Meinungen der Anthropologen darüber zu
durchsuchen und zu vergleichen, der lese die unten
angeführten zehn Schriftsteller236). Zu unserm
Zwecke ist blos nöthig jene Folgerungen darzulegen,
welche nach reiferer Prüfung die wahrscheinlich-
sten sind.

Es ist also ein Menschenstamm, der sich keines-
wegs durch gigantische Größe, ob wohl durch einen
langen Körper und noch mehr durch robusten Habi-
[Seite 184] tus auszeichnet237). Das Maas der Länge kann
man zwar bey dem so sehr veränderlichen und schwan-
kenden Berichten keineswegs mit Sicherheit bestim-
men; jedoch beträgt es nach der Autorität sehr glaub-
würdiger Zeugen kaum über sechs und einen halben
englischen Fuß.

Diese Länge aber ist so außerordentlich nicht, da
man vorlängst weiß, daß auch andere eingeborne
Stämme von Amerika (besonders dem südlichern)
von sehr langer Statur sind, welches besonders von
denen Völkern gilt, welche sich, so wie es Tacitus
von den alten Germanen meldet, nicht mit andern
Völkerschaften durch Heyrathen verbunden, sondern
sich als einen eignen unvermischten und daher kei-
nem andern Volke ähnlichen Stamm erhalten haben.

Sie sind Nomaden, wie die Bewohner des Feuer-
landes und andre herumziehende Völkerschaften in
Süd-Amerika; weshalb es kein Wunder ist, wenn
die Europäer, welche zwar an einer und derselben
Küste dieses Landes, aber zu verschiedenen Zeiten,
landeten, nicht immer Menschen von demselben lan-
gen Stamme sahen.

[Seite 185]

Von der andern Seite aber ist es auch nicht
schwer zu errathen, wie die Fabel von den giganti-
schen Patagonen habe entstehen können.

Denn erstlich waren uns aus der ältern Fabel-
geschichte schon Giganten aus der alten Welt bekannt;
sollten also wohl abentheuersüchtige Reisebeschreiber
in der neuen Welt nicht an sie gedacht haben, da
sie in der That lange und starke Menschen, auch
außerordentlich große Begräbnisse238) und bey diesen
öfters Knochen von ungemeiner Größe fanden239)?

[Seite 186]

Bey den Spaniern konnte noch die Absicht da-
zukommen, durch solche Nachrichten andere europäi-
sche Nationen von der Schiffahrt nach der Magel-
lansstraße abzuschrecken240); bey diesen aber kam
leichtgläubige Furcht und der Hang zum Wunderba-
ren und zur Prahlerey dazu, wie denn noch in die-
sem Jahrhundert der Verfasser der holländischen Be-
schreibung von Roggeweius Erdumseglung sich ver-
leiten lies, die Bewohner der Osterinsel im stillen
Meere für Giganten von zwölf Fuß Länge auszu-
geben241).

§. 73.
Quimos.

Nach einer alten Sage, welche jedoch schon im
vorigen Jahrhundert von Steph. Flacourt, einem
[Seite 187] sehr glaubwürdigen Schriftsteller, für eine fabelhafte
Erdichtung erklärt wurde, soll es in der innern Ge-
birggegend der Insel Madagaskar ein zwar von Sta-
tur pygmäenmäßiges, allein von kriegerischem Geiste
beseeltes Volk geben, welches die übrigen Einwoh-
ner oft durch plötzliche Ueberfälle beunruhigte etc.
Diesem Völkchen hatte man den Namen Quimos,
oder Kimos beygelegt.

Dieses Gerücht hat neuerdings wieder Verthei-
diger an Moldave und dem berühmten Botaniker
Commerson gefunden. Nimmt man aber von die-
sen Erzählungen das hinweg, was beyde nur vom
Hörensagen haben, und viele Dinge, in welchen
sie sich einander selbst widersprechen, so läuft das
übrige da hinaus, daß Moldave irgend eine Zwerg-
art von Sklavin, welche man ihm für eine Quimo-
tin verkauft, erhalten hatte, die sich durch blaßgelbe
Farbe, herabhängende Brüste, und lange, fast bis
auf die Kniee gehende, Arme auszeichnete. Allein
der berühmte Freyherr v. Clugny, welcher mit eben
dieser Pygmäin einen ganzen Monath lang auf ei-
nem Schiffe war, hat deutlich gezeigt, daß sie blos
durch fehlerhaften Wuchs und krankhafte Beschaffen-
heit eine Zwergin geworden sey; sie habe einen dik-
ken Kopf und einen sehr blöden Verstand gehabt,
und habe nur in einzeln abgerissenen Tönen gespro-
chen u.s.w.; lauter Umstände, nach welchen ihre
Krankheit höchst wahrscheinlich für eine Art Kreti-
nism zu halten war, da sich bey den Kretinen gleiche
Symptomen zeigen; denn auch die langen Arme
sind an vielen derselben, und namentlich den salzbur-
[Seite 188] gischen, von Beobachtern ausdrücklich angemerkt
worden.

Sonnerat hat diese ganze Tradition scharfsinnig
so erklärt, daß man sie von der Zephe – Racqui-
mussen (Zafferaminen) oder den sechs Oberhäuptern
des Stammes zu verstehen habe, welcher die Pro-
vinz Manatan auf dieser Insel bewohnt. Diese
Oberhäupter sollen noch von dem ältesten Stamm-
vater dieses Stammes abstammen, welcher ein Zwerg
gewesen seyn soll, worauf auch obiger Name in ih-
rer Sprache hindeutet242).

§. 74.
Von den Ursachen der Nationalstatur.

Es giebt also weder ganze Völker von Giganten
noch Pygmäen. Die Nationalverschiedenheit der
Statur aber, welche wir oben (§. 71.) beyläufig
erwähnt haben, scheint verhältnismäsig in engere
Grenzen beschränkt zu seyn, als jene, welche wir
an Hausthieren hin und wieder finden (§. 29.).
Auch wird, nach dem, was über die Ursachen der
Verartung angeführt worden ist, ihre Erklärung
nicht mehr schwierig seyn.

[Seite 189]

Wie viel das Klima hierbey mitwirke (§. 34.),
zeigt außer so vielen andern Beweisen, die Verglei-
chung der Lappen mit den Ungarn, welche beyde
Völker von gemeinschaftlichem Ursprunge abstam-
men, jedoch unter verschiedenen Himmelsstrichen
auch eine verschiedne Statur angenommen haben.

Daß auch die Nahrungsmittel (§. 35.) viel da-
zu beytragen, die Statur entweder zu vergrößern,
oder zu verkleinern, lehrt die Physiologie sehr deutlich.

So wird z.B. der schlanke Körper der vorneh-
mern Otaheiter den feineren Nahrungsmitteln zuge-
schrieben, welche sie genießen243), und gegentheils
wird uns berichtet, daß die Statur gewisser wilder
Völker durch mehrere Generationen hindurch allmäh-
lig abgenommen habe, weil sie sich an den unmäßi-
gern Genuß des Brantweins gewöhnt hatten244).

Ferner muß hier auch die bey verschiednen Völ-
kern frühere oder spätere Mannbarkeit angeführt
werden, welche gewiß in so fern auf die National-
statur wirkt, daß bey Völkern, welche später reifen,
der Wuchs durch diese längere Enthaltsamkeit aller-
dings befördert werde, (wie Cäsar von den alten
Germanern angemerkt hat); wogegen nach den
Beobachtungen glaubwürdiger Schriftsteller über die
[Seite 190] verschiedensten und entlegensten Himmelsstriche, eine
zu frühe Ausübung des Geschlechtstriebes den Körper
hindert, zur vollen Länge auszuwachsen245).

Auch erhalten sich Nationen eine eigenthümliche
Statur, so lang sie sich von der Vermischung mit
Fremden enthalten: dahingegen die Nationalstatur
schon in einigen Generationen verändert wird, wenn
sie sich mit fremden Nationen von anderer Statur
durch Heyrathen vermischt haben246).

Daß eine gewisse Statur sich auf die Nachkom-
menschaft forterbe, ist hierbey allerdings auch in
Betracht zu ziehen, und wird durch unläugbare Bey-
spiele von Familien bestätigt, die sich durch lange
oder kleine Statur auszeichnen.

§. 75.
Fabelhafte Verschiedenheiten des Menschengeschlechts.

Fast unzählich sind die Nachrichten, welche seit
Herodot aus verschiedenen Quellen, hauptsächlich
aus dem Aristeus, Kthesias und Megasthenes durch
die Erdbeschreiber von der monströsen Bildung man-
cher Nationen auf uns gekommen sind. Als z.B.
[Seite 191] von einäugigen Arimaspen; von Cinamolgen mit
Hundsköpfen; von einfüßigen Monoskelen; von
Waldmenschen auf dem Imaus, mit hinterwärts ge-
kehrten Füßen u. dgl. m.247).

Hier ist nun freylich der Ort nicht dazu, bey
diesem Dingen länger zu verweilen; wiewohl eine
Untersuchung der Umstände, welche zu jenen Erdich-
tungen Veranlassung gegeben haben mögen, gewiß
nützlich und unterhaltend seyn würde, denn es ist
bey der Geschichte des Menschen eben so gewiß, als
bey den übrigen Theilen der Naturgeschichte, daß
nicht leicht in sie eine so ungereimte und widersinnige
Fabel hineingebracht worden sey, bey welcher nicht
etwas Wahres zum Grunde läge, welches blos durch
hyperbolische Uibertreibung oder Misverstand ent-
stellt worden ist248).

Aus jenem Schwall von Abentheuerlichkeiten
will ich nur ein einziges Beyspiel anführen. Das so
oft wiederholte Gerücht von geschwänzten Völkern,
deren Existenz von mehreren Schriftstellern in ver-
schiedenen Zeitaltern wiederholt behauptet wor-
den ist249).

§. 76.
Die Fabel von geschwänzten Völkern.

[Seite 192]

Zu allererst haben Plinius und nach ihm Ptolo-
mäus und Pausanias geschwänzter Völker in Indien
erwähnt; dann hat sie im sogenannten Mittelalter
der Geograph Nubiens, der Venezianer Marko Polo
und andere neuerdings behauptet: und in den
neuern Zeiten endlich haben mehrere Reisebeschreiber
ähnliche Dinge von verschiedenen geschwänzten In-
sulanern des indischen Archipelagus250): andere
von solchen Einwohnern einer gewissen russischen
Provinz251): und noch andere Schriftsteller von
andern Ländern252) angeführt.

Wenn man nun diese Behauptungen näher be-
leuchtet, so findet man leicht, wie wenig darauf zu
achten sey. Die meisten Schriftsteller hatten diese
Nachrichten blos von Hörensagen; überdies ist die
Glaubwürdigkeit mancher vorgeblichen Augenzeugen
davon schon an sich sehr verdächtig253).

[Seite 193]

Ferner aber werden ihre Berichte über diesen
Umstand schon durch ihre widersprechende Verschie-
denheit verdächtig254).

Die aufrichtigsten und genauesten Untersucher
jener Gegenden aber, schweigen entweder ganz von
diesen abentheuerlichen Mißgestalten, oder erklären
sie nach dem Zeugniß der Einwohner geradezu für
fabelhafte Erdichtungen255).

Andere endlich merken ausdrücklich an, was zu
dem falschen Gerücht Veranlassung gegeben haben
[Seite 194] könne: z.B. ein von dem Rücken herabhängender
Zipfel der Kleidung256), oder Menschenähnliche
geschwänzte Affen257).

So daß auch nicht ein einziges ächtes, von
mehreren glaubwürdigen Augenzeugen bestätigtes
Beyspiel von einem geschwänzten Volke übrigbleibt;
ja nicht einmal von einer Familie, welche durch
diese widernatürliche Bildung sich ausgezeichnet hät-
te, da doch sonst Beyspiele von Familien, in wel-
chen manche Misgestalten, z.B. die Uiberzahl des
sechsten Fingers, in mehreren Generationen erblich
bleibt, allgemein bekannt sind.

[Seite 195]

Daß aber von einzelnen Menschen, welche
auch unter den Europäern hin und wieder durch ei-
nen monströsen Auswuchs am Schwanzbeine sich
ausgezeichnet haben, hier eben so wenig, als von
den andern Misgeburten die Rede seyn könne, be-
darf keiner Erinnerung.

§. 77.
Nationalverschiedenheit als Folge von Krankheit.

Es ist schon (§. 38.) oben angemerkt worden,
daß auch kränkliche Schwäche die äußere Gestalt der
Thiere und sonderlich ihre Farbe so verändert, daß
sie endlich, wenn sie sich durch mehrere Generatio-
nen hindurch fortgeerbt hat, gleichsam zur andern
Natur wird und in manchen Thiergattungen sonder-
bare und bleibende Varietäten hervorbringt. Wir
haben die bekanntsten Beyspiele von der weißen Haus-
maus und den Kaninchen angeführt, deren weißes
Fell und rothe Augensterne ohne allen Zweifel von
einer krankhaften Schwäche, der Leukäthiopie, her-
rühren.

Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet
man auch hin und wieder bey Menschen. Doch zeig-
ten sie sich bey ihnen nie so allgemein und bleibend,
als unter den eben benannten Thieren, in so fern sie
nämlich zu einer besondern und zahlreichen Varietät
ausgeartet ist.

Dem ungeachtet müssen wir hier jene menschli-
che Leukäthiopie noch berühren und zwar nur beyläu-
fig, weil sie bey den Menschen eigentlich nicht als
[Seite 196] eine besondere Varietät angesehen weiden kann, und
weil ich nicht gern wiederholen möchte, was ich
schon anderswo über diese merkwürdige Krankheit
gesagt habe258).

§. 78.
Menschliche Leukäthiopie.

Dieser krankhafte Zustand scheint unter die Ka-
chexien zu gehören: man erkennt ihn, und zwar
immer, an zwey Syptomen.

Das eine ist eine ungewöhnlich fehlerhafte
Weiße der Haut, zu welcher oft eine unnatürliche
Röthe hinzukommt, die einem leichten Ausschlage
gleicht259), dann aber in einem anomalen Weiße
der Haare und der Schaam, nicht jener Schnee-
weiße, wie bey Greisen, noch dem schönen blassen
etwas ins Grau spielendem Gelb, wie bey Personen,
welche sehr blond sind, sondern einem Weiß, wel-
ches vielmehr mit dem gelblichen Weiß des Milch-
rahms (cream colour) der Engländer verglichen
werden kann.

Das zweyte Symptom zeigt sich in den Gesichts-
organen, welches der dunkeln Farbe beraubt ist,
das einige innere Häute des gesunden Auges über-
zieht, zum Einsaugen des allzuvielen Lichtes be-
[Seite 197] stimmt, und für ein richtiges und gutes Sehen von
höchster Wichtigkeit ist. Deshalb ist die Regenbo-
genhaut des Auges der Leukäthiopier blaß rosenfarb
und halb durchsichtig, die von einem dunklerem Roth
schimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem
bleichen Karneol.

Diese Symptome findet man stets beysammen,
so daß man, meines Wissens, diese sonderbare Rö-
the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte
Weiß der Haupt- und übrigen Haare gesehen hat.
Daß aber jene Röthe der Pupillen von den Beobach-
tern öfters nicht bemerkt worden, ist kein Wunder,
da die übrigen genannten Symptome ihnen mehr in
die Augen fielen, die Leukäthiopier aber, welche das
Licht nicht gut vertragen können, die Augenlieder
mehrentheils geschlossen halten.

Stets ist diese Krankheit angeboren, niemals,
meines Wissens, nach der Geburt entstanden. Sie
ist stets unheilbar; denn es findet sich kein einziges
Beyspiel, daß sich jemals nach der Geburt eine
dunklere Farbe noch angesetzt habe.

Nicht selten ist sie erblich, denn fälschlich sind
die Leukäthiopier von einigen für unfruchtbar und
entweder zum Zeugen oder zum Empfangen für un-
tüchtig ausgegeben werden.

Im Allgemeinen aber ist die Kenntnis von dieser
merkwürdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei-
nungen verfälscht worden. So z.B. sind einige
ungewiß gewesen, ob sie die Leukäthiopie für
einen wirklich krankhaften Zustand halten sollten;
[Seite 198] andere haben sie unrichtig mit dem Kretinism, an-
dere mit der Geschichte des Orang-Utang verwech-
selt; und noch andere haben ohne Grund behauptet,
man finde sie blos innerhalb der Wendekreise u.s.w.

Freylich hat man sie zuerst unter den Aethio-
piern beobachtet, denn das Weiß auf der Haut und
den Haaren einer schwarzen Nation mußte besonders
in die Augen fallen, und deshalb erhielten die mit
diesem Zustand Behafteten dem Namen weiße Neger
(franz. Negres blancs, die Holländer in Ostindien
nennen sie verachtungsweise mit den Namen eines
lichtscheuen Insekts Kackerlacken, die Spanier Al-
binos, die Franzosen Blafards u.s.w.). Allein
man findet sie doch nicht blos unter Negern, oder
wohl gar blos in der heißen Zone, sondern es ist
vielmehr nur zu gewiß, daß es keine Gegend der
Erde giebt, wo sich diese Krankheit nicht erzeugen
könne.

Denn mir selbst sind schon sechszehn Beyspiele
von Leukäthiopiern bekannt, die in verschiednen Pro-
vinzen von Teutschland geboren worden sind260),
und noch mehrere von andern europäischen Ländern,
von Dännemark261), England262), Irrland263),
[Seite 199] Frankreich264), der Schweiz265), Italien266),
den Inseln des Archipelagus267) und Ungarn268).
Ferner außerhalb Europa, unter den Arabern269),
Malabaren270), Madagassen271), Kaffern272),
und Negern, sowohl unter den in Afrika selbst gebor-
nen, als unter den Negerkreolen der neuen Welt273).
[Seite 200] Dann auch unter den Amerikanern auf der Landenge
von Darien274) und in Brasilien275). Endlich
unter den wilden Insulanern des indischen und stillen
Meeres; z.B. auf Sumatra276), Bali277),
Amboina278), Manila279), Neu-Guinea280),
den Freundschafts-281) und Societätsinseln282).

Diesen krankhaften Zustand findet man jedoch
nicht blos an Menschen, sondern auch an vielen
andern warmblütigen Thieren; die bekanntesten Bey-
spiele geben die Kaninchen, Mäuse, Marder und
Pferde (bey welchen vier Thiergattungen jene kränk-
liche Beschaffenheit durch Länge der Zeit gleichsam
[Seite 201] zur andern Natur geworden ist (§. 38.)), doch
findet man dies auch an Affen283), Eichhörn-
chen284), Ratten285), Hamstern286), Halbka-
ninchen287), Maulwürfen288), Beutelratten289),
Mardern290), Wieseln291) und Rehen292).

Unter den Vögeln findet man dies an Raben293),
Amseln294), Kanarienvögeln, Rebhühnern295),
Hühnern und Pfauen.

An kaltblütigen Thieren aber hat man, so viel
ich weis, auch nicht ein einziges merkwürdiges Bey-
spiel von diesem krankhaften Zustande beobachtet.

§. 79.
Schluß dieses Abschnitts.

[Seite 202]

So viel über die mannichfaltigen Abartungen
des Menschengeschlechts in Farbe, Bau, und Pro-
portion und Statur des Körpers, und über die Ur-
sachen derselben. Meines Wissens habe ich dabey
keinen Umstand unberührt gelassen, welcher auf ei-
nige Weise dazu beytragen kann, den bekannten
Streit: ob es nur Eine oder mehrere Hauptgattun-
gen des Menschen in diesem Geschlechte gebe, bey-
zulegen. Wie nun diese Frage obigen Erörterungen
und der Natur und Wahrheit gemäs entschieden wer-
den müsse, wollen wir im folgenden Abschnitt sehen.


Vierter Abschnitt.
Es giebt fünf Hauptvarietäten des Menschenge-
schlechts, jedoch nur Eine Gattung
desselben.


§. 80.
Die unzähligen Varietäten im Menschengeschlecht fließen
durch unmerkliche Abstufungen in einander über.

[Seite 203]

Wir haben in der ganzen eben beendigten Uibersicht
der wirklichen Varietäten im Menschengeschlechte,
auch nicht Eine gefunden, welche nicht (wie im
vorletzten Abschnitte gezeigt worden ist) auch bey
andern warmblütigen Thieren, besonders den Haus-
thieren, und zwar bey diesen meist noch weit deutli-
cher gleichsam vor unsern Augen aus den bekannten
Ursachen der Verartung entstände; und eben so fin-
det man hingegen, (wie in dem letzten Abschnitte
dargethan worden ist) keine Varietät in Farbe, Ge-
sichtsbildung, oder Gestalt, so auffallend sie auch
sey, die nicht mit andern Varietäten ihrer Art durch
einen unmerklichen Uibergang so zusammenflösse,
daß daraus deutlich erhellt, sie seyen alle blos rela-
tiv, und nur in Graden von einander unterschieden.

[Seite 204]

Eben daher ist es auch nicht zu verwundern,
wenn eine blos willkührliche Eintheilung dieser Va-
rietäten Statt finden kann.

§. 81.
Die fünf festgesetzten Hauptvarietäten im Menschen-
geschlecht.

Da jedoch auch bey solchen willkührlichen Ein-
theilungen immer eine schicklicher und besser als die
andere ist, so scheint mir, nach langer und genauer
Erwägung, das ganze bis jetzt bekannte Menschen-
geschlecht am füglichsten, und zwar der Natur ge-
mäs, in folgende fünf Hauptvarietäten eingetheilt
werden zu können; welche sich mit den Namen:

bezeichnen und von einander unterscheiden lassen.

Der kaukasischen habe ich den ersten Platz gege-
ben, weil man sie, aus später aufzuführenden
Gründen, für die ursprüngliche Race halten muß.

Von beyden Seiten ging diese in die zwey ent-
ferntesten und verschiedensten Extreme über, von der
einen Seite, nämlich in die mongolische, von der
andern in die äthiopische Varietät.

[Seite 205]

Die übrigen zwey aber halten zwischen jener
Urvarietät und diesen Extremen das Mittel.

Die amerikanische nämlich zwischen der kauka-
sischen und mongolischen.

Die malayische wieder zwischen der kaukasischen
und äthiopischen.

§. 82.
Kennzeichen und Gränzen dieser Varietäten.

Uiberhaupt lassen sich diese fünf Varietäten
durch nachfolgende Merkmale und Beschreibungen
unterscheiden und bestimmen. Ehe ich diese Merk-
male aufführe, muß ich jedoch im voraus erinnern,
daß man erstlich, wegen ihrer mannichfaltigen gradweisen Ver-
schiedenheit dem Grade nach, nicht blos eines oder das
andere derselben, sondern mehrere in Verbindung
mit einander betrachten müsse; dann aber, daß
auch selbst diese zusammengenommenen Kennzeichen
nicht so bleibend seyen, daß sie nicht in jeder Varie-
tät unendlichen Ausnahmen unterworfen seyn sollten.
Indes ist doch diese Uibersicht so abgefaßt, daß sie
im Allgemeinen hinlänglich deutliche und klare Be-
griffe giebt.

A) Kaukasische Varietät.

Von weißer Farbe, mit rothen Wangen (§. 43.)
schwärzlichen, oder nußbraunem Haar (§. 52.), ge-
rundetem Kopf (§. 62.).

[Seite 206]

Mit ovalem regelmäßigerem Gesicht, in wel-
chem die einzelnen Theile nicht zu stark ausgezeich-
net sind, flacherer Stirn, engerer, leicht gebogner
Nase, kleinem Munde (§. 56.).

Mit senkrecht unter einanderstehenden Vorder-
zähnen des obern und untern Kiefers (§. 62.).

Mit sanft hervorstehenden Lippen (vorzüglich
der Unterlippe), vollem runden Kinn (§. 56.)

Uiberhaupt von jener, nach unsern Begriffen
von Ebenmaas, reizenden und schönen Gesichtsform.

Zu dieser ersten Varietät gehören die Europäer
(mit Ausnahme der Lappen und übrigen Finnen)
die westlichern Asiaten bis zum Fluß Obi, dem ka-
spischen Meere und Ganges. Endlich die Einwoh-
ner des nördlichen Afrika.

B) Mongolische Varietät.

Von gelbbrauner Farbe (§. 43.).

Von schwarzem, härtern, weder krausem noch
dichtem Haar (§. 52.).

Mit gleichsam viereckigtem Kopfe (§. 62.), brei-
tem und plattem Gesicht; und deshalb mit minder
abgesonderten, sondern gleichsam in einander flie-
ßenden Zügen, eine flache sehr breite Glabelle, eine
kleine eingedrückte Nase, runde herausstehende Baus-
backen, die Oefnung der Augenlieder enger gerad-
linichter, das Kinn hervorragend (§. 56.).

Zu dieser Varietät gehören die übrigen Bewoh-
ner Asiens (mit Ausnahme der Malayen auf der
[Seite 207] letzten Halbinsel des Ganges) die finnischen Völker
in dem kalten Theile von Europa, Lappen und an-
dere, und aus dem nördlichsten Amerika die von
der Beringsstraße bis zum äußersten bewohnten
Grönland verbreiteten Eskimos.

C) Die äthiopische Varietät.

Von schwarzer Farbe (§. 43.), schwarzem und
krausem Haar (§. 52.), schmalem an den Seiten
eingedrücktem Kopfe (§. 62.), mit unebener, hök-
kerichter Stirne, herausstehenden Jochbeinen, mit
mehr hervorliegenden Augen, mit einer dicken und
mit den herausstehenden Oberkiefern gleichsam zu-
sammenfließenden Nase (§. 56.), mit engerer
vorwärts verlängerter Kinnladenwölbung, schräg
hervorragende Oberschneidezähne (§. 62.), wulstige
Lippen (besonders die Oberlippe) und ein zurückge-
bogneres Kinn (§. 56.).

An vielen krumme Beine (§. 69.).

Zu dieser Varietät gehören alle Afrikaner, bis
auf die nördlichen.

D) Amerikanische Varietät.

Von Kupferfarbe (§. 43.), schwarzem, har-
tem und schwachen Haar (§. 52.), die Stirn nie-
drig, die Augen tiefliegend, eine stumpfe, jedoch
herausstehende Nase.

Das Gesicht ist zwar insgemein breit und dick-
wangig, jedoch nicht flach und platt, sondern die
[Seite 208] Theile drücken sich en profil deutlich aus und son-
dern sich von einander ab (§. 56.).

Die Form von Stirn und Scheitel ist bey den
meisten erkünstelt (§. 62.).

Hiezu gehören alle Bewohner Amerikas bis auf
die Eskimos.

E) Malayische Varietät.

Ihre Farbe ist schwarzbraun (§. 43.), das
Haar schwarz, weich und kraus, dabey dicht und
voll (§. 52.), die Stirn schmäler (§. 62.), die
Nase fleischiger, breiter und kolbig; der Mund groß
(§. 56.), der Oberkiefer etwas hervorragend (§. 62.),
die Gesichtszüge, en profil besehen, ziemlich her-
vorspringend und von einander abgesondert (§. 56.).

Diese letzte Varietät enthält die Südseeinsulaner
nebst den Bewohnern der marianischen, philippini-
schen, molukkischen, sundischen Inseln und der
Halbinsel Malakka.

§. 83.
Die Eintheilung des Menschengeschlechts in Racen, nach
andern Schriftstellern.

Wir müssen jedoch auch die Meinungen anderer
Schriftsteller, welche das Menschengeschlecht nach
Racen abgetheilt haben, hier neben einander auf-
stellen, um den Leser in den Stand zu setzen, sie
mit einander zu vergleichen, zu würdigen, um dar-
aus die annehmlichsten wählen zu können.

[Seite 209]

Meines Wissens hat zu allererst ein gewisser
Ungenannter am Ende des vorigen Jahrhunderts
einen solchen Versuch gemacht; er vertheilt das
Menschengeschlecht in vier Stämme, wo denn unter
den Ersten ganz Europa bis auf das einzige Lapp-
land, dann Südasien, Nordafrika und ganz Ame-
rika, unter den zweyten das übrige Afrika, unter
den dritten das übrige Asien, nebst denen gegen den
Vulturnus gelegenen Inseln, und unter den vierten
Lappland gehört1).

Leibnitz brachte die Menschen in vier Ordnun-
gen. Zwey nämlich waren die Extreme: 1) Lapp-
länder und 2) Aethiopier; die andern beyden stun-
den zwischen ihnen inne; 3) der Orientalische näm-
lich (Mongolische) und 4) Occidentalische den Eu-
ropäern ähnliche2).

Linné folgte der gemeinen Erdbeschreibung, und
theilte die Menschen ein 1) in den rothen Amerikaner,
2) den weißen Europäer, 3) den gelben Asiaten
und 4) den schwarzen Afrikaner3).

Büffon unterschied sechs Menschenracen, 1) die
Lappländische, oder Polarrace, 2) die Tatarische
(so nannte er nämlich nach der gemeinen Sprache
[Seite 210] die Mongolische), 3) die Südasiatische, 4) die
Europäische, 5) die Aethiopische und 6) die Ameri-
kanische4).

Unter denen, welche drey Urvölker des mensch-
lichen Geschlechts nach der Anzahl von Noahs Söh-
nen annehmen, zeichnet sich der berühmte Gouver-
neur Pownall aus, welcher, meines Wissens, bey
dieser Untersuchung zu allererst seine Aufmerksamkeit
auf die Nationalform der Schädel gerichtet hat. Er
theilt jene Stämme nach den Hauptfarben, 1) in
den weißen, 2) rothen und 3) schwarzen. In ei-
nem mittlern faßt er die Mongolen und Amerikaner
zusammen, weil sie außer andern Kennzeichen noch
in der Gestalt der Hirnschädel und der Beschaffenheit
der Haare mit einander übereinträfen5).

Der Abt de la Croix theilt die Menschen in
weiße und schwarze. Jene aber 1) in eigentlich so-
genannte weiße und 2) braune (bruns), 3) gelbe
(jaunâtres) und 4) olivenfarbige ein6).

Der berühmte Kant leitet aus einer ursprüngli-
chen Menschenrace, einer weißen von brünetter
Farbe, vier Abarten ab: 1) die weiße des nördli-
chen Europa, 2) die kupferfarbige amerikanische,
[Seite 211] 3) die schwarze senegambische und 4) die olivenfar-
bige indianische7).

Doct. John Hunter zählt sieben Varietäten auf:
1) schwarze Menschen, als Aethiopier, Papus
u.a. 2) die schwärzlichen Bewohner von Maurita-
nien und dem Vorgebirge der guten Hofnung, 3)
die kupferfarbigen in Ostindien, 4) die rothen Ame-
rikaner, 5) die braunen, als Tataren, Araber,
Perser, Sineser u.a. 6) die bräunlichen, als die
mittägigen Europäer, z.B. Spanier u.a. die Türken,
Abessinier, Samojeden und Lappen, 7) die wei-
ßen, als die übrigen Europäer, Georgier, Min-
grelier und Kabardiner8).

Herr Zimmermann tritt denen bey, welche
den Urstamm des menschlichen Geschlechtes auf die
asiatische Gebirgsebene zwischen den Quellen des
Indus, Ganges und Obi setzen, und leitet davon
folgende Varietäten ab: 1) die europäische, 2) die
nordasiatische und nördlichste amerikanische, 3) die
arabische, indische und des indischen Archipelagus,
4) die südöstliche asiatische, sinesische, corea'sche
u.a. Er findet es wahrscheinlich, daß die Aethio-
pier entweder aus der ersten oder dritten dieser Va-
rietäten stammen9).

[Seite 212]

Herr Meiners führt alle Völker auf zwey Stäm-
me zurück: 1) von schönen und 2) von häßlichen
Völkern; zu jenen rechnet er die weißen, zu diesen
die dunkelfarbigen. Zu dem schönen Stamme gehören
nach ihm die Celten, Sarmaten und morgenländische
Völker. Zu dem häßlichen hingegen das übrige
menschliche Geschlecht, so weit es verbreitet ist10).

Herr Klügel unterscheidet vier Stämme, 1) den
Urstamm der ersten Menschen auf der eben genann-
ten asiatischen Gebirgsebene, von welchen er die
Bewohner des ganzen übrigen Asiens, des ganzen
Europa, des nördlichsten Amerika und nördlichen
Afrika herleitet. 2) Die Negern, 3) die Amerika-
ner, (jene nördlichsten ausgenommen) und 4) die
Südseeinsulaner11).

Herr Metzger setzt nur zwey Hauptvarietäten
als Extreme: 1) den weißen Menschen in Europa,
und den nördlichen Gegenden von Asia, Afrika und
Amerika, 2) den schwarzen, oder Mohren in, übri-
gen Afrika. Den Uibergang zwischen beyden mach-
ten die übrigen Asiaten, die südlichen Amerikaner
und Südseeinsulaner12).

§. 84.
Anmerkungen über die fünf Varietäten des Menschen-
geschlechts.

Wir kehren nun zu unsern oben beschriebenen
fünf Abarten des Menschengeschlechts zurück. Die
[Seite 213] Kennzeichen, welche wir jeder beygelegt, haben wir
in dem vorigen Abschnitte alle einzeln untersucht.
Jetzt wollen wir zum Beschluß des Werks, der Voll-
ständigkeit halber, über jede dieser Abarten noch ei-
nige allgemeine Anmerkungen beyfügen.

§. 85.
A) Kaukasische Varietät.

Diese Race erhielt ihren Namen von dem Berge
Kaukasus, weil die ihm benachbarten Länder, und
zwar vorzüglich der Strich nach Süden, von dem
schönsten Menschenstamme, dem georgischen bewohnt
sind13); und weil alle physiologischen Gründe dar-
in zusammenkommen, daß man das Vaterland der
ersten Menschen, nirgends anderswo suchen könne,
als hier. Denn erstlich hat dieser Stamm, wie
wir gesehen haben (§. 62.) die schönste Schädelform,
aus welcher, gleichsam als aus ihrer ursprünglichen
Mittelform, die übrigen, bis zu den zwey äußersten
Extremen hin (der mongolischen auf einer Seite und
[Seite 214] der äthiopischen auf der andern) durch ganz einfache
stufenweise Abweichungen entsprungen sind.

Dann ist dieser Stamm von weißer Farbe, wel-
che wir ebenfalls für die ursprüngliche, ächte Farbe
des Menschengeschlechts halten können, da aus ihr,
wie wir oben dargethan haben (§. 45.) eine Verar-
tung in Schwarz leicht ist, weit schwerer hingegen
aus Schwarz in Weiß (wenn nämlich die Sekretion
und Präcipitation dieses Kohlenpigments (§. 44.)
durch Lange der Zeit Wurzel gefaßt hat).

§. 86.
B) Die mongolische Race.

Sie ist ebendieselbe, welche man sonst ziemlich
unbestimmt die tatarische nannte14), eine Benen-
nung, welche bey der Untersuchung der Racen des
Menschengeschlechts, zu wunderbaren Irrthümern
Veranlassung gegeben hat, so daß z.B. Büffon und
dessen Anhänger, von diesem Ausdrucke verführt,
die von alten Schriftstellern entlehnten Nationalcha-
raktere der Mongolen15), welche sie unter dem Na-
[Seite 215] men Tatarn beschrieben hatten, auf die wahren Ta-
tarn selbst, (welche zweifelsohne zu der genannten
ersten Race gehören) fälschlich übertrugen.

Uibrigens fließen freylich die Tatarn, durch die
Kirgisen und angrenzenden Völker eben so mit den
Mongolen zusammen, wie diese durch die Tibeta-
ner16) zu den Indianern, und durch die Eskimos
zu den Amerikanern, ja selbst gewissermaßen durch
die Bewohner der Philippinen17) zur malayischen
Race übergehen sollen.

§. 87.
C) Aethiopische Race.

Diese Race hat, besonders wegen ihrer von der
unsrigen so weit abweichenden Farbe, sehr viele be-
wogen, sie mit dem witzigem Gelehrten, aber
schlechtem Physiologen, Voltaire, für eine beson-
[Seite 216] dere Gattung des Menschengeschlechts zu halten.
Doch ist es nicht nöthig, sich mit ihrer Widerlegung
hier lange aufzuhalten, da schon aus dem vorigen
Abschnitte erhellet, daß die Aethiopier keine so blei-
bende und charakteristische Eigenheit haben, die man
nicht hie und da auch unter andern Menschenracen
fände18) und welche nicht auch selbst manchen Ne-
gern mangelte, und keine endlich, welche nicht
auch bey dieser Menschenrace durch unmerkliche Gra-
dation mit den benachbarten in einander flösse, wie
jeder finden wird, der die Verschiedenheit nur eini-
ger Stämme dieser Race, z.B. der Fuhls, Wu-
lufs und Mandingonen, und wie sie sich durch die
Gradationen dieser Verschiedenheit immer mehr den
Mauren und Arabern nähern, genauer erwogen hat.

Was man aber von den Aethiopiern behauptet
hat, daß sie sich den Affen mehr nähern, als die
andern Menschen, das gebe ich in dem Sinne sehr
gern zu, als man z.B. sagen kann, daß sich jenes
[Seite 217] Race von Hausschweinen mit Hufen (§. 30.) dem
Pferde mehr nähere, als die übrigen Schweine;
indeß erhellt schon daraus, daß eine solche relative
Vergleichung im Allgemeinen doch ohne Gewicht sey,
weil es auch unter den übrigen Hauptvarietäten des
Menschengeschlechts keine einzige giebt, aus der
nicht ebenfalls ein oder das andere Volk, und zwar
von genauen Beobachtern, in Ansehung der Gesichts-
bildung mit den Affen verglichen worden wäre; wie
uns z.B. von den Lappländern19), Eskimos20),
den Caaiguern in Südamerika21) und den Bewoh-
nern der Insel Mallikollo22) ausdrücklich erzählt wird.

§. 88.
D) Amerikanische Race.

Es ist in der That wunderbar, wie viele und
seltsame Erdichtungen man von charakteristischen Ei-
genheiten dieser Race verbreitet hat.

[Seite 218]

Einige sprachen den Männern den Bart ab23),
andere den Weibern die monatliche Reinigung24).
Einige gaben allen Amerikanern nur einerley Far-
be25), andere eine vollkommen gleiche Gesichtsbil-
dung26).

Daß die Amerikaner nicht von Natur unbärtig
sind, ist jetzt durch das einmüthige Zeugniß genauer
und wahrer Beobachter so überzeugend dargethan,
daß mich die überflüßige Mühe gereut, mit welcher
ich ehemals eine Menge von Zeugen zusammenge-
bracht habe27), durch deren Aussage bestätigt wird,
daß es durch ganz Amerika von den Eskimos bis zu
den Feuerländern ganze Stämme von Einwohnern
gebe, welche Bärte tragen; und daß es sich auch
von den übrigen Bartlosen beweisen läßt, daß sie mit
Fleiß die Wurzel des Barthaars ausreißen, wie dies
auch viele, besonders mongolische28) und malayi-
sche29) Völker thun.

[Seite 219]

Daß das Barthaar bey den Amerikanern wie
bey vielen mongolischen Nationen allerdings dünn
und schwach sey, ist bekannt; doch kann man sie
deshalb eben so wenig mit Recht bartlos nennen,
als man etwa Menschen mit wenig Haaren kahl
nennen könnte.

Die also die Amerikaner von Natur für bartlos
hielten, fielen in denselben Fehler, welcher die Alten
verleitete, sich und andere zu bereden, der Para-
diesvogel, dem man die Füße abzuschneiden pflegt,
habe von Natur keine Füße.

Die andere fabelhafte Sage, daß nämlich die
Amerikanerinnen keinen monatlichen Veränderungen
unterworfen wären, scheint dadurch entstanden zu
seyn, daß die Europäer, welche in die neue Welt
kamen, an den unzähligen, fast ganz nackten Ein-
wohnern vom andern Geschlechte, welche sie sa-
hen, niemals Spuren dieser Reinigung sahen30).
Davon giebt es aber wahrscheinlich einen doppelten
Grund; theils werden bey jenen amerikanischen
Völkern die Weiber, während ihrer Reinigungszeit,
durch ein heilsames Vorurtheil gleichsam für giftig
gehalten, und von allem gesellschaftlichen Umgange
ausgeschlossen; und sie genießen indeß in abgelege-
neren Hütten und von dem Anblick der andern ent-
[Seite 220] fernt, eine für sie wohlthätige Ruhe31); theils
aber hat man auch bemerkt32), daß ihre gepriesene
körperliche Reinlichkeit und bescheidene Zusammenlegung
der Schenkel dazu beytragen, daß keine Spur des
Blutabgangs sichtbar wird.

Ueber die Hautfarbe dieser Race ist schon oben
angemerkt worden, daß sie keineswegs sich immer
so gleich bleibe, daß sie nicht hin und wieder ins
Schwarze spielen sollte (§. 43.); und anderer
Seits ergeben sich aus der Beschaffenheit des ameri-
kanischen Klimas33) und aus den Gesetzen der Ver-
artung, welche man auf den sehr wahrscheinlichen
Ursprung der Amerikaner aus dem nördlichen Asien
anwenden muß34), die Gründe sehr deutlich und
leicht, weshalb sie nicht so auffallenden Farbenver-
schiedenheiten unterworfen seyn können, als die
übrigen Nachkommen der ursprünglichen Bewohner
Asiens, welche sich über die alte Welt verbreitet
haben.

Fast dasselbe gilt von der Gesichtsbildung der
Amerikaner. Schon haben sehr sorgfältige Augen-
zeugen die Ungereimtheit der fast lächerlichen Be-
hauptung gezeigt, daß die sämtlichen Bewohner der
neuen Welt in ihren Gesichtszügen sich durchaus so
gleich wären, daß wer einen gesehen hätte, sagen
[Seite 221] könne, er habe sie alle gesehen u.s.w.35). Viel-
mehr beweisen es viele von den größten Künstlern
verfertigte Abbildungen von Amerikanern, und die
Zeugnisse der glaubwürdigsten Augenzeugen, daß
unter dieser Race des Menschengeschlechts allerdings
eben so gut als unter den übrigen, Verschiedenheit
der Gesichtszüge Statt finde36); ob schon im All-
gemeinen jene Nationalbildung, welche wir ihnen
oben (§. 56.) beygelegt haben, für ihre fundamen-
tale zu halten ist. Daß sie zunächst an die mongo-
lische grenze, haben schon die ersten Europäer, welche
auf das feste Land der neuen Welt kamen, richtig ange-
merkt37), und dies bestätigt aufs neue die sehr wahr-
[Seite 222] scheinliche Meinung, daß die Amerikaner aus dem nörd-
lichen Asien herübergekommen, und von einer mongo-
lischen Völkerschaft entsprungen sind; daß aber mehre-
re solcher Auswanderungen in langen Zwischenräumen
erfolgt sind, wozu sowohl physische und geogenische als
politische Katastrophen Veranlassung geben konnten,
ist wahrscheinlich; und hieraus ist, wenn eine Ver-
muthung bey solchen Erörterungen statt finden kann,
muthmaßlich der Grund abzuleiten, warum die Es-
kimos noch weit mehr als die übrigen Amerikaner
diese Gesichtsbildung an sich haben38)? theils näm-
lich, weil sie weit später, durch eine neuere Kata-
strophe vertrieben, aus dem nördlichen Asien ange-
kommen sind39); theils weil das Klima der neuen
Erde, die sie jetzt bewohnen, dem Klima des vori-
gen Vaterlandes ähnlicher ist. Ja man muß sogar,
wenn ich nicht irre, derselben Macht des Klima auf
Erhaltung oder Wiederherstellung der Nationalge-
sichtsbildung, wovon wir oben (§. 57.) gesprochen
haben, es zuschreiben, daß die äußersten kalten Be-
wohner des andern Amerika, wir die wilden Be-
wohner der Magellansstraße, wieder der vorigen
mongolischen Gesichtsbildung sich nähern, und gleich-
sam wieder darein zurückfallen40).

§. 89.
E) Malayische Race.

[Seite 223]

Wie die Amerikaner in Ansehung der National-
bildung zwischen dem Mittelschlage im Menschenge-
schlechte, welchen wir die kaukasische Race nannten,
und einem der beyden Extreme, dem mongolischen
nämlich, gleichsam das Mittel halten, so macht die
malayische einen ähnlichen Uibergang von dieser Mit-
telrace zur andern äußerßen, der äthiopischen.

Die malayische kann man sie nennen, weil bey
weitem die meisten Menschen aus dieser Race, be-
sonders der an Malakka liegenden indianischen In-
seln, der Sandwichs-, Societäts- und Freund-
schaftsinseln, ja selbst die Madagassen, bis zu den
Bewohnern der Osterinseln hinauf, die malayische
Sprache reden41).

Indeß sind auch diese durch mannichfache
Grade der Schönheit und des übrigen körperlichen
Habitus so sehr von einander unterschieden, daß es
nicht an Leuten gemangelt hat, welche z.B. selbst
die Otaheiter in zwey von einander verschiedne Racen
theilten42), die eine nämlich von blässerer Farbe,
schlanker Statur und einer von der europäischen we-
nig oder gar nicht verschiedenen Gesichtsbildung; die
[Seite 224] andere hingegen von mittlerer Statur, an Farbe
und Gesichtsbildung wenig von den Mulatten ver-
schieden, mit krausem Haar u.s.w.43). Diese
letztere also ist den Bewohnern der westlichern Inseln
im Südmeer am ähnlichsten, unter welchem beson-
ders die Bewohner der neuen Hebriden sich allmählig
den Papus und Neuholländern nähern, welche
selbst endlich durch einen so unmerklichen Uibergang
mit der äthiopischen Race zusammenfließen, daß
man sie sogar, wenn man wollte, nicht unschicklich
zu der Race, welche wir gegenwärtig vor uns ha-
ben, zählen könnte.

§. 90.
Schluß.

Und eben dieser unmerkliche Uibergang, durch
welchen auch andere Racen, wie wir gesehen haben,
in einander fließen, führt uns endlich nach einer
Vergleichung mit dem, was in den vorigen Abschnit-
ten dieses Werks, von den Ursachen und Arten der
Degenerationen und den analogen Erscheinungen
von Verartung an andern Hauschieren, gesagt wor-
den ist, zu dem Schlusse, welcher aus den Princi-
pien der Physiologie, wenn sie mit Hülfe der zoolo-
gischen Kritik auf die Naturgeschichte des Menschen-
geschlechts angewendet wild, sich von selbst zu erge-
ben scheint: ‘„daß nämlich unstreitig alle bisher
bekanntgewordene Abarten des Menschen nur zu
Einer und derselben Gattung gehören.’


Erläuternde
Anmerkungen
zu
vorstehendem Werke
nebst
Zusätzen
aus den frühern Ausgaben desselben.

[Seite 225] [interleaf]

Vorerinnerung.

[Seite 227]

Der beste Erklärer, der in einem Werke vor-
kommenden Sätze, ist zweifelsohne der Verfas-
ser selbst. Deshalb habe ich vorzüglich bey der
Erläuterung dieses Werks an Herrn Hofrath
Blumenbach mich gehalten. Und an wen könnte
man sich in dieser Untersuchung sicherer wenden,
als an ihn? Die in dem Werke vorkommenden
anatomischen Stellen trug ich um so weniger Be-
denken hier genauer auseinander zu setzen, da
der Herr Verfasser selbst seine in der zweyten
Ausgabe geäußerte Meinung, daß es lästig seyn
dürste, hierin so weit zu gehen, dadurch, daß
[Seite 228] er in dieser dritten wirklich weiter gegangen ist,
stillschweigend widerlegt hat. Den eigentlichen
Zweck meiner Anmerkungen darf man übrigens
nicht aus den Augen sehen, wenn man mich nicht
unbillig beurtheilen will. Alle mit Bl. bezeich-
nete sind von dem vortreflichen Verfasser vorste-
hender Abhandlung selbst.


Erster Abschnitt.


§. 5. S. 24.

[Seite 229]

Des solei mit seinem gemello. Die eigentliche
Wade besteht aus folgenden Muskeln: den gastro-
cnemiis
großen Wadenmuskeln, dem soleo unteren
Wadenmuskel, plantari Fußsohlenmuskel, und
poplitaeo Kniekehlenmuskel. Die gastrocnemii
bestehen aus zwey, oder wenn man lieber will, drey
Muskeln, und werden in den externus und inter-
nus
eingetheilt. Der äußere besteht aus zwey sehr
starken und großen Muskelkörpern, welche unten in
eine gemeinschaftliche Sehne übergehn, und deshalb
von Albin die Zwillingsmuskeln der Wade ge-
nannt wurden, gemellus. – Der innere, wel-
cher den größten Theil der Wade bilden hilft, eine
beynahe eyförmige Figur hat, und von den Zwil-
lingsmuskeln bedeckt wird, heißt dann der soleus.
– Diese Muskeln werden gleich nach ihrem Ur-
sprung fleischig, nehmen an Dicke und Breite zu,
und bilden unten, wo sie in eine sehr dicke und brei-
te Sehne übergehen, die sogenannte Achillessehne
(tendo Achillis). Man wird sich nun die Mei-
nung des Herrn Verfassers leichtlich erklären können.

[Seite 230]

Längeres Brustbein. Das Brustbein (ster-
num os xiphoides
) schließt gleichsam den Thorax
nach vorn von der Halsgrube bis zur Herzgrube; –
liegt zwar eigentlich nur zwischen den fünf obern
Rippenpaaren, doch reichen auch die knorplichen
Anhänge des sechsten und siebenden Paares hinauf.
Der Mensch scheint unter allen warmblütigen Thie-
ren das allerkürzeste erhalten zu haben; höchstens
kommt ihm etwa der ächte Orang-Utang darin
bey *). Bey den Menschen ist es ein länglichter
schmaler Knochen, nach vorn etwas convex, nach
hinten etwas concav: – Bey den mehresten übri-
gen vierfüßigen Säugethieren aber ist es cylindrisch
und gegliedert, selbst bey den meisten Affenarten,
und bey dem Bären, dessen Gerippe sonst (Kopf
und Becken ausgenommen) viel Analogie mit mensch-
lichen hat.

*) S. Tysons anatomy of a Pygmy Fig. 5.

Mehrere Rippen. Gewöhnlich hat ihrer der
Mensch 12 Paare, doch hat man hinwieder einzelne
Variationen aufgefunden. – Die Säugthiere ha-
ben mehrere. Viele Affen 14 Paare, – so auch
der Marder u.a. – Der Iltis, Igel u.a. 15
Paare. – Der kleine brasilische Ameisenbär 16
Paare, – so auch das Frettchen. – Das Pferd
18. – Der Elephant 19 Paare.

Bl.

Alles was noch über den aufrechten Gang gesagt
werden kann, ist aus den frühern Ausgaben concen-
trirt, folgendes:

[Seite 231]

‘„Der Kopf des Menschen ruht und bewegt sich
am bequemsten bey der aufrechten Stellung des
Leibes. Man stelle den Menschen auf vier Füße:
dann hängt augenscheinlich der Kopf, seiner Schwe-
re überlassen, gegen die Erde, da er hingegen jetzt,
wenigstens dem größten Theil nach, unterstützt ist.
Da aber das kleine Gehirn und überhaupt die größ-
te Masse des Gehirns in dem Hinterkopfe liegt,
und die vordern Theile des Kopfes, als die Nase
und das Innere des Mundes zum Theil hohl sind,
so überwiegt der Hinterkopf augenscheinlich den
vordern, und es ist unläugbar, daß durch die jez-
zige Stellung des großen Lochs (foramen magnum
occipitale
) die Unterstützung des Kopf so vortreflich
eingerichtet ist, als es nur seyn könnte. Ferner
gebe man auf die Einrichtung der Halswirbel acht;
sind diese nicht flach, ohne in einandergreifende
Fortsätze, wie bey den Thieren, selbst bey den
meisten Affen 1)? Gerade so waren sie auch nur
nöthig, wenn der Kopf senkrecht auf ihnen ruhen,
und dabey frey alle nöthige Bewegung vornehmen
sollte. Mit Recht bewundert Eustach, der scharf-
sinnigste Anatom seiner Zeit, diesen herrlichen Bau,
wo die Natur, wie er sagt, die stärksten Knochen
durch sehr schwache so vortreflich zu stützen gewußt
hat, daß sie dem Kopfe hinreichende Sicherheit
verschaften, ohne ihm irgend eine nöthige Bewe-
gung fehlen zu lassen 2). Und wie konnte es dem
Moskati einfallen, diese Lage des Kopfs für unsi-
cher, oder nicht gehörig unterstützt zu halten 3)?
Hat doch der Mensch nicht einmal das sogenannte
Haarwachs, ein weisses, starkes, tendinöses Li-
[Seite 232] gament, wodurch der Kopf der Thiere gehalten
und aufwärts gezogen wird. Linné merkt aus-
drücklich an, daß dieses Ligament, welches er Pax-
wax
nennt, sich weder bey den Affen noch bey dem
Menschen finde 4). Gäbe man nun auch dem
Moskati zu, daß, im Fall der Mensch vierfüßig
wäre, sich diese Haut nach und nach selbst erzeuge:
so ist es doch bey denen sich selbst überlassenen Af-
fen, welche gleichfalls oftmals aufrecht gehen, nicht
da, wo aber die Struktur der in einander greifen-
den Halswirbelbeine diesen Mangel ersetzt, welches
bey den Menschen nicht ist. Uiberdem ist die Lage
der Augen und Ohren gar nicht für ein vierfüßiges
Thier eingerichtet. Die Augenaxe steht bey dem
Menschen beynahe senkrecht auf dem vertikalen
Durchschnitte des Kopfs, da sie hingegen bey den
Thieren, die großen Assen ausgenommen, einen
spitzigen Winkel macht; das heißt, das Auge des
Menschen wäre, wenn er auf vier Füßen stünde,
mehr der Erde zugekehrt als bey den Thieren.
Auch hat die Natur den Thieren, bis auf den
Urang, einen eigenen Muskel (suspensorius ocu-
li
), den Augapfel in die Höhe zu ziehen, gegeben,
welcher dem Menschen fehlt. Wird Moskati die-
sen auch nach und nach wachsen lassen? Gingen
wir also auf Händen und Füßen; so wäre nicht
nur das Gesicht des Menschen mehr als bey einem
andern Thiere eingeschränkt, sondern dieses wäre
auch ebenfalls der Fall mit dem Gehör; denn die
Ohren stünden gleichfalls der Erde zu. Wiederum
ist der Rückgrad zu dem zweybeinigten Gange besser,
als irgend bey einem andern Thiere eingerichtet.
[Seite 233] Nehmen nicht die Wirbelbeine an Stärke zu, wo
sie mehr zu tragen haben? Daher sind die Lenden-
wirbel viel stärker als alle die übrigen; sie tragen
den ganzen Stamm des Körpers. Dies war bey
einer Horizontallänge nicht nöthig, und eben daher
findet sich dieses Verhältniß nicht bey den Thieren.’

‘„Dann vergleiche man die breiten Hüftbeine des
Menschen (ilia), welche sich in die verengten Sitz-
beine (ischia) endigen, ferner unser kurzes Becken,
das oben weit ist, und nach unten zusammenläuft,
wodurch es gerade so geräumig wird, daß es der
Frucht hinreichenden Platz läßt, aber dabey den
Vorfall der Mutter hindert, mit den ovalen cylin-
derförmigen Becken der Thiere, nebst ihren breiten
Sitzbeinen, und auseinanderstehenden Hüftbeinen;
dabey gebe man zugleich auf den Bau der Gesäß-
muskeln und Waden in beyden acht, und urtheile
dann, zu was für eine Art von Gange der Mensch
und das Thier eingerichtet sind. Auch gehört noch
hierher der längere und nur allmählich schieflausen-
de Hals des Schenkelbeins (cervix ossis femoris)
bey dem Menschen, welcher selbst bey den Affen
nur kurz ist, und in die Quere (oder beynahe hori-
zontal) in die große Pfanne (acetatabulum ossis
ischii
) eintritt. Endlich sind die Waden, die sehr
starken Schenkelbeine, die ganze Zusammenfügung
des menschlichen Fußes, die starke Ferse, lauter
Zeugnisse für den aufrechten Gang.’

S. 1ste Ausg. S. 22. 33. fgg. und 2te Ausg. S. 26. fgg.
vgl. mit E. A. W. Zimmermann geographische
Geschichte des Menschen
u.s.w. Th. 1. Seite
124. fgg.

[Seite 234]

1) Vergl. Taf. 3. Fig. 3. 4.

2) Eustachius de motu capitis , in seinen opusc. anatom.
Venet. 1563. S. 238.

3) Moskati von dem körperlichen Unterschie-
de zwischen der Struktur des Menschen
und der Thiere
. S. 20. in der Note.

4) Syst. nat. XII. T. I. S. 48.

§. 6. S. 24. fg.

Was man unter der Benennung Becken eigent-
lich zu verstehen habe, ist in diesem §. mit völliger
Bestimmtheit angegeben: allein nichts destoweniger
dürften einige Worte über die einzelnen Knochen,
durch deren Zusammenfügung das Becken gebildet
wird, hier nicht am unrechten Orte stehen. Es
sängt beym Vorgebirge an, und enthält das Kreuz-
bein, Kuckuksbein und die ungenannten Knochen.
Das Vorgebirge entsteht durch eine auszeichnende
Eigenschaft des untersten Lendenwirbels. Sein Kör-
per nämlich ist vorn auffallend höher als hinten, und
dadurch entsteht durch seine Verbindung mit den
Kreuzbeinen, in der Fuge zwischen beyden, diese
mit einem eigenen Namen benannte Erhöhung, wel-
che man sonst auch den Winkel des Kreuzbeins
nennt (angulus ossis sacri). Zu beyden Seiten lau-
fen die größten von allen flachen Knochen des gan-
zen Gerippes, welche man die ungenannten nennt.
Diese werden, da sie bey der Leibesfrucht und dem
neugebornen Kinde aus drey abgesonderten, in der
Hüftpfanne zusammenstoßenden Knochenkernen beste-
hen, welche ohngefähr im siebenten Lebensjahr zu-
sammen verwachsen; jedoch so, daß die Spuren die-
ser Verwachsung selbst bis gegen die Mannbarkeit
[Seite 235] merklich bleiben, in drey besondere Einschnitte ab-
getheilt, als:

1) Die beyden obern großen ausgebreiteten Theile,
die Hüftknochen (ossa ilium).

2) Die mittlern vordern an einanderstoßenden,
die Schaam- oder Schooßbeine (ossa pubis s.
pectinis).

3) Die nach unten herabsteigenden, die Sitz-
beine (ossa ischii s. coxendicis). Diese ungenannten
Knochen sind vorn durch ein Knorpelband mit einan-
der verbunden. Hinten fassen sie das heilige oder
Kreuzbein, den bey weitem allergrößten Knochen
am Rückgrad, auf welchem dieses, und mit ihm
auch Brust, Kopf und Arme, wie auf ihrer Basis,
ruhen. Es ist nach vorn ausgeschweift und ziemlich
glatt, und hat ohngefähr die Gestalt einer gekrümm-
ten, am Ende stumpf zugespitzten, keilförmigen
Schaufel. Unterhalb diesen ist das Kuckuks- oder
Steisbein, auch Schwanzbein genannt (os cau-
dae
), weil die Wirbel desselben bey den Thieren sich
hintenaus in den Schwanz verlängern, welches aus
vier Stücken besteht, die gleichsam einen Anhang
des Kreuzbeins ausmachen, mit dessen unterem Ende
in gleicher Richtung fortlaufen, von hinten in die
untere Oeffnung des Beckens hineinragen, und be-
sonders dem Mastdarm zur Stützt dienen. – In
den Hüftpfannen des Beckens sind die Schenkelkno-
chen gerade an der Stelle, wo im unreifen Alter die
drey Stücke des ungenannten Beins zusammenstoßen,
eingelenkt.

[Seite 236]

Der in diesem §. vorkommende stumpfe Rand
(linea innominata), geht vom Vorgebirge des
Kreuzbeins, abwärts, unten am Hüftbeine vorbey,
und verläuft sich nach dem obern und innern Rande
der Schaambeine. Es wird leicht seyn, sich dieses
alles mit Zuziehung von Fig. 1. Taf. 3. zu erläutern
und die Meinung des Herrn Verfassers einzusehen.
Ich füge nur noch seine Aeußerung, daß dem Men-
schen das Becken eigenthümlich zukomme, welche er mit
Belegen aus der verglichnen Anatomie bewährt, bey.

Dieser Bau des Beckens – sagt er – ist aus-
schlüßlich dem Menschengeschlechte eigen, und ent-
spricht der Bestimmung desselben, zum aufrechten
Gange, auf das vollkommenste, da der breite Rand
des großen Beckens die benachbarten Gedärme unter-
stützt, und ihren sonstigen Druck auf die im kleinen Bek-
ken enthaltenen Eingeweide abhält oder doch mindert.

Ein Blick in die Osteologia comparata zeigt
dies aufs unverkennbarste. Bey allen vierfüßigen
Säugethieren ist das Becken im Verhältniß länglich-
ter, schmaler, konischer, mit den Hüften nicht so
weit divergirend als bey dem Menschen. Man sehe
z.B. die Abbildungen der Becken an den verschiede-
nen Arten von Orangutangs bey Tyson a. a. O.
Fig. 5. und in Prof. Campers natuurkundige Verhan-
delingen
, Taf. 3. Fig. 7.

Am koyterischen Affengerippe (bey seiner Ana-
logia ossium humanorum simiae et verae et caudatae,
atque vulpis
) taugt hingegen das Becken gerade
nichts, da die ungenannten Beine durch ein seltsa-
[Seite 237] mes Versehen bey der Zusammensetzung völlig ver-
kehrt gestellt worden, mit den Hüftbeinen nach un-
ten, mit den Sitzbeinen nach oben u.s.w.

Uiber die mannichfaltigen besondern Verschie-
denheiten im Baue des Beckens bey den Säugthieren
und bey den Vögeln vergleiche man die zahlreichen
und überaus genauen Abbildungen bey Koyter an
seiner Ausgabe von Fallopii lectionibus de partibus
similaribus
und in Johann Daniel Meyer Vorstel-
lung allerhand Thiere nebst ihren Skeletten.

§. 7. S. 26.

Ferner hängt von der benannten u.s.w.
Wenn wir die Lage der innerlichen Geburtstheile im
Becken im ungeschwängerten Zustande betrachten, so
finden wir, daß sich die Lage desselben nach der
Achse des Beckens richtet. Folglich werden sie in
dem beschwängerten Zustande nach dieser in die Höhe
steigen und die äußerlichen Bedeckungen des Unter-
leibes vorwärts drängen müssen. S. mit mehrerem
hierüber Sommer über die Axe des weiblichen
Beckens, Weissenfels 1797.

Was übrigens die Eigenthümlichkeit der Weiber
menschlicher Gattung, daß sie den Urin nicht wie die
übrigen Thierweibchen hinten auslassen, betrift, so
darf man nur, um sich über diese Einrichtung völlig
sicher zu setzen, die hierher gehörigen Abschnitte aus
den Anfangsgründen der Physiologie des Herrn
Verfassers nachlesen.

§. 9. S. 30.

[Seite 238]

Der Mensch ein zweyhändiges Thier. Ich
kann nicht umhin, die ganze Stelle auf welche sich
der Herr Verfasser in diesem §. bezieht, hier noch
mitzutheilen. ‘„Der Mensch ist das weiseste unter
allen Thieren, aber seine Hände sind auch Werk-
zeuge, wie sie einem weisen Geschöpf zukommen.
Zwar ist er nicht, wie Anaxagoras meint, das
weiseste Thier, weil er Hände hat, sondern er
hat, wie Aristoteles richtig urtheilt, Hände, weil
er das weiseste Thier seyn sollte. Denn nicht die
Hände, sondern die Vernunft haben den Menschen
die Künste gelehrt; jene sind aber die besten Werk-
zeuge, womit man sie üben kann.“’ Galenus de
usu partium
B. 1. Cap. 3. Sonderbar stimmt mit
dieser vernünftigen Meinung eine andere von Mos-
kati. Dieser Paradoxen Freund glaubt, daß die
Menschen, wenn sie auch auf Vieren gingen, alles
dies verrichten würden, weil es wohl eher Men-
schen gegeben, die, bey verstümmelten Händen,
oder in Ermangelung der Aerme, mit den Füßen
geschrieben, genähet und andere künstliche Sachen
verrichtet haben. Diese Meinung scheint mir gerade
so viel werth als jene, wo man, trotz den überzeu-
genden Gründen des Herrn Hofrath Blumenbachs,
und gegen den Augenschein, nicht annehmen wollte,
daß die Affen vierhändige Thiere seyen, weil –
Herr Hofrath Blumenbach darinnen sich selbst wi-
derspräche, indem er bey dem Lemur tardigradus
von Hinterfüßen desselben redet.

§. 11. S. 32. fgg.

[Seite 239]

Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über
die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da
Linne' und viele andere, von ihnen den Grund zur
Klassifikation der Thiere nahmen.

‘„Die Schneidezähne haben bey den Menschen
meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln.
Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil
sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser
Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech-
tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer
Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver-
schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind
ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack-
ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei-
fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse
und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine,
der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar
Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus
scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar
hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der
großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden
anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur-
zeln, die z.B. bey der gemeinen Hausmaus die
ganze Länge des Unterkiefers haben.’

Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz-
te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit-
wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck-
zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie
den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie
[Seite 240] sind doch sehr klein, wie beym Pferd. Von ansehn-
licher Größe und ausnehmender Stärke sind sie bey
den reissenden Thieren; aber auch bey den mehresten
Affen. Der Bär und Dachs haben hinter den gro-
ßen Eckzähnen in beyden Kiefern noch einige ganz
kleine von sonderbarer Bildung. Der Backenzähne
sind fünf hintereinander, wovon die beyden vordern
kleinere Kronen mit einer meist halbmondförmigen
Grube haben, da die drey hintern hingegen breite,
mehrentheils auf der Oberfläche mit einer Kreuzfurche
durchschnittene Kronen mit stumpfen Ecken haben.
Die Backenzähne der Säugthiere zeigen, zumal in
Bildung ihrer Kronen, überaus viel merkwürdige Ver-
schiedenheiten, die den Nahrungsmitteln, zu denen
sie bestimmt sind, aufs genaueste angemessen sind.
Bey den reissenden Thieren, zumal aus dem Hund-
und Katzengeschlecht, sind sie scharf zugespitzt, schnei-
dend ausgezackt, und die untern gleiten im Kauen
dicht hinter den obern vorbey, fast wie die beyden
Blätter einer Scheele, wodurch das rohe Fleisch,
zähe Sehnen u.s.w. gleichsam zerschnitten werden.
– Der Bär, der sich aus beyden Reichen nährt,
hat schon breitere Kronen, deren Zacken mehr gerade
auf einander schließen.

Auch die Menschenähnlichsten Affen haben doch
weit scharfzackigtere Zähne als der Mensch.

Bl.

Kürze des Unterkiefers. Nur der Elephant
macht unter allen Thieren eine Ausnahme, denn
dessen Unterkiefer ist wenigstens eben so kurz als der
menschliche. Ausnehmend groß ist er hingegen schon
[Seite 241] bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenähn-
lichsten.

Bl.

Die beyden Gelenkknöpfe (condyli) sind ein
Paar rundliche aber flachgedruckte Köpfe, die auf
einem engern Halse aufstehen, und in die Breite
von aussen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Li-
nie neben einander, sondern von vorn nach hinten
stumpf convergirend laufen. Mittelst des processus
condyloideus
ist der ganze Unterkiefer mit dem
Schädel eingelenkt. Von der verschiedenen Bildung
der condylorum bey den Thieren hängt die eben so
verschiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey
rundlichen Knöpfen bewegt er sich wie in einer Nuß
(arthrodia) und folglich ist ihm eine vielseitige Be-
wegung gestattet. Sehr breit in die Quere laufende
hingegen bilden gleichsam ein Gewinde (charniere,
ginglymus), und haben mithin eine weit einge-
schränktere, bestimmtere, einseitigere Einlenkung.
Jenes ist der Fall bey vielen Gras fressenden Thie-
ren, besonders beym Elephanten u.a. dieses hin-
gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder,
Iltis u.s.w.

Bl.


Dies wäre die äußere Beschaffenheit des Men-
schen, wonach der Mensch Erectus bimanus; men-
to prominulo
; dentibus aequaliter approximatis;
incisoribus inferioribus erectis ist. Man wird
leicht finden, daß der Herr Verfasser in diesem letz-
ten Zusatze einen Charakter der Humanität angegeben
hat, wodurch sich der Mensch von den noch so men-
[Seite 242] schenähnlichen Affen, und überhaupt von allen
Säugethieren, auszeichnet. Dagegen hat er einen
andern, welcher noch in der vierten Ausgabe seines
Handbuchs der Naturgeschichte steht, weggelassen.
Dort beschreibt er nämlich den Menschen also: homo

Animal erectum, bimanum, inerme, rationale,
                                         loquens.
Dentes primores incisores supra et infra quatuor.
Laniarii longitudine reliquis aequales approximati.

Man sieht leicht, daß es das inerme ist, was
ich meine, und ich trage deshalb um so weniger Be-
denken, die sonst hierüber geäußerte Meinung des
Herrn Verfassers beyzufügen.

‘„Außer der aufrechten Stellung aber und den
beyden Händen, – sagt er, – haben wir auch
noch einiges andere zu betrachten, welches dem
Menschengeschlechte ebenfalls eigenthümlich zuzu-
gehören scheint. Unter allen Thieren ist allein der
Mensch waffenlos und nackt auf die Welt gesetzt
worden. Ihm ist weder Zahn noch Horn, weder
Klaue noch Bedeckung, oder rauches Fell, gege-
ben. Der Einwurf, den man vielleicht dagegen
machen könnte, daß es auch Thiere gebe, denen
alles dieses mangelt, ist nicht giltig; denn immer
trift man doch etwas an ihnen, was zu ihrer Ret-
tung dient 1). Der Mensch aber hat entweder
dieses alles gar oder größtentheils nicht. Er ist
fast unbehaart, da hingegen die Quadrupeden,
welche ihre Rücken dem freyen Himmel und der
Witterung entgegen tragen, mit rauchen, Felle
[Seite 243] oder dickerer Haut, Schildern, Schuppen oder
Stacheln bewaffnet sind. Nur an wenig Gegen-
den des Leibes hat der Mensch Haare, der Rücken
aber ist ganz kahl, was in der That einen neuen
Beweis für den aufrechten Gang des Menschen
abgiebt. Seine Zähne stehen einander gleicher,
sind runder, ebener, und mit einem Worte so ge-
baut, daß man auf den ersten Hinblick einsehen
muß, sie seyen dem Menschen zum Kauen, und
gewissermaßen zur Rede, keinesweges aber als
Waffen gegeben 2). Selbst die Zähne der Affen
weichen von den menschlichen sehr ab; ihre Hunds-
zähne sind länger, spitziger, und von den benach-
barten mehr entfernt; die Backenzähne aber tief
eingeschnitten und äußerst scharfzackigt. Aber
außer den Zähnen zeigt auch der enge, mit Lippen
verzierte Mund, wodurch er sich ebenfalls von den
Affen und andern ähnlichen Thieren unterscheidet,
der Mensch sey ein friedliches, waffenloses Ge-
schöpf 3).“’

1) Der Polyp z.B. hat kaum irgend einen Feind, und
wenn er etwa verwundet wird, so entstehen daraus
neue Thiere seiner Gattung.

2) ‘ Der Mensch ist ein sanftes in Gesell-
schaft lebendes
(civile) Geschöpf, dessen
Stärke und Kraft mehr in Weisheit
, als
körperlicher Uibermacht besteht
.“’ Eustach.
de dentibus. S. 85.

3) Ausg. 1. S. 27. 28.

Ich wundere mich um so mehr, daß der Herr
Verfasser den Grund, warum er diesen Charakter
wegläßt, nicht angeführt hat, da er mir doch immer
wegen seiner Konsequenz, die in Eustachs Worten
[Seite 244] kürzlich aber vollständig angegeben ist, wichtig zu
seyn scheint. Man kann mit mehrerem hierüber
nachsehen:

Herders Ideen zur Philosophie der Geschich-
te der Menschheit
. 1. Bd. S. 218.

§. 14. S. 36.

Das Fleischfell oder der Hautmuskel (panni-
culus carnosus seu musculus subcutaneus
) wurde
sonst von vielen als die vierte gemeinsame Bedeckung
des Körpers beschrieben. Er besteht aus einer musku-
lösen Haut zwischen dem Felle und Fette, allein er ist
nur bey den Thieren, nicht bey den Menschen anzu-
treffen. Vermittelst selner erschüttern sie das Fell,
und verscheuchen so die Insekten.

Das Wundernetz: ein netzförmiges Geflecht
von Gefäßen, liegt neben der Schleimdrüse der Nase
unter der dura mater, und Ruysch, welcher es erst
beschrieben und abgebildet hatte, zählte es nachher
unter die Fabeln. S. Adversar. anatom. II. S. 45.
Nach Willich dient es solchen Thieren, deren Kopf
niederwärts hängt, den zu heftigen und schnellen
Lauf des Geblütes in das Gehirn aufzuhalten.

Was der Aufhängemuskel des Auges sey, zeigt
schon sein Name, so wie die Ermangelung desselben,
daß der Mensch wohl schwerlich zum Gange auf Vieren
bestimmt sey, denn er dient den Quadrupeden das
Auge zu erheben, wenn sie über sich blicken wollen.

Die innere Augendecke (membrana nictitans,
Nickhaut) ist eine dreyseitige Haut, die sich über
[Seite 245] den Augenstern zieht. Die eine Seite derselben ist
in dem innern Augenwinkel desselben, an die harte
Haut des Augapfels befestiget; der gegenüberstehen-
de Zipfel hängt mit einem langen dünnen Muskel zu-
sammen, der an dem Augapfel hinterwärts um den
Sehnerven in einen Winkel herumläuft, und mit
dem breitern Ende sich in die harte Haut neben dem
innern Augenwinkel einfügt. Dieser Muskel geht
durch ein Loch in dem Ende eines kürzern Muskels,
der von dem andern Augenwinkel, von der Hinter-
seite des Augenballes, bis nahe an den Sehnerven
sich hin erstreckt, gleichsam als über eine Rolle.
Wenn nun beyde Muskeln sich verkürzen, so wird
die Nickhaut über den Augenstern, nach dem äußern
Augenwinkel, hingezogen; lassen sie nach, so zieht
sich die Nickhaut, durch die Schnellkraft ihrer eige-
nen Fibern, wieder zurück. Jene Verbindung
zweyer Muskeln war nöthig, weil ein Muskel sich
nur nach Verhältniß seiner Länge verkürzen kann,
ein gerade ausgespannter einzelner Muskel hier aber
nickt lang genug gewesen wäre. Die Nickhaut dient
die Augen der Vögel für Staub zu bewahren, und
gegen das blendende Sonnenlicht zu schützen, ohne
ihm alles Licht zu nehmen, da sie doch dünn genug
ist, daß die Vögel dadurch etwas unterscheiden kön-
nen. Zugleich dient sie die vordere durchsichtige
Haut im Auge feucht und geschmeidig zu erhalten,
da aus der Thränendrüse ein Ausführungsgang bis
in die Mitte der Nickhaut geht, so daß sie bey der
Bewegung derselben das Auge reinigt und erfrischt.
Die meisten vierfüßigen Thiere haben auch eine Nick-
haut. Das menschliche Auge würde durch eine solche
[Seite 246] Decke alle Kraft des Ausdrucks verlohren haben;
auch kann der Mensch feinen Augen mit den Händen
und mit Wasser zu Hülfe kommen. Klügel Ency-
clopädie Th. 1. S. 290. fgg. An einigen habe ich
nur schwache Spuren davon vorgefunden, wie an
dem Mongus. An den gemeinen Affen ist sie sehr
klein. Erste Ausgabe S. 34. N. a).

‘„Der Aufhängemuskel des Auges ist fast allen
Quadrupeden 1) eigenthümlich, so wie das Spann-
aderband des Halses, welches bloß dem Men-
schen und Affen fehlt. Dieser weisse und sehnigte
Theil, welcher bey den unsrigen unter dem Namen
Haarwachs bekannt ist, und welchen die Englän-
der Paxwax, Taxwax, Fixfax, und Whitelea-
ther
nennen, dient den Quadrupeden darzu, daß
sie Kopf und Hals aufrecht halten. Wiewohl es
nun dem Menschen und Affen zugleich mangelt, so
folgt doch keineswegs daraus, daß diese letztern
auch aufrecht gehen müssen, da bey diesen eine sehr
artige Struktur der Halswirbel, bey dem Men-
schen aber blos der zweyfüßige Gang den Mangel
dieses Bandes ersetzt. Alles beruht auf diesen
Halswirbeln, und aus der Vergleichung dieser
Knochen in dem Gerippe des Menschen und Affen
sieht man sehr wohl, warum ich die ganze Zusam-
menfügung der Halswirbel dieses Pavians (man-
dril, maimon
) habe abzeichnen lassen (Taf. 3.
Fig. 3.) weil sein Beyspiel die Sache am klarsten
macht, da er niemals auf zwey Füßen geht. Von
den Menschen ist der fünfte und sechste Halswirbel
beigefügt (Fig. 4.). Diese sind parallel, flach
[Seite 247] und diskusförmig, da sie hingegen bey den Affen
wie schuppigte Fortsätze abschüssig auf die erstern
herunter gehen, und Dachregelförmig übereinan-
der liegen.’

1) Es mangelt dem Orangutang. Tyson S. 85.
S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 34. fgg.

Das Schneidezahnloch (foramen incisivum)
ist in dem vordern Theile des Zahnhöhlenrandes und
in dem Theile des Randes, welcher den Schneide-
zähnen gegenüber steht, befindlich. Bey Erwach-
senen fehlt es öfters, allein bey jungen Leuten befin-
den sie sich fast beständig. Sie sind sehr klein.

Bertin. Traité d'osteologie. Vol. II. S. 231.

Halleri icon. anat. Fasc. II. S. 12. not. y.

§. 15. S. 38.

Zu diesem § habe ich bloß die Bemerkung beyzu-
fügen, daß das os intermaxillare sehr viel zur Ver-
längerung der hervorstehenden Schnauze beyträgt,
die das thierische Profil so sehr von dem menschlichen
auszeichnet. – Eine Abbildung dieses Knochens
in dem Schädel eines Mandril siehe Taf. 3. Fig. 2.
Man kann übrigens mit dem, was der Herr Verfas-
ser hier über dieses merkwürdige Bein sagt, Herrn
Hofrath Loders Bericht vergleichen. S. dessen ana-
tomisches Handbuch Bd. 1. S. 85. fgg.

§. 16. S. 43. fgg.

Der Mensch hat die größte Gehirnmasse.
Die vergleichende Anatomie liefert uns hierüber sehr
[Seite 248] schöne Beyspiele. In einem Menschen von hundert
Pfund Gewicht hält das Gehirn vier Pfunde; hin-
gegen in einem Ochsen von acht bis neunhundert
Pfund, hält das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge-
hirn ist daher beym Menschen der fünfundzwanzigste
Theil seiner Masse; beym Ochsen ist es nur der acht
oder neunhundertste Theil. Ein Hund von dreyzehen
Pfund Schwere hat nur etwas über zwey Unzen Ge-
hirn. Im Haasen ist das Gehirn nicht einmal der
zweyhundertste Theil vom Gewicht seiner ganzen
Masse. Inzwischen giebt es hierbey einige werk-
würdige Ausnahmen. Denn der Delphin scheint
verhältnißmäßig eben so viel Gehirn, als der Mensch
zu haben, und bey den Seekälbern ist dasselbe, in
Proportion ihrer ganzen Masse, noch größer als im
Menschen gefunden worden. S. Bonnet in seinen
Betrachtungen über die Natur. Th. 1.

Wäre es nun der Fall, wie man hieraus fol-
gerte, daß der Mensch das klügste Geschöpf wäre,
weil er die größte Gehirnmasse habe, so folgte hier-
aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht klüger,
doch eben so klug seyn müßte, als der Mensch. Und
der Schwierigkeiten dieser Art fanden sich mehrere.
Wie nun sie heben? Wir wollen hierüber Herrn Hof-
rath Sömmering, welcher durch seinen Scharfsinn
sie zuerst bey Seite schafte, selbst hören. ‘„Man
vermuthete sonst, – sagt er, – oder nahm
auch wohl geradezu an, der Mensch habe das
größte Gehirn. Wie bewies man aber dieses?
Man wog das Gehirn und den Körper der Men-
schen, und eben so der gemeinsten Hausthiere: so
[Seite 249] weit hielt nun dieser Satz noch ziemlich die Probe.
Allein Physiologen, die weiter gingen, und diesen
Satz durch mehrere Thiergeschlechter genauer be-
stimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle-
genheit, wenn sie fanden, daß z.B. die Vögel
in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns,
verglichen mit dem Gewicht ihrer Körper, gar
weit den Menschen übertrafen. Auch die Delphine,
Seehunde, und noch mehr die kleinen Säugethiere
als Mäuse, Eichhörnchen u.s.w. schienen für ih-
ren kleinen Körper ein ungeheuer groß Gehirn zu
besitzen. Diese Schwierigkeit machte, daß auch
Herder drey tüchtige Ursachen hinstellt, weshalb
dies Wägen keine reinen Resultate geben kann,
welche bey ihm nachzusehen sind. S. Ideen zur
Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.’

‘„Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen
glücklicher Gelegenheiten, angestellte Vergleichung
der Gehirne aus verschiedenen Thierklassen, führ-
ten mich aber am Ende auf den sehr wichtigen, von
mir zuerst entdeckten, Hauptsatz: daß der Mensch
beym größten Gehirn die kleinsten Nerven habe;
oder daß man nur in Rücksicht der Vergleichung
des Gehirns mit seinen Nerven sagen könne,
der Mensch habe das größte Gehirn.“’

S. Sömmering über die körperliche Verschie-
denheit des Negers vom Europäer
. Der-
selbe über Hirn- und Rückenmark, Maynz
1788. Desselben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.

Aus dieser schönen Bemerkung entspringt die
Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von
[Seite 250] den thierischen Verrichtungen des menschlichen Kör-
pers. Die Werkzeuge derselben, als: das große
und kleine Gehirn, das daran hängende Rückenmark,
und die aus dieser dreyfachen Quelle entspringenden
Nerven, theilt er in zwey Hauptklassen ein, in das
Sensorium, und die Nerven. Das Sensorium
begreift alles dasjenige, was außer den Nerven und
ihren ersten Anfängen zum Nervensystem gehört und
wodurch die Verrichtungen der Nerven mit unserm
Seelenvermögen verknüpft zu seyn scheinen. S.
Blumenbachs Physiologie, 15. Abschn.

Also nicht blos in der Größe der Gehirnmasse
besteht der Vorzug des Menschen vor dem Thiere,
sondern hauptsächlich darin, daß er in Vergleichung
mit der Hirnmasse sehr dünne Nerven hat. Je stär-
kere Nerven zur Empfindbarkeit aus dem Hirnmarke
auslaufen, desto stumpfer finden wir die Vorstel-
lungskraft der Thiere.

Höchst wahrscheinlich dürfte es aber auch man-
chem nicht unangenehm seyn, hier noch den Unter-
schied zwischen der Bildung der inneren Theile von
dem Gehirn eines Menschen und Menschenähnlichen
Affen zu finden, und dieses wird am füglichsten mit
den eigenen Worten des Herrn Verf. selbst geschehen.

‘„Da – sagt er – das Gehirn als das ädelste
Eingeweide des thierischen Körpers, unzählicher
leicht begreiflicher Ursachen halber, vor allen übri-
gen Theilen die größte Aufmerksamkeit verdient; so
haben sich die größten Männer 1) mit der verglei-
chenden Anatomie derselben ämsig beschäftigt, und
[Seite 251] alle, welche zu ähnlicher Arbeit Gelegenheit haben
möchten, ebenfalls dazu ermuntert 2) . Dieser
Erinnerung eingedenk, habe ich auch, als ich im
vorigen Winter (1775) Gelegenheit hatte, Affen
von mehrern Geschlechtern zu seciren, vor allem
meine Aufmerksamkeit auf die Gehirne derselben
gerichtet. Ich will hier die Beschreibung von dem
Gehirne eines Pavians, des Mandril, beyfügen.
Bey dem großen Hinterhauptsloche abgeschnitten,
und aus dem Schädel herausgenommen, wog es
drey Unzen und eine Drachme; das ganze übrige
Cadaver des Affen aber acht und ein halbes Pfund.
Die Hauptstücke, in denen die Basis desselben von
der Struktur des menschlichen abweicht, sind fol-
gende: die vordem Gehirnlappen sind fast ganz
verwachsen. Das Hirnlein ist im Verhältniß des
Gehirns ziemlich groß, und größer als in der
Pygmie. Die Varolsche Brücke ist durch gar
keine Spalte von dem verlängerten Rückenmarke
abgesondert, sondern läuft immer ununterbrochen
mit demselben hinab. Von den Pyramidalkörpern
und den ovalen Erhabenheiten ist, wie bey der
Pygmie, auch nicht eine Spur vorhanden. Das
Rückenmark selbst ist weit dicker als in dem Men-
schen oder der Pygmie. Das zweyte Nervenpaar,
das in eine große Masse zusammen verwachsen ist,
theilt sich wieder bey dem Eintritte in die Augen-
höhlen. Das Wundernetz ist nicht vorhanden.“’

1) S. Sam. Collins comparative anatomy.
Hallers Physiol. Th. 4. opp. minor. Th. 3.

2) Haller Physiol. Th. 5. S. 529.
S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 32. 33.

[Seite 252]

Steinchen der Zirbeldrüse. Entweder auf,
oder selbst in den markichten Leistgen, also vor dem
Zirbelkörper, oder auch in der Substanz dieses Zir-
belkörpers selbst, habe ich nun der Reihe nach in
achtundsiebenzig Körpern allemal ohnausbleiblich, so
wie auch andere Zergliederer für gewöhnlich eigen be-
schaffne Steinchen gefunden; sie liegen mehrentheils
vor dem Zirbelkörper in einem Häufchen beysammen,
sind Citronengelb und halb durchsichtig, werden aber
durchs trocknen weißlicher und undurchsichtiger, und
ich trage kein Bedenken, sie wegen ihres beständigen
Daseyns und immer gleichen Ansehens als zum na-
türlichen Bau des Gehirns gehörig anzusehen. S.
Sömmering über Hirn und Rückenmark S. 94.
95. und das Kupfer in Nöthigs Dissertation de de-
cussatione nervorum
.

Was die Gebärmutter und die Nachgeburt
betrift, so siehe hierüber Blumenbachs Physiolo-
gie Absch. 41. von den weiblichen Geschlechtsver-
richtungen.

In eben dem Werke siehe über das Nabelbläs-
chen den 47sten Absch. Von dem Unterschiede des
neugebornen und ungebornen Kindes, und das
Kupfer in Blumenbachs specimen physiologiae com-
paratae inter animantia calidi sanguinis vivipara
et ovipara
, wo der Herr Verf. S. 12. sagt: ‘„Es
sey wahrscheinlich, daß dieses Bläschen ebenfalls
wie die Dotterhaut zur ersten Nahrung des gallertar-
tigen Embrio beytrage, bevor er so groß geworden,
daß schon das Blut der Mutter zu seiner Nahrung
dienen könne.“’

§. 17. S. 45.

[Seite 253]

In diesem § spricht der Herr Verfasser von den
Kräften in der animalischen Oekonomie, deren er an
einem andern Orte fünf aufzählt, als 1) Contrak-
tilität, 2) Hallers Reizbarkeit, oder Muskelkraft,
3) Empfindbarkeit, welche drey er unter der Be-
nennung der gemeinschaftlichen Lebenskräfte begreift.
Hierauf folgt 4) das besondere Leben, worunter er
diejenigen Kräfte versteht, welche man an einzelnen,
zu einzelnen Verrichtungen bestimmten Organen,
wahrnimmt. Und endlich 5) den Bildungstrieb.
Hier haben wir es besonders mit der Contraktilität
oder Zusammenziehbarkeit zu thun. Sie zeigt sich
an dem ganzen Körper, so weit er aus Zellgewebe
besteht. Wenn wir nun auch nicht mit Platnern
annehmen, daß alle festen Theile gänzlich aus ihm
bestehen, wiewohl seine Meinung die höchste Wahr-
scheinlichkeit für sich hat, so hängen doch alle Theile
des Körpers, mittelst desselben zusammen und es ist
aufs innigste zwischen dieselben verwebt, macht also
gleichsam die Grundlage des thierischen Körpers aus,
und so besteht durch dasselbe zwischen allen, auch
den verschiedensten und von einander entferntesten,
Theilen des Körpers ein gemeinschaftlicher Zusam-
menhang. Hieraus folgt denn, wie weit diese Kraft
in dem Körper sich äußern könne. Auf ihr, sagt
der Herr Verfasser in seiner Physiologie, beruht
hauptsächlich die Stärke und Gesundheit des mensch-
lichen Körpers, denn um nur ein Beyspiel anzufüh-
ren, so saugt das Zellgewebe in dem gesunden Körper
die ausgedunsteten Feuchtigkeiten wie ein Schwamm
ein, und treibt sie, eben vermöge der Contraktilität,
[Seite 254] in die lymphatischen Gefäße fort; da es hingegen im
kranken erschlaften Zustande mit stockender Feuchtig-
keit angefüllt, die Veranlassung zu Wassergeschwül-
sten und anderem der Art mehr giebt. Da nun diese
Contraktilität des Zellgewebes über den ganzen Kör-
per geht, so sieht man ihren Einfluß auf die übrigen
Lebenskräfte gar bald ein.

Dieses bisher gesagte macht mir es unnöthig,
weiter etwas beyzufügen, denn man sieht deutlich
daraus ein, wie es möglich sey, daß der Mensch,
eben vermöge dieser Kraft des Zellgewebes, leichter
als jedes andere Säugethier, bey denen allen es bey
weitem nicht so nachgiebig ist, unter jedem Him-
melsstriche leben könne.

Was Stahl sich eigentlich unter seinem Tonus
(Spannung) dachte, s. Stahl de motu tonico vitali,
Halle 1702. 4.

§. 18. S. 49 bis 52.

Zu der in diesem § abgehandelten Materie ge-
hört noch, daß der Mensch außer dem Begattungs-
triebe wenig Spuren von Instinkt, von Kunsttrieben
aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo
dieses in den frühern Ausgaben dieses Werks abge-
handelt wird, ist zu schön, um sie hier nicht ganz
beyzufügen.

‘„Demnach (heißt es) wäre das Menschenge-
schlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der
Vernunft es für Schaden sicherte, welche den
übrigen Thieren gänzlich fehlt. Der Instinkt bleibt
sich immer gleich, wird durch Kultur nicht besser,
[Seite 255] und ist bey dem Thiere in zartester Jugend nicht
geringer oder schwächer, als wenn es erwachsen
ist. Die Vernunft hingegen gleicht einem Keime,
der nur in dem Verfolg der Zeit, durch Hinzukunft
des gesellschaftlichen Lebens und anderer äußeren
Umstände, gleichsam entwickelt, ausgebildet, und
zur Vollkommenheit gebracht wird. Der junge
Stier spürt seine Kraft schon so sehr, daß er mit
den noch nicht vorhandenen Waffen auf dich losgeht.’

Losgeht der junge Stier, wenn du ihn erzürnst oder
                    reizest,
Auf dich, ehe noch ihm auf der Stirn die Hörner
                    gekeimt sind

‘„sagt Lukrez. Woher kommt das, wenn er nicht
seinen Führer in sich hat? Bey dem Menschen
zeigt sich so etwas nicht. Nakt und waffenlos
wird er geboren, und mit keinem Instinkte bewaf-
net, hängt er ganz vom gesellschaftlichen Leben,
von der Erziehung, ab. Dieser regt das Flämm-
chen der Vernunft allmählig an, welches am Ende
allein den Mangel alles dessen, wodurch das Thier
besser daran zu seyn schien, als der Mensch, glück-
lich vergütet. Der Mensch unter Thieren erzogen,
des menschlichen Umgangs beraubt, wird wild:
nie aber ereignet sich das Gegentheil bey Thieren,
wenn sie unter Menschen leben. Weder Biber
noch Seehunde, die in Gesellschaft leben, noch
die Hausthiere, welche immer um uns sind, wer-
den je Vernunft erlangen. *)“’

*) Vergl. hiermit Handb. d. Naturgesch. Ausg. 5. S. 60.

[Seite 256]

‘„Hieraus erhellt auch der Unterschied zwischen
Stimme (vox) und Sprache (loquela). Blos
dem Menschen können wir Sprache, oder die
Stimme der Vernunft, den Thieren nichts als die
Stimme der Affekten zuschreiben. Der Geist des
Menschen, wenn er im Verlauf der Zeit seine Ver-
nunft entwickelt, strebt mit den Ideen Töne zu
verbinden. Kinder belegen im zartesten Alter Per-
sonen, die ihnen lieb sind, mit Namen, aber nie
noch hat dieses ein Thier gethan, obschon es seinen
Herrn, und andere die zum Hause gehören, sehr
gut kennt. Alles was alte Reisebeschreiber von
von den Sprachen gewisser entfernter Völker, wel-
che blos unartikulirte Töne hervorbringen sollen,
gesagt haben, verdient keine Aufmerksamkeit. Es
ist nur zu gewiß, daß die wildesten Völker, die
Kaliformer, die Anwohner des Kap und andere,
eine besondere Mundart und eine Menge von Wör-
tern haben, dahingegen die Thiere, sie mögen nun
dem Menschen im Körperbau ähneln, wie der
Orangutang, oder, um mit Plinius von dem Ele-
phanten zu sprechen, ihm in Ansehung der Sinne
nahe kommen, keine Sprache haben, und nur
wenige sehr gleichlautende Töne ausstoßen. Daß
die Sprache blos ein Werk der Vernunft sey, er-
hellt schon daraus, weil die übrigen Thiere, wenn
sie auch dieselben Stimmorgane haben wie der
Mensch, doch gänzlich derselben ermangeln.“’

S. 1. Ausg. S. 20. bis 22. 2. Ausg. S. 25. fgg.

Hierauf fügt der Herr Verfasser in einer Note
noch die Bemerkung bey, daß er an den Affen das
[Seite 257] Zäpfgen und die übrigen Stücke dem menschlichen
Kehldeckel sehr ähnlich gefunden habe. Hierbey will
ich nur folgende Anmerkung mit Sömmerings Wor-
ten anfügen. ‘„Selbst die sich den Menschen am
meisten nähernden Affen – sagt er – besitzen noch
einen sehr geräumigen häutigen Sack an ihren Stimm-
werkzeugen 1), der gleichsam den sich formirenden
Laut verschluckt, und sie daher zu stummen Thieren
macht. Bey andern Affenarten ist dieser Sack sogar
knöchern. So besitze ich durch die Güte des Herrn
Doktor Ehrmanns zu Frankfurt das merkwürdige
Zungenbein des Brüllaffen, das eine große Kno-
chenhöhle bildet. Es wäre wohl zu versuchen, ob
etwa durch vorsetzliche künstliche Zerstöhrung des
Sacks die Affen fähiger gemacht würden, auch
menschliche Töne nachzuahmen.“’

1) S. Camper in den Phil. Transact. von 1779 und
seine Verhandeling over den Orangutang, durch vor-
trefliche Zeichnungen erläutert.

§. 19. S. 52.

Daß die Thiere weinen können, ist gewiß, da
sie Organe dazu habe 1), die den menschlichen zum
Theil sehr ähnlich sind. Es ist aber die Frage, ob
sie dies aus Betrübniß thun, wie einige Schriftstel-
ler vorgeben. Von dem Lachen als einer Wirkung
der Freude ist es noch zweifelhafter. Zwar haben
einige Thiere eine besondere Art ihre Freude zu äu-
ßern, der Hund zieht zum Beyspiel den Schwanz
ein, die Katzen schnurren, allein noch ist mir keine
Beobachtung bekannt, daß sie dabey die Gesichts-
muskeln veränderten, oder ein Gelächter ausstießen.
Ausg. 1. S. 28. 29.

[Seite 258]

1) Bertin sur le Sac nasal ou lucrymal de plusieurs
Especes d'animoux
. mém. de Par. 1766. p. 281. sqq.

§. 22. S. 54. 55.

Masern, Paulets Erzählung, daß ein Affe die
Masern soll bekommen haben, ist zuverläßig eine
Fabel. S. Berliner Sammlung. Bd. 5. S. 174.

Cretinismus, von dieser Krankheit der Creti-
nen, kleiner Blödsinniger mit dicken Köpfen und lan-
gen Armen, dergleichen sich im Salzburgischen, im
Walliser Lande, vorzüglich aber im Piemontesischen
in Menge finden, und deren Krankheit großentheils
in einem Weichwerden der Knochen besteht, s. J. F.
Ackermann über die Cretinen oder Tölpel in den
Alpen, Gotha 1790.

Pelagra, s. Cerris Brief an J. P. Frank über
das Pelagra, in Weigels und Kühns italienischer
medizinischer Bibliothek. Bd. 2. St. 1. S. 226.


Zweyter Abschnitt.


§. 23.

[Seite 259]

Es ist eine allgemeine Klage unter den Naturge-
schichtschreibern des Menschen, daß die Begriffe von
Gattung, Art, Abart, Spielart u.s.w. so außer-
ordentlich variiren. Wie der Herr Verf. die Wörter
Species und genus gebraucht, wird man leicht aus
dem Contexte sehen, und die Gründe dazu kann man
in der Vorrede von der neuesten Ausgabe seines
Handbuchs der Naturgeschichte nachschlagen, wo
man sie von Seite 7 bis 11 befriedigend finden wird.

Uebrigens weiß ich nicht, warum sich die neuern
Naturgeschichtschreiber des Menschen nicht der von
unserm großen Kant gesetzten Bestimmungen bedie-
nen. Ich zweifle, ob man eine bestimmtere finden
würde. Sie ist im kurzen folgende:

Natureintheilung in Gattungen und Arten –
sagt er – gründet sich auf das gemeinschaftliche
Gesetz der Fortpflanzung. Schuleintheilung geht
auf Klassen, welche nach Aehnlichkeiten; die Na-
tureintheilung aber auf Stämme, welche die Thie-
re nach Verwandschaften in Ansehung der Erzeu-
gung eintheilt.

[Seite 260]

Hierauf theilt er nun folgende Natureinthei-
lung mit:

Stamm

enthält unter sich nicht Arten, denn diese bedeuten
Verschiedenheit in der Abstammung, sondern

Abartungen

d.h. erbliche Abweichung vom Stamme. Hierauf
folgen

Nachartungen

mit erblichen Merkmalen der Abstammung. Und
endlich

Ausartungen

ohne Merkmal der ursprünglichen Stammbildung.

Den Abartungen subordinirt er:

1) Racen

d.h. diejenigen Abartungen, welche sich sowohl bey
allen Verpflanzungen in langen Zeugungen unter
sich beständig erhalten, als auch in der Vermischung
mit andern Abartungen desselbigen Stammes jeder-
zeit halbschlächtige Junge zeugen.

Anmerk. Der Ausdruck halbschlächtige Kinder
ist bey ihm synonym mit Blendlinge.

2) Spielarten

d.h. die bey allen Verpflanzungen das Unterschei-
dende ihrer Abartung zwar beständig erhalten, und
also nacharten, aber in der Vermischung mit andern
nicht nothwendig halbschlächtig erzeugen,

[Seite 261]

3) Besondrer Schlag

d.h. welcher mit andern zwar halbschlächtig erzeugt,
aber durch die Verpflanzung nach und nach erlischt.

Unter die Nachartungen subsumirt er:

Varietäten

die zwar oft, aber nicht beständig nacharten.

Endlich hat Kant auch einen

Familienschlag

wo sich etwas Charakteristisches endlich so tief in die
Zeugungskraft einwurzelt, daß es einer Spielart
nahe kommt, und sich wie diese perpetuirt.

S. Kant über die Menschenracen. Was er
darüber im teutschen Merkur 1788. Bd. 1. S.
48. sagt, konnte ich nicht zu sehen bekommen, und
eben so wenig habe ich noch nachlesen können, was
Herr Girtanner hierüber sagt in seinem Werke über
das Kantische Prinzip für die Naturge-
schichte
. Göttingen 1796.

Mit dem, was Kant hier gesagt hat, vergleiche
man G. Forster über die Menschenracen.
Deutscher Merkur, Bd. 2. S. 57 und 150.

Blumenbach über Menschenracen u. Schwei-
neracen
. S. Lichtenbergs Magazin VI. 1. 1.

§. 32. S. 68.

Es däucht mich sehr nothwendig diesen §, der
wegen der Folgerungen, die daraus gezogen werden,
so wichtig ist, hier genauer aus einander zu setzen.

In jedem belebten Körper haben wir besonders
auf drey Stücke Rücksicht zu nehmen: 1) auf seine
festen, 2) seine flüssigen Theile, und ohne welches
[Seite 262] keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte,
sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen
nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene
qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun-
gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu
bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen
oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die
ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich
die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein-
zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann.

Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in
einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge-
genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben
so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie-
derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper
durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt
gemacht wird. Vergleiche Blumenbachs Physiolo-
gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur-
geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen-
sten aller Hausthiere, – des Menschen. 9. Eine
hierher gehörige physiologische Eigenheit des
menschlichen Körpers.

Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender
Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er
durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man
die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen,
leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden
nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und
nach Modifikation derselben wird sich dann, was
sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die
[Seite 263] verschiedenen Reize, welche dazu beytragen, den
Körper zu verändern, sind in den nächstfolgenden
§ §. angegeben.

§. 33. S. 73.

‘„Selbst die Erscheinungen bey Zeugung der Ba-
starde widersprechen allen Begriffen von Präexistenz
eines präformirten Keims so schlechterdings, daß
man kaum absieht, wie bey einer reifen Erwägung
der erstern, die letztern noch ernstliche Vertheidiger
haben finden können. Mich dünkt, eine einzige Er-
fahrung wie die, da Herr Kölreuter durch wieder-
holte Erzeugung fruchtbarer Bastardpflanzen, end-
lich die eine Gattung von Tabak (Nicotiana rusti-
ca
) so vollkommen in eine andere (Nicotiana pani-
culata
)verwandelt und umgeschaffen, daß sie nicht
eine Spur von ihrer angestammten mütterlichen
Bildung übrig behalten hat, müßte doch die einge-
nommensten Verfechter der Evolutionstheorie von
ihrem Vorurtheil zurückbringen. Dieser vortrefliche
Beobachter hatte nämlich durch die künstliche Be-
fruchtung der ersten Gattung von Taback mit dem
Blumenstaube von der letztern, fruchtbaren Ba-
stardsaamen erhalten, und hatte dann die daraus
gezognen Pflanzen, (die in ihrer Bildung schon
das Mittel zwischen ihren beyden Stammältern
hielten), vom neuen und mit gleichem Erfolg mit
Blumenstaube von der paniculata befruchtet. Da
dies wiederum fruchtbaren Saamen, und dieser
wiederum Pflanzen gab, die von der mütterlichen
Gestaltung noch mehr abwichen, so hat er mit
diesen letztern den nämlichen Versuch noch einmal
[Seite 264] wiederholt, und so endlich sechs Pflanzen erhalten,
die sämmtlich, ihrer ganzen Bildung nach, mit
der natürlichen paniculata vollkommen überein-
stimmten, ohne sich im mindesten weiter von der-
selben zu unterscheiden, so daß er seinem klassischen
Werke, der Nachricht von diesen berühmten Ver-
suchen, mit ganzem Rechte die Aufschrift giebt:
Gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür-
lichen Pflanzengattung in die andere.“’ Siehe
Blumenbach über den Bildungstrieb. 1791. S. 74 fgg.

Dieses ist das berühmte Beyspiel, dessen der Herr
Verfasser in dem Text erwähnt, und welchem die
Evolutionisten nichts weiter als Ausflüchte entgegen-
setzen können, welches aber den Nisus formatious
aufs auffallendste bestätigt. In Ansehung der Wirk-
samkeit desselben zur Hervorbringung des Embrio im
thierischen Körper, welche S. 69. 70. blos im allge-
meinen angegeben ist, drückt sich der Herr Verf. in
seiner Physiologie Absch. 45. §. 592. Ausg. 1. folgen-
dermaßen aus: ‘„Die verschiedenen in den Körpern
jedes Sexus befindlichen Flüssigkeiten, die sich bey
einem fruchtbaren Beyschlafe zugleich in die Höhle
der Bärmutter ergießen, erfordern vor allem andern
eine bestimmte Zeit, um sich desto inniger mit ein-
ander zu vermischen, und die gehörige Reife zu er-
langen. Erst wenn diese Vorbereitung vorüber,
diese Flüssigkeiten verarbeitet sind, und ihre gehö-
rige Reife erlangt haben, äußert sich der Bildungs-
trieb in ihnen, und dadurch wird der noch unge-
formte Zeugungsstoff, entweder in die Hüllen des
Eyes, oder in die Gestalt des darin befindlichen
[Seite 265] Foetus ausgebildet und belebt. Dies ist auch der
Grund, warum wir unserer, gegenwärtig so sehr
vervollkommnerten, dioptrischen Hülfsmittel unge-
achtet, in den ersten Wochen nach der Conception
nur eine ungeformte flüssige Masse in der Höhle der
Gebärmutter, aber keine ausgebildete Spur eines
Foetus entdecken können. Erst in der dritten Wo-
che ohngefähr erscheint er, fast plötzlich, und als
ein nicht unbeträchtlicher Körper.“’

Durch die in jeder Organisation eigen bestimmte
Wirksamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun-
gen in der organisirten Schöpfung erhalten, und da
es für die ganze gegenwärtige Untersuchung so wich-
tig ist, ihn gehörig zu kennen, so will ich die bis
jetzt bekannten Gesetze, denen er zu folgen pflegt,
noch beyfügen. 1) Die Stärke des Bildungs-
triebes steht mit dem zunehmenden Alter der or-
ganisirten Körper im umgekehrten Verhältniß.

2) Doch ist dieser frühe Bildungstrieb bey
den neu empfangenen Säugethieren noch ungleich
stärker, als bey den bebrüteten Küchelgen im Eye.

3) Bey der Formation der einzelnen Theile
des organisirten Körpers ist der Bildungstrieb
bey manchem derselben von einer festern, bestimm-
tem Wirksamkeit als bey andern.

4) Unter die mancherley Abweichungen des
Bildungstriebes von seiner bestimmten Richtung
gehört vorzüglich diejenige, wenn er bey Bil-
dung der einen Art organischer Körper, die für
eine andere Art derselben bestimmte Richtung
annimmt.

[Seite 266]

5) Eine andere eben so merkwürdige Ab-
weichung des Bildungtriebes ist, wenn bey Aus-
bildung der Sexualorgane, die beym einen Ge-
schlecht mehr oder weniger von der Gestalt des
andern annehmen.

6) Wenn aber endlich der Bildungstrieb
nicht blos wie in den vorigen Fällen eine fremd-
artige, sondern eine völlig widernatürliche Rich-
tung befolgt, so entstehen eigentlich sogenannte
Mißgeburten. S. mit mehrerem hierüber über den
Bildungstrieb, S. 101. bis 115.

Natürlich muß es bey dem Bildungstriebe ein
ganz eignes Phänomen geben, wenn Geschöpfe von
zweyerley Spezies einander befruchten, woraus die
Bastarde entstehen.

Allein nicht blos bey der uranfänglichen Forma-
tion zeigt er sich wirksam, sondern er wirkt lebens-
wierig fort, indem er sie durch das Nutritionsge-
schäft erhält, und falls sie etwa verstümmelt wor-
den, durch das Reproduktionsvermögen so viel mög-
lich wieder herstellt. Hierbey ist er aber, wie alle
Lebenskräfte der besondern Wirkung äußerer Reize
unterworfen, denen gemäß er sich fügen muß. Er
artet allmählig aus und bringt Racen und Spiel-
arten hervor. Die vorzüglichen äußern dieses be-
wirkenden Reize s. im Texte.

§. 34. S. 73.

Es bedarf wohl kaum einer Erinnerung, daß
hier immer nur auf das physikalische, keineswegs
[Seite 267] aber auf das geographische Klima gesehen werden
müsse, eine Bemerkung, die ich gar nicht mitgetheilt
haben würde, wenn ich nicht gefunden hätte, daß
die Verwechslung derselben, selbst bey berühmten
Naturforschern, zu mancherley Irrungen Anlaß
gegeben hat.

§. 36. S. 79.

Hierher müssen zweifelsohne bey den Menschen
noch gerechnet werden: Sitten, – Gewohnhei-
ten, – Gebräuche, – Wohnungen, – Klei-
dung, – Erziehung, – Regierungsform.
Uibrigens vergl. Voigts Magazin a. a. O.

§. 37. S. 80.

Bastarde. In den frühern Ausgaben dieses
Werks hat der Herr Verfasser diese Materie auf drey
Fragen zurückgebracht; 1) ob Thiere von verschie-
dener Species sich mit einander begattet haben,
2) ob dadurch Junge entstanden sind, und endlich
3) ob diese Jungen auch fruchtbar und zeugungs-
fähig gewesen? Was die erste Frage anbetrift, so
meint er, könne der Fall zwar wohl eintreten, daß
geile Thiermännchen in Ermangelung von Weibchen
ihrer Gattung bisweilen so auf andere brennen, daß
sie versuchen, sich mit ihnen zu begatten, jedoch
gestattet er einen wirklichen Erfolg davon nur
dann, wenn die Gattungen sehr nahe mit einander
verwandt waren. Die Gründe, welche er für die
Unmöglichkeit einer darauf folgenden Empfängniß
und Geburt anführt, sind folgende: 1) die unglei-
[Seite 268] chen Verhältnisse der Geburtstheile, welche für die
Sexus von einer und derselben Species genau abge-
messen sind, nicht so aber für entferntere; 2) wider-
streiten dieser Meinung die besondern Gesetze, nach
welchen sich die Bildung der Jungen und die be-
stimmte Zeit von Schwangerschaft bey jeder Thier-
gattung richten. Die zweyte Frage verneint er übri-
gens nicht, indem es hinlänglich bekannt ist, daß
sehr nahe verwandte Thiergattungen, wie z.B.
Maulesel und Stute wirklich Junge erzeugen, und
giebt auch nur die dritte unter dieser Bedingung zu.
Daß aber Bastarde von Begattung der Thiere ganz
verschiedner Ordnungen entstanden seyn sollen, läug-
net er gänzlich, wobey er unter andern anführt,
daß z.B. an eine Bastarderzeugung aus Begattung
von Affen und Menschen nicht zu denken sey, weil
ja selbst die Reisebeschreiber, welche von derselben
erzählen, sagen, daß die Weiber unter den viehischen
Umfassungen dieser Liebhaber elendiglich umgekom-
men seyen. S. Text S. 82. Not. 17. Man vergl.
hiermit Zimmermann geographische Geschichte des
Menschen Bd. 1. S. 130. fgg.

S. 142. sagt Herr Hofrath Zimmermann in der
angeführten Stelle: ‘„Wenn ich drey Arten wilder
Thiere finde, welche, dem Aeußern nach, dem
Hunde sehr gleich kommen, ferner einen gleichen
Grad der Zähmung anzunehmen fähig sind, endlich
sich sogar mit ihnen fortpflanzen und fruchtbare
Junge zeugen: was hält mich denn ab, den Hund
von diesen entsprungen zu glauben?“’

Diese Stelle hat mich auf den Gedanken ge-
bracht, daß man vielleicht diese ganze Streitfrage
[Seite 269] durch nur eine etwas nähere Bestimmung des Be-
grifs Bastard beendigen dürfte. Bastard nämlich
ist ein Geschöpf, das der Vermischung von Indi-
viduen zweyerley Gattung, aber einerley Ge-
schlechts, seinen Ursprung dankt. Irre ich nicht
gänzlich, so hatte der Herr Verfasser dieselbe Mei-
nung, als er die Worte non nisi affinibus nieder-
schrieb.

Mir scheint die Erklärung dieses Begrifs um so
annehmbarer, da sie mit den richtigen Dans hier-
über vollkommen übereinstimmt, alles hingegen, was
dazu dienen könnte, die Streitfrage zu verdrehen,
sogleich ausschließt.

Sollte übrigens der Mangel an Zeugungsfähig-
keit bey Bastarden nicht in ihren eigen organisirten
Geschlechtsgliedern liegen, welchen kein anderes in
der Natur entspricht?

Sollte nicht vielleicht genaue Vergleichung der
Geschlechtstheile des Bastards mit denen der Aeltern
desselben, uns hierüber einen nähern Aufschluß ver-
schaffen können?

Man vergesse nur nicht, daß dieses nichts weiter
als bescheidne Anfragen seyn sollen. Uibrigens glau-
be ich nun nicht nöthig zu haben, nur noch etwas
über jene scheuslichen Erzählungen von Vermischung
der Menschen mit Thieren beyzufügen. Man vergl.
noch hierüber Zimmermann a. a. O. Bd. 1. S. 117.
Not. h und was er zu dieser Stelle in der Vorrede
zum dritten Theile dieses Werks sagt.


Dritter Abschnitt.


§. 42. S. 92.

[Seite 270]

Man wird über diesen § und auch einige folgende
mit vielen Nutzen nachlesen: Experiments on the
Insensible Perspiration of the human Body, shewing
its affinity to Respiration. Published originally in
1779. and now republished with Additions and
Corrections
. By William Cruikshank; und in
Blumenbachs Physiologie, Abschn. 14.

§. 45. S. 101.

Die in den Augen gelbgetünchte Haut. Der
vielleicht etwas größere Augapfel – sagt Hr. Söm-
mering – ist bis zu einer halben Linie rings um die
durchsichtige Hornhaut schwärzlich, und das übrige
nicht glänzend weiß, sondern gelblich braun, fast
wie bey einigen Affen, tingirt.

Verwandschaft der Galle mit dem Fette. Die
Galle ein öligter seifenartiger Saft, aus einem fast
an den Zustand des Wallraths grenzenden Oele und
aus Soda zusammengesetzt, mit einer dem Eyweiß-
stoff ähnlichen Flüssigkeit vermischt, wird in der Le-
ber, einem Eingeweide, das selbst eine große Menge
[Seite 281] Oel enthält, gebildet. In dem ganzen System die-
ser Drüse von so großem Umfange, zeigt alles von
einer Anlage und Organisation, welche bestimmt ist,
aus dem Blute die große Menge Fett abzusondern,
die darin durch den gehemmten Umlauf dieses Flui-
dums in den Blutgefäßen des Unterleibes erzeugt
wird. Diese Bemerkung, welche noch einst eine
von den Hauptstützen der künftigen auf Chemie ge-
gründeten Physiologie ausmachen wird, erklärt den
Umfang der Leber im Foetus, der noch nicht geath-
met hat, so wie in den Thieren, deren Respira-
tionswerkzeuge denen des Menschen, der Säugethiere
und der Vögel unähnlich sind; sie erklärt auch den
Ursprung der Krankheiten der Leber, und besonders
der Conkretionen in der Gallenblase oder Gallensteine.

Das Fett ist eine Art von öligter Materie, wel-
che an den äußersten Enden der Pulsader, so weit
als möglich von dem Mittelpunkte der Bewegung
und der thierischen Wärme entfernt, gebildet wird,
und eine Art von Behältniß abgiebt, worin sich die
große Menge Wasserstoff, welche durch die Lungen
nicht ausgeführt werden konnte, festsetzen kann;
dieses Oel ist in sehr beträchtlichem Verhältnisse mit
Sauerstoff vermischt, und enthält noch außerdem die
Fettsäure. Diese Art, das Fett zu betrachten,
macht ebenfals einen der merkwürdigsten Punkte in
der neuern Physik des thierischen Körpers aus. S.
Fourcroy philosophie chimique a. a. O.

§. 50. S. 120.

Sanctorius Ausdünstungsmaterie. Nach der
Meinung dieses Gelehrten nahm ein Mensch binnen
[Seite 272] vierundzwanzig Stunden acht Pfund fester und flüs-
siger Substanzen, wovon drey Pfund durch Stuhl
und Urin weggingen, die übrigen fünf aber unmerk-
lichen Ausdünstungen überlassen blieben, wobey er
die Ausdünstungen aus den Lungen auf ein Sechs-
theil des ganzen setzte. Es ist – sagt Cruikshank
– mehr als wahrscheinlich, daß wenn Sanctorius
das Gewicht des Körpers beträchtlicher fand, als er
erwartete, ein gewisser Umstand, welchen er den
gehemmten Ausdünstungen zuschrieb, diese Schwere
vermehren mußte, die vermehrten unmerklichen Aus-
dünstungen der Atmosphäre nämlich. Vergl. hiermit
Blumenbachs Physiologie a. a. O. §. 186. fgg.

§. 58. S. 143.

Da man hauptsächlich mit dem Herrn Verfasser
über die Meinung, daß man bey Klassificirung der
Varietäten des Menschengeschlechts, sehr füglich
auf die Formen der Schädel Rücksicht nehmen könne,
uneinig ist, so würde ich mich bemüht haben, diese
Meinung näher ins Licht zu setzen, wenn mich nicht
der Herr Verfasser der Mühe völlig überhoben halte.
So darf ich meine Leser blos bitten, in desselben
Beyträgen zur Naturgeschichte Absch. II. S. 62.
bis 78. nachzulesen. Dafür will ich aber, weil sich
der Herr Verfasser selbst darauf beruft, aus seiner
collectio craniorum diversarum gentium, Göttingen
1790. die Kriterien beyfügen, deren er sich bey Be-
urtheilung der Schädel in dieser Hinsicht bedient,
denn – so sind seine eigen Worte – omnis vis et
usus ejusmodi rerum in studio anthropologico ex eo
pendet, ut genuinae sint
. Was das erste dieser
[Seite 273] Kriterien betrift, so ist dieses bereits vorn bey dem
Verzeichniß vom anthropologischen Vorrathe des
Herrn Verfassers, und zwar S. 6. angeführt wor-
den, also

2) Ich bewahre alle die accessorischen Theile
auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel
anhangen, wenn sie nämlich von solcher Beschaffen-
heit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit desselben
beweisen; z.B. bey Mumienschädeln Uiberreste
von Erdharz oder Byssus. So sind an dem Karai-
benschädel, welchen ich der Güte des Herrn Baroner
Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und
wieder anhangenden, ziemlich geraden, starren
Haare aufbewahrt worden, wodurch sogleich auf
den ersten Anblick im nöthigen Fall der Zweifel geho-
ben werden kann, daß er nicht etwa von einem über-
gelaufenen Aethiopier sey 1), welche seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi-
schen Inseln, und hauptsächlich die Insel St. Vin-
cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen
die besondere Form des Kopfes der eingebornen In-
dier, die sie durch Kunst bewirken, an sich haben 2).

3) Nun muß aber der Schädel selbst untersucht
und erörtert werden, ob er auch wirklich charakteri-
stisch sey, und zu dem antropologischen Zwecke die-
nen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch
ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht
entspricht, wenn er etwa an kranker Beschaffenheit
leidet, oder durch ein zufälliges individuelles Mis-
verhältniß der Theile verunstaltet worden ist. So
finden wir unterweilen unter unsern Landsleuten
[Seite 274] Menschen von einer so besondern Form des Kopfes,
daß wir, wenn diese einem ganzen Volke gemein
wäre, dasselbe mit allem Fug und Rechte unter die
Verschiedenheiten des Menschengeschlechts setzen wür-
den. Man hat sich also sehr in Acht zu nehmen,
daß man eine ähnliche zufällige Verunstaltung an ei-
nem ausländischen Schädel nicht für national hält;
ein Irrthum, welchen man am besten dadurch ver-
meidet, wenn man mehrere Schädel von einer und
derselben Nation mit einander vergleicht.

4) Wo dies nicht statt findet, muß man we-
nigstens Portraits vergleichen, denen entweder die
gelehrte Hand des Künstlers, oder das Zeugniß ei-
nes erfahrnen Richters, der Autopsie für sich hat,
Glauben verschaff.

5) Hierher rechne ich auch, oder ziehe wohl
gar noch vor, die Abbildungen, welche, obwohl sie
keine Person darstellen, doch für den Charakter eines
Volks ungemein viel beweisen, z.B. alte Siegel
und ägyptische Götzenbilder, oder Mignaturen von
jetzigen Sinesen, Kalmücken, nordamerikanischen
Indianern u.s.w.

6) Und endlich wende ich mich an die Schrift-
steller, hauptsächlich Reisebeschreiber, und mittle
aus, in wie weit ihre Berichte mit der Natur selbst
übereinstimmen.

1) Vgl. Labat voyage aux de l'Amérique
Ausg. 2. Th. 2. S. 243. fg. ‘„Die gleichförmige
Kleidung ist kein Hinderniß, daß man nicht sogleich
die Karaiben von den Negern unterscheiden sollte,
denn diese letzten haben krauses und feines Haar
[Seite 275] wie Wolle, bey den ersten hingegen ist es schwarz,
lang, gerade und sehr stark.’

2) Vergl. Thibault de Chanvalon voyage
à la Martinique
, S. 39. fg. ‘„Die zu den Karai-
ben gekommenen Neger nehmen die Sitten und Ge-
wohnheiten derselben an. Sie platten, wie diese,
den Kopf ihrer Kinder nach hinten ab, indem sie
ihnen nach der Geburt denselben zwischen zwey
Seiten drücken, wodurch sie unförmlich und mon-
strös werden.“’

Uibrigens wird es wohl am besten seyn, wenn
ich nun jeden auf jene Schädelsammlung selbst hin-
weise, die in der That hierüber äußerst belehrend ist.

§. 59. S. 145.

Campers Gesichtslinie. ‘„Der Grund, worauf
sich der Unterschied der Nationen gründet, besteher
ein einer graben durch die Hohlen des Ohrs (Ge-
hörgang) bis auf den Boden der Nase gezogenen
Linie, und in einer andern geraden Linie, welche
die Hervorragung des Stirnbeins oberhalb der
Nase berührt, und bis auf den am meisten hervor-
ragenden Theil des Knochens der Kinnbacken gezo-
gen wird, wohl verstanden, wenn man die Köpfe
im Profil betrachtet. In dem Winkel nun, den
diese beyden Linien beschreiben, bestehet nicht allein
der Unterschied der Thiere, sondern auch der unter-
schiedenen Nationen; und man würde sagen kön-
nen, die Natur habe sich gleichsam dieser Winkel
bedienet, alle Verschiedenheiten der Thiere zu be-
[Seite 276] stimmen, und sie gleichsam stufenweise bis zum
Schönen der schönsten Menschen hinaufsteigen zu
lassen. Also beschreiben die Vögel die kleinsten
Winkel, und diese Winkel werden größer, je nach-
dem das Thier sich mehr der menschlichen Gestalt
nähert, welches aus den Affenköpfen erhellet, von
denen einer den Winkel von 42 Grad, der andere
(den man gemeiniglich den Todtenkopf nennt, und
der am meisten einem Menschen ähnlich sieht) ei-
nen von 50 Graden beschreibt; nächst dem der
Kopf eines afrikanischen Mohren, der, so wie der
Kalmücke einen Winkel von 70 bildet, der Euro-
päer aber macht einen Winkel von 80 Graden.“’ –
– – – – Siehe Camper kleinere Schriften
Bd. 1. S. 15. und vergl. hiermit Herder am schon
oft angeführten Orte S. 21.

Außer dieser Gesichtslinie Campers führt der
Herr Verfasser in seiner Schädelsammlung die Hin-
terhauptslinie Daubentons und Albrecht Dürers
Schema an. Daubenton denkt sich zwey gerade
Linien. Die erste läuft von dem hintern Rande des
großen Hinterhauptslochs durch den untern Rand der
Augenhöhle herab: die andere aber ist durch die Ho-
rizontalfläche dieses Lochs, in der Mitte zwischen
beyden Gelenkhügeln gezogen: und den Winkel,
worin diese beyden Linien mit einander zusammenlau-
fen, hält er gleichsam für den normalen Charakter
des Schädels. Allein die Richtung der Fläche des
großen Lochs ist oft an den Köpfen eines und des-
selben Volks, z.B. an zwey Türkenschädeln, wel-
che ich, indem ich dieses schreibe, vor mir habe,
oder in drey Negerschädeln, höchst verschieden.

[Seite 277]

Füglicher wird, in Ansehung der menschlichen
Gesichter im Profil, zum antropologischen Zwecke das
Schema von dem unsterblichen Dürer dienen, welches
er in seinen, treflichen Werke von der Proportion der
Theile an der rechten Form der menschlichen Kör-
per, in dem Abschnitte, wo er von der Zusammen-
setzung des menschlichen Kopfes handelt, gleich oben
angestellt hat, und welches drey Grenzlinien des
Gesichts darstellt; an Stirn, Nase und Kiefer.

Herr Hofrath Blumenbach selbst nimmt beson-
ders auf zwey Knochen Rücksicht, auf den Stirnkno-
chen nämlich und die Kinnbacken. Denn – fährt
er fort – nach der Form des Stirnknochens richtet
sich der Habitus beynahe der ganzen Hirnschaale, da
die Richtung des plani circularis von dem an den
Seiten verengerten oder erweiterten Kopfe beweist;
der oberste Rand des Knochens aber, wo er mit der
Pfeilnath zusammenläuft, von dem spitzigen oder
flachen Scheitel. Von den Verschiedenheiten an den
Augenbraunenbogen und der Vertiefung zwischen den-
selben (glabella), welche einzig auf diesem Knochen
beruhen, will ich gar nichts sagen.

Von dem Kinnbackenknochen aber hängt erstlich
die Weite der Nasen, und dann die Richtung der
Nasenbeine, und nach der jedesmaligen Bildung
der Kinnbackenfortsätze die größere oder kleinere Pro-
tuberanz der an ihm anliegenden Jochbeine, (und
worauf bey dieser Untersuchung sehr viel ankommt)
das Verhältniß der Oberkiefergrube, wovon das
Jochbein nach dem Vordertheil des Oberkiefers fort-
[Seite 278] geht, und endlich die Enge oder Weite des Zahnzel-
lenrandes, ab. Ja man kann sogar die Form und
den Habitus des Unterkiefers, da seine Zellen und
Zahne denen im Oberkiefer entsprechen, nach dessen
Einrichtung würdern.

Von beyden Knochen aber, dem Kinnbacken-
und Stirnknochen nämlich zusammen genommen,
hängt auch die Richtung, Weite und Tiefe der Au-
genhöhlen ab.

Nimmt man nun also diese Normalknochen zum
Fundament an, so wird man leicht feste und bestän-
dige Charaktere des Totalhabitus, auch in wie fern
sie in den benachbarten Knochen liegen, weiter dar-
aus herleiten können. Feste und beständige, sage
ich, denn was sich von diesen Knochen weiter ent-
fernt, z.B. das Hinterhaupt, scheint mehr von ei-
ner beytretenden Verschiedenheit der Weite und Figur
herzurühren, Dinge, welche oft an Schädeln eines
und desselben, sich übrigens sehr ähnlichen Volks,
sehr vielfach nuanciren. S. Decas prima S. 7.
bis 10. vergl. hiermit Ch. F. Ludwig Grundriß der
Naturgeschichte der Menschenspecies, Lpz. 1796.
S. 101. §. 28. fgg. S. 129. §. 167. fgg.

§. 61. S. 148.

In diesem §. wird man, gegen das Original
gehalten, einige Aenderung finden. Die Worte:
junctim cum maxillis suis inferioribus nämlich sind
weggelassen, statt deren aber (Zeile 7. S. 204. des
Originals) eingeschaltet worden remotis maxillis infe-
[Seite 279] rioribus
. Ich verdanke diese Aenderung der Güte
des Herrn Hofrath Blumenbachs.

§. 74. 75. S. 190.

Ich weiß zuverläßig, daß es sehr vielen ange-
nehm seyn wird, hier auch noch etwas von den er-
künstelten Varietäten des Menschengeschlechts zu le-
sen, und deshalb schalte ich hier aus der zweyten
Ausgabe dieses Werks folgende Stelle von Seite
99 bis 105 ein.

§. 68. Ausgabe 2.
Beschneidung.

Ich gehe nun zu denjenigen Theilen fort, wel-
che verschiedne Nationen mit Hülfe der Kunst zu ver-
andern pflegen; und da will ich zuerst von den Ver-
stümmelten sprechen, wo Glieder und Theile des
Körpers abgeschnitten oder abgerissen werden. Die
älteste von diesen Verstümmelungen ist die Beschnei-
dung, wie die Bibel, Herodots Berichte von Kol-
chiern, Egyptern und Aethiopiern 1), und die weite
Verbreitung dieses Ritus bezeugen. Und zwar ist
er nicht nur bey dem männlichen, sondern unter
mehreren morgenländischen Völkern auch beym schö-
nen Geschlechte im Gebrauche, welchem jener Theil
der Schaam, der dem Vorhäutchen des männlichen
Gliedes entspricht, abgeschnitten wird; von welcher
Ceremonie Martin Schurig 2) und Theodor Tron-
chin 4) eine Menge Zeugnisse und Geschichten aus
alten und neuen Schriftstellern gesammlet haben.

[Seite 280]

1) S. 102. 125. fg. in Gronovs Ausg.

2) Die Negern von Angola Hughes barbad. S. 14.
Die Otaheiten, N. Forster observations. S. 269.

3) Muliebr. p. 116. sqq. 142. sq. parthenol. p. 379. sq.

4) Diss. de clitoride p. m. 75. sqq.

§. 69.
Monorchiden.

Die Evnuchen gehören nicht sowohl zur gegen-
wärtigen Materie, als die Monorchiden, denen in
der Kindheit der eine Hode ausgeschnitten wird. Die-
se Sitte ist besonders bey den Hottentotten im Ge-
brauche gewesen, welche mehrentheils im achten,
ja wenn man Kolben 1) trauen darf, bisweilen erst
im achtzehenden Jahre, zu Monorchiden gemacht
worden. Sie glauben dadurch schneller im Laufen zu
werden, allein die Reisebeschreiber erinnern zugleich,
daß es der Fruchtbarkeit schade 2). Einen ähnlichen
Verlust des Hoden erleiden nicht selten die Bauern
in der Schweiz, denn die Quacksalber pflegen durch
denselben nach alter Sitte die Brüche zu heilen 3).

1) Vorgebirge der guten Hofnung, S. 141.

2) Io. Schreyer ostindische Reise S. 34.

3) v. Haller adv. Buff. operum minor. T. III. p. 183.

§. 70.
Die unbärtigen Amerikaner.

Zu den Verstümmelungen rechne ich auch, daß
einige Völker an verschiedenen Theilen des Körpers
das Haar auszuraufen pflegen. So erhalten die
Buratten blos den Bart unter dem Kinne, den
[Seite 281] übrigen reissen sie aus 1); alle Türken vertilgen au-
ßer dem Haupthaare und Barte die übrigen Haare
an dem Körper durch verschiedene Salben 2); die
Otaheiten reissen die Haare unter den Achseln aus 3);
und die mehresten amerikanischen Völkerschaften rot-
ten den Bart aus, welcher Umstand zu jener alten
Meinung Anlaß gegeben hat 4), daß die Amerikaner
von Natur bartlos seyen. Ich habe aber schon an-
derwärts beynahe aus allen Zonen von Amerika
Beyspiele von wirklich bärtigen Völkern angeführt 5),
und umständlich auseinander gesetzt, daß, wenn
den einigen von Natur kein Bart kommt, dies nach
den Erscheinungen der Erzeugung, und den Gesetzen
des Bildungstriebes geschehe 6).

1) Le Brun Voyage p. 120. Mémoir. sur les Samojé-
des etc. p. 39. sq.

2) Leonh. Rauwolf Raiß p. 31. sq. Buff. T. III. p.
438 sq.

3) Hawkesworth T. II. p. 188.

4) Neuerdings wiederholt in Recherch. sur les Ameri-
cains, T. I. p. 37. Quest. sur l'Encycl. T. VII. p. 98.

5) S. auch Herr Zimmermann geograph. Geschich-
te des Menschen
S. 70. fg.

6) Uiber den Bildungstrieb und das Zeu-
gungsgeschäfte
. S. 66. fgg. Ausg. 1781.

§. 71.
Andere Verstümmelungen.

Das bey den Bewohnern einiger Inseln des
stillen Meeres gebräuchliche Abschneiden des kleinen
Fingers 1), das künstliche Schärfen der Zähne bey
andern 2) und andere Verstümmelungen von eben so
wenig Belange, übergehe ich.

[Seite 282]

1) Friendly Islands. Iac. Cook zweyte Reise. Vol. I.
p. 222.

2) Bey den Negern. Hemmersam p. 37.

§. 72.
Ungeheure Ohrläppchen.

Zu den Verunstaltungen der Theile rechne ich
vorzüglich die ungeheuren und hängenden Ohrläpp-
chen, in welche sich so viele Völker seit langer Zeit
verliebt hatten, daß sie zu der alten Fabel von den
scythischen Völkern im Pontus Veranlassung gegeben
haben, welche so große Ohrläppchen gehabt haben
sollen, daß sie den ganzen Körper mit denselben be-
decken könnten 1). Von den Malabaren 2), Bey-
naren, den Einwohnern der Molucken 3) und Mal-
likolo 4) wissen wir es mit Gewißheit, daß sie diesel-
ben durch verschiedne Künste überaus groß und wirk-
lich monströs machen. An den Gemählde eines
Südländers bey Cornelius le Brun sehen wir es auf
eine wunderbare Weise Zerfleischt 5).

1) Plin. IV. 13. VII. 2. Pompon. Mela Lib. III. de
Hisp. et Septenr. insulis.

2) Schreyer a. a. O. S. 117.

3) Maximil. Transylv. Bey Zahn spec. T. III. p. 69.

4) Sie durchbohren sie mit Pfriemen.

5) n. 197.

§. 73.
Andere Verunstaltungen.

Die Berichte von Reisebeschreibern belehren aus,
daß einige Völker die Vorhaut des männlichen Glieds
mit Fleiß verlängern, wie die Anwohner der Magel-
[Seite 283] lansstraße 1), Neuseeländer 2) und andere. Die gro-
ßen Nägel der Chinesen 3), die durchbohrten Wangen
und Lippen so vieler anderer Völker, oder die durch-
bohrten Scheidewände der Nase und Ohrläppchen,
um Ringe hineinzuhängen, und anderes mehr, liefern
eben so viele Beweise der bewundrungswürdigen Sucht
die natürliche Schönheit des Körpers durch Kunst zu
erhöhen, und von der vielartigen, so sehr verschied-
nen Meinung über das Ideal des Schönen.

1) Oliv. v. Noort. p. 22.

2) Hawkesworth Vol. III. p. 50.

3) Die Abbildung bey Gregor Sharpe de lingua Sinens.
zu Ende des Syntagm. dissertationum Thomae Hyde,
Vol. II. p. 512.

§. 74.
Gemahlte Körper.

Der Gebrauch der Mahlereien und der verschie-
denen Arten von Schminke verändert zwar die Form
der Glieder nicht, ist aber doch bey gewissen Völkern
so konstant, daß es unrecht wäre, ihn gar nicht zu
berühren. Einige überstreichen blos die Haut mit
verschiedenen Farben, aber andere durchstechen sie
erst mit einer Nadel, und reiben hernach die Farben
ein, wo sie dann beständig haften. Beyderley Ri-
tus ist bey den entferntesten und verschiedensten Na-
tionen im Gebrauche gewesen. Die Kanagysten z.B.
Kalifornier, Türken, die Bewohner der Insel Santa
Cruz, Mallikolo, Neuholland, des grünen Vorge-
birgs u.a. mahlen sich. Die Tungusen aber, Tschuk-
tschen, Araber, Eskimos, Neuseeländer, Otaheiten
und viele Völkerschaften aus ganz Amerika tatowiren
sich (acu in ispa cute lineas ducunt).

§. 78. S. 196. bis 201.

[Seite 284]

Leukäthiopie. In gedrängter Kürze ist alles,
was über diese besondere Krankheit zu sagen ist, von
welcher irre geführt der große Linné seinen homo
nocturnus
als eine besondre Varietät des Menschen-
geschlechts aufstellte, gesagt worden. Man kann
übrigens damit vergleichen Beyträge zur Naturge-
schichte Absch. 14. S. 119. bis 126. und zu noch ge-
nauerer Nachricht hierüber Blumenbach de oculis
Leucaethiopum et iridis motu
. Goettingae 1786.

Statt aller weitern Bemerkungen hierüber will
ich lieber folgende Bemerkung aus der zweyten Aus-
gabe dieses Werks noch beyfügen, s. daselbst

§. 88. S. 122.
Andere Krankheiten gehören weit weniger hierher.

Es würde ein ungeheueres, gar nicht hierher gehö-
riges Unternehmen seyn, wenn ich von allen bey Ver-
fassern medicinischer Beobachtungen widernatürlich
vorkommenden Fehlern unsers Körpers, eine Uibersicht
geben wollte. Es würde von diesen leicht ein Uiber-
gang zu den Mißgeburten und der ganzen Nosologie
gemacht werden können, und das göttliche Studium
der Naturgeschichte würde zu einer verworrnen un-
förmlichen Masse auswachsen. Ich überlasse also
das schwarze und hornartige Fellhäutchen des italie-
nischen Knaben 1), oder des englischen Mannes 2)
und anderer, und ähnliche besondre Verirrung von
dem natürlichen Zustande, den Physiologen und Pa-
thologen. Auch gehört die harte Krankheit der
Cretinen nicht hierher, welche nicht den Bewohnern
des Walliser Landes allein eigenthümlich, sondern
[Seite 285] auch anderwärts beobachtet 3), aber durch sonder-
bare Fabeln hier und da verunstaltet worden ist 4).

1) Stalp. v. d. Wici Obs. Cent. II. p. 376. Tab. II. et
Tab. 12. Fig. 1. 2. 3.

2) Der Stachelschweinmann G. Edwards Gleanings of
natural history
. T. I. t. 212.

3) v. Fel. Plater Obs. med. S. 140. D. Langhans
Merkw. des Siementhals, Bourrit Mont-
Blanc
p. 80. Haller de vento Rubensi Nov. Comm.
Goett
. T. I. p. 43.

4) Z.B. in Guidant variat. de la nat. dans l'espece
hum
.
à P. 1771. 8 in Encycl. de Par. etc. emendat.
in Fed. Cl. de ylice T. XII. 312.

§. 89.

Die Centauren, Sirenen, Cynocephalen, Sa-
tyren, Pygmäen 1), Giganten, Hermaphroditen
und andere erdichtete Species von diesem Schrot
und Korne, brauchen hier kaum in Erwähnung ge-
zogen zu werden. Wer an solchen ungeheuren Mähr-
chen Vergnügen findet, mag sich an die leichgläubi-
gen Zusammenschreiber derselben Tevet, Maillet,
Robinet wenden; Wer aber wünscht, sie ihrer lee-
ren Schminke entledigt zu sehen, der wende sich an
den gelehrten Joh. Alb. Fabricius 2).

1) Vergl. über diese Fabeln Tysons Werke.

2) De hominibus orbis nostri incolis etc. Erst neulich
aber hat uns Herr Hofrath Heine ein Muster von ei-
ner solchen mit höchstem Scharfsinn entwickelten und
erläuterten Fabel geliefert, wodurch alle Versuche sei-
ner Vorgänger übertroffen worden sind, in seiner
Abhandlung de maribus inter Scythas morbo effemi-
natis et de Hermaphroditis Floridae.
Comm. Soc.
Goett. a. 1778 p. 28. sqq.

Vgl. übrigens hiermit Ludwig a. a. O. S. 148-169.


Vierter Abschnitt.

§. 82. S. 205. fgg.

[Seite 286]

Wir sind jetzt durch die Bemühungen des Herrn
Verfassers in den Stand gesetzt die Avtopsie hierüber
einigermaßen zu ersetzen. Man sehe dessen Natur-
historische Abbildung Heft 1. Taf. 1 bis 5.

§. 83. S. 208 bis 212.

Erxleben zählt sechs Varietäten auf: 1) den
Lappen, 2) den Tatar, 3) den Asiaten, 4) den
Europäer, 5) den Afrikaner, 6) den Amerikaner.
S. Ausg. 2. S. 50. Erxlebens Mammalia B. 1.

Von der ersten Eintheilung des Menschenge-
schlechts in vier Racen, welche der Herr Verf. in
der ersten Ausgabe dieses Werks mitgetheilt hat (S.
41.) will>/corr>mill ich hier weiter nichts erwähnen, da er sie
selbst in allen seinen neuern Werken verworfen hat.

§. 87. S. 216.

Der Neger sieht dem Affen näher als der
Mensch. Vergl. hiermit Sömmering über die kör-
perliche Verschiedenheit des Negers vom Euro-
päer. Vorrede S. 19. 20. und Text §. 72.


Dies dürfte wohl das nothwendigste gewesen seyn,
was zum leichtern Verständniß dieses vorstehenden
[Seite 287] Werks zu sagen wäre. Ich kann aber wohl meine
Bemerkungen nicht besser schließen, als mit jener
Stelle in der zweyten Ausgabe, welche von der Ent-
stehung der Streitfrage: ob es nur Eine oder mehre-
re Gattungen im Menschengeschlecht gebe, handelt.

‘„Bosheit, Mangel an Aufmerksamkeit und
Neuerungssucht begünstigten die letzte Meinung.
Denn seit den Zeiten des Kaisers Julians 1) fanden
alle, deren Interesse es war die Glaubwürdigkeit
der Bibel herabzusetzen, ungemeines Behagen 2)
an der Meinung von mehreren Gattungen im Men-
schengeschlechte. Ferner war es leichter die Neger
oder bartlosen Amerikaner gleich beym ersten An-
blick für verschiedne Gattungen zu halten 3), als
Untersuchungen über die Struktur des menschlichen
Körpers anzustellen, die Anatomen und so zahlrei-
chen Reisebeschreiber nachzuschlagen, und deren
Glaubwürdigkeit und Leichtgläubigkeit mit Fleiß zu
untersuchen, aus dem ganzen Umfang der Natur-
geschichte parallele Beyspiele zusammen zu tragen,
und nur dann erst zu urtheilen und die Ursachen der
Verschiedenheit zu erörtern. So hat z.B. der be-
rüchtigte Theophrastus Paracelsus, der liebe
Mann! wenn ich nicht irre zuerst nicht begreifen
können, wie die Amerikaner eben so gut als die
übrigen Menschen von Adam abstammen könnten;
und um sich kurz aus der Sache zu ziehen, nahm
er an, daß Gott zwey Adams erschaffen habe,
einen in Asien und einen in Amerika 4). Und end-
lich kommt noch hier hinzu die Neuigkeitsliebe des
menschlichen Geistes, welche so groß ist, daß viele
lieber eine neue Meinung annehmen, gesetzt sie
[Seite 288] wäre auch bey weitem nicht hinlänglich überdacht,
als sich zu den alten Jahrtausende hindurch an-
genommenen Wahrheiten neuerdings bekennen
wollen.“’

Ich für meinen Theil habe nach der bloßen Be-
trachtung der unverhüllten Natur keinen Anstand ge-
nommen, die entgegengesetzte d.h. die alte 5) Mei-
nung von nur Einer Gattung im Menschengeschlechte
anzunehmen, und ich habe das Vertrauen, daß ein-
sichtige, Wahrheit liebende, und von den eben ge-
nannten Schwächen freye Leser, eben diese Wahrheit
willig unterschreiben werden.

1) Iuliani oper. p. 192.

2) v. c. (Simon Tyssot de Patot) voyages et aventures
de lac. Massé. T. 1. p. 36. sqq. Bazin (Voltaire)
philosophie de l'histoire p. 45.
Derselbe in Quest. sur
l'Encyclop. T. IV. p. 112. T. VII. p. 98. 179. etc.

widerlegt von Haller in den Briefen übereini-
ge Einwurfe noch lebender Freygeister wi-
der die Offenbarung
, 1. Th. S. 102. 184. 196.

3) Soz. V. haben es Griff. Hughes nat. hist. of. Bar-
badoes. p. 14.
(Henr. Home) Sketches of the History
of Man, Vol. 1. p. 12. sq.

4) De philosoph. occulta 1. 1.

5) cf. Jo. Alb. Fabricii diss. de hominibus orbis nostri in-
colis specie et ortu avito inter se non differentibus.

Hamb. 1721. 4.


Appendix A Erläuterung der Kupfertafeln.


Appendix A.1 Tafel 1.

[Seite 289]

Liefert ein Schema zur Uibersicht der Erläute-
rung der Scheitelnorm, von deren Nutzen und Be-
schaffenheit im anthropologischen Studium S. 148.
gesprochen worden ist.

Figur 1. entspricht der ersten Figur auf Tafel 2.

Figur 2. der 3ten Fig. jener nachfolgenden Tafel.

Figur 3. der 5ten Figur derselben Tafel.

Appendix A.2 Tafel 2.

Stellt fünf Schädel aus meiner Sammlung dar,
wodurch die fünf Hauptverschiedenheiten des Men-
schengeschlechts dargethan werden, wovon mit meh-
rerem S. 149.

Figur 1. Stellt einen sogenannten Rennthiertun-
gusen dar. Er hieß Tschewin Amureew aus den
gilgekirskischen Stamme, und lebte 350 Werste
von der Stadt Bargusin, schnitt sich aber im Jahr
1791 selbst die Gurgel ab, weshalb der berühmte
Schilling, Oberchirurgus der Armee dorthin geschickt
wurde, die Läsion und die Ursache des Todes gesetz-
[Seite 290] mäßig zu untersuchen. Dieser nahm den Kopf des
Selbstmördes mit, und übersandte ihn dem Herrn
Baron v. Asch.

Figur 2. Ist der Kopf eines karaibischen Fürsten
von der Insel St. Vinzent, der vor acht Jahren
dort verstarb, und dessen Knochen Herr Anderson,
Aufseher des königlichen Gartens auf jener Insel auf
Verlangen des Hrn. Baronet Banks ausgraben ließ.

Figur 3. Der Kopf einer jungen Georgierin,
welche im neulichen Türkenkriege von den Russen ge-
fangen genommen, und nach Moskau gebracht wur-
de, wo der dortige würdige Professor der Anatomie,
Herr Hiltebrandt, da sie sehr plötzlich starb, die Ur-
sache ihres Todes in einer gesetzmäßigen Sektion ex
officio
untersuchte. Er bewahrte den knöchernen
Kopf wegen seiner ungemein eleganten Form sorgfäl-
tig auf, und schickte ihn Herrn Baron Asch nach
Petersburg.

Figur 4. Der Schädel eines Otaheiten, welchen
der tapfere und muthige Schiffskapitain William
Bligh, auf Bitten des Herrn Baronet Banks, bey
der Rückkunft von seiner merkwürdigen Reise, auf
welcher er Stämme von dem Brodtfruchtbaum von
den Societätsinseln im Südmeer mit dem glücklich-
sten Erfolge nach Westindien überbrachte, mitge-
bracht hat.

Figur 5. Einer Negerin von Guinea, der Bey-
schläferin eines gewissen Holländers, welche in ihrem
[Seite 291] 28sten Jahre zu Amsterdam gestorben ist, wo sie der
verdiente Utrechter Professor Jo. von Geuns unter
das anatomische Messer gebracht hat.

Appendix A.3 Tafel 3.

Figur 1. Bedarf im Ganzen keiner Erinnerung,
denn es dient zu einer leichtern Uibersicht bey den
osteologischen Bemerkungen in diesem Werke. Es
hätte aber wohl leicht besser gerathen können.

Figur 2. Ist der Hirnschädel des Mandrill, in
welchem der Zwischenkinnladenknochen aufs deutlich-
ste bemerkt ist.

Figur 3. Sind die Halswirbel desselben Pa-
vians, wovon schon in den Anmerkungen gesprochen
worden ist, so wie von

Figur 4. welche den fünften und sechsten Hals-
wirbel von einem erwachsenen Manne darstellt.


Appendix B Einige Aenderungen im Texte.

[Seite 292]
S. 55. statt Kröpfe l. Drüsenkrankheit.
- 71. Z. 9. st. Elastic. l. Zusammenziehungskraft.
- 84. Z. 11. nur nicht immer l. fast alle.
- 147. l. die Uiberschrift zu §. 61. also: Uiber die Schei-
telnorm, als Maaß, um die Verschiedenheiten der
Schädel zu bestimmen.
- 161. §. 64. Z. 10. l. nicht meiselartig.
- 175. Z. 9. l. Wassergeschwulst.
- 205. §. 82. Z. 7. l. mannichf. gradweisen Verschiedenheit

Appendix C Verbesserungen.


S. 6. Z. 19. lies statt Eingaren Zigeuner.
- 18. Z. 14. l. Marchbestimmer.
- 31. Z. 1. in der Note l. Paradoxenfreund.
- 47. Z. 2. streiche sey weg.
- 54. Z. 14. statt nur l. wo.
- 54. Z. 15. st. oder l. doch.
- 55. st. Podagra l. Palagra.
- 59. Z. 9. st. sie l. es.
- 60. Z. 20. st. deren l. dessen.
- 64. Z. 1. st. der l. von.
- 72. Z. 4. l. entstandenen.
- 72. Z. 9. st. nur l. wo.
- 83. Z. 11. streiche denn aus.
- 114. Z. 9. statt mit einander l. mit andern.
- 114. Z. 20. nach Fellhäutchen setze unversehrt hinzu.
- 142. Z. 11. l. Zigeuner (Cingari).
- 159. Z. 10. l. und viele Gen. hindurch im gleichen etc.
- 172. Z. 4. l. durchstreifen.
- 196. §. 28. Z. 10. st. nach. l. noch.
- 220. Z. 3. st. Umwicklung l. Zusammenlegung.

Appendix D

[Tab. I]
Tab. 1xxx
Taf. I.
[interleaf] [Tab. II]
Tab. 2xxx
Taf. II.
[interleaf] [Tab. III]
Tab. 3xxx
Taf. III.
[interleaf] [interleaf] [binding_verso]
Notes
*).
[Seite XXI]

Eine Abbildung ihrer Schädel s. in Herrn Blu-
menbachs naturhistorischen Abbildungen 1. Heft
7. Tafel. Das Afrikanische Rhinozeros hat nur
vorn am Gaumen ein ganz kleines und blindes
os intermaxillare. Beym asiatischen hingegen
ist dieser berühmte Knochen größer, und faßt zwey
kurze stumpfe Vorderzähne, der Unterkiefer zwey
von fast pfriemenartiger Gestalt. Auch reichen
bey diesem die Backenzähne nicht so weit vor als
bey jenem, sondern sind durch einen ansehnlichen
leeren Zwischenraum von den Schneidezähnen ge-
trennt.

G.

*).
[Seite XXII]

Ich bin ganz kein Freund von jener Neuerungs-
wuth einiger Neueren, welche sich dann, daß sie
solchen Naturdingen, die jedermann unter ihren
Namen kennt, neue beylegen, außerordentlich
gefallen; denn dies Spiel der Namenmacher ist
dem Studium der Naturgeschichte ungemein nach-
theilig gewesen; und deshalb bin ich von dem
Systemsnamen der Säugthiere nur sehr ungern,
und sehr selten Linnées Terminologie abge-
[Seite XXIII] gangen, dann nämlich, wenn der von dem gro-
ßen Manne gebrauchte Name einen ganz irrigen
und falschen Begriff enthielt. So habe ich z.B.
dem Armadill den angebornen Geschlechtsnamen
Tatu wieder beygelegt, da der von Linée Dasy-
pus
sich auf keine Weise vertheidigen läßt. Be-
kanntlich stammt dieser Name aus dem Griechi-
schen her, und bezeichnet ein rauchfüßiges Thier,
weshalb er von den Alten dem Haasen und Ka-
ninchen beygelegt worden ist, weil bey diesen selbst
die Tatzen und Fußsohlen haaricht sind, da es
hingegen kaum einer Erinnerung bedarf, daß dies
auf die von der Beschaffenheit der Kaninchen wun-
derbar weit abweichenden Panzerthiere der neuen
Welt nicht passe.

So glaube ich auch, müsse man bey dem Fle-
dermausgeschlechte, jener Gattung, welche Lin-
nee das Gespenst (spectrum) genannt hat, den
[Seite XXIV] Namen Vampyr wieder geben, da er hingegen
die Benennung Vampyr jener in Ostindien und
auf den Inseln des Südmeers befindlichen Fleder-
maus, welche man insgemein den fliegenden
Hund nennt, gegeben hat, denn es ist bekannt,
daß das Wort Vampyr gleichbedeutend ist mit
dem ‘„blutsaugendes Thier;“’ und da paßt es
denn wohl auf jene amerikanische, eben deshalb
andern Thieren, und selbst Menschen, feindselige
Fledermaus; aber keinesweges auf die benannte
hundische, welche blos von Vegetabilien lebt, und
meines Wissens nie das Blut anderer Thiere
saugt.

*).
[Seite 8]

Die folgende Reihe russischer Schädel bis zu No. 63
ist wegen der wunderbaren Zweifels ohne von ehelicher
Vermischung herstammenden Verschiedenheit, vermö-
ge welcher viele derselben sich mehr oder weniger dem
mongolischen Habitu nähern, hauptsächlich merk-
würdig.

*).
[Seite 11]

Vergleiche die hierauf Bezug habende Stelle bey Vol-
ney in seinen Ruines, ou meditation sur les Revo-
lutions des empires
. S. 349.

*).
[Seite 13]

Des Ursprungs halber habe ich diese beyden Abbil-
dungen von den Fürsten des neueren Indiens zur
[Seite 14] mongolischen Varietät gerechnet, obschon sie in der
Gesichtsbildung sich wenigstens von den Hindus ent-
fernen wovon man die Gründe unten sehen kann.

*).
[Seite 14]

S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische
Abbildungen. Erstes Heft, erste Kupfertafel. Göt-
tingen 1796. Mit Begierde muß man die Fort-
setzung dieser Abbildungen erwarten, denn durch die
dürfte Herders Wunsch erfüllt werden: ‘„Daß Je-
mand, der es kann, die hie und da zer-
streuten treuen Gemälde der Verschie-
denheit unsers Geschlechts sammelte und
mit den Grund zu einer sprechen-
den Naturlehre und Physiognomie der
Menschheit legte
.“’ S. Ideen z. Ph. d. G. d.
M. Th. 2. S. 82.

G. A.

1).
[Seite 20]

Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und
Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und
(Mondoddos) antient metaphysics , 3ter Theil, Lond.
1784. 4. S. 57. und 367.

[Seite 21]

Wie wichtig diesem schottischen Philosophen vor al-
len andern Peter von Hameln ist, bekennt er in fol-
genden Worten: ‘„Diese Erscheinung däucht mich ist
außerordentlicher, denn der neue Planet, oder eine
Entdeckung von noch 30,000 Fixsternen, außer denen
kürzlich entdeckten.“’ b )

2).
[Seite 21]

(de la Condamine) histoire d'une jeune fille sau-
vage
. Paris 1761, 12.

3).
[Seite 21]

Vergl. Leroy sur l'exploitation de la Nâture dans
les Pyrenées
. Lond. 1776. 4. S. 8.

4).
[Seite 21]

Man sehe z.B. was der übrigens sehr verdiente
Tulpius von diesem irrländischen Junglinge erzälhlt
im 9ten Kap. des 4ten Buchs seiner Observat. medi-
car
. ‘„Ein Jüngling von 16 Jahren, der in Irrland
unter den wilden Schafen von Kindheit an
auferzogen war, hatte gleichsam die Natur der
Schaafe angenommen – hatte wilden Blick – war
roh, kühn, unerschrocken. – Er hatte auf rauhen
Gebirgen, in wilden Gegenden gelebt, selbst so wild
als ungebändigt“’ u.s.w. – Wie mögen denn wohl
die wilden Schaafe in Inland beschaffen seyn? Wel-
ches man ihre Natur seyn? Wild und ungebändigt?
Gewiß jeder, der dieses Geschichtchen mit dem Messer
der Kritik zerlegt, wird auf die Vermuthung kom-
men, daß dieser dumme Klotz, der des Schauspiels
halber als ein Wunderwert durch Holland geführt
wurde, leicht eben so wenig zu den unter Thieren
erzogenen Menschen gehort habe, als einst eben da-
selbst ein ähnliches von einem listigen Betrüger für
einer Eskimo ausgegebenes Wunderwerk (man sehe
hierüber Recherches philosoph sur les Améric. Th. I. S.
258.) zu den wahren Eingebornen der Küste La-
bradir.

5).
[Seite 22]

S. dessen Verhandeling over de Longteering in dem
Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur-
en Huishoud-kundige Jaarboeken
, 3ter Theil, 1ster
Abschnitt S. 32.

6).
[Seite 22]

S. Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764.
S. 596.

*).
[Seite 24]

Mehreres hierüber siehe in Ger. Vrolik unter Geb.
Just. Brugmanns Präs. vertheidigter Differt de ho-
mine ad statum gressumque erectum per corporis fabri-
cam disposito
. Leiden 1795. 8.

7).
[Seite 26]

Von den Theilen der Thiere. IV. 10.

8).
[Seite 26]

Hist. nat. 2ter Theil S. 544. ‘„Hinterbacken sind
bloß der menschlichen Gestalt eigen.“’

9).
[Seite 26]

De usu partium. XV. 8.

Den physikotheplogischen Zweck dieses Vorzuges hat
Spigel sehr scharfsinnig ausgedacht in seinem Werke:
de humani corporis fabrica, S. 9.

‘„Einzig der Mensch kann unter allen Thieren be-
quem sitzen, denn er erhielt fleischigte und große Hin-
terbacken, welche ihm statt Unterlage, Kissen und ge-
polsterten Sopha dienen, damit er durch das Sitzen
keine Beschwerlichkeit empfindend, den Geist besser be-
schäftigen könne, mit Nachdenken über göttliche Dinge.“’

10).
[Seite 26]

De corp. hum. functionibus, 1ster Theil, Seite 57.
‘„Auch werden die Affen durch ein anderes Zeichen
nicht leicht von den Menschen unterschieden.“’

11).
[Seite 27]

Man vergl. z.B. Carpus (Berengartus) Commen-
taria super anatomia Mundini
S. 13. ‘„Unter den
übrigen Thieren hält der Mensch in verschiedenen La-
gen Beyschlaf, giebt Umarmungen und Küsse, worin
er verdammlich ist, weil das lasterhafter, wollüstiger
und teuflicher ist, als vernünftig.“’

12).
[Seite 27]

S. Kämpfs enchiridion medicum. S. 181.

13).
[Seite 28]

Als ich vor zwei, Jahren (1793.) in London den
ungeheuren Schatz von Zeichnungen durchgieng, wel-
che in der Bibliothek des Königs von Großbritannien
aufbewahrt wird, bewunderte ich von allen, und be-
trachtete ich sorgfältiger einen berühmten Band Ge-
mählde, welche für die menschliche und verglichene
Zergliederung sehr nützlich sind, und von dem großen
Mahler Leonardo de Vinci mit der Feder gemacht
waren, unter welchen hauptsächlich eine ganz besondere,
und in ihrer Art einzige Zeichnung, von einem Manne,
der mit einem Weibe im Beyschlaf begriffen ist, sich
auszeichnete. Bey der Rumpf aber war so durchschnit-
ten, daß man das schicklichste Verhältniß der ausge-
dehnten männlichen Ruthe auf die Richtung der Mut-
terscheide, worauf ich hingewinkt habe, deutlich sehen
konnte. – Der Freundschaft des Herrn Jo. Cham-
bertaine, des Aufsehers dieser königlichen Sammlung,
dieses menschenfreundlichen Mannes und ungemeinen
Künstlers verdanke ich eine seht genaue Copie dieses
sparsinnigen Blattes.

14).
[Seite 31]

Der so große Paradoxenfreund und Robinet hat im
fünften Theile seines Werks de la nature auf der
neunten Tafel die Abbildung eines Embrio geliefert,
den er für einen Waldmenschen ausgiebt, da doch aus
den bloßen Füßen, welche mit einem Finger, nicht
mit einer Zehe, versehen sind, auf den ersten Anblick
erhellt, daß es eine menschliche Frucht sey.

15).
[Seite 32]

S. z.B. des berühmten Wasmaer Monographie.

16).
[Seite 32]

Linné behauptet daher ohne gehörigen Grund:
‘„daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch
mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und
daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und
Füßen machen, zu der Menschengattung gehören.“’

*).
[Seite 32]

S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab-
bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. a).

17).
[Seite 34]

Müllers Sammlung russischer Geschichte,
3ter Theil, S. 174.

18).
[Seite 35]

Zweifels ohne die Insel Nadigsda, von deren
Einwohnern dieses, aber nur durch Sage der Gefähr-
ten des großen Cook, Jac. King, gehört hatte, in
voyage to the northern hemisphere, 3ter Th. S. 377.

19).
[Seite 35]

S. dessen Bemerkungen auf seiner Reise
um die Welt
. S. 218.

20).
[Seite 35]

Der über diese Insel klassische Schriftsteller Mars-
den erzählt es nach Hörensagen History of Sumatra.
S. 35. Not. *)

21).
[Seite 38]

Bey den sehr berühmten Zootomikern Vitet und
Vicq d'Azyr heißt es des Unterkinnbackenbein,
und bey Blair in der Osteographie des Elephanten,
das Gaumenbein.

22).
[Seite 39]

Er quält sich dergestalt mit der Rettung seines
göttlichen Galenus, daß er endlich auch zu der Ent-
schuldigung sich herabläßt, daß die Menschen, wiewohl
sie jetzo keine Zwischenkinnladenbeine mehr hätten,
doch zu Galens Zeiten allerdings dieselben gehabt
haben, und daß man deshalb den Fürsten der Anato-
miker nicht anzuklagen habe, – ‘„sondern einige
Verhinderungen der Natur, welche in un-
sern Zeiten die Folgen der Leckerey und
einer unzeitigen und übermäßigen Liebe
gewesen wären
.“’

23).
[Seite 39]

S. Memoires de l'academie des sciences de Paris,
1780.

24).
[Seite 40]

Man sehe schon Vesalius und Coiters Abbildungen.

25).
[Seite 40]

Ich bin nicht der Meinung derer, welche öffentlich
bezeugen, daß man unter dem Gaumen eine Nath
finde, die schräg über zu den beyden Hundszähnen
gehöre, welche bey Kindern erkennbar sey, bey Er-
wachsenen aber so vertilgt werde, daß keine Spur
davon übrig bleibe. Denn ich finde, daß dies mehr
eine Theilung oder Lücke ist, als eine Nath, da sie
Knochen nicht von Knochen trennt, noch
äußerlich sichtbar wird
.

26).
[Seite 40]

S. Eustathius Tab. anat. 46. 2te Fig.

27).
[Seite 41]

Ich wundere mich, wie Camper die entgegengesetzte
Meinung hat in Schutz nehmen können. Er behauptet
nämlich, daß dieses daß Skelett eines noch nicht alten
Menschenähnlichen Affen gewesen sey. S. dessen Na-
turgeschichte des Orang-Utang
. S. 146.

28).
[Seite 43]

d'Aubenton in Memoires de l'acad. des sciences de
Paris
1764.

29).
[Seite 43]

S. dessel. Abhandlung: De basi encephali. Goet-
ting.
1778. S. 17.

Derselbe über die körperliche Verschie-
denheit des Negers vom Europäer
. S. 59.

Auch J. Gottfr. Ebel observ. neurol. ex anatome
comparata
. Frankf. an der Oder 1788.

30).
[Seite 44]

Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu-
lam pinealem sitis
. Mainz 1785.

Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de
decussatione nervorum opticorum
. das. 1786.

9).
[Seite 45]

30b) Im 9ten Theile der Commentationum societatis
Regiae scient. Goettingensis
. S. 116.

31).
[Seite 47]

Das natürliche Ende des menschlichen Lebens (wel-
ches man nämlich für das gewöhnlichere und gleichsam
festbestimmte Ziel des Greifesalters halten könnte)
kann man kaum bestimmen. Doch ist es merkwürdig,
was ich durch genaue Vergleichung mehrerer Morta-
litätslisten gelehrt worden bin, daß, nach Verhältniß,
ziemlich viel europäische Greise das 84 Jahr erreichen,
wenige aber es überleben. Nun erhellt bey einer Be-
rechnung des menschlichen Lebensalters, durch
eine Vergleichung desselben mit dem Lebensende an-
derer Säugthiere, leicht, welch ein großer Vorzug
auch in diesem Betracht, oder wenigstens, welche Ver-
gütung mit Wucher für die lange Kindheit dem Men-
schen ist zugestanden worden.

32).
[Seite 48]

Dies beobachtete zuerst ein englischer Geistlicher,
Waffe, im Jahr 1724. S. Philosophical Transactions,
Theil 33.

33).
[Seite 48]

Wenn man nicht lieber dem Augustinus Niphus
trauen will, der in einem besondern Werke über die
Liebe
(das er Johannen von Arragonien, so berühmt
durch ihre außerordentliche Schönheit zugeeignet hat)
die Ursachen zergliedert, woher es komme, daß die
Mädchen im Sommer wollüstiger und verliebter, die
Männer es hingegen im Winter sind

*).
[Seite 48]

Mehreres hierüber sehe man in Chr. Rudolph Jä-
nisch Dissert. de pollutione nocturna. Gott. 1775. 4.

34).
[Seite 50]

Wer auch immer das Loos des Menschen unter
seiner Würde schätzt, der bedenke, welche wichtige
Vorzüge unser Vater uns verlieben hat, wie wir weit
stärkere Thiere unterjochen, weit schnellere verfolgen,
wie alles, was irdisch ist, unsern Streichen unter-
liegt.

Seneca.

35).
[Seite 51]

Die Spitzfindigkeiten der alten und neuen Schola-
stiker über die Sprachen der Thiere sind zahllos. Es
wird genug seyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit
dem Zunamen der Große, anführe, der außer dem
Menschen, auch einem menschenähnlichen Affen, dem
keinen Gibbon nämlich, Sprache zuschreibt, jedoch
[Seite 52] nicht ohne eine merkwürdige Einschränkung. ‘„Der
kleine Gibbon
– sagt er – spricht, ob er
gleich ein vernunftloses Thier ist, allein
er disputiert nicht
(hat nicht zweyerley Mei-
nung über ein Ding?) spricht auch nicht von
den Dingen im Allgemeinen, sondern
seine Töne sind vielmehr auf das Einzel-
ne der Dinge gerichtet, von denen er
spricht
.“’

36).
[Seite 52]

Daß der Mensch sich die Sprache erfunden habe
(woran noch in unsern Zeiten der sonst so sehr verdiente
Süßmilch zweifelt), hat schon Hobbes eingesehen:
‘„Die edelste und vortheilhafteste Erfin-
dung unter allen andern, war die Spra-
che, wodurch die Menschen einander ihre
Gedanken zum wechselseitigen Nutzen
,
und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel-
che unter den Menschen weder allgemei-
nes Wohl noch Gesellschaft härte beste-
hen können, so wenig, als unter Löwen
,
Bären und Wölfen.“’ S. dessen Leviathan S.
12. Ausg. von 1651. M.

37).
[Seite 53]

Nov. Comment. acad. scient. Petropolit. Theil 2.
S. 353.

38).
[Seite 53]

S. dessen Nachricht über die mongolischen
Völkerschaften
. Theil I. S. 177.

39).
[Seite 53]

S. dessen Traité de l'existence du fluide des nerfes
S. 35.

40).
[Seite 54]

Der vortrefliche Arzt Jonson hat mir gemeldet,
daß vor einigen Jahren bey einem Affen zu Amster-
dam durch eine Blätteransteckung sich zwar ein örtli-
ches Geschwür, aber keine mit Fieber vergesellschaftete
Blättern zusammengezogen haben.

41).
[Seite 55]

Die Ursache, warum dieser so merkwürdige Fehler
der Bildung so oft an menschlichen Geburten, und
meines Wissens noch niemals an den Jungen anderer
Säugthiere ist bemerkt worden, glaube ich in der nach
[Seite 56] Verhältniß bey dem Menschen engern Verknorpelung
der Schaam, in einer besondern, (ebenfalls von dem
berühmten Bonn sehr genau untersuchten) gleichsam
zweygespaltenen Ritze suchen zu müssen. Vergl. Roose
Diss. de nativo vesicae urinariae inversae prolapsu.
Göttingen 1793. 4. mit K.

42).
[Seite 57]

S. Bisson hist. des quadrupedes, Supplement. Th.
7. Taf. II. 12.

*).
[Seite 57]

und Blumenbachs naturhistorische Abbildungen 2tes
Heft. Taf. 13. wo der Rüsselaffe aus diesem Supple-
mentbande des büffonischen Werks genommen ist. G.

43).
[Seite 57]

S. Aemilianus de ruminantibus S. 50. ‘„Da
der Mensch allein aufrecht geht, so rülpst
er auch unter so viel Thieren allein; denn
da die Winde leichter sind, erfordern sie
eine höhere Region, und werden durch
einen gewissen natürlichen Trieb in die
Höhe gehoben
.“’

44).
[Seite 57]

Lorry in histoire de la societé de médicine. J. 1779.

1).
[Seite 59]

‘„Wenn sich Thiere von Natur mit einander gat-
ten, so ist solches ein unfehlbares Kennzeichen, daß
sie von einerley Spezie sind.“’ –

[Seite 60]

Dasselbe Kennzeichen von einer Species hat neuer-
lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen:
‘„Wenn die Thiere im natürlichen Zustan-
de sich begatten
u.s.w.“’ Er erwähnt aber we-
der Frischens, noch selbst Ray's, ja behauptet sogar:
‘„Herr von Büffon, welcher zuerst von den
wenig sichern Kennzeichen der Nomen-
klatoren abgewichen sey, sey auch der Er-
ste, welcher bemerkbar gemacht habe, daß
die Vermischung am besten hinleite zur
Erkennung der Arten
o).’ S. Mem. de la So-
ciété des sciences physiques de Lausanne. T. II.
S. 49.

2).
[Seite 64]

Vergl. Voigts Magaz. B. 4. Th. I. S. 10.

3).
[Seite 64]

S. Dan. Beckmanns Voyage to and from Borneo,
Lond. 1718.

4).
[Seite 65]

Vergl. Böchlin de habitu et solers Aethiopum, Kiel,
1677. S. 56

5).
[Seite 66]

S. Voigts Magaz a. a. O.

6).
[Seite 66]

Vergl. J. Saver Clavigero Storia antica del Messico.

T. IV. p. 142.

7).
[Seite 66]

Vergleiche auch Hippocr. de aeribus, aquis et loois,
Obs
. 44.

8).
[Seite 67]

Voigts Magaz. a. a. O.

9).
[Seite 68]

S. Pallas Spicileg. zool. IV. Samml. S. 22. Und
Sandiforts Museum anat. acad. Lugd. Batav. Th. I.
Seite 306.

*).
[Seite 69]

Uiber den Bildungstrieb. Götting. 1791. welche der
Herr Verfasser selbst in seinem Handbuch der Natur-
geschichte mit einer andern unter ähnlichen Titel von
l781. nicht zu verwechseln bittet. S. 17.

*).
[Seite 70]

Da ich gefunden habe, daß selbst sonst gute Natur-
historiker, den Nisus formativus und die vis plastica
für fast synonim hielten; so erlaube man mir hier
anzumerken, daß man unter der letztern nichts anders
zu verstehen habe, als: eine bildende oder vielmehr
zusammenordnende Kraft nach den bloß mechani-
schen Regeln und Gesetzen der Natur, z.B. der che-
mischen Affinität und daß sich Trieb von Kraft
besonders dadurch unterscheide, daß jener schon eine
gewisse Lebenskraft voraussetzt, welche nach ihren
eigenen Gesetzen wirkt, und den Begriff von Zweck-
mäßigkeit involvirt. Demnach dürfte vis plastica auf
das Mineralreich eingeschränkt werden müssen, und
nisus formativus hauptsächlich auf organisirbare We-
sen, Vegetabilien und Locomoventia gehen.

G.

10).
[Seite 73]

Kölreuter dritte Fortsetzung der Nachricht
von einigen das Geschlecht der Pflanzen
betreffenden Versuchen
u.s.w. Seite 51
und 24 nebst der Nachricht: Gänzlich vollbrach-
te Verwandlung einer Pflanzengattung
in die andere
s).

*).
[Seite 75]

Wenn ich hier den lateinischen Ausdruck beybehalte,
so mag der Herr Verfasser mich selbst vertreten, wel-
cher in seinen Beyträgen zur Naturgeschichte S. 49.
sagt: ‘„ich bediene mich dieser beyden (stimuli) in
der Physiologie der organisirten
Körper
so allgemein angenommener und allgemein verständli-
cher Kunstwörter ohne sie zu verteutschen, da sie, so
wie daß Wort organischer Körper selbst u.a.
m. gewiß durch die Verteutschung an Deutlichkeit ver-
lieren würden t).“’

11).
[Seite 76]

Vergl. nach andern Linnée in flora Lapponica.
S. 55. 332. nach Smidt's Ausgabe.

12).
[Seite 78]

Vergl. Jam. Pates on the literal doctrine of Origi-
nal Sin
. London, 1766. 8. S. 224.

13).
[Seite 80]

S. Malpighi opera posthuma. S. 84. London,
Ausg. 1697. Fol. – U. J. A. E. Goeze Entdek-
kung: daß die Finnen im Schweineflei-
sche keine Drüsenkrankheit, sondern wah-
re Blasenwürmer sind
. Halle 1784. 8.

14).
[Seite 81]

Vergl. z.B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88.
S. 19. ‘„Von einem gewissen gelehrten
Freunde, welcher auf einer Reise durch
Sizilien die alten Denkmäler und die
Volkssitten daselbst genauer untersucht
hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf
den Bergen lebenden sizilischen Ziegen-
hirten, unter den Bekenntnißpunkten von
eigenen Priestern auch gewöhnlich nach
dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih-
ren Ziegen zu thun gehabt
.“’

15).
[Seite 81]

S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in
Aegyptum, Arabiam
etc. S. 73. ‘„Beym Ausgang
aus Alchanic in Aegypten kamen wir an

[Seite 82] ein gewisses Dorf Belbes, wo wir zu ei-
ner nach Damaskus gehenden Karawane
stießen. Daselbst sahen wir einen saraze-
nischen Heiligen, so wie er aus Mutter-
leibe gekommen war, nackt zwischen Sand-
haufen sitzen. – Wir hörten, daß dieser
hier sitzende Heilige von Staatswegen
sehr empfohlen wurde: er sey ein heili-
ger, göttlicher Mann, von vorzüglicher
Unbescholtenheit, denn er habe nie mit
Mädchen oder Knaben, sondern bloß mit
Eselinnen und Maulthieren zu thun ge-
habt
.“’

16).
[Seite 82]

So z.B. erzählt Pallas in den neuen nordi-
schen Beyträgen
Th. 2. S 38. daß die Perser,
welche am Huftweh leiden, in dieser Hinsicht mit den
wilden Eseln sich einlassen.

17).
[Seite 82]

Z.B. von Pavianen. Vergl. Th. Phillips Reise
nach Guinea in Churchill's collection of voyages Th.
6. S. 101. ‘„Es giebt hier eine ungeheure
Menge sehr großer starker Paviane, eini-
ge so groß wie ein großer Bullenbeißer
,
welche Truppenweise zu 50 und 100 mit
einander gehen. Es ist sehr gefährlich
ihnen zu begegnen, besonders für das
Frauenzimmer; denn glaubwürdige Leu-
te haben mir versichert, daß sie diesen
oft nachgesetzt sind, sie ergriffen, und so
eins nach dem andern gemißbraucht und
so getödtet haben
“’ v).

18).
[Seite 82]

So erzählt Steller in der Beschreibung von
Kamtschatka
S. 289. daß sonst die Frauenzimmer
in Kamtschatka mit den Hunden sich gepaart haben.

19).
[Seite 82]

Wie die Weiber aus Mendesta sich dem heiligen
Bocke: von welchem Ritus man d'Hancarville nach-
lesen kann, welcher in seinen Recherches sur l'origine
des arts de la Gréce
Th. I. S. 320. sehr weitläuftig
davon handelt.

20).
[Seite 84]

‘„The colour of defect.“’

21).
[Seite 85]

Schon vom Hippokrates und Aristoteles. Noch
neuerdings von Herrn Klügel. S. Th. I. der Ency-
klop
. S. 541. der 2ten Ausgabe.

22).
[Seite 85]

Z.B. von Kant in der Berliner Monats-
schrift
1785. Th. 4. S. 400.

23).
[Seite 86]

Vergl. Voigts Magaz. Th. 4. Absch. I. S. 22.
fg. u. Absch. 4. S. 40. fg.

24).
[Seite 87]

Ein merkwürdiges Beyspiel liefert der berühmte
Hacquet in Voigts eben angeführtem Magazine, Th.
6. St. 4. S. 34. fg.

*).
[Seite 87]

Von glaubwürdigen Personen ist mir versichert wor-
den, daß die Pferde in England, seit das Stutzen
der Schwänze Mode geworden, öfters mit weniger,
Schwanzwirbelbeinen geboren wurden. – Wenn sich
diese und ähnliche Erfahrungen bestätigen; so wüßte
ich in der That nicht, was auch mehr gegen die
Evolutionshypothese und für den Bil-
dungstrieb
sprechen könnte.

1).
[Seite 91]

S. Kant in der Berliner Monatschrift 1785.
St. 6. S. 391. und im teutschen Merkur 1788.
St. 1. S. 48.

2).
[Seite 94]

Was bey dem Studium der Naturgeschichte über-
all ungeheure Schwierigkeiten erzeugt, der unbestimm-
te und willkührliche Sinn nämlich, in welchem die
mehresten Schriftsteller die Namen der Farben brau-
chen; das ist gewiß bey gegenwärtiger antrophologi-
scher Untersuchung besonders beschwerlich. Damit man
mich nun nicht desselben Fehlers beschuldige, muß ich
anmerken, daß ich zwar alle die Benennungen, wel-
che ich jeder von den fünf unterschiedenen Hauptfar-
ben gab, keineswegs für reine Synonimen halte,
als die englischen Ausdruck yellow und Olive tinge,
u.a.m. sondern daß ich bloß habe andeuten wollen,
daß diese Ausdrücke von verschiedenen, und zwar
klassischen Schriftstellern gebraucht worden, die Na-
tionalfarbe eines und desselben Volkes zu bezeichnen.

3).
[Seite 95]

Von den Brasiliern vergl. z.B. G. Forsters Anmer-
kungen zu Wilsons Nachrichten von den Pelew-
Inseln
S. 36. Von den Kaliforniern Begert,
Nachrichten von Kalifornien S. 89.

4).
[Seite 96]

Dem Klima z.B. schreiben das Meiste zu Büffon
histoir. natur. Th. 3. S. 526. Zimmermann geogr.
Geschichte des Menschen u.s.w. Th. 1. S. 77.
Der Abt Nauton im Journal de Physique Th. 18.
1781.

Der Galle Peter Barrere in einer Diss. Sur la
cause physique de la couleur des negres
. 1741. 12.

Dem Blute außer so viel andern besonders Th.
Towns in den philosophical Transactions Th. 10. S.
398. welcher im Gegentheile an der Wirksamkeit der
Sonne bey dem Färben der Haut der Neger zweifelte.

Den Kügelchen im Blute, welche an der Haut
anschließen, der Verf. der mehr als einmal z.B.
von des Moles im Jahre 1742. von Mounier 1775. ver-
theidigten Pariser medizinischen Untersuchung.

[Seite 97]

Einem Eisenüberflusse im Negerblute, welcher durch
die Transpiration der Phosphorsäure auf dem Schleim-
netze präcipitirt werde. Kant im Engels Philoso-
phen für die Welt
, Th. 2. T. 151.

Jene, ich weiß nicht welche Mischung des Nerven-
safts und eines gewissen in den Spitzen der Bedek-
kungsnerven und Arterien verborgenen Liquidums,
die sich zur Erklärung der Negerschwärze der in Träu-
men große Physiolog le Cat in Traité de la couleur de
la peau humaine
, Amsterdam 1765. 8. erfand, über-
gebe ich.

Oder der Eingebornen von Rubien verlängerte Fi-
bern, ihr rothes aufgelößtes Blut, ausdünstendes
Fließwasser, die festen in der Haut zurückbleibenden
Salz-, Oel- und Fetttheilchen des Bluts, durch welche
Liste Attumonelli die Negerschwärze zu erklären sich
bemüht in elementi di fisiologia medica, Neapel 1787.
Th. 1. S. 410.

5).
[Seite 97]

So hat z.B. die Meinungen der Alten darüber ge-
sammelt B. S. Albin de sede et causa coloris aethio-
pum u.s.w. Leiden 1737. 4.

Unter den Neuern s. Haller elementa physiolog. Th. 5.
S. 20. Eine Menge Schriftsteller citirt Krunitz im
Hamburgischen Magazin, Th. 19. S. 379.

6).
[Seite 99]

S. v. Haen praelectiones in Boerhavii institut. patho-
logicas
. Th. 2. S 155.

7).
[Seite 99]

Für wen diese Untersuchung Interesse hat, der sehe
die Werke dreyer großer Gelehrten: Jac. Bryant new
System of ancient mytholog
. Th. 1.

Jac. Bruce Reisen zur Entdeckung der
Quellen des Nils
. Th. 1.

Und Wilh. Jones Dissert. in den Asiatic Resear-
chis
. Th. 2. und 3.

8).
[Seite 100]

Daß man an dem Gambiafluß Schwarze findet, de-
ren Vorältern Portugiesen waren, ist allgemein be-
kannt. Daß aber der Grund ihrer Schwärze in einer
Verbindung der Vater mit eingebornen Negerinnen
zu suchen sey, wird auch dadurch sehr wahrscheinlich,
weil bekanntlich Europäerinnen, welche unmit-
telbar
aus ihrem Vaterland nach Guinea gebracht
worden, nur sehr selten dort dauern konnten, indem
die Macht des Klima sie zu starken monatlichen Rei-
nigungen aussetzt, welche, wiewohl nicht immer, in
kurzer Zeit in tödliche Mutterblutflusse auszuarten
pflegen.

9).
[Seite 101]

S. Hrn. Girtanners Anfangsgründe der an-
tiphlogistischen Chemie
. S. 202. Aa)

10).
[Seite 101]

An denen disseits des Ganges habe ich es selbst be-
obachtet. Von denen disseits des Ganges merkt es an:
Laubere in Déscription du Royaume de Siam. Theil
1. Seite 81. Theil 3. Seite 151. Von den Nicoba-
ren Nic. Fontana in Asiatik Researches. Theil 3.
S. 151. Von den Maynas, den Einwohnern vom
südlichen Amerika am obern Maragnon s. Xav. Veigl
in v. Muers Journal zur Kunstgeschichte. Th.
16. S. 115. ‘„In ihren Augen ist das, was
bey uns weiß ist, ein wenig gelb gefärbt
“’

11).
[Seite 101]

Von den Karaiben s. Rochefort Histoire naturelle
des Antilles
. S. 383.

12).
[Seite 101]

Sömmering üb. die körperl. Verschied. des
Negers vom Europäer
. S. 11.

13).
[Seite 102]

S. z.B. Stracks observationes de febribus inter-
mittentibus
Buch 3. Kap. 2. de ictere ex febre inter-
mittente
.

‘„Ich habe gesehen, sagt er S. 194. daß die
von einer Gelbsucht entstandene Oliven-
farbe, wie sie die Asiaten haben, in der
Folge geblieben ist
.’

‘„Einer wurde durch ein Fieber fast so
schwarz als ein Indianer
.’

‘„Ein anderer behielt eine schwarze Haut
am ganzen Körper, als wenn er von einem
Indianer mit einer Europäerin erzeugt
worden wäre: und auf ähnliche Weise wa-
ren die flache Hand und die Fußsohlen
weiß
.“’

14).
[Seite 102]

Vergl. z.B. Lorry de melancholia Th. 1. S. 273.

15).
[Seite 102]

S. Fourcroy philosophie chimique. S. III.

16).
[Seite 102]

An den Mohren bemerkte sie J. Fr. Meckel, s. Hi-
stoire de l'Academie des sciences de Berlin
, Jahr 1753.
S. 92. Und Sömmering a. a. O. S. 43.

17).
[Seite 103]

Die schwarze Haut der Grönländer z.B. schreibt
Cranz in seiner Historie von Grönland Th. I.
S. 178. hauptsächlich ihrer thranichten Speise zu.

Sloane berichtet, daß die Haut der Europäer in
Westindien von dem häufigen Genuß der grünen
Schildkröten (testudo mydas) gelblich werde. S.
dessen voyage to Jamaica, Th. 1. Einl. S. 18. und
Th. 2. S. 331.

18).
[Seite 103]

S. den Bericht des Wundarztes Anderson in Cooks
voyage to the northern hemisphere Th. 2. S. 147.

19).
[Seite 103]

Aus der Menge von Zeugen, welche diese sehr be-
kannte Wirkung der Lebensart auch unter andern Erd-
gürteln beobachtet haben, will ich nur einen anführen.
[Seite 104] Poiret, welcher in voyage on Barbarie, Th. 1. S. 31.
von den Mohren spricht. ‘„Die Mohren sind
nicht von Natur schwarz, wie das Sprich-
wort sagt, und wie mehrere Schriftsteller
glauben; sondern sie kommen weiß zur
Welt, und bleiben Lebenslang weiß, wenn
ihre Arbeiten sie nicht der Sonnenhitze
aussetzen. In den Städten sind die Wei-
ber so glänzend weiß, daß sie die meisten
unserer Europäerinnen verdunkeln wür-
den; aber die mohrischen Bergbewohner
,
welche unaufhörlich von der Sonne gebra-
ten werden und fast immer halb nackt ge-
hen müssen, werden von Kindheit an so
braun, daß sie beynahe rußig aussehen
.“’

20).
[Seite 104]

Es wird genug seyn, von vielen Beyspielen nur
einige auszuheben: Es ist bekannt, daß die Biskaye-
rinnen glänzend weiß, die Granaderinnen hingegen
schwärzlich sind, daß sogar Ol. Toree Reise nach
Surate
u.s.w. S. 9. beobachtet hat, baß man in
dieser südlichern Provinz selbst die Bilder der Maria
von eben dieser Nationalfarbe mahlt.

Von den Malabaren wird ausdrücklich gesagt, daß
ihre schwarze Farbe sich immer mehr der braunen und
gelben nähere, je weiter sie nach Mitternacht wohnen;
In den tranquebarischen Missionsberich-
ten
22ste Forts. S. 896.

Die Negern am nördlichen Ufer des Senegal sind
braun, die am südlichen schwarz. S. außer andern
Barbot in Churchill's Collection of voyages Th. 5.
Seite 34.

21).
[Seite 105]

So bemerkt z.B. Marsden die Wirkung der See-
luft
auf die Hautfarbe in history of Sumatra S. 43.
und Wallis in Hawkesworths Collection of voyages.
Th. 1. S. 260.

Der Waldluft, Hartsink Beschryving van Guia-
na
. Th. 1. S. 9.

Der Bergluft, Bouguer figure de la terre. Einl.
Seite 101.

Der Erdhöhenluft, de Pinto in Robertsons
history of America.

22).
[Seite 105]

S. hierüber die von Herrn Zimmermann bey Ge-
legenheit des Problems, warum nicht auch auf dem
unter dem Aequator gelegenen Striche von Amerika
Mohren erzeugt werden, angestellte mühsame und
gelehrte Untersuchung, in der geographischen
Geschichte des Menschen
. Th. 1. S. 86.

23).
[Seite 105]

Z.B. von G. Hyde in den Anmerk. zu Abr. Peri-
stol itineribus mundi, in Ugolinis the sauro antiqui-
tatum sacrarum
. Th. 7. S. 141.

24).
[Seite 105]

Der Ursprung dieser Benennung schreibt sich von
dem im 16ten Jahrhunderte nach Amerika geführten
Negersklaven her, welche zu allererst die von ihrer
Nation daselbst gebornen Kinder Criollos und Criollas
nannten; welchen Namen die Spanier nachher von
ihnen entlehnten, und ihrer eigenen in der neuen
Welt gebornen Nachkommenschaft beylegten. S. Gar-
cilasso del origen de los Incas S. 255. Jetzo wird
dieses Wort in Westindien auch sogar auf die Haus-
thiere ausgedehnt, welche in Amerika nicht eingebo-
[Seite 106] ren von den Europäern dahin verpflanzt worden sind.
S. Oldendorps Geschichte der Mission auf
den caraib. Inseln
. Th. 1. S. 232.

25).
[Seite 106]

Von diesen, den antillischen Creolen nämlich, lese
man die trefliche Abhandlung von Herrn Hofrath Gir-
tanner über die französische Revolution.
Th. 1. S. 60-72. der 2ten Ausgabe.

26).
[Seite 106]

Vergl. Hawkesworth's Collection of voyages. Th. 3.
S. 374. ‘„Wenn zwey geborne Engländer
in ihrem Vaterlande heyrathen, und dann
in Westindien sich niederlassen, so wer-
den die vorher erzeugten Kinder jenen
Habitus und jene Gesichtsbildung bekom-
men, welche die Kreolen auszeichnen
;
kehren sie aber zurück, so werden die nach-
her gebornen Kinder so etwas Charakte-
ristisches nicht an sich haben
“’ u.s.w.

27).
[Seite 106]

S. Hodges's Travels in India. S. 3.

28).
[Seite 107]

Vergl. z.B. Jac. Parsons in den philosophical

Transactions Th. 55. S. 47

29).
[Seite 107]

Reisen nach den Quellen des Nils, Th.

3. S. 106 und Th. 4. S. 470. Vergl. zu dieser
Stelle Herrn Tychsens Anmerkungen, Th. 4. S. 357.

30).
[Seite 107]

Einen Prozeß über den Habitus und die Kennzei-
chen der Mulatten s. in Kleins Annalen der Ge-

setzgebung in den preussischen Staaten.
Th. 7. S. 116.

31).
[Seite 107]

Die Abbildung eines cingalischen Mestizen s. in de
Bruin
Reisen over Moscovie u.s.w. S. 358.

[Seite 108]

Eines aus Ternate, aber minder treu darstellend,
in Valentyns oud en nieuw Oost-Indien, Th. 1. Ab-
schnitt 2. S. 18.

32).
[Seite 108]

Garcilasso a. a. O. ‘ Um anzuzeigen, daß sie
Mischlinge zweyer Nationen sind
.“’ Bb)

33).
[Seite 108]

Twisses Travels trough Portugal and Spain, S.
332. nach Blättern von Malaga, die er gesehen.

34).
[Seite 108]

Labat voyage aux Isles de l'Amérique, Theil 2.
Seite 132.

35).
[Seite 108]

v. Hauterive in Histoire de l'Acad. des sc. de Paris,
J. 1724. S. 18.

36).
[Seite 108]

Gily, Storia Americana, Th. 4. S. 320.

37).
[Seite 108]

Garcilasso a. a. O.

38).
[Seite 108]

Twiß a. a. O.

39).
[Seite 108]

Marcgrav, tractatus Brasiliae, S. 12.

40).
[Seite 108]

v. Hauterive a. a. O.

41).
[Seite 109]

(Ed. Long) History of Jamaica. Theil 2. Sei-
te 260.

42).
[Seite 109]

Aublet, Histoire des plantes de la Guiane, Th. 2.

Anh. S. 122.

43).
44).
[Seite 109]

S. Moreton's manners and customs in the West-
India-Islands
, S. 123.

45).
[Seite 109]

v. Hauterive a. a. O.

46).
[Seite 109]

History of Jamaica a. a. O.

47).
[Seite 109]

Bomare Dictionnaire d'histoire naturelle 4. Ausg.
Th. 9. Art. Neger.

48).
[Seite 109]

Tranquebarische Missionsberichte. Fort-
setz. 33. S. 919.

49).
[Seite 109]

Gumilla, Orinoco illustrado, Th. 1. S. 83.

50).
[Seite 109]

Garcilasso, a. a. O. ‘„Um anzuzeigen, daß
sie vierten Theils von den Indianern
,
und drittens von Spaniern sind.“’ Cc)

51).
52).
[Seite 110]

Garcilasso. ‘„Um anzuzeigen, daß sie drit-
ter Seits von Indianern und einer von
Spaniern sind
.“’ Dd)

53).
[Seite 110]

History of Jamaica.

54).
[Seite 110]

Fermiu sur l'oecon. animale, Th. 1. S. 179.

55).
[Seite 110]

Garcilasso.

56).
57).
[Seite 110]

History of Jamaica. – Man nenne die Nachkom-
menschaft von einem solchen Quarteronen und Terce-
ronen zwoter Zeugung Tente-egel-ayre.

58).
[Seite 110]

Gumilla a. a. O. S. 86.

59).
60).
[Seite 110]

Z.B. Aublet.

61).
[Seite 111]

History of Jamaica.

62).
[Seite 111]

Tranquebarische Missionsberichte a. a. O.

63).
[Seite 111]

Gumilla a. a. O. S. 83.

64).
65).
[Seite 111]

History of Jamaica.

66).
67).
[Seite 111]

History of Jamaica.

68).
[Seite 111]

Gumilla S. 86.

69).
[Seite 111]

Ders. S. 83.

70).
[Seite 111]

So berichtete der oft angeführte Twiß, daß man
die Kinder von Coyoten dritter Zeugung und Ameri-
kanern Harnizen; von Cambujen und Mulatten,
Albarassados; und endlich von diesen und Mu-
latten erzeugte Barzinos nenne.

71).
[Seite 112]

Ein Beyspiel von einem Negerknaben, an welchem
die Flecke erst im vierten Jahre zum Vorschein ge-
kommen waren, und mit Verlauf der zeit an Um-
fang zugenommen hatten, erzählt, W. Byrd, in Phi-
losophical Transactions
, Th. 19. S. 781.

72).
[Seite 113]

Die Abbildung eins solchen Mädchens siehe bey
Buffon, Nachträge, Th. 4. Taf. 2. S. 565. Es ist,
[Seite 114] wo ich nicht irre, dasselbe, das Gumilla beschreibt,
Orinoco illustrado, Th. 1. S. 109.

Andere Beyspiele von solchen Negern liefern z.B.
La Mothe in der Bibliotheque impartiale, Monath
April. 1752.

D. Morgan in den Transactions of the philosophical
Society at Philadelphia
, Th. 2. S. 392.

73).
[Seite 114]

Tranquebarische Missionsberichte. Fort-
setzung 21. S. 741. heißt es: ‘„es sey ein mit dem
Aussatz verwandtes Uibel.“’

74).
[Seite 114]

v. Strahlenberg sagt, Nord-Ostlich Europa
und Asien
, S. 166 es habe sonst eine einzige tata-
rische Horde der Art gegeben, welche Piogaja oder Pe-
straja Orda
geheißen.

[Seite 115]

J. G. Gmelin schreibt sie einer Krankheit zu, Rei-
se durch Sibirien
, Vorr. Th. 2.

Und zwar einem scorbutischen Uibel. J. Bell Tra-
vels from St. Petersburg to diverse parts of Asia
,
Th. 1. S. 218.

75).
[Seite 116]

‘„Bey vielen Weibern wird der Unter-
leib und die Ringe um die Brüste, so oft
sie schwanger sind ganz schwarz
.“’ Cam-
per kleinere Schriften Theil 1. Abschnitt 1.
Seite 471. ‘„Neuerdings hat sich eine gleiche Me-
tamorphose in der Person einer Dame
von Stande, von schönem Teint und
sehr weiße Haut jährlich von neuem ge-
zeigt. Von der Empfängniß an begann
sie braun zu werden und gegen das En-
de ihrer Schwangerschaft wurde sie eine
wahre Negerin. Nach der Niederkunft
schwand die schwarze Farbe allmählig
,
ihre erste Weiße kam wieder, und ihre
Frucht hatte keine schwarze Hautfarbe
.“’
S. Bomare a. a. O. Art. Neger Ee)

Mehreres vergleiche hiemit aus Le Cat a. a. O.
z.B. S. 141. ‘„Eine Bäuerin aus der Ge-
[Seite 117] gend von Paris, die sich als Ammenährt,
hat in der Regel bey jeder Schwanger-
schaft einen ganz schwarzen Leib, und
diese Farbe verliert sich im Kindbett.
“’

„Bey einer andern ist in diesen Umständ-
den die rechte Hüfte schwarz
“’ u.s.w. Ff)

Auch Lorry de melancholia, Th. 1. S. 298. u.s.w.

76).
[Seite 117]

Vergl. z.B. Jac. Youge in philosof. Transact.
Bd. 26. S. 425.

77).
[Seite 118]

Ich habe selbst unter meinem anatomischen Vorra-
the ein Stück von den Unterleibsbedeckungen eines
vor einigen Jahren hier verstorben Bettlers, wel-
ches in Ansehung seiner Schwärze der Negerhaut nicht
nachsteht.

Eine Menge solcher an Europäern beobachteter Bey-
spiele stellen andere auf, s. z.B. Haller elementor-
physiologiae
, Th. 5. S. 18.

Ludwig in epistolis ad Hallerum scriptis, Theil 1.
Seite 393.

V. Riet de organo tactus, S. 13.

Albin de sede et causa coloris aethiopum. S. 9.

Klinkosch de cuticula, S. 46.

Sömmering über die körperliche Verschie-
denheit des Negers vom Europäer
. S. 48.

Loschge im Naturforscher, St. 23. S. 214.

Eine Beschreibung von dunkelbraunen Flecken ver-
schiedener Große, und bis zu zwey Zoll im Durch-
schnitt, welche man an einem sechszigfährigen Manne
beobachtet hat, bey welchem sie in seinem Jünglings-
alter durch ein viertägiges Fieber entstanden waren,
s. ebend. St. 16. S. 170.

78).
[Seite 118]

Vergl. unter andern, Ja. Narborough's voyage to
the streights of Magellan
, S. 64. ‘„Ihre Schen-
kel und Beine wurden so schwarz, wie ein
schwarzer Hut
.“’ u.s.w. Gg)

[Seite 119]

Und Philipp's voyage to Botany bay, S. 229.

79).
[Seite 119]

‘„Ein Schuster von dieser Nation lebt
noch zu Venedig, dessen Schwärze, durch
den langen Zwischenraum von Jahren
,
(denn er kam als Knabe von dieser Küste)
sich allmählich so vermindert hat, daß
er bloß eine gelinde Gelbsucht zu haben
scheint
.“’

Caldani institutiones physiologicae, Seite 157. Aus-
gabe 1786.

Vergl. auch Pechlin de habitu et colore Aethiopum,
Seite 128.

Und Oldendorp, Th. 1. S. 406

80).
[Seite 119]

‘„Man hat ihrer so gebleichte gesehen,
daß man sie kaum von einem schwächlichen
Weißen unterscheiden konnte
.“’ Labat Re-
lation d'Afrique occidentale.
Th. 2. S. 260. Hh).

Auch Klinkosch a. a. O. S. 48.

81).
[Seite 119]

Vergl. z.B. Jak. Bat in philosophical Trans-
actions
, Band 51. St. 1. S. 175.

82).
[Seite 120]

‘„Ihr Fleisch ist schwärzlich und sehr
weich, und ihre Haut, wenn man sie an-
fühlt, scheint von Atlaß zu seyn
“’ Birt,
voyage de la France équinoxiale. S. 352. Ji).

83).
[Seite 120]

Pechlin a. a. O. S. 54.

Sömmering a. a. O. S. 45.

84).
[Seite 120]

‘„Ihre Haut ist sehr zart, weich und
sanft
.“’ Hawkesworth collection Th. 2. S. 187. Kk).

85).
[Seite 120]

‘„Im Asien (der Türkey) ist keine Frau
eines Tagelöhners oder Bauers, deren
Haut nicht so glatt wäre, daß sie sich nicht
wie feiner Sammet anfühle
.“’ Belon Ob-
servations
, S. 198. Ll)

86).
[Seite 120]

Bruce's Reisen nach den Quellen des
Nils
, Th. 2. S. 552. Th. 4 S. 471 u. 489.

87).
[Seite 120]

Von den Indianern s. Kant in Engels Philo-
soph für die Welt
. Th. 2. S. 154.

[Seite 121]

Von den Sumatranen Marsden, Seite 41. seines
klassischen Werks.

88).
[Seite 121]

‘„Sie haben alle einen starken und un-
angenehmen Geruch. Ich finde nichts
ähnliches ihm zu vergleichen. Wenn man
anderwärts einen ähnlichen Geruch fin-
det, so nennt man ihn auf den Inseln
(den Antillen) Karaibengeruch: welches
die Schwierigkeit beweißt, worin man ist
,
ihn zu bezeichnen.“’ Thibault von Chauvalon
voyage à la Martinique. S. 44. Nn).

89).
[Seite 121]

Vergl. nach andern Schotte on the synochus atra-
biliosa
. S. 104.

History of Jamaica. Th. 2. S. 352. 425.

90).
[Seite 121]

So z.B. erzählt Pausanias, daß unter den Pho-
cäern die Ozolen, eingeborne Völker von Lokris, wegen
der Eigenheit der Luft durchaus übel riechen.

Vergl. auch Lavater physiognomische Frag-
mente
. Th. 4. S. 268.

Auch Jak. Friedr. Ackermann de discrimine sexuum
practer genitalia
. S. 10.

91).
[Seite 122]

Unter den Europäern ist dies etwas sehr gemeines.
Allein es ist auch bey den entferntesten Völkern be-
obachtet worden; z.B. auf der Insel Otaheiti im
stillen Meer. S. I. R. Forster Bemerkungen
auf seiner Reise um die Welt
. S. 205.

An vielen kupferfarbigen und rothhaarigen Timo-
tern s. Van Hagendorp Verhandeligen van het Bata-
viaasch Genootschap
, Th. 1. S. 319.

[Seite 123]

Marcgrav sah eine Afrikanerin, mit ganz rothen
Haaren Tractatus Brasiliae. S. 12.

92).
[Seite 123]

Conring de habitus corporum Germanicorum antiqui
ac novi causis
. S. 85.

93).
[Seite 124]

Vergl. z.B. von den Gallas Bruce, Reisen
nach den Quellen des Nils
. Th. 2. S. 214.

Von den Einwohnern des Königreichs Borün pro-
ceedings of the African Association
. S. 201.

94).
[Seite 124]

Z.B. die Einwohner der Insel des Herzogs von
York (the Duke of Yorks Island) unfern Neu-Irr-
land im Südmeer. S. I. Hunters Historical Jour-
nal of the Transactions at Port Jackson
u.s.w. S.
233. – ‘„Sie haben eine lichte Kupfer-
farbe
ihr Haar ist wollig“’ Oo).

95).
[Seite 124]

Z.B. von den Esthen vergl. ein Ung. im teut-
schen Merkur
1788. Th. 2. S. 341.

[Seite 125]

J. G. Gmelin erzählt, daß er mehrere Wotjäken
gesehen, welche roth gewesen. Reise durch Si-
birien
. Th. 1. S. 89.

Von blondhaarigen Eskimos erzählt Charlevoix in
Histoire de la nouvelle France. Th. 3. S. 179.

Von rothen Negern s. Lopez, Relazione del Reame
di Congo
. S. 6.

Einen Mulatten mit rothem Haupthaar habe ich
selbst gesehen, und habe eine Probe von den Haaren.

Dasselbe bemerkt von den Mulatten, die er an
Sierra Liona sah, van der Gröben, guineische
Reisebeschreibung
. S. 29.

Von den Papus bey Neu-Guinea, Sonnerat,
Voyage à la nouvelle Guinée. S. 153.

Von den Neu-Seeländern, Marion und Ducles-
meur, Nouveau voyage à la mer du Sud. S. 138.

Von Otaheiten, Wallis in Hawkesworth's Colle-
ction
. Th. 1. S. 260.

96).
[Seite 125]

Problemat. Abth. 10 S. 416 in Casaub. Ausgabe.

97).
[Seite 126]

Vergl. Molinelli in Commentar. instituti Bona-
niensis
. Th. 3. S. 281.

98).
[Seite 127]

Die Mittelfarbe zwischen blau und goldgelb ist ein
besonderes lauchenfarbiges Grün, welches man öfters
an Menschen mit fast feuerrothem Haar und einer
Haut voll Sommersprossen beobachten kann.

Vergl. ein besonderes Werk: De coloribus oculo-
rum
vom Sim. Portius. Florenz, 1550. 4.

99).
[Seite 127]

Fauna Suecica. S. 1.

100).
[Seite 128]

Beyspiele habe ich zusammengetragen in den An-
merkungen zu Jak. Bruce Reise zu den Quel-
len des Nils
. Th. 5. S. 239.

101).
[Seite 128]

So muß man die Ausdrücke J. Gottl. Walters
de venis oculi S. 23. ‘„Die Neger haben kei-
nen Augenstern
“’ u.s.w. erklären.

102).
[Seite 128]

Dies ist z.B. geschehen von dem sehr sichern Be-
obachter Willh. Anderson an den Eingebornen der
Freundschaftsinseln im südlichen Ocean (the Friendly
Islands
): ‘„Ihre Gesichtszüge sind sehr
verschieden; daß es kaum möglich ist au-
ßer ihren sehr dicken Nasenspitzen, welche
sie mit einander gemein haben, eine allge-
meine sie charakterisirende Gleichheit

[Seite 129] festzusetzen. Allein anderer Seitstrafen
wir zu hunderten von wirklich europäi-
schem Gesicht, und einige unter ihnen
hatten ächte römische Nasen
.“’ Siehe Cooks
letzte Reise, Th. 1. S. 380. Pp).

Andere Beyspiele der Art, welche unter äthiopi-
schen und amerikanischen Völkern beobachtet worden
sind, sollen unten angegeben werden.

Gegenseitig trift man bey einzelnen Europäern in
Hinsicht auf Gesichtsbildung sehr häufig Aehnlichkeit
mit Negern oder Mongolen, und sie ist sogar zum
Sprichwort geworden.

103).
[Seite 129]

So sagte vorlängst, schon vor zweyhundert Jah-
ren, Libavius, ein nicht zu verachte der Schriftsteller:
‘„Eine andere Gesichtsbildung haben die
Thüringer, eine andere die Sachsen, eine
andere die Sueven, und jeder Gau hat fast
seine eigene, daß man, wenn man einiger-
maßen Mühe darauf verwenden wollte
,
jedem beynahe sein Vaterland würde an-
sehen können
.“’ In seinem Werke: De Ae-
thiopibus Virgilianis, Singularium,
Th. 1. S. 659.

104).
[Seite 133]

Die Kenntniß dieser sehr wilden menschenfresseri-
schen Nation verdanke ich den portugiesischen Duumvirn
zu Brasilien, von Camara und von Andrada.

105).
[Seite 134]

S. Memoires du Cardinal de Retz. Th. 3. S. 343.

106).
[Seite 135]

Zweytes Zehnd. Hirnschädel. S. 11.

107).
[Seite 135]

History of Jamaica. Th. 2. S. 261.

108).
[Seite 136]

Archaeologia. Th. 7. Taf. 25. 26. 27.

109).
[Seite 136]

Z.B. Winkelmann Description des pierres gra-
vées de Stosch
. S. 10. und noch an andern Orten.

[Seite 137]

d'Hancarville, Récherches sur l'origine des arts de la Gréce. Th. 1. S. 300.

110).
[Seite 137]

Weitläuftiger habe ich über diesen dreyfachen Cha-
rakter der Denkmäler alter ägyptischer Kunst gehan-
delt in den philosophical Transactions, Jahr 1794.
St. 2. S. 191.

111).
[Seite 137]

Vergl. Ol. Rudbecks des Sohns analogia linguae
Finnonicae cum Ungarica
am Ende des specim. usus
linguae Gothicae
. Upsal 1717. 4. hauptsächlich S. 77.

Und noch andere Neueren J. Hager Neue Be-
weise der Verwandschaft der Hungarn
mit den Lappländern
. Wien 1794. 8.

112).
[Seite 138]

In Engels Philosoph für die Welt. Th.
2. S. 146.

113).
[Seite 138]

Voyage en Syrie et en Egypte. Th. 1. S. 74.
‘„Wirklich beobachte ich, daß die Züge der
Neger genau jenen Zustand von Verzie-
hung des Gesichts darstellen, welche es an-
nimmt, wenn es vom Lichte und den star-
ken Strahlen einer Flamme geblendet
wird: Die Stirn runzelt sich dann, die
Wange zieht sich in die Höhe, das Augen-
lied schließt sich, der Mund wird aufge-
worfen. Diese Verziehung des Gesichts
,
welche in den nackten und heißen Ländern
der Neger unaufhörlich vorkommt, muß-
te endlich ihrer Physiognomie eigen-
thümlich und charakteristisch an ihr wer-
den?
“’ Qq)

114).
[Seite 139]

‘„Die Augenlieder sind immer halb ge-
schlossen, um zu verhindern, daß die
Mücken nicht in die Augen kommen
. –
Daher kommt es, daß sie, weil sie von
Kindheit an von diesen Insekten beunru-
higt werden, die Augen niemals öfnen
wie andere Völker
.“’ Th. 2. S. 169. Rr)

115).
[Seite 139]

S. Fellers Otium Hannoveranum. S. 150. Der
Aehnlichkeit des Inhalts halber möchte ich dieser noch
eine Stelle aus Marsden History of Sumatra S. 173.
beyfügen. ‘„Einige Schriftsteller haben be-
merkt, daß gewöhnlich zwischen der Be-
schaffenheit und den Eigenschaften der
einem Lande eigenen Thiere und der ein-
gebornen Bewohner wo eine Vermi-
schung mit Fremden ihren ächten Charak-
ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit
statt finde. Die Malayen können mit
dem Büffel und dem Tieger verglichen
werden. In seinem häuslichen Zustand
ist er fühllos, träg und wollüstig, wie
der erste, und auf seinen Abentheuern
hinterlistig, blutdürstig und räuberisch
wie der letztere. So soll der Araber sei-
nem Kamele, und der sanfte Gentoo sei-
nem Schaafe gleichen
.“’ Ss)

116).
[Seite 140]

Vergl. z.B. außer so vielen andern, Barbot in
Churchills Collection of voyages. Theil 5. Seite 36.
‘„Man hat beobachtet, daß die Weiber
von der bessern Klasse, die nicht so harte
Arbeiten verrichten, Kinder haben, de-
ren Nasen nicht allgemein so platt sind
,
als bey den andern; weshalb man muth-
maßen kann, daß die Nasen dieser armen
Kinder dadurch geplätscht werden, daß
sie, so lange sie von ihren Müttern auf
dem Rücken getragen werden, immer
von diesen beständig müssen gestoßen wer-
den, wenn die Bewegung ihrer Aerme
oder Körper einigermaßen heftig ist; be-
sonders wenn sie alle Morgen ihren Hir-
sen stoßen oder schlagen, welches der be-
ständige Gebrauch der Weiber aus dem
niedern Range ist
.“’ Tt)

117).
[Seite 141]

S. nach so vielen andern Zeugen: Report of the
Lords of the Committee of Council for the conside-
ration of Slave-Trade
, 1789. Fol. Erste Abtheilung.
C. 1. 6.

118).
[Seite 141]

Lery Voyage en la terre de Brésil. S. 98. 265.

119).
[Seite 141]

de la Borde Relation des Caraibes, in Melchis.
Thevenots kleinerer Samml. Paris 1674. 4. S. 29.

120).
[Seite 141]

Marsden History of Sumatra, S. 38.

121).
[Seite 141]

J. R. Forster, Bemerkungen auf seiner
Reise um die Welt
, S. 482. 516.

122).
[Seite 141]

S. z.B. Kolbe Beschreibung des Vorge-
birges der guten Hofuung
, S. 567.

123).
[Seite 142]

Von den Kosacken s. Erstes Zehnd von Hirn-
schädeln
, S. 18.

Von den Kirgisen zweytes Zehnd, S. 8.

124).
[Seite 142]

Peyssonel Sur le commerce de la mer noire. Th.
1. S. 177.

125).
[Seite 142]

Tacitus de moribus Germanorum. C. 4.

126).
[Seite 142]

Zweytes Zehnd der Hirnschädel, S. 3.

127).
[Seite 142]

Deshalb hält man für den höchsten Beweis der
Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart,
daß er in dem sehr bekannten Werke: Ceremonies et
coutumes religieuses
fast unzählbare Juden dargestellt
hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch
alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch
welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren
Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind.

128).
[Seite 143]

Dem großen Künstler Benj. West, Präsidenten
der königl. Akademie der Künste, mit dem ich mich
über die Nationalgesichtsbildung der Juden unter-
hielt, schien es, daß sie außer andern hauptsächlich
etwas besonders und charakteristisches ziegenartiges
hätten, welches nicht sowohl in dem Bug der Nase,
als in dem Uibergang und der Verbindung der Na-
senscheide mit der Oberlippe läge.

Deshalb scheint Camper die Meinung des schätz-
baren Künstlers nicht ganz genau gefaßt zu ha-
ben, da er, zu meiner Verwunderung, in seiner
Schrift: über den natürlichen Unterschied
der Gesichtszüge
, S. 7. behauptet, die Nase
der Juden sey der mongolischen ähnlich.

129).
[Seite 143]

Vergl. Th. Brown's Discourse of the Sepulchral
Urns found in Norfolk
, S. 13. Derselbe scharisichti-
ge Mann hat meines Wissens zuerst auf die Natio-
nalform der Negerschädel gemerkt: ‘„es ist schwer
sich im Unterscheiden der Negerschädel
zu betrügen
.“’ Vv)

130).
[Seite 144]

Die Regeln und Kriterien, deren ich mich bey
Beurtheilung der Schädel in jener Hinsicht bediene,
habe ich in dem ersten Zehnd der Schädel-
sammlung
S. 5. aufgezählt.

131).
[Seite 144]

De corporis humani fabrica. S. 17.

132).
[Seite 145]

S. dessen kleinere Schriften, Th. 1. Ab-
schnitt 1. S. 15. Dessen Naturgeschichte des
Orang-Utang
, S. 181. 212. Und ein besondres
Werk über den natürlichen Unterschied der
Gesichtszüge
u.s.w.

133).
[Seite 146]

Zweytes Zehnd der Schädelsammlung.
Taf. 18.

134).
[Seite 146]

Drittes Zehnd. Taf. 22.

135).
[Seite 147]

Vergl. des ersten Zehends Taf. 7 und 8.

136).
[Seite 151]

Drittes Zehnd. Taf. 29.

137).
[Seite 152]

Daselbst. Taf. 30.

138).
[Seite 153]

Drittes Zehnd. Taf. 27.

139).
[Seite 155]

S. Adair's History of the North-American In-
dians
, S. 9. ‘„Sie legen ihre zarten Kin-
der in eine Art von Wiege, wo ihre Füße
eingewickelt sind, etwa einen Fuß höher
als in horizontaler Lage; – ihre Köpfe
hängen hinterwärts in ein Loch, welches
zu diesem Behufe gemacht ist, wo der
größte Theil ihrer Schwere auf dem
Scheitel liegt, und da liegen sie auf ei-
nem Säckchen mit Sand, ohne sich im ge-
ringsten bewegen zu können; durch diese
Pressung und Zusammendrückung ihrer
Scheitel, werden natürlich ihre Köpfe
dick, und ihre Gesichter breit
.“’ Xx)

140).
[Seite 155]

‘„Von dem Urheber unsers Wesens wür-
den unsere Köpfe übel gestaltet seyn: da
müssen von außen die Kinderweiber und
innen die Philosophen sie erst formen. –
Die Karaiben sind zur Hälfte glücklicher
als wir
.“’ J. J. Rousseau Emil, Theil 1. Seite
19. Yy)

141).
[Seite 155]

Von den jetzigen Vogtländern s. J. Chr. Gottl.
Ackermann in Baldingers neuen Magazin für
die Aerzte
. Th. 2. S. 506.

[Seite 156]

Von den Hamburgern seiner Zeit s. Laurembergs
Pasicompse, S. 63.

142).
[Seite 156]

Spiegel de humani corporis fabrica. S. 17.

143).
[Seite 156]

Von den Parisern, s. Andry Orthopedis, Theil
2. S. 3.

144).
[Seite 156]

Von den Genuesern z.B. s. Vesalius de corporis
hamani fabrica.
S. 23. Spiegel a. a. O.

145).
[Seite 156]

Namentlich von den Chiern hat es mir ein Au-
genzeuge erzählt, mein ehemaliger Zuhörer, Herr
Philites, Arzt zu Epirus.

146).
[Seite 156]

Herr v. Asch meldete mir in einem Briefe vom
20sten Jul. 1788, daß zu Konstantinopel die Hebam-
men nach der Geburt gewöhnlich die Mutter fragen,
welche Form sie für den Kopf ihres eben gebornen
Kindes wünsche, und daß denn die Asiaten diejenige
vorzögen, welche durch eine, Stirn und Hinterhaupt
fest umschließende Binde entsteht, weil sie glauben,
daß die rothen Turbane, welche sie gewöhnlich tra-
gen, dann besser sitzen.

Vergleich die zweyte Tafel des ersten Zehnds von
Hirnschädeln.

147).
[Seite 156]

Strabo B. II. S. 358. Ausg. d. Casaubonus.

148).
[Seite 156]

Hippokrates de aeribus, aquis et locis. Charters
Ausg. Th. 6. S. 206.

149).
[Seite 156]

Marsden History of Sumatra. S. 38.

150).
[Seite 156]

Nik. Fontana in den Asiatik Researches. Theil
3. S. 151.

151).
[Seite 156]

S. Meares's Voyages, S. 249.

152).
[Seite 157]

Adair a. a. O. S. 8. 254.

Vergl. Taf. 9. des ersten Zehnds von Hirnschädeln.

153).
[Seite 157]

Lawson's History of Carolina, S. 33.

154).
[Seite 157]

(Oviedo) Historia general de las Indias. Sevil-
la 1535. Fol. S. 256.

Raymond Breton, Dictionnaire Caraibe-François.
Auxerre 1665. 8. S. 58. 92. 145. 289.

Vergl. Taf. 10. des ersten Zehnds von Hirn-
schädeln
, und die zweyte Figur der diesem Werke
beygefügten zweyten Tafel.

Auch Taf. 20. des zweyten Zehnds.

155).
[Seite 157]

Torquemada Monarchia Indiana. Sevilla 1615.
Fol. Th. 3. S. 623.

De Ulloa Relacion del viage para medir algunos
Grados de Meridiano
. Madrit 1748. Fol. Theil. 2.
S. 533.

156).
[Seite 157]

Thibault v. Chawalen Voyage à la Martinique.
Seite 39.

157).
[Seite 157]

S. Haller, Camper, Sabatier u.a.

158).
[Seite 157]

‘„Der Name Omaguas bedeutet in der
Sprache der Peruaner und der Name
Campevas, welche ihnen die Portugie-
sen in der brasilischen Sprache geben
,
Flachkopf: wirklich haben diese Völker
[Seite 158] die seltsame Gewohnheit, die Stirn der
eben gebornen Kinder zwischen zwey Bret-
ter zu drücken, und ihnen die fremde Ge-
stalt zu verschaffen, welche sie, wie sie sa-
gen, dem Vollmond ähnlicher machen
soll
.“’ De la Condamine in den Mémoires de l'A-
cad. des sc. de Paris
1745. S. 427. Zz)

159).
[Seite 158]

Kugelköpfe und flache Köpfe. Vergleiche
Charlevoix Histoire de la nouvelle France, Th. 3. S.
187. 223. Aaa)

160).
[Seite 158]

Jos. Saenz v. Aguirre Collectio maxima concilio-
rum omnium Hispaniae et novi orbis
, zweyte Ausg.
Rom 1755. Fol. Th. 6. S. 204. wo in der Geschichte
der dritten Synode limaischer Dioces vom Jahre
1585. d. 17. Jul. ein Beschluß steht, daß die India-
ner die Köpfe ihrer Kinder nicht durch Formen bilden
sollen. – ‘„Da wir den abergläubischen
Misbrauch der Indianer, die Köpfe ihrer
Kinder in Formen zu pressen, welche sie
Caito, Omma, Ogalla nennen, gänzlich
auszurotten wünschen, so haben wir be-
schlossen und gebieten u.s.w
.“’ nämlich ver-
schiedene Strafen auf den Uibertretungsfall, daß z.
B. ein Weib, welches dieses thue, ‘„für das er-
stemal ganzer zehn Tage lang früh und
Abends dem Unterrichte beywohne; für
das zweyte Mal aber zwanzig
“’ u.s.w.

161).
[Seite 158]

Vergl. z.B. die genauen Abbildungen solcher Bin-
den, deren die Karaiben sich bedienen, in dem Jour-
nal de Physique
, Monat Aug. 1791. S. 132.

162).
[Seite 159]

Z.B. in den Mémoires de l'Acad. des sc. de Paris.
1740. Taf. 16. Fig. 1.

163).
[Seite 160]

Von den Einwohnern der Provinz Puerto Viejo
Cardamus de rerum varietate, Theil 3. Seite 162.
Spons Ausg.

164).
[Seite 160]

Jul. Cäs. Scaliger Comment. in Theophrastum de
causis plantarum
. S. 287.

165).
[Seite 161]

Zweytes Zehnd von Hirnschädeln, Taf. 1.

166).
[Seite 161]

Midleton monumenta antiquitatis. im 4ten Theil
seiner Werke Seite 170. ‘„Alle Zähne in dem
Oberkiefer findet man noch fest stehend
;
was aber sonderbar und beynahe für ein
Wunder zu halten ist, ist, daß die vor-
dern oder Schneidezähne nicht scharf und
zum schneiden eingerichtet, sondern eben

[Seite 162] so wie die Backenzähne, breit und stumpf
sind
.“’

167).
[Seite 162]

Vergl. des braunschweigischen Archiaters Brück-
manns Bericht von dieser Mumie. Braunschweig
1782. 4.

168).
[Seite 162]

Storr prodr. methodi mammalium. Tübingen
1778. 4. S. 24.

169).
[Seite 162]

Philosophical Transactions, J. 1794. Abschnitt 2.
S. 184.

S. auch Observations on some Egyptian Mummies
opened in London by J. F. Blumenbach
. From the
Philosophical Transactions
. 4.

Gr.

170).
[Seite 163]

Birch's History of the Royal Society, Th. 4. S. 3.

171).
[Seite 163]

Von den elfenbeinenen Stoßzähnen der Elephan-
ten, s. tranquebarische Missionsberichte,
106te Forts.

172).
[Seite 163]

Siehe Mémoires de l'Acad. de sciences de Paris
1722. S. 323.

173).
[Seite 163]

Die Hundsinsel (Hond-Eyland) ist eine so be-
kannte Insel bey der Meerenge Disto an der westli-
chen Küste von Grönland, die auf allen genauen Land-
charten seit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich
Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven
der Unwissenheit beschuldigt, und ihn aus Hübners
Geographie eines bessern zu belehren sucht, in welcher
nämlich die Hundsinsel richtiger in das stille Meer
und unter den südlichen Wendekreis u.s.w. gesetzt
werde. Wußte er denn nicht, daß diese südliche Insel
von Schouten, der sie im J. 1616 entdeckte, in seiner
bekannten Reisebeschreibung als völlig unbewohnt be-
schrieben wurde, ja sogar seit jener Zeit, meines
Wissens, von keinem Europäer wieder besucht worden
ist! Da jenes nördliche Land hingegen, aus welchem
Winslov seinen Schädel erhalten hatte, von unzähli-
gen Europäern des Wallfischfanges halber besucht
wird.

174).
[Seite 164]

‘„Die Schneidezähne sind kurz;“’ – dies
sind Winslovs Worte, – ‘„sie sind von vorn
nach hinten breit und flach, statt daß sie
scharf seyn sollten, und den Backenzähnen
ähnlicher als den Schneidezähnen
.“’

‘„Herr Riecke – der diesen Schädel gefunden
hatte, – sagte mir, daß die Bewohner die-
ser Insel ganz rohes Fleisch essen
. – Sie
machen verschiedene außerordentliche Be-
wegungen mit dem Kinnbacken, und ver-
zerren das Gesicht beym Kauen und Ver-
schlucken. Dieser Anblick besonders war
es, welcher Herrn Riecken veranlaßte
,
einige Leichname dieser Insulaner aufzu-
suchen, um zu sehen, ob ihre Kiefer und
Zähne eine besondre Bildung hätten
“’
u.s.w. Bbb)

175).
[Seite 164]

Siehe drittes Zehnd von Hirnschädeln.
Taf. 24. 25.

176).
[Seite 164]

Vergl. z.B. Büffon, Erxleben u.a.

177).
[Seite 165]

van Linschoten Schipvaert naer Oost, Theil 1.
S. 60.

von der Gröben guineische Reisebeschrei-
bung
, S. 51. 94.

Barbot in Churchill's collection of voyages, Theil
5. S. 139. 143. 385.

Schotte in Philosophical Transactions, Theil 73.
Abschn. 1. S. 92.

Report of the Lords of the Committee of Council for
the consideration of Slave Trade
, Fol. L. und M.

178).
[Seite 165]

Es ist zu verwundern, daß einige vortrefliche
Schriftsteller, wie Römer und der berühmte Niebuhr,
diese künstliche Verunstaltung der Zähne für ihre na-
türliche Bildung angesehen haben. S. des Ersteren
Esterredning om Kysten Guinea. S. 21. und dieses Ab-
handlung im deutschen Museum 1787. St. 1.
Seite 425.

179).
[Seite 165]

Von den Philippinen, Magindanao, s. Forrest
voyage to New-Guinea, S. 237.

180).
[Seite 166]

Von den Peruanern, Hawkesworth's collection
of voyages
, Th. 3. S. 349.

181).
[Seite 167]

Recherches philosophiques sur les Egyptiens, Th.
1. S. 212.

182).
[Seite 167]

S. Philosophical Transactions, J. 1794. St. 2
S. 191. Taf. 16. Fig. 2.

183).
[Seite 168]

Abbildungen liefern des Smetius antiquitates
Neomagenses
, S. 70. und Cannegieter de Britten-
burgo, matribus Brittis
u.s.w. S. 144.

184).
[Seite 168]

Rélation du voyage d'Espange, von der Gräfin
d'Aunoy, Th. 1. S. 23.

Auch bestätigt dies mein Freund Dieze in den
Anmerkungen zu Puente's Reise durch Spanien.
Th. 2. S. 271.

185).
[Seite 169]

Ueber die Negerinnen, s. Fermin sur l'oeconomie,
animale,
Th. 1. S. 117.

Von den Hottentottem, Kolbe S. 474.

186).
[Seite 169]

S. die Einwohner der Insel Horn bey Schouten
in Dalrymple
collection, Th. 2. S. 58.

187).
[Seite 169]

Z.B. Towrson's Behauptung in Hakluty's
collection, Th. 2. S. 26. von den Negern, am St.
Vinzenzflusse. ‘„Verschiedne Weiber haben
so außerordentlich lange Brüste, daß
manche von innen sie auf die Erde legen
,
und auf denselben liegen.“’ Ccc)

Bruce sagt von den Brüsten der Schangallas, daß
sie bey einigen fast bis auf die Kniee herabhingen.
Reisen nach den Quellen des Nils, Th. 2.
S. 546.

Eben so wenig Glauben verdienen Mentzels Erzäh-
lungen von den Tabaksbeuteln, welche aus den Brü-
sten von Hottentottinnen gemacht, und auf dem Vor-
gebirge der guten Hoffnung in Menge feil geboten
würden. Beschreibung des Vorgebirgs der
guten Hoffnung
, Th. 2. S. 564.

188).
[Seite 169]

J. R. Forster Bemerkungen u.s.w. S. 242.

189).
[Seite 170]

Lithgow's rare Adventures and painefull pere-
grinations,
S. 433. – ‘„In den nördlichen
Theilen von Irrland sah ich Weiber, wel-
che auf der Straße arbeiteten, oder heim-
wärts gingen, und ihre Kinder auf den
Nacken trugen, und ihre Brüste über die
Schultern gelegt, die Säuglinge hinter
ihren Rücken saugen ließen, ohne sie in
ihre Arme zu nehmen. Solche Art von
Brüsten deucht mich, wären sehr passend
,
Geldbeutel für ost- oder westindische Kauf-
leute daraus zu machen; denn sie sind
länger als eine halbe Elle und so zuge-
richtet, als nur immer ein Lohgerber
solches Leder zurichten könnte
.“’ Ddd

190).
[Seite 170]

Fortis viaggio in Dalmatia. Th. 1. S. 81.

191.
[Seite 170]

Von den Bewohnern der östlichen Küste Afrikas,
zwischen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se-
nega. Cadamosto in Ramusius Sammlung, Theil 1.
S. 100.

Vergl. L'amiral l'Afrique et le peuple Africain.
Paris 1789. 8. S. 45.

[Seite 171]

‘„In Senegal wenden die jungen Frauen-
zimmer alles an, ihren Busen schlapp zu
machen, damit man sie für Weiber halte
,
und ihnen mehr Achtung bezeige.“’ Eee)

192).
[Seite 171]

Alpinus, historia naturalis Aegypti, Th. 1. S. 14.

193).
[Seite 171]

Dies erzählte mir Herr Abildgaard, welcher neu-
lich von einer Reise durch Portugall zurückgekom-
men ist.

194).
[Seite 171]

Gräfin d'Aunoy a. a. O. Th. 2. S. 128.

195).
[Seite 172]

Dasselbe sagt Faust von den nördlichen Schotten,
welche niemals in Beinkleidern gehen.

Wie der Geschlechtstrieb der Menschen
in Ordnung zu bringen etc
. S. 52.

[Seite 173]

Daß aber diese Behauptung von den Schotten nicht
ganz richtig sey, habe ich durch sehr gültige Zeugnisse
bewiesen in der medicinischen Bibliothek,
Th. 3. S. 413.

196).
[Seite 173]

Siehe Saar, ostindische Kriegsdienste
Seite 45.

197).
[Seite 173]

Chanvalon voyage à la Martinique, S. 61.

Sparrmann Reise nach dem Vorgebirge der guten
Hoffnung, S. 72.

198).
[Seite 173]

S. de Werken van W. V. Focquenbroch Theil 2.
S. 421.

199).
[Seite 173]

Georgi Beschreibung aller Nationen
des russischen Reichs
, Abschn. 2. S. 220.

200).
[Seite 173]

S. Vespucci Lettera a Lorenzo de Medici, Seite
110. Bandinis Ausg.

Riolani des Sohns anthropographia, S. 306.

201).
[Seite 173]

Beschreibung von Kamtschatka, S. 299.

202).
[Seite 174]

Vergl. W. ten Rhyne de promontorio bonae spei,
Schafh. 1686. 8. S. 33.

203).
[Seite 174]

S. Hawkesworth's collection, Th. 3. S. 388.

Verschiedene auf dem Vorgebirge der guten Hoff-
nung nach der Natur selbst gemachte Abbildungen
dieses Schaambusens verdanke ich dem Wohlwol-
len des Herrn Baronet v. Banks. Bey einer darun-
ter halten die so verlängerten Lefzen sechs und einen
halben Zoll rhein. Maaß.

204).
[Seite 174]

le Vaillant, voyage dans l'intérieur de l'Afrique.
S. 371.

205).
[Seite 174]

S. eine Abbildung bey F. Leguat voyage et avan-
tures,
Th. 2. Taf. 13.

206).
[Seite 174]

Voltaire führt unter anderen Beweisen von glei-
chem Gewichte diesen fabelhaften Schurz an, um zu
beweisen, die Hottentotten konnten nicht mit den
Europäern zu derselben Menschengattung gerechnet
werden. Lettres d'Amabed, Th. 45., seiner Werke
S. 224.

207).
[Seite 175]

De la Boullaye-le-Gouz voyages et observations,
S. 153.

Kant in Engels Philosoph für die Welt. Theil 2.
Seite 155.

208).
[Seite 175]

Yvo von Narbonne in Matthäus Paris, historia
majore,
nach Wats Ausgabe S. 530.

209).
[Seite 175]

Twiss's Tour in Ireland, S. 39.

210).
[Seite 175]

Monneron in de la Borde historie de la mer du
Sud,
Th. 2. S. 97.

211).
[Seite 175]

G. Forsters voyage round the world, Theil 2.
S. 480.

212).
[Seite 176]

Pallas über die mongolischen Völker-
schaften
, Th. 1. S. 98.

213).
[Seite 176]

J. R. Forster Bemerkungen, S. 225. ‘„Die
Füße haben kein Verhältnis zu dem Ober-
leibe: die Schenkel sind dünn und hager
;
die Beine gekrümmt, die Knie ausge-
dehnt, die Zehen einwärts gekehrt
.“’

214).
[Seite 176]

Voyage autour du monde, S. 147. – ‘„Wir
haben sie Pescherais benamt, weil dies
der erste Laut war, den sie von sich gaben
,
als wir landeten, und welchen sie uns
unaufhörlich wiederholten
.“’ Ggg)

215).
[Seite 176]

Aristoteles problematum, 5. 14. S. 431. in Ca-
saubons Ausgabe.

216).
[Seite 176]

Virgil. moretum, V. 35.

Vergl. Heynens Anmerkungen zu dieser Stelle im
vierten Theil von Virgils Werken, S. 215. fg.

217).
[Seite 176]

Petron. Satyricon, K. 102.

218).
[Seite 176]

Sömmering über die körperliche Ver-
schiedenheit des Negers
u.s.w. S. 40.

[Seite 177]

Chanvalon voyage à la Martinique, Seite 58. –
‘„Diese Form der krummen Beine ist auch
unter den Amerikanern sehr gemein, al-
lein sie ist zuweilen nicht so merklich als
unter den Negern
.“’ Hhh)

219).
[Seite 177]

Albrecht Dürer von menschlicher Propor-
tion
, Fol. Theil 3. Ausgabe vom Jahr 1528. –
‘„Der Morn ire schinbeyn mit dem knie
unn füß sind zu knorret nit so gut zu se-
hen alß der weyßen
.“’

Ramsay on the treatment and conversion of African
Slaves
, S. 217.

220).
[Seite 177]

Im Monat Januar 1789 erhielt ich das frische,
übrigens ganz gesunde rechte Pein eines eben zu Kas-
sel verstorbenen Mohren, wovon ich einen Theil noch
unter meinem anatomischen Vorrath aufbewahre,
woran die Oberhaut der Fußsohle außerordentlich
dick, ritzig und in vielgespaltne Stückchen aufgesprun-
gen war.

221).
[Seite 177]

Chanvalon a. a. O.

222).
[Seite 177]

Fr. Allamand in den Novis actis academiae na-
turae curiosorum
,
Th. 4. S. 89.

223).
[Seite 178]

S. Hier. Mercurialis de decoratione, S. 103.

224).
[Seite 178]

‘„An den häufig nach England gebrach-
ten Waffen der Hindus hat man beobach-
tet, daß die Säbelgefäße für die meisten
europäischen Hände zu enge sind
.“’ Hod-
ge's Travels in India,
S. 3. Iii)

225).
[Seite 178]

Dampier suite du voyage autour du mond, S. 100.
de la Barbinais voyage autour du monde, Theil 2.
Seite 62.

Osbeck's Ostindisk Resa, S. 171.

226).
[Seite 178]

Steller a. a. O.

227).
[Seite 178]

S. H. Ellis, Dav. Cranz u.a.

Der vortrefliche Astronom Wales in den Philoso-
phical Transactions,
Th. 40. S. 109. und Curtis
daselbst, Th. 64. S. 383.

228).
[Seite 178]

de Ulloa Nachrichten u.s.w. Th. 2. S. 92.

229).
[Seite 178]

Watkin Tench's Account of the Settlement at
Port Jackson,
S. 179.

230).
[Seite 178]

Sparrmann a. a. O. S. 172.

231).
[Seite 179]

‘„Ein (Amerikaner) Indianer hat kleine
Hände und Handgelenke aus ebendemsel-
ben Grunde, aus welchem der Ruderer
stark an Arm und breitschulterig ist, oder
ein Lastträger statte Schenkel und Beine
hat
.“’ Jefferson in Morse's American universal
Geography,
Th. 1. S. 87. Kkk)

232).
[Seite 179]

S. Tench a. a. O. nach der Beobachtung eines
Gouverneurs vom Cap: – ‘„Der Obrist Gor-
don erzählte mir, daß dies von Armuth
und elender Lebensart zeige. Er führte
mir die Hottentotten und Kaffern zum
Beyspiel an: die erstern leben kummer-
lich und haben kleine Hände und Füße
;
an den Kaffern, ihren Nachbarn, dage-
gen, welche im Ueberflusse leben, findet
man sie sehr groß
.“’ Lll)

233).
[Seite 180]

Es ist in der That unbegreiflich, wie ganz neuer-
lich Büffon in dem fünften Supplementbande seines
klassischen Werks, mehrere solcher zu verschiedenen
Zeiten und Orten ausgegrabener fossiler Thierknochen
wiederum Giganten habe beylegen können, z.B. die-
jenigen, welche im Jahr 1577. bey Luzern ausgegra-
ben worden sind, und noch jetzt auf dem Rathhause
dieser Stadt aufbewahrt werden, wo ich sie selbst
untersucht, und beym ersten Anblick für Elephanten-
knochen erkannt habe. Der verdiente Arzt und vor-
treffliche Anatom. Felix Plater hingegen, hat diese
geognostischen Denkmäler damals, als sie ausgegra-
ben wurden, sehr sorgfältig ausgemessen und unter-
sucht und ganz zuversichtlich erklärt, sie haben einem
menschlichen Giganten von 17 Fuß Länge zugehört.
Er hat auch ein seltsames kolossalisches Gemählde ei-
nes menschlichen Skeletts von dieser Größe mit vieler
Sorgfalt verfertigen lassen, welches noch in dem Je-
suitencollegium zu Luzern zu sehen ist: zum merkwür-
digen Beweise, wie mächtig die Herrschaft des Vor-
urtheils auch in einem so großen Manne sey, wenn
es einmal so tief eingewurzelt, daß es selbst gegen
den Augenschein noch streitet.

234).
[Seite 181]

Ich besitze durch die Güte des Herrn von Bozen-
hard, kaiserl. Oberkonsuls in Copenhagen, die Hirn-
schaale und andere Knochen eines erwachsenen Men-
schen, welche unlängst in einem sehr alten cimbrischen
Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver-
hältniß noch der Größe von unsrer heutigen Statur
abweichen.

235).
[Seite 182]

S. dessen Viaggio atorne il mondo, bey Ramusius
Th. 1. (4te Ausg.) S. 35. 36.

236).
[Seite 183]

Büffon histoire naturelle, Theil 3. und Supple-
mente, Theil 5.

de Brosses histoire des navigations aux terres au-
strales,
Th. 1.

de Pauw Recherches sur les Americains, Th. 1.

Ortega in Viage del comand. Byron al rededor
del mundo, traduc. del Ingles.

Robertsons history of America, Th. 1. In Schil-
lers Uebersetzung S. 348-350. und S. 540. fgg. wo
man noch mehrere Citate hierüber findet. G.

Zimmermann geographische Geschichte des
Menschen
, Th. 1. S. 60-63.

J. R. Forster Bemerkungen.

Com. Carli-Rubbi Lettere Americane, Th. 1.

Pennant of the Patagonians.

Relacion del ultimo viage al Estrecho de Magallanes
en
1785 y 86.

237).
[Seite 184]

Denn so werden sie von den wahrhaftesten Augen-
zeugen mit einem Munde beschrieben. So waren
auch die, welche gegen das Ende des 16ten Jahrhun-
derts nach Spanien gebracht wurden, die allereinzi-
gen Patagonen, welche, wenigstens meines Wissens,
Europa jemals gesehen hat.

Diese sah zu Sevilla der große und wirklich klassische
Reisebeschreiber von Linschoten, und saht von ihnen:
– ‘„waren wol gestatueert ende graf van
leben
“’ u.s.w. (wohlgestaltet und stark von Glie-
dern).

238).
[Seite 185]

Vergl. Ed. Brown's Travels S. 50. – ‘„Herr
Wood, der sehr genaue Karten von der
Magellansstraße gemacht hat... erzähl-
te mir, daß er in den südlichen Theilen
von Amerika verschiedne fast zwölf Fuß
lange Gräber gesehen, welches ihn um so
mehr gewundert habe, weil er nie einen
sechs Fuß hohen Amerikaner gesehen hät-
te; er öfnete deshalb eins dieser langen
Begräbnisse von einem Ende zum an-
dern, und fand darin einen Mann und
ein Weib so gelegt, daß der Kopf des Wei-
bes zu des Mannes Füßen lag, wozu denn
freylich ein Grab von jener Länge erfor-
dert wurde
.“’ Mnm)

239).
[Seite 185]

Nemlich Knochen von Pferden, deren Skelette sie
bey den Gräbern der Verwandten aufstellen. S. Falk-
ner Beschreibung von Patagonien, S. 49.

Im Allgemeinen konnte jene sehr alte, und bey sehr
vielen Völkern übliche Sitte, die Pferde tapferer
Krieger zugleich mit den Leichnamen dieser zu begra-
ben, späterhin den Irrthum veranlassen, diese Pfer-
deknochen für Riesenknochen zu halten.

So werden z.B. in den, ältesten sibirischen Begräb-
nissen Pferdeknochen gefunden: siehe J. G. Gmelin
Reisen, Th. 3. S. 313.

[Seite 186]

Auch in den Sarkophagen christlicher Ritter, welche
in dem sogenannten Mittelalter in die Kirchen begra-
ben wurden, hat man außer ihren Gerippen und Rü-
stungen zuweilen auch Pferdeknochen gefunden. S.
Dorville Sicula, S. 148.

240).
[Seite 186]

S. Io. Winter in Hakluyt's Collection, Theil 3.
S. 751.

Auch Sir John Narborough's Voyage to the Streights
of Magellan,
S. 90.

241).
[Seite 186]

S. eines Ungenannten tweejaarige Reyz rondom
de wereld,
Dordrecht 1728. 4.

Weit wahrhafter und genauer spricht hiervon Beh-
rens (ein Lebküchlergeselle), der diese Reise mitge-
macht hat, in der Reise durch die Südländer
und um die Welt
, Frankfurt 1737. 8. wo er S.
87. die Bewohner der damals erst entdeckten Oster-
Inseln blos ‘„wohlgestalt, stark von Glie-
dern
“’ nennt.

242).
[Seite 188]

Der berühmte Pallas hält die Quimos für ein
Bastardgeschlecht. S. dessen Observations sur la for-
mation des montagnes
, Seite 14. wo er von dem Ur-
sprung der Neger spricht: – ‘„Es ist nicht noth-
wendig, hier eine solche unedle Vermi-
schung
(Mesalliance) des Menschengeschlechts
anzunehmen, wie diese Statt gefunden
haben muß, um die langhändigen Bergbe-
wohner, oder Quimos auf Madagaskar
hervorgebracht zu haben
.“’ Nnn)

243).
[Seite 189]

J. R. Forster Bemerkungen, S. 236.

244).
[Seite 189]

Von den wilden Anwohnern der Hudsonsbay, s.
H. Ellis Reise Hudsons Meerbusen,
S. 201. Umfreville über den gegenwärtigen
Zustand der Hudsonsbay
, S. 21.

245).
[Seite 190]

Vergl. z.B. nach so viel andern von den Kam-
tschadalen: Behm. in Cook's Voyage to the northern
hemisphere,
Th. 3.

Von den Otaheitern Cook in Hawkesworth's Col-
lection,
Th. 2. S. 187.

Von den Sumatranern, Marsden, S. 41.

246).
[Seite 190]

Maupertius Venus physique, S. 131.

247).
[Seite 191]

Vergl. Jo. Alb. Fabricius Abh. de hominibus or-
bis nostri incolis
etc. Hamburg 1721. 4.

248).
[Seite 191]

So z.B. hat mein Freund Heyne die fabelhaften
Berichte von den Hermaphroditen auf Florida auf
ihre echten Quellen zurückgebracht in den Commenta-
tion. soc. reg. scient. Gottingens.
Th. 1. S. 39.

249).
[Seite 191]

Der neuste Vertheidiger und Behaupter geschwänz-
ter Menschen war Monboddo in den beyden Werken
nämlich: of the origin and progress of language, Th.
1. S. 234. und ancient Metaphysics, Th. 3. S. 250.

250).
[Seite 192]

S. außer dem noch bald anzuführenden Schriften
stellern Harvey de generatione animalium, S. 10.
von den Borneern.

251).
[Seite 192]

Rytschkow orenburgische Topographie
Th. 2. S. 34.

Falk Beyträge zur Kenntniß des russi-
schen Reichs
, Th. 3. S. 525.

252).
[Seite 192]

Z.B. auf dem Feuerland siehe die Karten bey
Alonzo d'Ovaglie relatione del Regno di Cile. Rom
1646. Fol.

253).
[Seite 192]

Z.B. von den Nikobaren, die mit albernen Mähr-
chen angefüllte Beskrifning om en Resa genom Asia,
[Seite 193] Africa etc. of N. Matthss. Köping (Schiffsleute-
nant) S. 131. welche doch Linne eine äußerst glaub-
würdige Erzählung nennt, in dem Briefe an Mon-
boddo
of the origin of language a. a. O.

Dav. Tappe funfzehnjährige ostindische
Reisebeschreibung
, Seite 49. von den Suma-
tranern.

254).
[Seite 193]

Vergl. z.B. von geschwänzten Formosanern drey
vorgebliche Augenzeugen, Jo. Strauß, Jo. Otto
Helbig und El. Hesse.

Der erste, Reisen, S. 32. ‘„Ein Formosa-
ner von der Südseite mit einem Schwanz
,
einen guten Fuß lang, und ranch mit
Haaren bewachsen
.“’

Der zweite in Ephem. naturae curiosor. erstes
Jahrzehnd J. 9. Seite 456. – ‘„Die nackten
Schwänze glichen denen der Schweine
.“’

Der letzte, ostindische Reisebeschreibung, S. 216.
– ‘„Unter andern unsern Sclaven bey
dem Bergwerk hatten wir auch eine Scla-
vin, welche gleich einer schändlichen Be-
stien mit einem kurzen Stiel oder Zie-
genschwanz über dem Hintern ausgeschän-
det war
.“’

255).
[Seite 193]

So von den Philippinern le Gentil Voyages dans
les mers de l'Inde,
Th. 2. S. 52.

256).
[Seite 194]

Nic. Fontana on the Nicobar Isles in Asiatik Re-
searches,
Th. 3. S. 151.

257).
[Seite 194]

Mithin war die bekannte, oft wiederholte und
gewöhnlich für einen geschwänzten Menschen ausgege-
bene Abbildung ursprünglich blos die Darstellung ei-
nes ächten geschwänzten Affen; welche aber späterhin
ein Schriftsteller von dem andern entlehnte, wobey
sie beynahe jeder zugleich etwas menschlicher machte.
Martini nämlich hat diese Abbildung in seiner Ueber-
setzung des büffonischen Werks aus Linnées amo nita-
tibus
genommen, dieser aus Aldrovandi, dieser aus
Geßnern, welcher selbst gesteht, die seinige aus einer
gewissen deutschen Beschreibung des gelobten Landes
genommen zu haben, deren Verfasser er zwar ver-
schweigt, welchen ich doch in Bernard v. Breydenbach
leicht erkannte; dieser liefert in der Hauptausgabe
seines 1486. zu Mainz gedruckten Werkes: (Reyss
in das gelobte Land
) die Figuren gewisser ausländi-
scher Thiere, die er in dem heiligen Lande gesehen
hat, und unter diesen auch gerade die ziemlich genaue
Abbildung, von welcher hier die Rede ist, und welche
einen wirklichen vierhändigen Affen darstellt,
bey welchem die Daumen nämlich von den übrigen
Fußzehen abstehen u.s.w. welche aber späterhin durch
Sorglosigkeit der Zeichner, beym Kopiren derselben,
endlich in die menschliche zweyhändige Figur um-
gewandelt worden ist.

258).
[Seite 196]

Commentation. soc. Reg. scientiar. Gottingens.
Th. 7. S. 29. und medizinische Bibliothek, Theil 2.
S. 537.

259).
[Seite 196]

Vergl. z.B. Hawkesworth's Collection, Th, 2.
S. 188.

260).
[Seite 198]

Von mehreren wird Nachricht gegeben in der
medizinischen Bibliothek, Th. 3. S. 161. fg.

261).
[Seite 198]

Ebendaselbst, S. 170.

262).
[Seite 198]

Benj. Duddell's Supplement to his Treatise on
the Diseases of the Horny-coat.
London 1736. 8.
Seite 19.

Auch Jo. Hunter on certain parts of the animal
oeconomy,
S. 206.

263).
[Seite 198]

C. Perceval in den Transactions of the Irish Aca-
demy,
Th. 4. S. 97.

264).
[Seite 199]

Le Cat de la couleur de la peau humaine, S. 103.

265).
[Seite 199]

Medizinische Bibliothek, Th. 1. S. 545.

266).
[Seite 199]

Von den Savoyern, von denen ich auch selbst
Beschreibungen geliefert habe, s. Saussure voyages
dans les Alpes,
Th. 4. S. 303.

Von den Venezianern erzählt es Bourguet in den
Lettres philosophiques sur la formation des sels,
Seite 163.

Einen mailändischen hat Buzzi secirt, s. dessen
Dissertazione sopra una varietà particolare d'Uomi-
ni bianchi Eliofobi,
Mailand 1784. 4.

Jo. Hawkins erzählte mir, daß er ein ähnliches
Mädchen zu Rom gesehen habe.

267).
[Seite 199]

Ebenfalls, nach Hawkin's Zeugniß, welcher aus
seiner erstern Reise nach den Archipelagus bey seinem
Aufenthalte auf der Insel Cyprus zwey zu Larnika
geborne leukäthiopische Brüder von ungefähr zwölf
Jahren sah.

268).
[Seite 199]

Michael Klein Naturseltenheiten von
Ungarn
, Presburg 1778. 8. S. 15.

269).
[Seite 199]

Ledgard in Proceedings of the African associa-
tion,
S. 45.

270).
[Seite 199]

Tranquebarische Missionsberichte, St. 46. S.
1239. und an noch andern Stellen.

271).
[Seite 199]

Cassigny in Histoire de l'Acad. des sc. de Paris
J. 1744. S. 13.

272).
[Seite 199]

de la Nux, dessen Geschichte der Par. Akad. J.
1760. S. 17.

273).
[Seite 199]

Aus vielen Augenzeugen hiervon will ich wenig-
stens drey der Neuern anführen.

[Seite 200]

Oliv. Goldsmith History of the Earth, Vol. 2.
Seite 240.

Buffon Supplement à l'histoire naturelle, Vol. 4.
S. 559. nebst Abbildung.

Und Arthaud in Journal de Physique, 8. 1789.

274).
[Seite 200]

Waser's Description of the Isthmus of America,
2. Ausg. S. 107.

275).
[Seite 200]

de Pinto bey Robertson History of America, Th.
2. S. 405.

276).
[Seite 200]

van Ipern in Verhandelingen van het Batavi-
aasch Genootschap,
Th. 1. S. 314.

277).
[Seite 200]

Eben derselbe am angeführten Orte, nebst Ab-
bildung.

278).
[Seite 200]

Valentyn Beschryving van Amboina, Theil 2.
Seite 146.

279).
[Seite 200]

Camelli in den Philosophical Transactions, Th.
25. S. 2268.

280).
[Seite 200]

Argensola Conquista de las islas Moluscas, S. 71.

281).
[Seite 200]

Cook's Voyage to the northern hemisphere, Th.
1. S. 381.

282).
[Seite 200]

Hawkesworth's Collection, Th. 2. S. 99. u. 188.

283).
[Seite 201]

Sir Rich. Clayton in den Memoirs of the Soc. of
Manchester,
Th. 3. S. 270

284).
[Seite 201]

Wagner Historia naturalis Helvetiae, S. 185.

Gunner an Lem de Lapponibus Finmarchiae, S. 207.

285).
[Seite 201]

Gessner de Quadrupedibus, S. 829.

286).
[Seite 201]

Der berühmte Sulzer, Verfasser der klassischen
Monographie von diesem Thierchen, hat mir eines
von dieser Art zum Geschenk gemacht.

287).
[Seite 201]

Boddaert naturkundige Beschouwing der Dieren,
Th. 1. S. 210.

288).
[Seite 201]

Dasselbe ebendaselbst.

289).
[Seite 201]

Dasselbe a. a. O.

290).
[Seite 201]

Kramer Elenchus animalium austriacorum, S. 312.

291).
[Seite 201]

Boddaert a. a. O.

292).
[Seite 201]

Themel im obererzgebirgischen Journal, Freyberg
1748. 8. St. 1. S. 47.

293).
[Seite 201]

Nach dem Berichte meines Freundes Sulzer.

294).
[Seite 201]

Jo. Hunter on certain parts of the animal oeco-
nomy,
S. 204.

295).
[Seite 201]

Buffon Histoire naturelle des oiseaux, Theil 2.
S. 416.

1).
[Seite 209]

Im Journal des Sçavans, J. 1684. S. 133.

Vergl. Rob. de Vaugondy des Sohns Nouvel At-
las portatif
. Paris 1778. 4. 4tes Blatt.

2).
[Seite 209]

Bey Feller in otio Hannoverano, S. 159.

3).
[Seite 209]

In allen seit 1735 erschienenen Ausgaben seines un-
sterblichen Werks. Der neuerlichen Ausgabe hat der
berühmte Gmelin, der Herausgeber derselben, mei-
ne Eintheilung beygefügt. Th. 1. S. 23.

4).
[Seite 210]

Diese sechs Varietäten findet man vortreflich be-
schrieben und mit lebendigen Farben geschildert in
Herders klassischem Werke: ‘„Ideen zur Philo-
sophie der Geschichte der Menschheit
. Th.
2. S. 273.’

5).
[Seite 210]

Vergl. a new collection of voyages u.s.w. London
1767. 8. Th. 2. S. 273.

6).
[Seite 210]

S. dessen Géographie moderne, Th. 1. S. 62. 5te
Ausgabe und Vaugondy a. a. O. 3tes Blatt.

7).
[Seite 211]

In Engels Philosoph für die Welt, Th. 2.
und in der Berliner Monatsschrift, 1785.
Theil 6.

8).
[Seite 211]

Disput. de hominum varietatibus. Edinb. 1775.
Seite 9.

9).
[Seite 211]

In dem sehr reichhaltigen Werke: Geographi-
sche Geschichte des Menschen
u.s.w. Th. 1.

10).
[Seite 212]

S. desselben Grundriß der Geschichte
der Menschheit
, 2te Ausg. Lemgo 1793. 8.

11).
[Seite 212]

Vergl. dessen Encyklopädie, Th. 1. S. 522.
2te Ausg.

12).
[Seite 212]

S. dessen Physiologie in Aphorismen, S. 5.

13).
[Seite 213]

Es wird genug seyn, aus der Menge von Augen-
zeugen einen einzigen, aber klassischen, anzuführen,
Jo. Chardin Th. 1. S. 171. – ‘„Der Stamm
der Georgier ist der schönste des Orients
,
und ich kann wohl sagen der Welt. Ich
habe in diesem Lande kein häßliches Ge-
sicht unter keinem der beyden Geschlech-
ter bemerkt; aber ich habe Engelsgesich-
ter gesehen. Die Natur hat hier die mei-
sten Weiber mit Reize, geschmückt, wel-
che man sonst nirgends sieht. Mir scheint
es unmöglich sie zu sehen, und sie nicht zu
lieben. Reizendere Gesichter, schönern
Wuchs als der Georgerinnen, kann man
nicht mahlen
, u.s.w.“’ Ooo).

14).
[Seite 214]

Uiber den Ursprung dieser Verwirrung, nach wel-
cher man den Namen der Tatarn auf die mongolischen
Völkerschaften übertrug, sehe man Jo. Eberh. Fischer
Conjecturae de gente et nomine Tatarorum, unter dessen
quaestionibus Petropolit. S. 46. auch dessen siberische
Geschichte, Th. 1.

15).
[Seite 214]

Die erste Quelle, aus welcher die so oft wieder-
holte Beschreibung der Mongolen, unter dem Namen
der Tatarn in die neuen Naturhistoriker gekommen
ist, fand ich in einem Briefe Yvo's, eines Geistli-
chen von Narbonne, v. J. 1243. aus Wien an den
Erzbischof Girald zu Bourdeaux, welchen ein gleich-
zeitiger Mönch, Matth. Paris, seiner sogenannten
größern Geschichte, S. 530. Londn. Ausg. 1686. Fol.
[Seite 215] eingescholten hat. Dieser Brief Yvo's handelt de
horribili vastatione inhumanae gentis, quam Tarta-
ros vocant,
und diese (Tatarn) beschreibt er in fol-
genden Worten: ‘„Ihre Brust ist hart und
fest, ihre Gesichter hager und blaß; sie
haben hohe Schultern, verquetschte und
kurze Nasen, ein hervorragendes und
spitzes Kinn; der obere Kiefer ist klein
und tief, die Zähne lang und weit von
einander abstehend, die Augenbraunen
gehen von den Haaren bis zur Nase, die
Augen sind schwarz, sie schielen häßlich
,
ihre Glieder sind knochicht und nervig,
auch die Schenkel sind dick, die Röhren
aber kürzer; doch sind sie uns an Statur
gleich, denn was ihnen an den Röhren ab-
geht, das ersetzt der obere Körper
.“’

16).
[Seite 215]

So darf ich auf jeden Fall aus den Abbildungen
von Tibetanern schließen, welche der große Künstler
Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha-
stings mir gezeigt hat.

17).
[Seite 215]

Vollkommen eine solche mittle Gesichtsbildung
[Seite 216] hatte der Indianer von den Philippinen, den ich bey
Alex-Dalxymple zu London sah.

18).
[Seite 216]

Zu dem, was im vorigen Abschnitte weitläuftiger
hierüber aus einander gesetzt worden ist, will ich nur
noch hinzusetzen, daß der rußähnliche Staub, welchen
man in der Haut der Schwarzen unterscheiden kann,
keineswegs blos dem malpighischen Schleime der
Aethiopier eigen sey, wie gewisse Schriftsteller ge-
glaubt haben, da ich eben dieselbe Schwärze an viel
indianischen Schiffern, welche man Lascaren nennt,
wiewohl ungleicher und nur stellenweise gefunden ha-
be; bey einer Indianerin aus Bombay aber, welche
bey mir dient, sehe ich denselben Ruß mit der Zeit
im Gesicht und auf den Armen allmählich schwinden,
da übrigens der unter dem Fellhäutchen verbreitete
präcipitirte Kohlenstoff der braunen Farbe unversehrt
bleibt.

19).
[Seite 217]

Deshalb schließt z.B. Regnard seine Beschreibung
von den Lappländern mit diesen Worten: ‘„Hier ist
die Beschreibung dieses kleinen Thiers
,
welches man Lappländer nennt, von dem
man sagen kann, daß nach den Affen nichts
so sehr dem Menschen sich nähere, als er
.“’
Oeuvres, Th. 1. S. 71. Ppp).

20).
[Seite 217]

Der Eskimo Ettuiak, dessen Abbildung nach dem
Leben ich dem Hrn. v. Banks danke, fragte, als er
zum ersten Male zu London einen Affen sah, voll Er-
staunen seinen Begleiter Cartwright: ‘„Ist das ein
Eskimo
?“’ und dieser fügt seiner Erzählung bey:
‘„Ich muß gestehen, daß beydes, Farbe und Gesichts-
bildung eine beträchtliche Aehnlichkeit mit dieser Na-
tion hat.“’ Qqq).

21).
[Seite 217]

Nic. del Techo nennt sie in seiner Relatione de
Caaiguarum gente,
S. 34. ‘„Den Affen so ähn-
lich als den Menschen
.“’

22).
[Seite 217]

Hierüber s. J. R. Forster, welcher in seinen Be-
merkungen
S. 217. sagt: ‘„Die Bewohner
[Seite 218] der Insel Mallikollo scheinen unter allen
Menschen, welche ich je gesehn, die meh-
reste Verwandschaft mit den Affen zu ha-
ben
.“’

23).
[Seite 218]

Z.B. de Paw in Recherches philosophiques sur
les Americains
, Th. 1. S. 37.

24).
[Seite 218]

S. Schurigs parthenologium, S. 200.

25).
[Seite 218]

Z.B. Home in Sketches of the history of Man, Th.
1. S. 13.

26).
[Seite 218]

Vergl. Robertsons History of America, Th. 2. S. 404.

27).
[Seite 218]

Wenige von vielen habe ich schon vor mehreren
Jahren angeführt im göttingischen Magazin
2ter Jahrg. St. 6. S. 419.

28).
[Seite 218]

S. unter andern J. G. Gmelin Reise durch Si-
birien
, Th. 2. S. 125.

‘„Man findet nicht leicht bey einem Tun-
gusen so wie bey allen diesen Völkern
,
einen Bart. Denn sobald sich derselbe
einfindet
, so raufen sie die Haare aus,
[Seite 219] und bringen es endlich dahin, daß keine
mehr wachsen
.“’

29).
[Seite 218]

Von den Sumatranern bezeugt es Marsden; von
den Magindanern, Forrest; von den Pelewinsulanern
Wilson; von den Papus, Carteret; von den Admirali-
tätsinseln, Bougainville u.a.m.

30).
[Seite 219]

Lery voyage faict en la terre du Brésil, S. 270.

31).
[Seite 220]

Vergl. z.B. Sagard Voyage du pays des Hurons.
S. 78.

32).
[Seite 220]

Von Berkel's Reisen nach R. de Berbice und Su-
rinam, S. 46.

33).
[Seite 220]

Zimmerman geographische Geschichte des
Menschen
, Th. 1. S. 87.

34).
[Seite 220]

Kant im teutschen Merkur, Jahrg. 1788.
St. 1. S. 119.

35).
[Seite 221]

S. Molina, sulla storia naturale del Chili S. 336.
‘„Rido fra me stesso, quando leggo in certi scrittori
moderni riputati diligenti observatori, che tutti gli
Americani hanno un medesimo aspetto, e che quando
se ne abbia veduto uno, si possa dire di aver gli vedutti
tutti. Codeste autori si lasciarano troppo sedurre da
certe vaghe apparenze di somiglianza procedenti per
lo piu del colorito, le quali suaniscono tosto che si
confrontano gl' individui di una nazione con quelli
dell' altra. Un Chilese non si differenzia meno nell'
aspetto da un Peruviano, che un' Italiano da un
Tedesco. Io ho veduto pur dei Paraguaj, de' Acja-
ni, e dei Magellanici, i quali tutti hanno dei linea-
menti peculiari, che li distinguono notabilmente gli
uni dagli altri
.“’ Rrr).

36).
[Seite 221]

So z.B. beschreibt Nik. del Techo, um aus dem
südlichen Amerika einige Beyspiele anzuführen, die
Caaignen mit Stumpfnasen; von den benachbarten
Adiponern hingegen sagt Martini Dobrizbofer, daß
sie nicht selten durch Adlernasen sich auszeichnen; Pe-
ruanern schreibt Ulloa eine enge und gebogne Nase
zu; Molina den Chiliern eine etwas breite; G. For-
ster den Insulanern des Feuerlands eine sehr platte.

37).
[Seite 221]

S. Lettere di Amer. Vespucci S. 9. nach Bandi-
nis Ausgabe. – ‘„Non sono di volto molto belli,
perche tengono il viso largo, che voglion parere al
Tartaro
.“’ Sss)

38).
[Seite 222]

Diese sehe ich sehr deutlich in zwey Schädeln von Eski-
mos von der Kolonie Naln auf Labrador, welche meine
Sammlung zieren, und in denen von sehr guten Künst-
lern nach dem Leben gemahlten Portraits dieser Wil-
den, welche ich der Güte des Hrn. Banks verdanke.

39).
[Seite 222]

Denn Robertsons paradoxe Meinung, welcher in
History of America, Th. 2. S. 40. die Esquimos von
den Normannen herleitete, bedarf jetzo kaum einer
ernsthaften Widerlegung.

40).
[Seite 222]

So z.B. vergleicht der klassische Seefahrer und
beobachtende Augenzeuge Linschoten die Anwohner der
[Seite 223] Magalanstraße, welche er sah, im Betreff ihrer Phy-
siognomie, Gesichtsbildung, Farbe, Haare und Bart
mit den Samojeden, welche ihm von seiner berühmten
Reise an die nassanische Straße sehr bekannt waren.
In den Anmerkungen zu Acostas, S. 46. b)

41).
[Seite 223]

Zuerst lehrte dies der Baronet Banks in Hawkes-
worth's
Collection, Th. 3. S. 373.

Nach ihm Bryant in Cooks Voyage to the Northern
hemisphere
, Th. 3. Anh. No. 2. zu S. 528.

Und Marsden in Archaeologia, Th. 6. S. 154.

42).
[Seite 223]

Z.B. Bougainville in Voyage autour du monde. S. 214.

43).
[Seite 224]

Deshalb hat auch schon der unsterbliche de Quiros, wel-
cher die Societätsinseln zuerst entdeckte, diese Varietät der
Insulaner des stillen Meeres genau unterschieden, da er
einige für weißlich ausgiebt, andere aber den Mulatten,
und noch andere den Aethiopiern vergleicht S. Dalrymple
collect. of voyages to the South-pacific Ocean
. Th. 1. S. 164.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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