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Die Blumenbach-Medaille von 1825


Gedenkmedaille zum fünfzigjährigen Jubiläum der Promotion Blumenbachs 1825. Vorderseite. Bronze. Privatbesitz.
1825 beging Blumenbach das fünfzigjährige Jubiläum seiner Promotion. Aus diesem Anlass wurde auf Anregung von ehemaligen Studenten und von Kollegen eine Gedenkmedaille mit Blumenbachs Portrait geprägt (vgl. [Rudolphi, Karl Asmund:] Ioanni Fr. Blumenbach … Viro Illustri Germaniae Decori diem semisecularem Physiophili Germanici laete gratulantur : Inest Index Numismatum in virorum de rebus medicis vel physicis meritorum memoriam percussorum. Berolini: s. n., 1825, S. III–IV; Digitalisat). Die Medaille hat einen Durchmesser von 49 mm und weist auf der Rückseite am unteren Rand des Bildfeldes die Signatur „G. Loos dir[exit] H. Gube fec[it]“ auf. Demnach stammen Entwurf und Prägestempel von Heinrich Gube (1805–1848), und die Herstellung erfolgte in der Berliner Medaillen-Anstalt von Gottfried Bernhard Loos (1773–1843). Blumenbach selbst erhielt eine Prägung in Gold; es wurden aber auch Exemplare aus Silber, Bronze und Eisen hergestellt, letztere wohl im Eisenkunstgussverfahren, wie die Gussnaht am Medaillenrand bei einigen Exemplaren zeigt. Die Medaille wurde bis mindestens 1842 nachgeprägt, vgl. Verzeichniß sämtlicher Denk- und Gelegenheitsmünzen, welche aus der Berliner Medaillen-Münze von G. Loos […] hervorgegangen sind. Berlin: E. S. Mittler, 1842, S. 11 Nr. 7 („können […] ausgeprägt werden“; Digitalisat (Google Books)). Zumindest von der Bronzeversion existieren Exemplare in unterschiedlicher Dicke und daher mit unterschiedlichem Gewicht.
Die Umschrift lautet, beginnend auf der Vorderseite:
„I. Fr. Blumenbach nato Gothae d. 11. Maii 1752 doct. creato Gottingae d. 19. Sept. 1775“
[Fortsetzung auf der Rückseite] „naturae interpreti ossa loqui iubenti physiosophili Germanici d. 19. Sept. 1825.“
Anm.: In der Umschrift einiger Exemplare der Ausführung aus Eisen fehlt in „nato“ und „creato“ das Schluss-„o“, vgl. Digitalisat eines Exemplars der University of Pittsburg; ebenfalls bei einem Exemplar im Besitz des Projekts „Johann Friedrich Blumenbach – Online“ und bei einem Exemplar, das im Sommer 2021 von einer Göttinger Münzhandlung angeboten wurde. Ebenso existieren aber Exemplare mit vollständiger Umschrift.
Übersetzung: Die deutschen Naturforscher [widmen diese Medaille] dem am 11. Mai 1752 in Gotha geborenen und am 19. September 1775 in Göttingen zum Doktor promovierten Johann Friedrich Blumenbach, dem Deuter der Natur, der Knochen zum Sprechen bringt, am 19. September 1825.
Anm.: Die Angabe, Blumenbachs Promotion sei am 19. Sept. 1775 erfolgt, entspricht nicht der Datumsangabe in der Promotionsurkunde („Die XVIII Sept. Anno MDCCLXXV Gradum Doctoris Medicinae […] Contulit“, vgl. Dougherty, Frank William Peter: Commercium epistolicum J. F. Blumenbachii. Göttingen: Arbeitsstelle zur Edition des Blumenbach-Briefwechsels, 1984, KatNr. 11, S. 26) und in Göttingische gelehrte Anzeigen 1825, 159. Stück (3. Okt. 1825), S. 1585 („Am. 18. September hatte … “).
Die Vorderseite zeigt ein Brustbild Blumenbachs im Profil, linkssehend, in Gehrock und Mantel. Er trägt auf der Brust den Ordensstern eines Kommandeurs des Hannoverschen Guelphen-Ordens und um den Hals das entsprechende Ordenskreuz am Band.
Die Portraitdarstellung mit Orden und antikisierendem Mantel spiegelt wohl eher die Konventionen von Gedenkmedaillen als das Selbstverständnis Blumenbachs, der auf aufwendige Kleidung und Orden keinen besonderen Wert gelegt zu haben scheint. Hierfür spricht eine Darstellung des Schriftstellers Ludwig Storch (1803–1881), der um 1824 für kurze Zeit in Göttingen studierte. Bei aller anekdotischen Ausschmückung ist der inhaltliche Kern wohl authentisch: „Die Mineralogie bildete den Schluß der Vorlesungen; er zeigte dann von allen Steinarten und Metallen im rohen Zustande Exemplare in kleinen Schachteln, […]. Zuletzt kam eine unscheinbare größere Schachtel. […] In der Schachtel waren B’s sämmtliche Orden […]. Aber er trug nie einen am Rocke (nicht einmal das kleinste Bändchen), sie lagen Jahr aus, Jahr ein in der alten Schachtel, um zum Schluß eines Semesters die Reise durch den Hörsal zu machen, begleitet von den spöttischen Bemerkungen ihres Besitzers. Wenn die sämmtlichen Herren Hofräthe der Universität in der Akademie versammelt waren, aufgedonnert, aufgeputzt, die Brust mit bunten Sternen und Kreuzen bepflastert, nahm sich B. in seiner schlichten grauen Tuchjacke und gleichen Beinkleidern (ich habe ihn nie in andern Kleidern gesehen) seltsam genug darunter aus.“ ([Storch, Ludwig:] „Ein in seiner Art einziger ‚Orangutang‘“. In: Die Gartenlaube. Nr. 43 (1857), S. 594–595. Aufgrund des mit der Ordensverleihung im Jahr 1815 verbundenen persönlichen Adels stand Blumenbach auch das Adelsprädikat „[Ritter] von“ zu. Blumenbach selbst scheint es aber – beispielsweise auf den Titelblättern seiner Publikationen oder in den Unterschriften in seinen Briefen – nicht verwendet zu haben.

Gedenkmedaille zum fünfzigjährigen Jubiläum der Promotion Blumenbachs 1825. Rückseite. Bronze. Privatbesitz.
Die Rückseite zeigt die „Musterschädel“ der drei Hauptvarietäten des von Blumenbach entwickelten Schema für die Variationsbreite der menschlichen Schädelmorphologie: links den Schädel der sog. „mongolischen“, rechts den der „aethiopischen“ und zwischen ihnen, nach oben versetzt, den der „caucasischen“ Varietät.
Jeder Schädel wird in einer anderen Ansicht gezeigt, wohl nicht nur aus Gründen der Bildkomposition, sondern um das jeweils charakteristische morphologische Merkmal zu betonen: Der Schädel der „mongolischen“ Varietät erscheint im Dreiviertelprofil, um das ausgeprägte Jochbein sichtbar zu machen; der Schädel der „aethiopischen“ Varietät im Profil, um die prominente Kieferpartie zu zeigen. Und der Schädel der „caucasischen“ Varietät ist frontal zu sehen, um anzudeuten, dass bei ihm Jochbein und Unterkiefer nicht über die Umrisslinie des Schädels herausragen.
Die Wahl der drei Schädel als Motiv für die Medaille weist darauf hin, dass um 1825 die Systematik der menschlichen Schädelmorphologie und im weiteren Sinne die Begründung der physischen Anthropologie als die zentrale wissenschaftliche Leistung Blumenbachs gesehen wurde.

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