Blumenbach - online Digitalisate und Transkriptionen zu den Briefregesten
Absender/Empfänger: Karl Asmund Rudolphi an Blumenbach.
Datum: 1815, Mai 15
Ort: Berlin
Überlieferung: Göttingen, Universitätsbibliothek, Cod. Ms. Blumenbach XI, nach S. 120.
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Transkription
Berlin May 15 1815

Erlauben Sie mir, nach Ihrer gewohnten Güte,
dass ich Ihnen den beygehenden Knochen vorlege,
um mich darüber bey Ihnen Raths zu erholen.
Sie haben ja schon so manches Räthsel der Art
gelöset. Es scheint mir ein Fischknochen zu
seyn, und zwar etwas dem os basilare
ähnliches, aber wohin ich ihn bringen soll, weiss
ich nicht. Diess Exemplar ist mir aus Russland
gesandt; ein ganz ähnliches, das ich als Student
in Greifswald geschenkt erhielt (ohne weitere Notiz)
ist itzt auf dem hiesigen Anat. Museum; und zwey
eben der Art besitzt die hiesige Naturforschende
Gesellschaft. Es kann also so sehr selten nicht
seyn. Schneider in Breslau, Tiedemann, Meckel
und viele Andere, die unser Museum besucht haben,
kannten ihn nicht; Sie sind meine letzte Zuflucht


[Seite 2]
und falls der Knochen Interesse für Sie hat,
so haben Sie die Güte ihn zu behalten.

In einer Rezension, die wahrscheinlich
von Ihnen ist, wird ein Schriftsteller genannt
der bey Ihnen in Göttingen, wenn ich nicht irre,
Versuche über die Verdaulichkeit verschiedner
Nahrungsmittel, und über den daraus gebildeten
Chylus angestellt hat. Ich kann mein Excerpt
darüber nicht finden, so ordentl[lich] sonst meine
Excerptensammlung eingerichtet ist, und bin
nun – wie es zuweilen geht – lange geplagt,
indem ich immer darüber nachsinne. Haben
Sie die Güte mich aus der Ungewissheit zu
reissen, und mir die Schrift zu nennen, und
ist es eine Dissertation, mir sie unfrankirt
auf der Post zu senden.


[Seite 3]

Nächstens werden hier drey amphibiologische
Dissertationen mit Kupfern erscheinen, die
ich Ihnen nebe[n] einigen andern übersenden
werde.

Recht sehr würden Sie mich
verbinden wenn Sie mir in einer Schachtel
mit Moos eine gute Parthey Erd-Salamander
auf der Post unfrankirt senden wollten.

Ich stehe gern wieder mit allem
zu Diensten und bin mit der innigsten
Verehrung
Ihr gehorsamster
D. K. A. Rudolphi


Kürzlich fand ich bey einem erwachsnen weissen
Hirsch auf beyden Augen die Pupillar-Membran.
Sie gehörte aber blos der Iris an, die weiss war,

[Seite 4]

die hintere schwarze Lamelle aber oder die Uvea
hatte keinen Theil an jener Haut sondern einen
freyen Pupillar-Rand.
[Zeichnung]

Nachher untersuchte ich zwey menschliche
Foetus und da fand ich denn auch, dass die Pupillar-
Membran blos der Iris angehört.

Vor einigen Tagen fand ich hinten am Auge
beym Bären einen eignen grossen Muskel, diesen
hat D. Rosenthal bey mehreren Thieren (Schaf, Rind etc [)] wiedergefunden, und er kommt vielleicht bey allen
Thieren vor, deren Augenhöle an der Seite hinten offen
ist, und schliesst sie zu.

Das hintere ligamentum teres (musculosum) uteri,
das zum Peritoneum am Zwerchfell geht, und das ich bey der
Hyäne vor mehreren Jahren entdeckte*), habe ich auch beym
Hunde, Fuchs, Wolf, Iltis und andern Raubthieren
gefunden, auch der Maulwurf hat es. Bey andern Thieren
kommt es nicht vor. Wozu bey jenen diese eigne Befestigung??

*) und in der Diss. de Hyaena, die Sie besitzen werden, abbilden lassen.
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