Blumenbach - online Digitalisate und Transkriptionen zu den Briefregesten
Absender/Empfänger: Blumenbach an Johann Wolfgang von Goethe.
Datum: 1808, Nov. 28
Ort: Göttingen
Überlieferung: Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv: GSA 28/201, Bl. 9–10.
Digitalisat und Transkription
Anklicken öffnet Digitalisat in neuem Browserfenster; Vergrößern mit „STRG“ und „+“.

Göttingen den 28ten Nov. 1808

Ew Excellenz

kann ich die Herzlichkeit der Freude nicht
lebhaft genug ausdrücken die meine theure Freundin
die Fr. GRin Sartorius und ihr Mann mein lieber Freund [und]
College uns durch alle die frohen Nachrichten verursacht
die sie uns von Ihnen mitgebracht haben.
Unsre warme Theilnahme an allen den hohen Aus-
zeichnungen wodurch die beiden großen Kaiser das Ver-
dienst in Ihnen geehrt haben, bedarf nicht erst
meiner Erwähnung.
Aber empfangen Sie unsern herzlichen Dank für die
liebreiche reelle Erinnerung an den frohen 10ten Oct.
1802 an deßen lebendigen Andenken wir uns so sehr
oft und immer mit [erne?]uten Vergnügen weiden.
Der Rettig aller Rettige davon auch uns ein gutes
Stück zu theil worden, hat, selbst als naturhistorische
Merkwürdigkeit allgemeine Bewundrung erregt.
Ad vocem naturhistorischer Merkwürdigkeiten erlauben
Sie daß ich Ihnen mit beyliegender kleinen Schrift
aufwarten darf worin von manchen derselben unter
den Denkmälern des Alterthums die Rede ist.
Und jener mir unvergeßliche 10te 8br. wo Sie am
Morgen die Güte hatten mir am Gelmeröderberge die


[verso]

Grabstätte eines dasigen präadamitischen Elephanten
zu zeigen erinnert mich an ein ähnliches Ablager das
im vorigen Frühjahr ohnfern von hier bey Osterode
am Vorharz entdeckt worden und von welchem ich eine
feine Last foßiler Knochen von Elephanten (unter
andern auch einen ganzen Elfenbeinzahn und eine recht
instructive Suite zur Geschichte der Dentition der Backen-
zähne), von Rhinocern, von einem Löwenartigen
Raubthier und (was mir das allerwillkommenste war)
von einer hochbetagten und mächtig groß Hyæne
erhalten habe. Unter den Elephn Backenzähnen ist ein
übrigens vollkommen completer, der aber durchs
abschleifen beym kauen, von außen, und durch die
absorbtion der Verticalplatten von innen, bis zum
kleinen Gewicht von wenigen Lothen reducirt ist.
Auch entsinne ich mich nicht einen noch kleinern irgendwo
in natura oder abgebildet gesehen zu haben.
Ihre lithologische Ernde in dem Ihnen zu unsrer
herzlichen Freunde immer so wohlthätigen Karlsbad
wird zweifelsohne auch in diesem Jahre gar ergiebig
ausgefallen seyn. Aber der derbe in Stein... ein-


[Blatt 2]

gefaßte blutrothe Granat ist wohl bis jetzt noch ein
unicum geblieben.
Ohnlängst ist mir ein kleiner Beytrag zum Anhang zu Ihrem
herrlichen Cellini (II p. 316 sq) in den Wurf gekommen.
Der Editor der Urschrift war der wundersam gelehrte ge-
nialische Florentiner Arzt Ant. Cocchi. Sie steht im Indice
delle opere composte dal Dttre Cocchi vor seinen Discorsi
Toscani P. I. Fir. 1761. 4. p. LXVIII. der Einleitung.

Vita di Benv. Cellini da lui medesimo scritta
colla Dedicatoria e Prefazione d’ Ant. Cocchi, benchè
non ve ne sia il nome.
In Colonia per Pietro Martello, senza data di anno, sebbene
sia stampa di Napoli 1728.

Beym I B. p. 272 ist mir schon manchmal eingefallen daß ich
einst gelesen zu haben glaube, auch das wahre Genie Lion.
da Vinci habe den mechanismus des Flugs der Fledermäuse
auf den Menschen anzuwenden versucht. Aber ich kann
den Gewährsmann nicht wieder finden.
Haben Sie die Liebe meinen Freund August herzlich von
mir zu grüßen. Der ich unter den allerve[r]bindlichsten
Empfelungen von den Meinen die Ehre habe zu beharren
Ew Excellenz
ganz gehorsamster Diener
Joh. Fr. Blumenbach
Startseite    Übersicht Impressum    Datenschutzerklärung    Kontakt